Rede:
ID1117705900

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    Plenarprotokoll 11/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 13479 A Nachträgliche Überweisung eines Antrages — Drucksache 11/5692 — an den Haushaltsausschuß 13479 B Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Straßenverkehrsunfälle (Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz) (Drucksache 11/5464) . . 13479A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes Dr. Vogel SPD 13479 D Dr. Bötsch CDU/CSU 13488 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 13492 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 13496 A Dr. Kohl, Bundeskanzler 13502 D Voigt (Frankfurt) SPD 13514 B Bohl CDU/CSU 13516A Frau Eid GRÜNE 13518 C Genscher, Bundesminister AA 13520 B Dr. Meisner, Senator des Landes Berlin . 13523 C Wüppesahl fraktionslos 13525 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 13527 A Roth SPD 13527 D Austermann CDU/CSU 13529 C Jungmann (Wittmoldt) SPD 13532 A Namentliche Abstimmung 13533 D Ergebnis 13536 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen Hiller (Lübeck) SPD 13534 A Dr. Neuling CDU/CSU 13538 A Frau Frieß GRÜNE 13541 D Hoppe FDP 13544 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 13545 D Frau Terborg SPD 13548 D Lintner CDU/CSU 13550 D Heimann SPD 13552 C Weisskirchen (Wiesloch) SPD 13553 B Stratmann GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13555 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts Waltemathe SPD 13555 C Dr. Rose CDU/CSU 13557 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 13561 B Hoppe FDP 13563 A Stobbe SPD 13564 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 Frau Beer GRÜNE 13567 D Genscher, Bundesminister AA 13568 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Diller SPD 13572 C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 13574 B Frau Flinner GRÜNE 13576 C Bredehorn FDP 13578 C Kiechle, Bundesminister BML 13579 C Koltzsch SPD 13582 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für Post und Telekommunikation Frau Faße SPD 13584 B Bohlsen CDU/CSU 13587 D Hoss GRÜNE 13589 C Funke FDP 13590 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT 13591 D Nächste Sitzung 13594 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13595* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 13479 177. Sitzung Bonn, den 28. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Amling SPD 28.11.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29.11.89 Graf SPD 28.11.89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von CDU/CSU 28. 11. 89 Zuydtwyck Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Frau Hensel GRÜNE 28. 11. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 28. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12.89 Hörster CDU/CSU 28. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12.89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Dr. Klejdzinski SPD 28. 11. 89* Linsmeier CDU/CSU 01. 12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Lüder FDP 28.11.89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Mischnick FDP 28.11.89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89 * Poß SPD 28. 11.89 Rappe (Hildesheim) SPD 28. 11. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 28. 11. 89 Frau Schoppe GRÜNE 28. 11. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11.89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Singer SPD 28. 11.89 Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 28. 11. 89 Dr. Stoltenberg CDU/CSU 28. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12.89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 28. 11. 89 Verheugen SPD 30. 11.89 Vosen SPD 28. 11.89 Dr. Warnke CDU/CSU 28. 11. 89 Werner (Ulm) CDU/CSU 28. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Sieglinde Frieß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Nein.

    (Heiterkeit bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP — Kuhlwein [SPD]: Bei dem würde ich auch keine zulassen! — Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU]: Das steht nicht im Konzept!)

    Dem Traum von einem Großdeutschland sind also keine Grenzen gesetzt. Für uns gilt dabei immer noch, was Max Horkheimer gesagt hat:
    Wer vom Faschismus redet, darf vom Kapitalismus nicht schweigen.
    Gegen diese Strategien werden wir uns mit allen Mitteln und auf allen Wegen zur Wehr setzen. Wir verstehen deshalb unter Selbstbestimmung auch Selbstbeschränkung. Für uns macht die Teilung in zwei deutschen Staaten aus folgenden Gründen immer noch einen Sinn.
    Erstens. Selbstbestimmung heißt für uns, Freiraum für die Vorstellungen der Menschen in der DDR zu garantieren. Wesentliche Oppositionsbewegungen in der DDR haben dies auch so formuliert. Sie wollen ihren eigenen, unabhängigen Weg gehen, auch einen sozialistischen Weg, und sich keine Form von System überstülpen lassen. Sie wollen nicht das Armenhaus in einem Großdeutschland werden. Die Anerkennung dessen, was faktisch schon lange gegeben ist — die Anerkennung ihres Staates —, ist die Grundvoraussetzung für ihren eigenen Weg.
    Zweitens. Gerade aus geschichtlicher Verantwortung haben wir keinerlei Interesse an einer Wiedervereinigung. 75 Jahre Deutsches Reich, aus Kriegen hervorgegangen, hat zwei Weltkriege ausgelöst. Wir wollen keine Bedrohung mehr für andere Länder sein, heute nicht und nicht in Zukunft.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Und wenn die Teilung in zwei deutsche Staaten die Folge aus dem begonnenen und verlorenen Zweiten Weltkrieg ist, dann wäre, wir Hermann Gremliza von „Konkret" zugespitzt formuliert, die Einverleibung der DDR der spätere Kriegsgewinn.

