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    Plenarprotokoll 11/168 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 168. Sitzung Bonn, Freitag, den 20. Oktober 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 6: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes und eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (Drucksache 11/5408) 12707 A Zusatztagesordnungspunkt 7: Wahlvorschlag der Fraktionen der CDU/ CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN für die Wahl der vom Deutschen Bundestag gemäß § 32 Abs. 1 des Poststrukturgesetzes vorzuschlagenden Mitglieder des Infrastrukturrats beim Bundesminister für Post und Telekommunikation (Drucksache 11/5409) 12707 A Tagesordnungspunkt 16: a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Verbot von Selbstbedienung beim Verkauf von Arzneimitteln (Drucksachen 11/1127, 11/3048) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (Drucksache 11/5373) Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 12707 D Jaunich SPD 12708 C Frau Würfel FDP 12710 B Frau Wilms-Kegel GRÜNE 12711 A Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 12711 D Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrags des Abgeordneten Reddemann und weiterer Abgeordneter: Unterrichtung des Deutschen Bundestages über den Stand der Unterzeichnung und Ratifizierung europäischer Abkommen und Konventionen durch die Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 11/5180) Dr. Soell SPD 12713 B Böhm (Melsungen) CDU/CSU 12714 C Frau Beer GRÜNE 12715 C Irmer FDP 12716 B Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 12717 A Zusatztagesordnungspunkt 8: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes (Drucksache 11/5392) Gerstein CDU/CSU 12718 A Jung (Düsseldorf) SPD 12719 D Dr.-Ing. Laermann FDP 12721 B Stratmann GRÜNE 12722 B Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 12724 B Menzel SPD 12726 B Hinsken CDU/CSU 12727 D Zusatztagesordnungspunkt 9: Aktuelle Stunde betr. Beteiligung und Verantwortung der Bundesregierung an II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 168. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Oktober 1989 der Entsendung der plutoniumbestückten Jupitersonde Galileo in den Weltraum durch die NASA Frau Wollny GRÜNE 12729 B Dr. Rüttgers CDU/CSU 12730 A, 12738 A Fischer (Homburg) SPD 12730 D Dr.-Ing. Laermann FDP 12731 D Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 12732 D Vosen SPD 12734 C Seesing CDU/CSU 12735 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 12735 D Timm FDP 12736 B Frau Ganseforth SPD 12737 B Seidenthal SPD 12739 A Jäger CDU/CSU 12740 A Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Reform des Jugendgerichtsverfahrens (Drucksache 11/4892) Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 12740 D Seesing CDU/CSU 12744 A Frau Nickels GRÜNE 12745 B Irmer FDP 12746 D Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ 12748 B Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrags des Abgeordneten Müntefering, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Soziale Fortentwicklung des Wohngeldes (Drucksache 11/5267) Menzel SPD 12749 D Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 12751 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 12753 D Dr. Hitschler FDP 12754 C Echternach, Parl. Staatssekretär BMBau 12755 C Nächste Sitzung 12756 D Berichtigung 12756 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 12757* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 12757* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 168. Sitzung. Bonn, Freitag, den 20. Oktober 1989 12707 168. Sitzung Bonn, den 20. Oktober 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 167. Sitzung, Seite 12600 B, Zeile 13: Statt „2020" ist „2000" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 20. 