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    Plenarprotokoll 11/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 13479 A Nachträgliche Überweisung eines Antrages — Drucksache 11/5692 — an den Haushaltsausschuß 13479 B Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Straßenverkehrsunfälle (Straßenverkehrsunfallstatistikgesetz) (Drucksache 11/5464) . . 13479A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksachen 11/5000, 11/5321, 11/5389) Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes Dr. Vogel SPD 13479 D Dr. Bötsch CDU/CSU 13488 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 13492 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 13496 A Dr. Kohl, Bundeskanzler 13502 D Voigt (Frankfurt) SPD 13514 B Bohl CDU/CSU 13516A Frau Eid GRÜNE 13518 C Genscher, Bundesminister AA 13520 B Dr. Meisner, Senator des Landes Berlin . 13523 C Wüppesahl fraktionslos 13525 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 13527 A Roth SPD 13527 D Austermann CDU/CSU 13529 C Jungmann (Wittmoldt) SPD 13532 A Namentliche Abstimmung 13533 D Ergebnis 13536 B Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen Hiller (Lübeck) SPD 13534 A Dr. Neuling CDU/CSU 13538 A Frau Frieß GRÜNE 13541 D Hoppe FDP 13544 A Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . 13545 D Frau Terborg SPD 13548 D Lintner CDU/CSU 13550 D Heimann SPD 13552 C Weisskirchen (Wiesloch) SPD 13553 B Stratmann GRÜNE (Erklärung nach § 31 GO) 13555 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts Waltemathe SPD 13555 C Dr. Rose CDU/CSU 13557 C Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 13561 B Hoppe FDP 13563 A Stobbe SPD 13564 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 Frau Beer GRÜNE 13567 D Genscher, Bundesminister AA 13568 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Diller SPD 13572 C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 13574 B Frau Flinner GRÜNE 13576 C Bredehorn FDP 13578 C Kiechle, Bundesminister BML 13579 C Koltzsch SPD 13582 B Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für Post und Telekommunikation Frau Faße SPD 13584 B Bohlsen CDU/CSU 13587 D Hoss GRÜNE 13589 C Funke FDP 13590 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMPT 13591 D Nächste Sitzung 13594 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 13595* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 28. November 1989 13479 177. Sitzung Bonn, den 28. November 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 01. 12. 89 * Amling SPD 28.11.89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 01. 12. 89 Frau Dempwolf CDU/CSU 01. 12. 89 Dr. Dollinger CDU/CSU 01. 12. 89 Engelsberger CDU/CSU 29.11.89 Graf SPD 28.11.89 Dr. Haack SPD 01. 12. 89 Frhr. Heereman von CDU/CSU 28. 11. 89 Zuydtwyck Dr. Hennig CDU/CSU 29. 11. 89 Frau Hensel GRÜNE 28. 11. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 28. 11. 89 Höffkes CDU/CSU 01. 12.89 Hörster CDU/CSU 28. 11.89 Kißlinger SPD 01. 12.89 Klein (Dieburg) SPD 01. 12. 89 Dr. Klejdzinski SPD 28. 11. 89* Linsmeier CDU/CSU 01. 12.89 Frau Luuk SPD 01. 12. 89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Lüder FDP 28.11.89 Meneses Vogl GRÜNE 01. 12. 89 Mischnick FDP 28.11.89 Niegel CDU/CSU 01. 12. 89 * Poß SPD 28. 11.89 Rappe (Hildesheim) SPD 28. 11. 89 Frau Rock GRÜNE 01. 12. 89 Frau Schilling GRÜNE 28. 11. 89 Frau Schoppe GRÜNE 28. 11. 89 Schreiber CDU/CSU 30. 11.89 Schröer (Mülheim) SPD 01. 12. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 01. 12. 89 Singer SPD 28. 11.89 Dr. Stark (Nürtingen) CDU/CSU 28. 11. 89 Dr. Stoltenberg CDU/CSU 28. 11. 89 Tietjen SPD 01. 12.89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 28. 11. 89 Verheugen SPD 30. 11.89 Vosen SPD 28. 11.89 Dr. Warnke CDU/CSU 28. 11. 89 Werner (Ulm) CDU/CSU 28. 11. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 01. 12. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
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    Sie sind zunächst einmal der Sachwalter derer, die am oberen Ende der Skala stehen, derer, die mit dem „Weiter so! " gut fahren. Der Sachwalter derer, die sich ihren gerechten Anteil immer wieder erkämpfen müssen, der Sachwalter derer, denen es an Wohnungen und an Arbeit mangelt oder für die das „Weiter so!" sogar weiteren Abstieg bedeutet, deren Sachwalter sind Sie nicht. Deshalb hat sich der Verlust sozialer Gerechtigkeit in den Jahren Ihrer Amtsführung immer weiter beschleunigt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Das zweite bedrohliche Defizit ist die Wohnungsnot. Sie bestand schon, bevor der Zuwandererstrom einsetzte. Schon zu diesem Zeitpunkt fehlten mehrere hunderttausend Wohnungen. Das haben Sie als Regierung zu verantworten. Denn Sie haben trotz all unserer Warnungen und der Warnungen der Verbände, etwa des Mieterbundes, den Wohnungsbau immer weiter absinken lassen, bis er im vergangenen Jahr mit knapp 200 000 Wohnungen den tiefsten Stand seit Bestehen der Bundesrepublik erreicht hat.
    Gleichzeitig haben Sie den sozialen Wohnungsbau zum Erliegen gebracht. Während Ihr damaliger Bundesbauminister, Herr Schneider, noch im Dezember 1988 wörtlich erklärte „Noch niemals hatten wir quantitativ und qualitativ eine so hervorragende Wohnungsversorgung wie heute. " — ein Satz, den die Wohnungssuchenden nur als Hohn empfinden können —,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    stiegen die Mieten unaufhaltsam, so etwa seit 1982 in einzelnen Großstädten, zum Beispiel in München, um fast 30 % und im Bundesdurchschnitt um fast 20 %, also doppelt so schnell wie die allgemeinen Lebenshaltungskosten.
    Ich weiß nicht, ob die, die hier Zwischenrufe machen, sich darüber im klaren sind und ob wir uns alle darüber im klaren sind, was das für die Betroffenen bedeutet, was es heißt, wenn ein junges Paar jahrelang auf die Wohnung warten muß oder wenn ein älteres Paar die angestammte Wohnung aufgeben muß, weil sie unerschwinglich geworden ist. Das alles — da haben Späth und Lafontaine doch recht — wird durch die Zuwanderung noch schwieriger.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Ihre bisherigen Abhilfen sind halbherzig und unzureichend. Herr Rommel, Präsident des Deutschen Städtetages und — wenn ich richtig im Bilde bin — unverändert Mitglied Ihrer Partei, hat doch recht, wenn er sagt: 10 Milliarden DM für den öffentlich geförderten Wohnungsbau sind das mindeste, was zur Verfügung gestellt werden müßte.

