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ID1117704300

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    Plenarprotokoll 11/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 13479 A Nachträgliche Überweisung eines Antrages — Drucksache 11/5692 — an den Haushaltsausschuß 13479 B Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Straßenverkehrsunfälle (Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz) (Drucksache 11/5464) . . 13479A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes Dr. Vogel SPD 13479 D Dr. Bötsch CDU/CSU 13488 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 13492 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 13496 A Dr. Kohl, Bundeskanzler 13502 D Voigt (Frankfurt) SPD 13514 B Bohl CDU/CSU 13516A Frau Eid GRÜNE 13518 C Genscher, Bundesminister AA 13520 B Dr. Meisner, Senator des Landes Berlin . 13523 C Wüppesahl fraktionslos 13525 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 13527 A Roth SPD 13527 D Austermann CDU/CSU 13529 C Jungmann (Wittmoldt) SPD 13532 A Namentliche Abstimmung 13533 D Ergebnis 13536 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen Hiller (Lübeck) SPD 13534 A Dr. Neuling CDU/CSU 13538 A Frau Frieß GRÜNE 13541 D Hoppe FDP 13544 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 13545 D Frau Terborg SPD 13548 D Lintner CDU/CSU 13550 D Heimann SPD 13552 C Weisskirchen (Wiesloch) SPD 13553 B Stratmann GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13555 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts Waltemathe SPD 13555 C Dr. Rose CDU/CSU 13557 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 13561 B Hoppe FDP 13563 A Stobbe SPD 13564 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 Frau Beer GRÜNE 13567 D Genscher, Bundesminister AA 13568 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Diller SPD 13572 C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 13574 B Frau Flinner GRÜNE 13576 C Bredehorn FDP 13578 C Kiechle, Bundesminister BML 13579 C Koltzsch SPD 13582 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für Post und Telekommunikation Frau Faße SPD 13584 B Bohlsen CDU/CSU 13587 D Hoss GRÜNE 13589 C Funke FDP 13590 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT 13591 D Nächste Sitzung 13594 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13595* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 13479 177. Sitzung Bonn, den 28. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Amling SPD 28.11.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29.11.89 Graf SPD 28.11.89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von CDU/CSU 28. 11. 89 Zuydtwyck Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Frau Hensel GRÜNE 28. 11. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 28. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12.89 Hörster CDU/CSU 28. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12.89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Dr. Klejdzinski SPD 28. 11. 89* Linsmeier CDU/CSU 01. 12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Lüder FDP 28.11.89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Mischnick FDP 28.11.89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89 * Poß SPD 28. 11.89 Rappe (Hildesheim) SPD 28. 11. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 28. 11. 89 Frau Schoppe GRÜNE 28. 11. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11.89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Singer SPD 28. 11.89 Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 28. 11. 89 Dr. Stoltenberg CDU/CSU 28. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12.89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 28. 11. 89 Verheugen SPD 30. 11.89 Vosen SPD 28. 11.89 Dr. Warnke CDU/CSU 28. 11. 89 Werner (Ulm) CDU/CSU 28. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Heute meldet „ap" über die Vorbereitungen von Washington für diesen Gipfel im Mittelmeer. Dort wird gesagt, daß sich der amerikanische Präsident bei allem bewegen wolle, daß er allerdings stabil bleiben wolle, was die COCOM-Vereinbarungen anbetrifft. Ich halte das, wenn man die DDR und ihre Entwicklung ansieht, für eine verhängnisvolle Situation.

    (Gattermann [FDP]: Wir wollen modern telefonieren!)