    (Frau Seiler-Albring [FDP]: Wenn Sie das nur mal beherzigen würden!)

    Selbstbeschränkung, nicht Größenwahn, ist angesagt, Selbstbeschränkung für das friedliche Miteinander-Leben der Staaten.

    (Abg. Stratmann [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Gilt bei dir genauso. Ich bin gleich fertig.
    Drittens. Kapitalistische Marktwirtschaft hier heißt nicht Freiheit, sonder auch Unterdrückung, eine besonders perfide Form der Unterdrückung. Es heißt, 10 % der Menschen leben unterhalb des Existenzminimums. Über vier Millionen erwerbslose Menschen, Hamburger Kessel, § 129 a, § 218, Umweltzerstörung und Hochrüstung sind die Kennzeichen dafür.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sie sind ja eine echte Linksradikale!)

    — Ich danke für das Kompliment!
    Nicht die Ausbreitung eines solchen menschenverachtenden und umweltzerstörenden Systems ist in unserem Interesse, sondern die Überwindung desses als Voraussetzung für verbesserte Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Menschen. Fazit kann für uns folglich nur sein: erstens Anerkennung der Zweistaatlichkeit als erster Schritt, zweitens finanzielle Solidarität gegenüber der DDR ohne Bedingungen und als



    Frau Frieß
    wichtigster Schritt Veränderung der Verhältnisse hier in der Bundesrepublik im Interesse von mehr Mitbestimmung, im Interesse von besseren Lebensbedingungen und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen, auch im Interesse der Menschen in der DDR.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Hoppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie kann man nur so an der Zeit, an den Ereignissen in Deutschland, an dem Fühlen und Denken der Menschen in beiden Teilen Deutschlands vorbeireden!

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wenn Frau Frieß hier vom Kalter-Krieg-Ministerium redet, dann kann ich doch nur sagen, das ist kalter Haß, der sich hier artikuliert. Auf eine so demagogische Polemik verbietet es sich einfach zu antworten.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, es ist heute eine politisch hoffnungsvolle konstruktive Vorgabe vom Bundeskanzler für unseren deutschlandpolitischen Handlungsbedarf gegeben worden, den es zu konkretisieren gilt. Daß die Opposition darauf positiv antwortet, kann ich in diesem Augenblick, der ich mich in Fragen der Außen- und Deutschlandpolitik vor allen Dingen immer um Gemeinsamkeit bemüht habe und weiter bemühen werde, nur dankbar registrieren. Ich will es deshalb auch nicht zurückweisen oder auf Distanz schicken.
    Ich sage allerdings, Herr Kollege Hiller: Wenn Sie das, was sich im Augenblick abspielt, nutzen, um zu sagen, die Politik der SPD sei dadurch bestätigt, dann würde ich sagen, uns allen täte etwas weniger Hochmut gut.