    (Rühe [CDU/CSU]: Pro Jahr?)

    Sie wollen dagegen mit einer Bundesfinanzhilfe von 2 Milliarden DM auskommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch völliger Unsinn!)

    Wenn Sie dabei bleiben, sind schwere soziale Konflikte in unserer Republik unvermeidlich.

    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Frau Garbe [GRÜNE])

    Das dritte große Defizit besteht auf dem Feld des Umweltschutzes. Das ist die bittere Wahrheit.

    (Rühe [CDU/CSU]: So etwas Dämliches! — Zuruf von der CDU/CSU: Übelste Zahlenfälschung betreiben Sie hier!)

    Der Wald stirbt weiter. Der Artentod schreitet voran. Durch Ozonloch und Treibhauseffekt drohen globale Umweltkatastrophen

    (Zurufe von der CDU/CSU — Bohl [CDU/CSU]: Warum kommen die Menschen alle zu uns, wenn das Elend hier so groß ist?)

    — ich freue mich ja über die frühe Lebendigkeit; Sie sind dann bei der Rede des Bundeskanzlers erfahrungsgemäß wieder etwas schläfriger; das soll ruhig so bleiben —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nur keine falschen Hoffnungen!)

    in einem Ausmaß, das die Menschheit bisher nicht gekannt hat.

    (Bohl [CDU/CSU]: Herr Vogel, Ihre Zeit ist abgelaufen!)

    Deshalb genügt die Fortschreibung der bisherigen Umweltschutzpolitik nicht mehr. Notwendig sind jetzt tiefe Einschnitte. Notwendig ist jetzt der ökologische Umbau unserer Wirtschaft insgesamt. Produktion, Verbrauch und Lebensweise müssen so gestaltet werden, daß ein Optimum an Leistung mit einem Minimum an Energie, Rohstoffen und Umweltbelastung erzielt wird. Wir haben dazu einschneidende und mutige Vorschläge gemacht. Sie beschränken sich darauf, diese Vorschläge zu kritisieren, eigene Alternativen verweigern Sie, und die Novelle zum Bundesnaturschutzgesetz wird von Monat zu Monat verschleppt.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Leider, leider!)