    Ein deutsches Unternehmen in Stuttgart hat derzeit eine lange Liste von Projekten für die DDR, die morgen geliefert werden könnten, die aber noch alle unter dem COCOM-Vorbehalt stehen. Das heißt, Sie können praktisch über die Verbesserung der Kommunikation, des Telefonierens in der DDR nicht reden — wenn Sie die moderne Technik anwenden wollen — , ohne daß dieser COCOM-Vorbehalt jetzt fällt. Und er muß auf jenem Schiff im Mittelmeer fallen. Das ist notwendig.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind der Überzeugung, daß wir in den Fragen auch zusammen die Interessen vertreten können.
    Lassen Sie mich zum Schluß noch ein paar Bemerkungen in Ergänzung zu dem machen, was Herr Meisner hinsichtlich der Währungsfragen gesagt hat. Herr Seiters hat uns in den letzten Tagen vor der Öffentlichkeit berichtet — der Bundeskanzler hat das heute bestätigt —, daß, was den gemeinsamen Devisenfonds für Westreisen in der DDR anbetrifft, wahrscheinlich eine Einigung erreicht wird — ich begrüße das — , unter Einbeziehung auch der Bedingungen, die hier genannt worden sind.
    Aber ich glaube, wir sollten einen Moment nachdenken über die Frage der Stabilisierung der Mark der Deutschen Notenbank oder DDR-Mark

    (Reddemann [CDU/CSU]: „Mark der DDR" heißt es! Längst vorbei!)




    Roth
    im Hinblick auf die Währungsbeziehungen überhaupt. Wir sollten uns auch ein Stück erinnern, was unsere Vorausbedingungen der wirtschaftlichen Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg waren. Das feste Wechselkursverhältnis, das über zwei Jahrzehnte stabilisiert worden war — also 4,20 DM : 1 $ — war eine Vorausbedingung dafür, daß die westdeutsche Exportindustrie stetig in den Weltmarkt hineinwachsen konnte.

    (Reddemann [CDU/CSU]: Das Währungssystem haben Sie kaputtgemacht!)

    Ich glaube, daß Stetigkeit und Stabilität in den Währungsverhältnissen — ich spreche von den Währungsverhältnissen insgesamt, nicht von den Reisedevisen — zwischen der Bundesrepublik und der DDR eine Vorausbedingung dafür sind, daß die DDR eine faire Entwicklungschance nach außen bekommt.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, der gesamte Bargeldumlauf der DDR beträgt derzeit 17 Milliarden DDRMark. Unterstelle ich nur einmal ein Wechselkursverhältnis von 1 : 5, dann entsprächen diesem Bargeldumlauf der DDR etwa 3,5 Milliarden DM der Bundesrepublik Deutschland. Das heißt, Interventionen zur Stabilisierung eines Wechselkurses, wahrscheinlich im Bereich 1 : 4 oder 1 : 5, sind organisierbar. Ich bin auch der Meinung, daß die Deutsche Bundesbank hier eine Verantwortung übernehmen muß. Es kann doch wohl nicht sein, daß wir die Deutsche Bundesbank an dieser Stelle völlig aus der Verantwortung entlassen.
    Nun argumentiert die Deutsche Bundesbank, wie ich bei einigen Gesprächen gehört habe, mit dem Hinweis darauf, daß die Mark der DDR nach unserer Gesetzgebung keine Währung sei. Dann, bitte schön, müssen wir die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen ändern. Dann müssen wir zu dem Verhältnis, das wir auf der staatlichen Ebene ohnehin schon geschaffen haben, der Anerkennung der DDR, die Anerkennung jener Währung hinzufügen. Ich bin der Auffassung, hier muß eine Regelung stattfinden.
    Das ist auch notwendig wegen der Geschäftemacherei und Spekulation an der Grenze und über die Grenze hinweg. Wir werden das nicht beseitigen können. So optimistisch bin ich nicht. Beim Verhältnis 1: 4 würde immer noch spekuliert und wären immer noch Geschäftemacherei und Schwarzhandel da. Aber es wäre wenigstens eingedämmt.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine letzte Bemerkung zu diesen Tagen machen. Ich habe um den 21. August 1989 herum Václav Havel in seinem ostböhmischen kleinen Bauernhaus besucht, in dem er nicht freiwillig war, sondern in das er auswich, als die Behörden in Prag ihn wochenlang polizeilich drangsalierten. Er hatte mir damals zur Sicherheit jene Rede mitgegeben — ein Exemplar hatte er schon auf anderem Wege nach Westdeutschland geschickt — , die dann Maximilian Schell in der Paulskirche verlas. Er war damals wie immer in den 21 Jahren ein aufrechter Kämpfer für das, was er für die Ehre seines Volkes hielt. Wir haben an jenem Sommernachmittag lange geredet. Ein paar Häuser weiter war die andere Feldpostnummer, die das überwacht hat.
    Wir hatten in jenen Stunden nicht die Spur einer Hoffnung, daß drei Monate später dieses Volk diese Änderungen von unten schaffen würde.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Die hatte keiner!)

