Rede von
Angelika
Beer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Verehrte Damen und Herren! Noch einmal zur Geheimhaltung und zum Bestand. Laut Angaben des Rechnungshofes vom US-Kongreß, GAO, ist der Bestand der Bundesrepublik bisher falsch angenommen worden; denn es geht nicht um 435 t chemischer Kampfstoffe in Fischbach, sondern nach den dortigen Angaben um 2 600 t.
Es wäre doch wirklich ein Skandal — auch für Sie, Herr Kollege, als Regierungsmitglied — , wenn jetzt öffentlich werden sollte, daß über Jahre eine falsche Bestandszahl angegeben wurde und daß nun der Abzug bereits 1990 anfangen soll — unter der Umgehung der Sicherheitsvorschriften, die in den USA selbstverständlich sind —, um bis Ende 1992 fertig sein zu können.
Da wird zu dem Trick gegriffen, daß die Sowjetunion auf Drängen der USA einer Formulierung in einem MOU zugestimmt hat, daß Inspektionen bei Lagern, die weniger als 2 % des Gesamtbestandes haben, nicht stattfinden. Kurz darauf wird gesagt — wen wundert es? — : In der Bundesrepublik sind unter 2 % gelagert, und es wird keine Verifikation, keine Inspektion in Fischbach geben.
Ich fordere vor diesem Hintergrund die sofortige Offenlegung sämtlicher Unterlagen, sämtlicher Pläne, Genehmigungen auch für die Abgeordneten des Parlaments, die Lager anzusehen. Ich fordere die Sicherstellung, nach dem Abzug chemischer Waffen hier keine neuen binären Waffen zu stationieren. Vor allen Dingen darf es nicht den Trick geben, der durchaus denkbar ist, daß hier verschiedene Chemikalien eingeführt werden, ohne zu sagen, daß es sich dabei um die verschiedenen Komponenten der binären C-Waffen handelt.
All das ist zu unterstellen, solange diese Geheimhaltung weiterläuft. All das ist zu unterstellen, soweit Sie nicht einseitig erklären, daß hier Inspektionen möglich sind, und solange nicht einseitig erklärt wird, daß in keinem Fall irgendwelche Chemikalien oder neue binäre Waffen hierherkommen. Das ist die Voraussetzung.
Ich möchte zum Schluß sagen: Ein Bundeskanzler, der hier falsche Regierungserklärungen abgibt, d. h. der dieses Parlament quasi belügt, ist letztlich ein ebenso großes Sicherheitsrisiko
wie die Materie, um die es in dieser Diskussion geht.
Vielen Dank.