    Wenn die Politik diese Defizite nicht abbaut, wenn sie die Dinge weiter treiben läßt, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn die Menschen auch bei uns ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen und auf ihre Weise die Änderungen herbeiführen, die die Politik bislang verweigert. Wir sollten nicht vergessen, daß es in der DDR gerade die Umweltzerstö-



    Dr. Vogel
    rung war, die die Volksbewegung entscheidend angestoßen hat.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Der Sozialismus!)

    Auch das Ergebnis der Schweizer Volksabstimmungen vom letzten Sonntag, bei denen eine Erhöhung der Geschwindigkeitsgrenzen abgelehnt worden ist und sich 35 % der Abstimmenden für die Abschaffung der Schweizer Armee ausgesprochen haben, sollte denen zu denken geben, die bei uns unter der Devise „Weiter so" alles beim alten lassen wollen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wir leben in einer Zeit gewaltiger Umbrüche, in einer Zeit auch, in der sich Entwicklungen in ungeahnter Weise beschleunigt haben. Wir erleben das jetzt gerade in der DDR und auch in der Tschechoslowakei. Wir sollten nicht so sicher sein, daß sich das nicht in anderen Zusammenhängen und auf anderen Gebieten wiederholt. Prozesse, von denen wir geglaubt haben, sie würden Jahre oder Jahrzehnte in Anspruch nehmen, laufen in viel kürzeren Zeiträumen ab. Eben deshalb ist es wichtiger denn je, daß wir nicht nur pragmatische Antworten für den Augenblick geben, sondern daß wir umfassende Vorstellungen darüber entwickeln, wie wir den neuen Herausforderungen begegnen und wie wir unserer Generation und den nächsten Generationen in einer Epoche, in der die Verflechtung aller Lebenszusammenhänge immer rascher voranschreitet und in der die Menschheit immer stärker zu einer Einheit zusammenwächst, ein Leben in Würde, in Frieden, in Freiheit und in Gerechtigkeit, ein Dasein ohne Furcht und ohne aktuelle Not ermöglichen können.
    Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden das in drei Wochen mit der Verabschiedung unseres neuen Grundsatzprogramms tun, und zwar in Berlin, in der Stadt, die lange eine Insel war und jetzt zum Ort der Begegnung der Deutschen geworden ist und die aufs Neue zu einem Mittelpunkt der Deutschen und zu einem Mittelpunkt Europas werden wird. Wir wollen damit unseren Bürgerinnen und Bürgern eine Orientierung über den Tag hinaus geben. Wir laden die anderen Kräfte unserer Republik ein, diesem Beispiel zu folgen und darzutun, welche langfristigen Ziele sie auf welchen Wegen anstreben und aus welchen Gründen sie das tun, und dann mit uns in einen Dialog und einen demokratischen Wettstreit um die besten Lösungen für die Zukunft unseres Volkes einzutreten.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind zu diesem Dialog und zu diesem Wettstreit bereit. Wir führen ihn um die großen programmatischen Fragen. Wir führen ihn über die Zukunft der Deutschen und die Zukunft Europas. Wir haben unseren Beitrag geleistet. Jetzt warten wir auf Ihre Beiträge.

    (Langanhaltender Beifall bei der SPD — Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN — Lachen bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Bötsch.

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    Rede von Dr. Wolfgang Bötsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bundesregierung unter der Führung von Bundeskanzler Helmut Kohl gebührt Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Denn sie hat ihre Politik wieder so gestaltet, daß der Haushalt rechtzeitig zu Beginn des nächsten Jahres steht.

    (Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    — Meine Damen und Herren, die Sie jetzt lachen: In der Regierungszeit der SPD ist es nur in Ausnahmefällen gelungen, den Haushalt zum Ende des Jahres zu verabschieden, so daß er zu Beginn des neuen Jahres in Kraft treten konnte. Wir haben das in jedem Jahr unserer Regierungsverantwortung geschafft, und darauf sind wir stolz.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Roth [SPD]: Adenauer hat nicht einen Haushalt vor dem 1. Januar verabschiedet!)