    Ich muß sagen, meine Damen und Herren: Wir können auf unsere Mitbürger und auf die Bürger der Tschechoslowakei stolz sein, die sich 21 Jahre nach den Panzern selbst befreit haben.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Austermann.

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    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist heute in mehrfacher Hinsicht eine ungewöhnliche Beratung am ersten Tag der Haushaltsdebatte — ungewöhnlich deshalb, weil sonst üblicherweise die Gegensätze in der Politik unterstrichen und deutlich gemacht werden, weil sonst üblicherweise von der Opposition der Versuch unternommen wird, nachzuweisen, daß die Regierung unbedingt durch eine andere, durch eine von ihr geführte ersetzt werden müßte. Statt dessen ist, nachdem Herr Vogel den Beginn mit den üblichen Anrempeleien gemacht hat, zumindest jetzt davon die Rede, wer der erste war, der die Gemeinsamkeiten eingeleitet hat, und wer am wenigsten Vorbedingungen, Voraussetzungen, Bedingungen oder sonst etwas für DDR-Veränderungen stellen würde.
    Ich glaube, man muß hier gleich von vornherein einen Irrtum zurechtrücken: daß diese Regierung bisher nicht bereit wäre, Beiträge zu leisten, die den Bürgern der DDR existentiell helfen. Das hat sie getan. Das tut sie auch in Zukunft.
    Ich nenne dazu ein ganz konkretes Beispiel. Im Bereich Umweltschutz haben wir im letzten Jahr im Haushalt beschlossen, einen Betrag bereitzustellen, der Investitionen allein durch den Bund in der Größenordnung von 300 Millionen DM auf dem Gebiet der DDR ermöglicht. Eine Menge Maßnahmen sind getroffen. Daß im existentiellen Bereich dort, wo es um konkrete Hilfe geht, geholfen wird, ist vom Bundeskanzler eindeutig gesagt worden.
    Es wird aber — und dies muß man erkennen — mit dieser Vorbemerkung der Eindruck zu erwecken versucht, als wäre die Regierung etwa auf dem Wege, der Opposition zu folgen. Daß dies nun überhaupt nicht der Fall ist, dafür gibt es eine ganze Fülle von Belegen aus dem, was hier und was außerhalb des Hauses Redner der SPD gesagt haben. Wenn es in der Tat so wäre, daß die SPD Überlegungen, von Godesberg wegzukommen, zu den Akten legen würde, wenn es in der Tat so wäre, daß die SPD nun, wie in Godesberg ausdrücklich gesagt worden ist, zur Partei der Marktwirtschaft und der deutschen Einheit würde, könnte man doch den Parteitag in Berlin am besten einfach absagen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das könnte euch so passen!)