    (Zustimmung der Abg. Frau Nickels [GRÜNE])

    Denn die Peinlichkeiten, die wir auch zu registrieren und zu bilanzieren haben, werden dabei doch nur verdrängt. Die Bürger der DDR haben die Phase der Anbiederei, Herr Hiller noch gut im Gedächtnis.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn Sie jetzt hier in einer verkrampften Kritik am innerdeutschen Ministerium Zuflucht suchen, dann, würde ich sagen, hilft uns das doch allen nicht weiter. Jedenfalls sollten wir das Haus und seine Mitarbeiter heute nicht zur Müllhalde der Haushaltsdebatte machen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Kollegen, der 9. November ist mit der Öffnung der schändlichen Mauer zwischen den beiden Teilen Deutschlands erneut zu einem geschichtsträchtigen Datum geworden. 1961 wurde mit dem Bau der Mauer die Abstimmung mit den Füßen gestoppt, und so wurde sie zu einem Symbol für den Freiheitswillen der Menschen in der DDR und für die Unterdrückung des Zusammengehörigkeitsgefühls. Der Januskopf der jetzt eingerissenen Mauer wird in der geschichtlichen Erinnerung wohl die Züge Erich Honeckers tragen, der Anfang dieses Jahres noch die törichte Formulierung wählte: Sie wird noch hundert Jahre stehen.
    Dieser Satz hat die Menschen in der DDR aufgerüttelt, er hat sie auf die Straße und außer Landes getrieben. Mit diesem verzweifelten und mutigen Schritt haben sie demonstriert, daß der Mörtel der Berliner Mauer brüchig geworden war.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Deutschen in der DDR haben ein neues, ein friedliches Kapitel in der Geschichte des Kampfes der Bürger für ihre demokratischen Rechte und für ihre Freiheit geschrieben. Es bleibt allerdings das historische Verdienst Ungarns, daß es als erstes Land den eisernen Vorhang zerschnitten und damit den Blick auf ein einheitliches Europa freigegeben hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Die Menschen im Osten Europas schütteln jetzt das Joch der Unfreiheit und der Bevormundung ab. Die Reformen in der DDR und die Überwindung der Mauer sind Teil eines Gesamtprozesses, der Europa aufeinander zuführt. Eine Vision, die 1967 der Harmel-Bericht als europäische Friedensordnung beschrieben hat und die Generalsekretär Gorbatschow mit seinem Bild vom gemeinsamen europäischen Haus aufgegriffen hat, ist nun in Deutschland sichtbare und erlebte Wirklichkeit geworden.
    Es wird uns wieder eindriglich vor Augen geführt, daß es nur e i n Deutschland gibt. Der Tag ist nun da, an dem die Schlagbäume niedergerissen werden und wir wieder von Nord nach Süd und von Ost nach West ohne Behinderung fahren können.
    Meine Damen und Herren, es ist schon pikant, daß dies im Vorwort eines Autoatlasses abgedruckt war, der am 1. Februar 1950 in der DDR erschien, und die Aufforderung enthielt: „Kämpfen Sie gemeinsam mit dem ,Neuen Deutschland' für dieses höchste Ziel unseres Volkes. "

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Ein gutes Zitat!)

    Ein Besucher aus Rostock hat dieses Dokument jetzt in Erinnerung gebracht.
    Uns Deutschen liegt der Erfolg der Reformen in der DDR natürlich besonders am Herzen. Wir alle verfolgen mit innerer Bewegung, mit Bewunderung und ein wenig auch mit Stolz, wie die Bevölkerung der DDR ihrer Obrigkeit Reform um Reform abtrotzt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Für uns kommt es jetzt darauf an, diesen Prozeß mit Behutsamkeit, mit Hilfs- und Unterstützungsbereitschaft zu begleiten.

    (Zustimmung des Abg. Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU])

    Wir haben jedoch allen Anlaß, die DDR-Führung an ihre Verpflichtung zu erinnern, die sie auf Grund internationaler Absprachen, wie z. B. im Rahmen der



    Hoppe
    KSZE, auf dem Gebiet der Menschenrechte eingegangen ist. Der entscheidende Schritt, den die DDR-Führung noch tun muß, sind baldige allgemeine, freie und geheime Wahlen. Dies setzt voraus, daß der in der Verfassung der DDR verankerte Führungsanspruch der SED aufgegeben wird, daß neue Parteien zugelassen werden und daß ein Wahlgesetz in Kraft tritt, das allen Parteien gleiche Rechte einräumt.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Führung der DDR hat dies zugesagt. Wir erwarten jetzt, daß diese Zusage bald in konkretes Handeln umgesetzt wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Eine demokratisch gewählte Führung in der DDR wird neben der politischen Umgestaltung vor allem ein umfassendes und grundlegendes Reformprogramm der Wirtschaft durchführen müssen. Die sozialistische Planwirtschaft hat auch in der DDR versagt. Das Land ist wirtschaftlich und technologisch weit hinter den internationalen Standard zurückgefallen.