    Wir sind stolz darauf, daß es wiederum ein Haushalt der Solidität und ein Haushalt der Zukunftsgestaltung ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn man die Tagesordnung dieser Woche betrachtet, dann sind es Haushaltsberatungen wie in den Jahren zuvor. Und doch stehen sie in diesem Jahr unter ganz besonderen Vorzeichen. Nicht nur bei den Völkern Osteuropas, auch bei dem Teil des deutschen Volkes, der seit Jahrzehnten unter Zwang und Unterdrückung, unter Angst vor freier Meinungsäußerung lebt, hat eine Entwicklung begonnen, die in diesem Tempo nicht erwartet wurde, die aber im Grunde genommen zwangsläufig war.
    Der Mensch will frei sein, und die Sehnsucht nach Freiheit ist ansteckend! Und so verbreitet sich der Mut, Freiheit einzufordern, in Mittel- und Osteuropa mit wachsender Geschwindigkeit. Das Wunderbare ist, daß dies friedvoll geschieht. Die Waffe der Menschen ist allein ihr Wort, so wie es Václav Havel in seiner Dankesrede aus Anlaß der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels vor reichlich sechs Wochen eindrucksvoll formulierte.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern ist es unverständlich, wie Herr Vogel im Verlauf seiner Rede hier ein Sozialszenario entwickelt hat. Wenn dies richtig wäre: Warum kommen die Menschen dann eigentlich in dieser großen Anzahl zu uns, wie wir dies im Jahre 1989 zu verzeichnen haben — zu Hunderttausenden, meine Damen und Herren?

    (Beifall bei der CDU/CSU und des Abg. Dr. Weng [Gerlingen] [FDP] — Zuruf von der CDU/CSU: Diese Frage stellt er sich nicht!)

    Was wir in den Staaten des Warschauer Paktes jetzt erleben, ist eine Revolution des Volkes. Hier hat Herr Vogel recht. Sie ist aber auch eine Revolution gegen die Unterdrückung des Kommunismus und seiner Nomenklatura. Wir müssen feststellen: Der Marxismus/Leninismus war angetreten, die angebliche Ausbeutung des Kapitalismus zu überwinden und das Glück der Menschen mit sozialistischer Gleichheit zu ver-



    Dr. Bötsch
    wirklichen. Heute steht der Kommunismus als Symbol für Unterdrückung und für eine Gesellschaftsordnung, die von Versorgungsengpässen geprägt wird. Und es ist eine Ironie des Schicksals, daß die derzeitige DDR-Regierung selber die Bankrotterklärung des Sozialismus nach und nach ans Tageslicht bringen muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Dr. Vogel, mit Ihrem Griff nach vergilbten Bundestagsdrucksachen aus den 70er Jahren können Sie doch nicht von Ihrer heutigen Verlegenheit in Ihren eigenen Reihen ablenken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Den Menschen, die in Ost-Berlin, in Schwerin, in Rostock, in Leipzig, in Dresden, aber auch in Prag und in Sofia auf die Straße gehen, um mehr Freiheit und ihre Menschenrechte einzufordern, versichern wir unsere uneingeschränkte Solidarität.

    (Beifall bei der CDU/CSU und des Abg. Dr. Weng [Gerlingen] [FDP])

    Wir versichern ihnen diese Solidarität als Europäer und als Demokraten, die in das westliche Wertesystem eingebunden sind.
    Meine Damen und Herren, wir sind auch — und das haben wir wiederholt erklärt, zuletzt der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vor zwei Wochen — zur Hilfe bereit. Die Reise des Bundeskanzlers nach Polen war ein Erfolg, weil sie nicht nur vom Wunsch nach Versöhnung und vom Geist der Solidarität, sondern auch vom Willen zur Hilfe für dieses geplagte Volk geprägt war.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Und von Unklarheiten und von Arroganz!)