    Austermann
    Meine Damen und Herren, wir haben 20 Jahre nach dem Regierungswechsel von 1969 und sieben Jahre nach der Korrektur der damit verbundenen historische Fehlentwicklung einen Haushalt vorgelegt, den man in mehrfacher Hinsicht als einen Haushalt des Aufbruchs bezeichnen kann. Unsere Erfolge lassen sich messen und belegen. Ich will dies mit einem Zeugen der SPD machen, der für diese Aussage meines Erachtens unverdächtig ist.
    Helmut Schmidt hat am 1. Oktober 1982, an dem Tag, an dem ein anderer Kanzler an seine Stelle gesetzt wurde, verschiedene Sorgen zum Ausdruck gebracht. Er hat gesagt, er sorge sich um die Politik der guten Nachbarschaft. Ich frage: Wann sind die Nachbarn in Europa besser miteinander umgegangen als zur Zeit? Er hat gesagt, er sorge sich um das Festhalten an EG und NATO. Die EG ist 1988 ein großes Stück vorangekommen. 1992 folgt der nächste Schritt. Die NATO lebt als westliche Wertegemeinschaft, auch wenn hier Herr Voigt wieder eine gewisse Distanz der SPD hat erkennen lassen.
    Helmut Schmidt bezweifelte bei einer christlichliberalen Regierung den Willen zur Aussöhnung mit der polnischen Nation. Dies ist sieben Jahre her. Die Ergebnisse der praktischen politischen Arbeit des Bundeskanzlers haben wir vor zwei Wochen hier gemeinsam begrüßt.
    Schmidt forderte — ganz anders als seine Genossen noch vor einem halben Jahr — die Erhaltung der Einheit der Nation und eine Politik, die darauf hinarbeitet. Wir haben nie vom Volk der DDR gesprochen. Wir haben keine Kumpanei mit der SED betrieben. Wir haben nicht nur vom Frieden, sondern auch von der Freiheit gesprochen. Der Bundeskanzler hat die Forderung nach Menschenrechten als erster und so deutlich genannt. Hier gibt es keine Parallele.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der frühere Kanzler sah auch die Gefahr eines Rüstungswettlaufs. Wir waren standhaft gegenüber dem Ostblock 1983 und haben damit den Durchbruch nicht nur bei den Mittelstreckenraketen, sondern auch beim KSZE-Prozeß erzwungen, der letzten Endes ja auch mehr Menschenrechte für Osteuropa gebracht hat.
    Schließlich eine Frage, die bisher überhaupt nicht angesprochen worden ist, auch nicht von dem — wie er sich nennt — Wirtschaftspolitiker Roth. Der „Weltökonom" sprach im Oktober 1982 von krisenhaften Volkswirtschaften und sorgte sich bei 6 % Inflation, explodierenden Arbeitslosenzahlen und sinkender Beschäftigung um eine deflationistische Haushaltspolitik. Das war die Sorge des Regierungsvorgängers.
    Das Ergebnis unserer Arbeit, der Arbeit dieses Kanzlers, seiner Regierung und der sie tragenden Koalition: die Wirtschaft boomt. Im Haushaltsausschuß haben wir, um Überhitzungen der Baukonjunktur zu vermeiden, durch eine 25prozentige Sperre dafür Sorge getragen, daß jetzt vor öffentlichen Verwaltungsgebäuden in erster Linie eine Million neue Wohnungen gebaut werden können. Dies ist unsere Antwort und eine deutliche Politik für alle Bürger. Man muß dabei auch sagen, wenn man hier von der Wohnungsnot redet — auch vielleicht deshalb, weil die Bürger das nicht so deutlich wissen — , daß seit Beginn des Jahres 700 000 Aus- und Übersiedler in die Bundesrepublik geströmt sind. Daß nicht sofort für alle Wohnungen bereitgestellt werden können, ist selbstverständlich.
    Dann hat sich Schmidt schließlich 1982 um die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme gesorgt. Ich sage heute, nie wurde mehr für Sozialaufwendungen und auf sicherer Grundlage bereitgestellt als heute. Wir haben das Land aus der Krise geführt. Dies gilt auch für die Höhe der Sozialleistungen, auf die einzelne Person bezogen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es wäre reizvoll, noch Willy Brandt zu zitieren, der sich im Oktober 1982 noch die Sorge machte, daß die Grundforderungen des Godesberger Programms wohl eingehalten werden. Es ist inzwischen wohl klar, an wen sich diese Sorge gerichtet hat.
    Wir haben in diesem Jahr mit der niedrigsten Neuverschuldung des Bundes seit 1974, der niedrigsten Neuverschuldung seit fünfzehn Jahren festzustellen: wachsende Wirtschaft, relativ stabile Preise und steigende Einkommen, bezahlbare Krankheitskosten, Pflegehilfen, Superleistungen für die Familie, Steuerentlastung für alle, sichere Freiheit in einem starken Bildnis, eine sich abwärts drehende Abrüstungsspirale, mehr Leistungen im Umweltschutz, und — was gar nicht deutlich genug gesagt werden kann — die Einheit der Nation steht wieder im Zentrum der Gespräche unserer Bürger. Dies gilt selbstverständlich auch hinsichtlich der notwendigen Maßnahmen und Leistungen für Berlin.
    Ich sage mal: Es ist schon ein ungewöhnlicher Vorgang, daß die Berliner Landesregierung hier jedesmal in jeder Woche auftritt, die Regierung anrempelt, gleichzeitig die Hand aufhält und dann davon spricht, daß Bedingungen durch die Bundesregierung nicht erfüllt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Unverschämt! — Widerspruch bei der SPD)