10. 89 Amling SPD 20. 10. 89 Andres SPD 20. 10. 89 Austermann CDU/CSU 20. 10. 89 Bachmaier SPD 20. 10. 89 Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 20. 10. 89 Büchner (Speyer) SPD 20. 10. 89 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 20. 10. 89 * Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU 20. 10. 89 Clemens CDU/CSU 20. 10. 89 Frau Dempwolf CDU/CSU 20. 10. 89 Duve SPD 20. 10. 89 Eich GRÜNE 20. 10. 89 * Frau Eid GRÜNE 20. 10. 89 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. Feldmann FDP 20. 10. 89 Francke (Hamburg) CDU/CSU 20. 10. 89 Fuchtel CDU/CSU 20. 10. 89 Gattermann FDP 20. 10. 89 Dr. Geißler CDU/CSU 20. 10. 89 Frau Dr. Götte SPD 20. 10. 89 Dr. Götz CDU/CSU 20. 10. 89 Grünbeck FDP 20. 10. 89 Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 20. 10. 89 Hauser (Esslingen) CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. Häfele CDU/CSU 20. 10. 89 Häfner GRÜNE 20. 10. 89 Freiherr Heereman von CDU/CSU 20. 10. 89 Zuydtwyck Heimann SPD 20.10. 89 Heinrich FDP 20. 10. 89 Höffkes CDU/CSU 20. 10. 89 Huonker SPD 20. 10. 89 Irmer FDP 20. 10. 89 ** Kastning SPD 20. 10. 89 Kittelmann CDU/CSU 20. 10. 89 ** Klein (Dieburg) SPD 20. 10. 89 Kolb CDU/CSU 20. 10. 89 Kolbow SPD 20. 10. 89 Koltzsch SPD 20. 10. 89 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 20. 10. 89 Kroll-Schlüter CDU/CSU 20. 10. 89 Leidinger SPD 20. 10. 89 Louven CDU/CSU 20. 10. 89 Frau Luuk SPD 20. 10. 89 Maaß CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 20. 10. 89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 20. 10. 89 Michels CDU/CSU 20. 10. 89 Mischnick FDP 20. 10. 89 Möllemann FDP 20. 10. 89 Oostergetelo SPD 20. 10. 89 Paterna SPD 20. 10. 89 Rappe (Hildesheim) SPD 20. 10. 89 Reuschenbach SPD 20. 10. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Rind FDP 20. 10. 89 Rixe SPD 20. 10.89 Sauer (Stuttgart) CDU/CSU 20. 10. 89 Schanz SPD 20. 10. 89 Schäfer (Mainz) FDP 20. 10. 89 Dr. Scheer SPD 20. 10. 89 ** Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 20. 10. 89 Dr. Schmude SPD 20. 10. 89 Schreiner SPD 20. 10.89 Schröer (Mülheim) SPD 20. 10. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 20. 10. 89 Schütz SPD 20. 10. 89 Frau Dr. Segall FDP 20. 10. 89 Stobbe SPD 20. 10. 89 Dr. Struck SPD 20. 10. 89 Stücklen CDU/CSU 20. 10. 89 Frau Trenz GRÜNE 20. 10. 89 Verheugen SPD 20. 10. 89 Voigt (Frankfurt) SPD 20. 10. 89 Dr. Waigel CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. Warnke CDU/CSU 20. 10. 89 Dr. von Wartenberg CDU/CSU 20. 10. 89 Weiß (Kaiserslautern) CDU/CSU 20. 10. 89 Westphal SPD 20. 10. 89 Dr. Wieczorek SPD 20. 10. 89 Wimmer (Neuötting) SPD 20. 10. 89 Wissmann CDU/CSU 20. 10. 89 Zander SPD 20. 10. 89 Zierer CDU/CSU 20. 10. 89 * Dr. Zimmermann CDU/CSU 20. 10. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksache 11/3755 Drucksache 11/3756 Drucksache 11/4022 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/5051 Nr. 40 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/3882 Nr. 3.41 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/883 Nr. 119 Drucksache 11/4161 Nr. 2.26 Drucksache 11/4534 Nr. 2.21
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    Rede von Claus Jäger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Kollegen von der CDU/CSU und von der FDP haben mit einer geradezu minuziösen Detailgenauigkeit dargelegt, daß dieses Projekt ungefährlich, tragbar, verantwortbar und für die Grundlagenforschung notwendig ist. Dem kann ich mich in vollem Umfang anschließen. Ich möchte mich für diese außergewöhnlich sachliche Information, die uns insbesondere der Bundesminister Riesenhuber gegeben hat, ausdrücklich bedanken.