    Meine Damen und Herren, die Entwicklungen in den Staaten Mittel- und Osteuropas hängen miteinander zusammen; sie dürfen nicht isoliert gesehen werden. Polen und Ungarn sind wir deshalb zu Dank verpflichtet, weil ihre mutige Revolution die Entwicklung in der DDR herbeigeführt, zumindest mit herbeigeführt hat.
    Wir müssen in unserer Deutschland- und Ostpolitik aber einen weiteren unabdingbaren Zusammenhang beachten. Es ist der Zusammenhang zwischen freiheitlichen politischen und ökonomischen Systemen. Sozialismus verträgt sich nicht mit Sozialer Marktwirtschaft, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dies gilt für den marxistisch-leninistischen Sozialismus à la DDR ebenso wie für alle möglichen Spielarten, die heute als Sozialismus des „dritten Weges" verkauft werden, von dem Herr Momper gerne so oft träumt.
    Wenn sich Peter von Oertzen von der SPD öffentlich Sorgen über Glasnost und Perestroika macht, weil diese zur Abschaffung der sozialistischen Errungenschaften in der Eigentums-, Planungs- und Kontrollfrage führen könnten, und im Osten kapitalistische Eigentums- und Marktformen, wie er sagt, unkritisch, überstürzt und ohne Rücksicht auf kritische Reflexion übernommen werden könnten, dann muß man sich fragen: In welcher Welt lebt die SPD eigentlich?
    Herr Vogel, man möchte es nicht wahrhaben, aber in Ihrer SPD scheint die Sorge über einen möglichen Einbruch der im Westen konzipierten und sozial geprägten Marktwirtschaft in die Staaten des ehemaligen Ostblocks umzugehen. Herr Dr. Vogel, dies hat nichts mit „ultimativ" , wie Sie heute gesagt haben, zu tun, das hat nichts mit Erpressung zu tun, sondern dies hat mit guten Ratschlägen aus wertvoller Erfahrung zu tun, die wir in vier Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutschland Gott sei Dank machen konnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Ratschläge sind auch Schläge!)

    Das hat auch nichts mit Aufoktroyieren zu tun. Wir wollen unsere Ratschläge geben. Die Entscheidung müssen die Menschen in der DDR selbst fällen.
    Ein weiteres zeigt sich: die Lernunfähigkeit einer SPD, die teilweise das Wiedervereinigungsgebot im Grundgesetz streichen wollte und die durch Herrn Lafontaine wiederum die Anerkennung einer eigenen DDR-Staatsbürgerschaft ins Gespräch bringt. Daneben will Herr Laftontaine in unverantwortlicher Weise auch den Egoismus mancher hätscheln und hofft, hier auf eine vielleicht irgendwo vorhandene dumpfe Volksstimmung zu stoßen.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist richtig, wenn die „Frankfurter Rundschau" in ihrer heutigen Ausgabe schreibt: „Sozialdemokratische Patrioten im Schlingerkurs". Ich würde vielleicht nur hinter ein Wort ein Fragezeichen machen, aber das, was dort steht, ist meines Erachtens richtig.
    Herr Dr. Vogel, zum „runden Tisch". Sie haben dieses Wort heute nicht mehr erwähnt.

    (Dr. Vogel [SPD]: Ein gemeinsamer Tisch!)

    Sie haben hier aber wiederum einiges angemahnt. Ich meine, unser runder Tisch in der Bundesrepublik Deutschland ist der ovale Tisch im Kanzleramt, und es ist dieses Haus, in dem der Deutsche Bundestag tagt. Das ist die Verfassungslage, die uns das Grundgesetz vorgibt. Ich glaube, die Assoziationen, die Sie hier unterschwellig gebracht haben — ungefähr in dem Sinn: In der DDR hat sich das Volk erhoben; wehe, wehe, wenn ihr unserer Politik nicht folgt, dann wird sich das Volk hier in ähnlicher Weise erheben — , sind unserer Verfassungslage nicht angemessen, sie sind ihr unwürdig, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Flinner [GRÜNE]: Ihr seid überhaupt nicht lernfähig!)

    Diese Lernunfähigkeit der SPD ist überhaupt nicht auf die Deutschland- und Ostpolitik beschränkt. Das hat Herr Vogel, meine ich, mit dem zweiten Teil seiner Ausführungen heute schlagend unter Beweis gestellt.

    (Jäger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Deshalb, Herr Dr. Vogel, werden Sie nächstes Jahr
    keine Chance haben, die Regierungsverantwortung



    Dr. Bötsch
    zu übernehmen, weder Sie noch ein anderer aus Ihren Reihen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, das können wir heute mit Mut und Optimismus und Zuversicht feststellen.
    Meine Damen und Herren, wir sind bereit, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um den Menschen auf ihrem Weg zu mehr Freiheit zu helfen. Wir sind jedoch nicht bereit, Mittel aufzuwenden, damit der Sozialismus Bestand hat, wie es sich manche vorstellen. Es ist schon eine Ironie, wenn sich die SPD ausgerechnet vom Sprecher der in der DDR neugegründeten SDP — auf die Sie sonst ja sehr große Hoffnungen setzen —, Herrn Stefan Hillsberger, sagen lassen muß

    (Dr. Vogel [SPD]: Hillsberg heißt er!)