    (Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Die DDR muß deshalb so schnell wie möglich marktwirtschaftliche Reformen durchführen. Das heißt vor allem Eigenständigkeit der Betriebe, Zulassung privatwirtschaftlicher Tätigkeit sowie Abbau von staatlichen Subventionen. Die DDR braucht für diese Wirtschaftsreform in großem Umfang Kapital und Knowhow. Dies kann sie nur aus der Zusammenarbeit mit freien Unternehmern westlicher Demokratien erhalten. Die dazu notwendigen Voraussetzungen muß die DDR selbst schaffen.
    Meine Damen und Herren, wir haben Reformen in der DDR immer wieder mit Nachdruck angemahnt. Die Entwicklung der letzten Tage, über die wir alle glücklich sein können, stimmt hoffnungsvoll. Sie steckt aber noch in den Anfängen. Deshalb ist jetzt nicht die Zeit für finanzielle Schnellschüsse. Vielmehr muß mit Augenmaß und auf der Basis sorgfältiger Überlegungen entschieden werden. Vorschläge für finanzielle Hilfen an die DDR gibt es jetzt zuhauf. Aber den Schrei nach mehr Geld für die bei uns entstehenden Belastungen hört man ebenfalls.
    Bevor allerdings finanzielle Blumensträuße gebunden und überreicht werden, sollte zunächst auch bei uns die Gewißheit bestehen, daß sie dann auch gepflegt werden. Erst wenn ein zusätzlicher Handlungsbedarf korrekt ermittelt worden ist, kann der Sachverhalt als entscheidungsreif angesehen werden. Können wir dann die zusätzlich beschlossenen Maßnahmen nicht aus dem verabschiedeten Haushalt decken, muß — auch darüber besteht natürlich Klarheit — notfalls auch ein Nachtragsetat her.
    Meine Damen und Herren, bei einer Intensivierung der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit dem Westen und insbesondere mit der Bundesrepublik Deutschland wird sich auch die Frage der deutschen Einheit von selbst stellen. Der Reformprozeß in der DDR eröffnet erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg eine Perspektive dafür, daß die Bürger in beiden deutschen Staaten eines nicht allzu fernen Tages darüber entscheiden können, ob und in welcher
    Form sie die Einheit Deutschlands haben wollen. Diese Entscheidung wird selbstverständlich nur im Rahmen der vertraglichen Bindungen und im Einvernehmen mit den Nachbarn getroffen werden können.
    Der Weg von der Vision des Harmel-Berichts bis zum Fall der Mauer war gekennzeichnet von innenpolitischen Auseinandersetzungen, von außenpolitischen Rückschlägen und von Phasen der Verhärtung und des Immobilismus. Die Freien Demokraten sind den Weg von den Ostverträgen, die die Vertrauensbasis für den erfolgreichen Abschluß der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa 1975 gelegt haben, konsequent gegangen bis hin zum NATODoppelbeschluß, der gleichzeitig eine Verhandlungs-und Kooperationsofferte war, die schließlich zu einem Bündel praktischer Abrüstungsmaßnahmen geführt hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Jetzt muß und wird es unser Ziel sein, die Dynamik des Prozesses der Abrüstung und der Vertrauensbildung beizubehalten und zu fördern.
    So stehen wir heute vor politischen Herausforderungen größten Ausmaßes. Die Aufbruchstimmung in den West-Ost-Beziehungen dürfen wir nicht ungenutzt lassen. Dieser wichtigen Aufgabe müssen wir uns gemeinsam stellen. Über die Parteigrenzen hinweg müssen wir für die Bewältigung der jetzt anstehenden Probleme ein Handlungskonzept erarbeiten. Nur so können wir die Veränderungen in Europa für die Gestaltung der deutsch-deutschen Beziehungen nutzen und die Hoffnung auf eine Überwindung der Teilung Deutschlands mit realistischem Inhalt füllen.
    So bleibt die Deutschlandpolitik eine europäische Aufgabe. Wenn wir sie in einem nationalen Konsens anpacken, werden wir auch das Engagement unserer Freunde wecken und die Akzeptanz bei unseren Partnern herbeiführen können.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)