    (Vosen [SPD]: In fünf Minuten!)

    Was mich hier beschäftigt, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist die Frage, weshalb wir uns eigentlich auf Antrag der linksradikalen GRÜNEN

    (Lachen bei den GRÜNEN)

    mit einer solchen Aktuellen Stunde befassen müssen. Die Frage ist: Weshalb machen die Linksradikalen zu diesem Thema eine Aktuelle Stunde? Dafür gibt es drei Gründe.
    Der erste Grund: Ihre Antinuklearbesessenheit treibt inzwischen seltsame Blüten. Jetzt bekämpfen Sie nicht mehr bloß die Kernspaltung, sondern schon den ganz natürlichen Zerfall. Um ein bißchen ironisch zu werden: Ich habe den Eindruck, daß die Zerfallsprozesse in Ihrer eigenen Fraktion und die Unruhen, die da ausgebrochen sind, ein bißchen zu Ihrer Allergie gegen Zerfallsprozesse beigetragen haben. Vielleicht ist das eine Teilerklärung für Ihren Antrag hier.

    (Heiterkeit — Dr. Daniels [Regensburg] [GRÜNE]: Aber eine sehr schlechte Erklärung!)

    Das zweite — und das muß schon ernster genommen werden — : In letzter Zeit häuft sich die Behinderung der sachlichen Parlamentsarbeit durch nutzlose, sinnlose, ja manchmal Nonsens-Anträge und -Initiativen aus Ihren Reihen,

    (Dr. Daniels [Regensburg] [GRÜNE]: Weil Sie sie nicht verstehen!)

    die wirklich nur Schaueffekte bewirken sollen, wie mein Vorredner zu Recht hier bemerkt hat.
    Ich will einmal darauf hinweisen, daß allein der Papierverbrauch, den Sie mit Ihren vielfältigen Nonsens-Initiativen hier in diesem Haus verursachen,

    (Frau Wolny [GRÜNE]: Thema verfehlt, mein Herr!)

    ganze Wälder umholzt.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Sie haben ja keine Ahnung!)

    Wenn ich allein an die letzten Haushaltsberatungen im Forschungsausschuß denke,

    (Vosen [SPD]: Zur Sache!)

    wo Ihr Kollege Briefs mit zentimeterdicken Antragspapieren in den Ausschuß kam,

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Warum reden Sie nicht zum Thema?)

    von denen jedes bald einen halben Baum in Anspruch genommen hat, den man dafür umholzen mußte, dann kann ich nur sagen: Das ist der spezifische Beitrag der GRÜNEN zur Umweltpolitik, daß sie diesen Deutschen Bundestag mit einer wäldermordenden Papierflut überschwemmen. Auch das muß hier einmal gesagt werden.

    (Vosen [SPD]: Was hat das mit Galileo zu tun? — Frau Nickels [GRÜNE]: Melden Sie sich zur Geschäftsordnung! Dann können Sie so reden, wenn Sie wollen! Unverschämtheit!)