    — Entschuldigung, ich habe mich versprochen;

    (Dr. Vogel [SPD]: Wir helfen Ihnen!)

    man darf sich auch einmal versprechen, Herr Dr. Vogel, das passiert Ihnen ja auch;

    (Roth [SPD]: Man darf Ihnen helfen! Sie haben viel Hilfe nötig!)

    Sie dürfen mir auch helfen, allerdings nicht inhaltlich, sondern nur bei dem Punkt —, welch hohen Stellenwert die Soziale Marktwirtschaft in der DDR einzunehmen hat. Einige berichten, das sei bei Ihnen auf betroffenes Schweigen gestoßen, andere haben gesagt, er sei dafür sogar ausgepfiffen oder ausgebuht worden.

    (Roth [SPD]: Dummes Zeug!)

    Ganz gleich, was richtig ist, der Mann hat jedenfalls recht; um das aufzugreifen, was Sie gesagt haben.
    Unsere Hilfe hat nur dann einen Sinn, wenn sie Hilfe zur Selbsthilfe ist, weil sie nur dann unseren Landsleuten wirklich zugute kommt, die genauso tüchtig sind wie wir, die aber bisher um den wahren Lohn ihrer Leistung gebracht wurden. Deshalb müssen Reformen zielgerichtet sein: erstens auf Pluralismus, freie, unabhängige Parteien und freie Wahlen; zweitens auf Dezentralisierung der Entscheidungsstrukturen; drittens auf eine drastische Einschränkung der staatlichen Planvorgaben; viertens auf die schrittweise Einführung von Privateigentum an den Produktionsmitteln, vor allem im Handwerk und im Dienstleistungsbereich; fünftens auf Schaffung echter Märkte; sechstens auf Übergang zu leistungsorientierter Entlohnung; siebtens auf eine Preisreform mit Subventionsabbau.
    Solche Reformen würden unsere Hilfe effizient machen und darüber hinaus die weiter erforderlichen privaten Mittel anlocken, die wir so dringend zur Ankurbelung der Wirtschaft drüben brauchen, weil das öffentliche Mittel allein gar nicht leisten könnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau OesterleSchwerin [GRÜNE]: Erpressung ist das!)

    Hilfen, die im Sand versickern, werden wir dagegen nicht leisten. Sie wären sinnlos und gegenüber unseren Steuerzahlern nicht zu verantworten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Bundesfinanzminister Theo Waigel hat das auf den Nenner gebracht: Was ökonomisch falsch ist, kann deutschlandpolitisch nicht richtig sein.

    Auch Andrej Sacharow hat in anderem Zusammenhang, nämlich bei Wirtschaftshilfen gegenüber der Sowjetunion, geraten, sich äußerst vorsichtig zu verhalten; denn er sagt: Was vielleicht wie Hilfe aussieht, könnte dazu dienen, das Übel lediglich unter die Oberfläche zu verdrängen, lebenswichtige Reformen hinauszuschieben oder das bestehende System zu unterstützen.

    (Jäger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Sie, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, sind gerade dabei, dieselben Fehler in bezug auf die DDR zu machen, die Sie schon im Verhältnis zu Polen gemacht haben. Ich muß leider feststellen, daß Sie aus diesen Fehlern nichts gelernt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ihre Fehler bestanden darin, den Bundeskanzler bereits zu einer Zeit zur Polen-Reise zu drängen, als dort noch die Kommunisten an der Macht waren. Mit ihnen wäre das Paket, wie es Bundeskanzler Kohl jetzt geschnürt hat, in dieser Weise nicht möglich gewesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es hätte die Gefahr der Stabilisierung des kommunistischen Systems bestanden, und womöglich wäre jetzt immer noch Herr Rakowski Ministerpräsident der Volksrepublik Polen und nicht ein Mann der Solidarnosc.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Bei dieser Gelegenheit möchte ich dem Bundeskanzler auch dafür danken, daß er nicht auf die anmaßenden protokollarischen Vorbehalte von Herrn Rakowski bei seinem Besuch eingegangen ist. Das unterscheidet den Bundeskanzler von Ihnen, die Sie es 1985 — auch wenn Sie es noch so oft in allen Variationen darstellen — vermieden haben, mit der Solidarnosc die nötigen Kontakte aufzunehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Dummes Zeug!)