    Dies hat der Finanzsenator heute wieder getan. Er hat hier wieder herumgemompert, obwohl er weiß, daß am Freitag ein Termin stattfindet, obwohl er weiß, daß in diesem Haushalt mit einer Steigerungsrate 12,8 Milliarden DM für Berlin vorgesehen sind und daß wir ganz klar erklärt haben: Wir wollen selbstverständlich Berlin die notwendige Hilfe leisten.
    Ich habe damit deutlich gemacht, daß es zu unserer erfolgreichen Politik in Sachfragen keine Alternative gibt. Man hätte hier ein Jahr vor der Bundestagswahl dann doch ganz gern gehört: Wie sieht es denn mit der personellen Alternative aus, wie sieht es denn mit dem Schattenkanzlerkandidaten aus?

    (Zurufe von der SPD)




    Austermann
    Da fängt doch die Alternative eigentlich an. Vogel hat es 1983 versucht, er brachte es auf 38,2 %; das scheint ihn auch nachträglich noch zu verärgern.

    (Dr. Vogel [SPD]: Reden Sie von SchleswigHolstein? Wo sind Sie zu Hause? In Schleswig-Holstein? 37 c1/0!)

    Wir werden am 9. Dezember des nächsten Jahres darüber reden. Wir ziehen Bilanz, wenn die nächste reelle Wahl wieder stattfindet.
    Rau trat 1987 an. Er war verliebt in das Gelingen und zu früh gestartet. Er erreichte exakt 37 %; da liegt die SPD bei jüngsten Umfragen. Es bleiben dann noch die Enkel, vielleicht Herr Engholm. Ich erinnere mich: Als er 1982 noch Bundesminister war, hatten wir eine Explosion beim Lehrstellenmangel, Explosion der Jugendarbeitslosigkeit, gab es einen Stopp beim studentischen Wohnungsbau, und mit Recht sprach damals die „FAZ" von „Schmidts zweiter Wahl".
    Bleibt Lafontaine, der Sozialist mit kapitalistischer Attitüde und marktwirtschaftlichem Know-how.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Chefkoch aus dem Saarland!)

    Er sprach vor kurzem noch von sozialer Kälte der Bundesregierung, jetzt tritt er eine Sozialneidlawine los. Jetzt hetzt er Deutsche gegen Deutsche. Wer schafft denn im Westen Anreize zum Ausbluten der DDR? Ich glaube, daß hier klar deutlich gemacht werden muß, daß mit so einer Politik möglicherweise unter so einem Vorsitzenden mit Sicherheit dieses Land nicht besser regiert werden könnte.
    Interessanterweise hat nun der Fraktionsvorsitzende der Kieler SPD — um das Wort „Kiel" nun endlich aufzunehmen, Herr Vogel — , der Herr Börnsen, vorgeschlagen, nun wäre ja auch der Herr Momper — ich dachte erst, ich traue meinen Augen nicht, Karneval ist noch nicht — ein geeigneter Kanzlerkandidat.

    (Dr. Vogel [SPD]: Sie jedenfalls nicht!)

    Ich glaube nicht, daß die Haltung, die er mit seiner Koalition in Berlin eingenommen hat, dafür spricht, daß er dafür qualifiziert ist. Vielleicht kriegen Sie auch zusätzliche Hilfen mit Herrn Schily, oder Herr Brandt wird wieder zugelassen. Dann fragt man sich allerdings, weshalb der Mann, der immerhin in der letzten Woche hier Größe bewiesen hat, letztes Jahr als Vorsitzender abgewählt werden mußte, weshalb ein Parteitag vorverlegt werden mußte.
    Vor 30 Jahren in Godesberg hat die SPD Abschied vom Klassenkampf und Denkmustern des dogmatischen Marxismus genommen. Sie bejahte damals die von Ludwig Erhard eingeführte Soziale Marktwirtschaft und die deutsche Einheit in gesicherter Freiheit. Heute geht sie überall auf Distanz zur Bundeswehr, betrachtet den Verteidigungshaushalt als Reptilienfonds,