    Das dritte aber: Sie wollen Panikstimmung in die Öffentlichkeit tragen zum Thema Forschung und zum Thema Weltraumforschung ganz speziell. In der Tat geht es um die Akzeptanz in der Bevölkerung, aber solche Akzeptanz kann man auch durch Initiativen, wie sie die GRÜNEN hier vortragen, kaputtmachen, und ich habe den Eindruck, genau das ist Ihr Ziel.
    Wenn es, meine Damen und Herren, hier überhaupt eine Verseuchungsgefahr gibt, dann ist es die Verseuchung der Öffentlichkeit mit derartigen Brunnenvergiftungen, wie Sie sie gegen die Weltraumforschung und die Weltraumsonde speziell, die hier zur Debatte steht, vortragen. Diese Art, das Parlament mit unsinnigen Initiativen zu beschäftigen und zu einem Instrument zu machen, um die Öffentlichkeit gegen notwendige Forschung aufzubringen, kann man gar nicht scharf genug geißeln.
    Unser Trost besteht darin: Der Galileo wird den Jupiter nicht verseuchen, Ihnen wird es nicht gelingen, die öffentliche Meinung zur Grundlagenforschung zu verseuchen. Lassen Sie mich schließen mit einem Wort an unsere sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen: Wer zusammengeht mit GRÜNEN, muß für seine Sünden sühnen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Mit diesem aktuellen Beitrag ist auch die Aktuelle Stunde beendet.
Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Reform des Jugendgerichtsverfahrens — Drucksache 11/4892 —
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat ist für die Beratung eine Stunde vorgesehen. Gibt es gegen diese eine Stunde Widerspruch? — Leider nicht. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Dr. Däubler-Gmelin.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Herta Däubler-Gmelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es kommt nicht häufig vor und ist schon deshalb bemerkenswert, daß der Bundestag und der Bundesrat am gleichen Tag über ein und denselben Problemkreis diskutieren, und zwar an



    Frau Dr. Däubler-Gmelin
    Hand von unterschiedlichen Initiativen. Heute tun wir das im Zusammenhang mit der Behandlung der Jugendstrafrechtspflege, mit dem Jugendgerichtsgesetz, und ich begrüße das, trotz — da stimme ich Ihnen ganz herzlich zu — der fortgeschrittenen Zeit. Aber, Frau Präsidentin, es liegt nicht an denen, die sich hier um Jugendliche und Jugendstrafrechtspflege bemühen, den Zeitpunkt solcher Debatten festzulegen; sonst wäre das bestimmt früher geschehen.
    Ich glaube, wir sollten festhalten, daß Bundestag und Bundesrat gleichermaßen ernst nehmen, daß hier Veränderungen notwendig sind und daß wir auch fragen müssen, ob wir vernünftig genug mit unseren Jugendlichen umgehen, gerade mit denen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Ich denke, wir müssen fragen, ob wir die vorhandenen und die denkbaren staatlichen Mittel vom Erziehungsbereich bis hinein in den Bereich der Maßnahmen im Rahmen der Strafrechtspflege eigentlich sinnvoll genug, richtig und mit rechtsstaatlich geschultem Augenmaß einsetzen, um Gesetzesverstöße zu verhindern, die 14- und 15jährigen Kinder, die Jugendlichen und später dann die Heranwachsenden von weiteren Verstößen und Konflikten abzuhalten, um ihnen ein gesetzestreues Leben zu ermöglichen.
    Meine Damen und Herren, wer sich mit diesen Fragen näher befaßt, wer mit den Praktikern redet, in den Erziehungsheimen, in den Strafanstalten, bei Gerichten, in Jugendbehörden, bei Sozialbehörden, mit Verteidigern, mit Sozialarbeiterinnen oder Sozialarbeitern diskutiert, der weiß ganz genau, daß wir relativ ernüchtert feststellen müssen: Unser Normenbestand ist wieder einmal weit, meilenweit hinter dem zurück, was heute eigentlich notwendig wäre. Wer dann noch darüber hinausgeht — das sollten wir Abgeordnete uns auch zur Pflicht machen — und zur Kenntnis nimmt, was uns viele engagierte Wissenschaftler hier für diesen Bereich an neuen Erkenntnissen vorlegen, der sieht diesen Eindruck bestätigt.

    (Beifall der Abg. Frau Nickels [GRÜNE])

    Nur ergibt sich daraus, daß der Handlungsbedarf schon länger besteht, und noch viel größer ist, als wir ihn bisher angenommen haben.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Nickels [GRÜNE] — Frau Nickels [GRÜNE]: Sie haben recht! Stimmt alles!)