    Voreilige und überhastete Vorschläge, wie z. B. ein Sonderopfer einzuführen oder gar die dritte Stufe der Steuerreform aufzuheben — Sie haben sie heute zum wiederholten Mal gebracht — , sind in der Deutschlandpolitik schlicht und einfach falsch. Und, Herr Vogel, die Bestimmung eines gemeinsamen nationalen Feiertages — was Sie im Vorfeld gebracht haben — werden wir uns für den Tag aufheben, an dem auf dem Gebiet der DDR endlich Freiheit, Pluralismus und Selbstbestimmung Platz greifen werden. Das ist der Zeitpunkt, zu dem wir uns darüber zu äußern haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Weng [Gerlingen] [FDP])

    In diesen Tagen zeigt sich aber auch eindrucksvoll, wie richtig die Entscheidungen der Union unter Bundeskanzler Konrad Adenauer waren. Wenn wir jetzt Optionen in der Deutschland- und Ostpolitik haben, dann verdanken wir dies jenen für die Bundesrepublik Deutschland so entscheidenden Weichenstellungen aus den 50er Jahren, nämlich den Entscheidun-



    Dr. Bötsch
    gen für die Freiheit, für das westliche Wertebündnis der NATO und für die Europäische Gemeinschaft. Deshalb haben die Veränderungen in der DDR und in Mittel- und Osteuropa auf unser Verhältnis zu den westlichen Verbündeten nicht den geringsten Einfluß. Uns bleibt die europäische Integration nach wie vor eine Zielsetzung und wichtig, meine Damen und Herren.
    Und wir stehen weiter zu unseren Verbündeten im Westen, so wie wir das über vier Jahrzehnte tun — auch, Herr Dr. Vogel, mit den Verteidigungsanstrengungen, die bei allen begrüßenswerten Abrüstungsschritten nach wie vor notwendig sind. Wachsamkeit ist weiterhin der Preis der Freiheit, wie es über dem NATO-Hauptquartier in Brüssel steht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, bei dem Treffen der Regierungschefs vor zehn Tagen wurde folgende Resolution verabschiedet:
    Die Teilnehmer an dieser Zusammenkunft legen Wert darauf, ihrem Gefühl der Freude angesichts des Marsches in die Freiheit Ausdruck zu geben, der in den Ländern des Ostens angetreten worden ist.
    Ich glaube, wir können uns für diese Solidaritätsbekundung bedanken. Sie ist eine Äußerung von Freunden. Und wir sollten in diesen Ländern vorhandene Befürchtungen gegenüber einer deutschen Wiedervereinigung auszureden versuchen; wir sollten sie auf keinen Fall herbeireden, und wir sollten sie nicht überbewerten.
    Ich bin felsenfest überzeugt: Wenn die Deutschen von ihrem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch machen, dann werden das Ergebnis selbstverständlich alle Mitglieder der westlichen Wertegemeinschaft akzeptieren. Das steht für mich außer Frage. Wir sollten auch daran keinen Zweifel aufkommen lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, in der jetzigen Situation ist es besonders wichtig, finanzielle Handlungsfähigkeit zu bewahren. Mit den Beratungen über diesen Haushalt ziehen wir gleichzeitig Bilanz auch über die ersten sieben Monate der Amtszeit von Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel; ich meine, eine erfolgreiche Zeit.
    Der Haushalt 1990 und die von ihm vorgelegte mittelfristige Finanzplanung lassen deutlich seine Handschrift erkennen: Solidität bleibt weiterhin das Markenzeichen unserer Haushalts- und Finanzpolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich möchte namens der CDU/CSU-Fraktion dem Bundesfinanzminister unseren Respekt und unsere Anerkennung für diese beachtliche Leistung zollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich glaube, wir haben aber auch den Kollegen zu danken, die in verantwortlicher Art und Weise mit großer Anstrengung die Feinabstimmung des Haushalts vorgenommen haben.
    Da schrieb kürzlich einer: Ja, der Finanzminister im Glück. — Meine Damen und Herren, Glück kann man im Lotto haben. Dauerglück in der Politik ist selten. Ich glaube, hier gilt eher das lateinische Sprichwort: „Unus quisque suae fortunae faber est" — „Jeder ist seines Glückes Schmied".

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Kühbacher [SPD])

    — Da staunen Sie, Herr Kühbacher.

    (Heiterkeit — Kühbacher [SPD]: Ich freue mich! — Dr. Vogel [SPD]: Ein kleiner Strauß, ein Sträußlein!)