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist doch unwürdig! Wüppesahl soll reden! Wir wollen Wüppesahl hören! — Heiterkeit bei der SPD)

    sie redet von dem Volk der DDR, sie redet von demokratischem Sozialismus, der eine Wiedergeburt feiern
    würde. Was demokratischer Sozialismus heißt, ist
    nach jeder Definition, die man irgendwo nur finden kann, klar: skeptische Einstellung zum Privateigentum an Produktionsmitteln, staatliche Steuerung, Lenkung, Planung, Vorgaben für Entscheidungen der Unternehmer. Geforscht werden darf nur dort, wo ein Bedürfnis anerkannt wird; Bewußtsein muß gebildet werden; Gemeinwirtschaft wird propagiert und verfolgt gesamtgesellschaftliche Ziele.
    Nun, ich glaube, inzwischen ist jedermann klar, mit der Gemeinwirtschaft ist es wie mit dem Sozialismus; real funktionieren beide nicht. Siehe Neue Heimat, siehe co op! Im Vergleich zum co op-Sumpf ist allerdings die Neue Heimat nur ein kleines Genossenbiotop gewesen.
    Meine Damen und Herren, ist nicht der entscheidende Grund dafür, daß die Menschen im ehemaligen Ostblock auf die Straße gehen, das Streben nach Bürgerrechten und nicht nach Genossenrechten? Wandlitz grüßt mit klassenlosem Sozialismus; wer den Sozialismus kennt, der wählt ihn nicht. Dies tut auch nicht die SPD, wie man den Worten ihres Sprechers entnehmen kann.
    Mit der Leistung dieser Koalition geht natürlich auch das Fehlen der Alternative der Opposition in sachlichen Fragen einher. Wir fragen uns allerdings dann gelegentlich, und auch die Bürger fragen uns: Weshalb verkauft ihr euch bei dieser hervorragenden Leistung eigentlich so schlecht?
    Nun könnte man ein Beispiel nehmen — und mein Nachredner von der SPD wird es sicherlich deutlich machen — : Sie geben da 410 Millionen DM für Öffentlichkeitsarbeit im Haushalt des Bundespresseamtes aus. Reicht das nicht? Ich möchte mit einem Beispiel schließen, das zeigt, daß selbst die 21 Millionen DM, die dem Bundespresseamt für Inlandsarbeit zur Verfügung stehen, nie ausreichen können. Hierzu mag der 10. November 1989 als Exempel dienen.
    In Berlin war eine Stadt im Freudentaumel. Das ganze Land, die ganze Bundesrepublik, das deutsche Volk haben gefeiert. Millionen auf den Straßen; 20 000 vor dem Schöneberger Rathaus, davon 5 000 von der Alternativen Liste, den Jusos, dem AStA der FU und der SEW bestellte Störer; Pfeifen und Johlen, während der Kanzler spricht,

    (Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

    etwa so wie heute — Sie haben das offensichtlich schon damals geübt — , Pfeifen und Johlen während der Nationalhymne. Dies zeigt das Fernsehen während der Nachrichten. Als geborener Berliner habe ich mich wegen des Johlens während der Rede des Kanzlers und während der Nationalhymne geschämt.
    Eine Stunde später am 10. November 1989: 200 000 Berliner am Breitscheidplatz; der Kanzler in der Menge; Beifall. Das Fernsehen war nicht da; das Fernsehen klammert aus.

    (Dr. Vogel [SPD]: Waren Sie schon mal in Berlin?)

    Dies nennt man öffentlich-rechtliche Pressefreiheit.

    (Dr. Vogel [SPD]: Zur Sache!)




    Austermann
    — Wir reden über den Einzelplan 04. Zu diesem gehört der Etat des Bundespresseamts, Herr Kollege Vogel.

    (Dr. Vogel [SPD]: Sie reden über Null!)

    — Wir reden über den Einzelplan für die Arbeit des Kanzlers. Ich meine, daß die Debatte bisher deutlich gemacht hat, daß es zu dieser Arbeit des Kanzlers und zu dieser Regierung keine Alternative gibt.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)