    — Ganz herzlichen Dank. Es ist so; leider habe ich recht.
    Auch die Praxis ist uns weit voraus. Sie hat in den letzten Jahren mit ambulanten Maßnahmen, wie Betreuungsweisungen, sozialen Trainingskursen, Arbeitsweisungen oder aber dem schon weitgehend praktizierten Täter-Opfer-Ausgleich, die erzieherischen Möglichkeiten des Jugendgerichtsgesetzes zu Lasten der stationären Maßnahmen längst erweitert.
    Lassen Sie mich auf die Wissenschaftler zurückkommen. Die haben nicht nur interessante Grundfragen aufgegriffen oder Detailfragen geklärt, nein, die haben heute an Hand von langjährigen empirischen Untersuchungen nachgewiesen, daß solche Maßnahmen auch für den Geldbeutel interessant sind. Sie sind auch unter diesem Gesichtspunkt effizient. „Weniger
    Haft zahlt sich aus", „die Abrüstung des Jugendstrafrechts vermeidet oft Rückfälle", so lauten, zwar etwas reißerisch formuliert, aber zutreffend Zeitungsüberschriften, die deutlich machen, worum es auch geht. Die Abrüstung des Jugendstrafrechts spart nach den Berechnungen etwa des Vorsitzenden der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, Professor Pfeiffer aus Hannover, mindestens 170 Millionen DM im Jahr ein.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Und ganz viel Leid!)

    Bei der Eröffnung des 21. Jugendgerichtstags in Göttingen vor zwei Wochen erklärte er, der Verzicht auf Haftstrafen sei deshalb möglich geworden, weil es mittlerweile eine ganze Menge Projekte von unten gebe, die Haftvermeidung möglich machten. Er führte aus, die größere Milde habe eben nicht die Abschrekkungswirkung des Strafrechts vermindert, sondern bringe eher günstige Resultate. Empirisch klar sei, daß es bei jugendlichen Tätern, die einmal im Jugendarrest gesessen hätten, eine höhere Rückfallquote gebe, während die niedrigsten Rückfallquoten dort zu beobachten seien — er nannte ausdrücklich Essen oder beispielsweise auch Köln — , wo Staatsanwälte, die sich das überlegen, Verfahren öfter einmal einstellten und wo Richter mildere Strafen aussprächen.
    Meine Damen und Herren, einige von uns waren in Göttingen; ich kann nicht gerade sagen: die Mehrzahl der hier Anwesenden, aber es war aber doch eine beachtliche Anzahl. Die Frau Bundestagspräsidentin, Frau Professor Süssmuth, hat dort ein beachtliches und auch viel beachtetes Referat gehalten. Sie hat besonders an die Verantwortung der Gesellschaft für jugendliche Straftäter erinnert. Die Beratungen auf diesem Kongreß haben bestätigt, daß dort, wo bereits jetzt in dem erwünschten Umfang von informellen Erledigungen und ambulanten erzieherisch wirksamen Maßnahmen Gebrauch gemacht wird, Untersuchungshaft, Arrest und Jugendstrafen zurückgegangen sind, ohne — ich betone das — daß damit ein Anstieg der Kriminalitätsbelastung verbunden ist. Hinzu kommt — auch das war ein Ergebnis — , daß der Einsatz von informellen Erledigungsformen wie auch von ambulanten Maßnahmen mit einer besseren Legalbewährung verbunden ist.
    Mit diesen Ergebnissen hat die Kriminalpolitik von unten mit ihren inneren Reformen bewiesen, daß der Weg fortgesetzt werden kann. Die Verlagerung, die wir ausdrücklich wollen, schwächt die Rechtstreue der jungen Leute nicht etwa, sondern sie stärkt sie. Ich denke, davon sollten wir auch hier im Deutschen Bundestag ausgehen, weil das ja von niemandem mehr im Prinzip bestritten wird. Nur mit den Konsequenzen hapert es; die Bundesregierung ist am Zuge.
    Was haben wir von der Bundesregierung gehört? Im Dezember 1986 oder im August 1988 war zu hören: Jawohl, es ist richtig, das Jugendgerichtsgesetz von 1953 muß geändert werden, es muß an die Ergebnisse neuer kriminologischer Forschungen und unsere heutigen sozialpädagogischen Möglichkeiten angeglichen werden. Auch wir haben das so gesehen, und wir unterstreichen das heute. 1953 gab es zwar eine Neuformulierung des Gesetzes. Sie war dringend erfor-