    Meine Damen und Herren, das gilt auch für den Gesamtbereich unserer Politik, wie wir sie in den nächsten Jahren auf Grund dieses Haushalts und der mittelfristigen Finanzplanung zu gestalten haben.
    Meine Damen und Herren, Herr Dr. Vogel hat versucht, hier — ich habe das schon erwähnt — ein Szenario der sozialpolitischen Kälte — er hat das Wort heute nur verschämt gebraucht — zu zeichnen. Genau das Gegenteil ist der Fall.
    Herr Dr. Vogel hat auf das Programm, das die SPD in Berlin verabschieden will, als das Zukunftsprogramm der SPD hingewiesen.

    (Dr. Vogel [SPD]: So ist es!)

    Ich möchte schon heute feststellen, daß die Idee des Papieres, das dort verabschiedet werden soll, unausgegoren und das Programm dadurch nicht finanzierbar ist. Ich glaube, das hat sich inzwischen auch schon in der SPD herumgesprochen.
    Es bestehen eigentlich nur zwei Alternativen: Entweder wird das Programm ökologisch ein Mißerfolg, oder es ist nicht finanzierbar. Daß ausgerechnet die Kohle, von der die größte Umweltbelastung ausgeht, von der Energiesteuer, die Sie planen, ausgeschlossen werden soll, hat einer aus Ihren Reihen, Michael Müller, schon ausreichend kommentiert. Er sprach davon, daß „angesichts der drohenden Umweltkatastrophen eine geänderte Energiepolitik vor der Kohle nicht haltmachen darf".
    Meine Damen und Herren, die gemachten Vorschläge sind nicht durchdacht. Sie sind nebulös. Sie sind widersprüchlich. Sie laufen eigentlich nur auf eines hinaus, nämlich: daß der Bürger mehr zur Kasse gebeten wird. Einerseits behaupten Sie, Sie wollten die Neuverschuldung des Bundes zurückführen und den Anstieg der Zinsverpflichtungen bremsen. Andererseits wird in dem Papier selbst zugegeben, daß die „Umsetzung aller beschlossenen sozialdemokratischen Erwartungen für 1991 allein für den Bund per saldo eine zusätzliche Belastung von 40 bis 70 Milliarden DM bedeuten würde".

    (Jäger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Es sind eben viel zu viele unterschiedliche Interessenrichtungen aus der SPD, die sich hier profilieren und die einen Fortschritt ausbrüten wollen.

    (Weiß [Kaiserslautern] [CDU/CSU]: Matthäus-Müller!)

    Es sind die Paradiesvögel, die sich mit modischen
    Ökofedern schmücken wollen, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Es sind die Papageien, die immer



    Dr. Bötsch
    wieder und immer noch das ideologische Lied stärkerer Staatslenkung und Umverteilung nachplappern

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDPJ: Und Wendehälse!)

    und die nichts aus den Entwicklungen der Vergangenheit und der Gegenwart lernen wollen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es sind die Lämmergeier, die im Steuerzahler ein willkommenes Opfer sehen, das für eine weitere Erhöhung der Staatsquote bluten soll.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Es ist der Vogel Strauß!)

    Wenn vereinzelt wie eine Schwalbe einmal das Wort „Marktwirtschaft" durch Ihr Programm flattert, so macht das noch lange keinen Sommer, meine sehr verehrten Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Man kann für Ihr Programm zusammenfassend feststellen: Viele Vögel verderben den Brei. Das ist die Zusammenfassung des Programms der SPD.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Weil das für die SPD symptomatisch ist — von der Kompetenz der GRÜNEN, die jetzt immer wieder dazwischenrufen, will ich gar nicht reden, weil das sowieso nutzlos und des gesprochenen Wortes, geschweige denn des beschriebenen Papieres nicht wert ist — , weil die Kompetenz bei Ihnen, den GRÜNEN, und auch von der SPD im Grunde genommen nicht vorhanden ist, gibt es zu dieser Regierung, gibt es zu diesem Bundeskanzler keine Alternative. Deshalb werden wir, CDU und CSU, mit unserer erfolgreichen Politik auch über den Wahltag hinaus in den nächsten Jahren die Bundesrepublik Deutschland regieren

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Das werden wir ja sehen!)

    und erfolgreich eine Zukunft im Zusammenwirken mit unseren Bürgerinnen und Bürgern gestalten.
    Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)