    Frau Dr. Däubler-Gmelin
    derlich gewesen, weil die Nazis bekanntlich Anfang der 40er Jahre das, man kann schon sagen: vorbildliche, seiner Zeit weit vorauseilende Jugendgerichtsgesetz von 1923 auf ihr typisches NS-Denken umgepolt und auch mit ihrer pervertierten Sprache versehen hatten. Das wollte man 1953 nicht mehr haben, das hat man 1953 geändert und die offenkundigsten Relikte der NS-Vergangenheit herausgenommen. Aber, meine Damen und Herren, einiges hat man nicht herausgenommen, und das gilt bis heute.
    Der erste Punkt, der mir wichtig ist, weil er auch jetzt wieder kommt, ist die verhängnisvolle Vermischung von Erziehung und Strafe im konzeptionellen Ansatz.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Die Ideologie also, Erziehung sei durch strafrechtliche Sanktionen möglich, diese Verzerrung des Erziehungsgedankens ins Autoritäre, all das blieb im Gesetz, leider bis heute. Ich sage im 40. Jahr unseres Grundgesetzes mit besonders großem Nachdruck: Man muß sich entscheiden, was man will: erziehen oder strafen. Dabei ist klar, daß Strafe manchmal sein muß und dann auch und gerade bei Jugendlichen nach erzieherischen Grundsätzen ausgestaltet werden muß. Die ideologisch verbrämte Vermischung geht aber nicht.
    Es gibt noch ein anderes, was im Gesetz geblieben ist und was heraus muß. Das ist der gummiartige, der dehnbare, eigentlich überhaupt nicht bestimmbare Begriff der sogenannten schädlichen Neigungen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Er bildet heute das Einfallstor einer zur Erziehung verhängten Jugendstrafe, stammt ebenfalls aus der NS-Ideologie von 1943 und muß gestrichen werden;

    (Beifall der Abg. Frau Nickels [GRÜNE])

    übrigens schon deshalb, weil er — man muß sich das einmal vorstellen — einem Jugendlichen ein besonders ärgerliches, ja schädliches Etikett aufdrückt. Schädliche Neigungen, was heißt das eigentlich? Das spricht doch diesem Jugendlichen von Anfang an jede Veränderungsperspektive und jede Veränderungsmöglichkeit ab.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Der ist abgestempelt fürs ganze Leben!)

    Diese Abstempelung — völlig richtig — muß raus aus dem Gesetz; darauf bestehen wir. In einem sozialpädagogisch und rechtsstaatlich ausgerichteten Gesetz hat das nichts mehr zu suchen.
    Übrigens wäre es ganz gut, das auch deswegen zu tun — Sie sehen, ich spreche aus ganz pragmatischen Gründen — , weil damit der Widerspruch, der derzeit nur unter Verrenkungen und nur verbal aufzulösen ist, zwischen der Annahme schädlicher Neigungen als Voraussetzung für die Verhängung von Jugendstrafe und den Anwendungsvoraussetzungen der Strafaussetzung zur Bewährung aufgelöst werden könnte, und zwar endgültig.
    Sie wissen nun alle auch, daß es Versuche gegeben hat, solche grundlegenden Veränderungen schon früher zu machen. Das ist gescheitert. In den 70er Jahren ist es gescheitert, als man versucht hat, einige Punkte
    im Zusammenhang mit dem sehr grundsätzlichen Ansatz des Jugendhilferechtes aufzugreifen. Dann hat es bis 1982, 1983 gedauert, bis der Herr Justizminister — im Frühjahr 1983 — einen Referentenentwurf hat vorlegen können. Dabei hat er sich auf die Vorarbeiten seines Vorgängers, auf den Arbeitsentwurf 1982 stützen können.
    Das ist nun interessant, Herr Kollege Jahn, weil dieser Arbeitsentwurf aus dem Jahre 1982 einen der Punkte, um die es uns geht, nämlich die Herausnahme des Begriffs der „schädlichen Neigungen" , bereits berücksichtigt hatte. Der Entwurf des jetzigen Justizministers aus dem Jahre 1983 sieht dies nicht mehr vor. Man hat im übrigen nichts mehr davon gehört.
    Jetzt haben wir — Gott sei Dank, darf ich sagen; der Bundesrat berät heute in erster Lesung, hat, glaube ich, zu diesem Zeitpunkt schon darüber beraten — einen Gesetzentwurf vorliegen. Wenn wir jetzt einmal vergleichen, was darin steht, dann müssen wir feststellen: Da stehen einige vernünftige Dinge drin, aber es gibt auch eine ganze Reihe von Mängeln, auf die wir hinweisen müssen und die wir — das sage ich Ihnen ganz deutlich — zusammen in diesem Hause beheben sollten.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und den GRÜNEN)

    Wir haben in den letzten zwei Wochen noch eine Menge zusätzlichen Rat bekommen. Ich meine jetzt noch einmal den 21. Jugendgerichtstag. Dort war man sehr fair. Man hat nicht nur unseren Antrag, der schon ein bißchen älter ist als der Gesetzentwurf der Bundesregierung von Ende August, fair beurteilt und gesagt: Jawohl, es ist richtig, daß ihr in diese Richtung geht, sondern man hat auch den Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht abgelehnt, hat gesagt: Jawohl, es gibt da einige Schritte; z. B. der Täter-Opfer-Ausgleich, der schon praktiziert wird, wird jetzt gesetzlich abgesichert und noch das eine oder andere, das wir in unserem Antrag auch haben.
    Der Entwurf, meine Damen und Herren — und darauf möchte ich jetzt noch eingehen —, enthält aber eine Menge von zentralen Reformanliegen nicht. Auch das wurde in Göttingen festgestellt. Ihr Gesetzentwurf läßt nämlich Vorschläge vermissen, die die Möglichkeit der Anordnung von Untersuchungshaft, Jugendarrest und Jugendstrafe ohne Bewährung nachhaltig einschränken könnten. Das Problem der strafrechtlichen Behandlung Heranwachsender wird überhaupt nicht aufgegriffen, obwohl wir ganz genau wissen, daß heute 18- bis 21jährige häufig noch Jugendlichen gleichzustellen sind; es werden die immer wieder in der Praxis beklagten Defizite bei der Mitwirkung von Verteidigern bei der Jugendgerichtsbarkeit überhaupt nicht aufgegriffen, geschweige denn gelöst, und die unsinnige Trennung zwischen Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln wird ebenfalls nicht aufgegeben. Statt dessen führt man das noch weiter und führt jetzt auch bei den Zuchtmitteln die Arbeitsleistung ein.
    Was ich aber ganz besonders schlimm finde — ich denke, Sie sollten sich das noch einmal überlegen —, ist, daß entgegen dem, was der Justizminister mehrfach in der Öffentlichkeit erklärt hat, weiterhin Unter-



    Frau Dr. Däubler-Gmelin
    Buchungshaft und Jugendstrafe gegen 14- und 15jährige Kinder angeordnet werden können.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie des Abg. Irmer [FDP])

    Meine Damen und Herren, das sind Kinder, und wir wissen das von unseren eigenen Kindern. Sie sind nur per definitionem Jugendliche im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes, und was für deren weiteres Leben kaputtgemacht wird, das wissen wir auch. Darum können wir uns nicht weiter herummogeln.
    Ärgerlich finde ich auch, daß man nicht den Mut gehabt hat, die „schädlichen Neigungen" aus dem Gesetzentwurf herauszunehmen. Das unterscheidet ihn grundsätzlich von der Richtung, in die wir gehen wollen. Wir halten diesen Vorschlag für falsch, für nicht ausreichend und im übrigen für zuwenig mutig.
    Ich darf wiederholen: Wir werden uns bemühen — wenn es geht, gemeinsam mit Ihnen — , diese Mängel im einzelnen während des Gesetzgebungsverfahrens wieder zu beseitigen. Natürlich kennen wir die Hintergründe. Daß es Spannungen gegeben hat, ist uns nicht verborgen geblieben. Es gibt unterschiedliche Meinungen, auch unterschiedliche ideologische Ausrichtungen in den Reihen der Regierungskoalition, es gibt aber auch Bremser und Zaghafte. Ich habe natürlich mit großem Vergnügen die Presseerklärung der Kollegen Wittmann und Seesing gelesen. Darin steht ja nun — ich darf das einmal zitieren — , „nach schwierigen und langjährigen Verhandlungen habe man sich in den Koalitionsfraktionen auf diesen Gesetzentwurf geeinigt" . Jeder weiß, was das heißt. Hier ist also wieder einmal der kleinste gemeinsame Koalitionsnenner gefunden worden.

    (Seesing [CDU/CSU]: Sie kennen das doch auch noch!)

    Das ist ja an sich nichts Unanständiges. Allerdings sage ich Ihnen: Man sollte — wir sind gerne dazu bereit — ein bißchen konsequenter vorwärtsgehen. Das liegt gerade im Interesse der jungen Leute, um die wir uns kümmern müssen und für die wir auch Verantwortung tragen.
    Übrigens fordern nicht nur wir das. Ich habe schon darauf verwiesen, daß sich der Bundesrat heute mit dieser Materie befaßt. Ich finde es außerordentlich gut, daß der Bundesrat in einigen Punkten über das hinausgehen will oder in diesen Minuten schon hinausgegangen ist, was in diesem Gesetzentwurf vorgeschlagen wird. Er befindet sich damit in Übereinstimmung mit ganz zentralen Punkten unseres Antrages. Ich finde das ganz besonders bemerkenswert, weil die Länder in der Tat die Hauptlast der Organisation und auch der Finanzierung zu tragen haben.
    Es geht um dreierlei. Erstens hat der Bundesrat den Begriff der schädlichen Neigungen problematisiert. In der Tat, dieser Begriff muß eliminiert werden. Das habe ich schon zweimal gesagt.
    Zweitens geht es um das Verhältnis der Erziehungsmaßregeln zu den Zuchtmitteln.
    Es geht drittens um die grundsätzliche Abschaffung von Freizeit- und Kurzarrest.
    Ich hätte gerne noch mehr erreicht — das wissen Sie —, aber ich denke, in diesen drei Punkten müssen Sie sich auf jeden Fall bewegen. Dann nämlich fühlen sich auch die Praktiker und die Wissenschaftler, die uns in den letzten Jahren so hilfreich zur Seite standen, von uns nicht immer nur entmutigt, sondern sie fühlen, daß sie wirklich ernst genommen werden.
    Wir schlagen weiter vor, auch bei der Ausbildung, bei der Fortbildung und bei der Festigung der Stellung von Jugendstaatsanwälten und Jugendrichtern erheblich mehr zu tun. Wir werden in den Beratungen auch dazu einige Anträge vorlegen.
    Übrigens, die Göttinger Beratungen haben uns auch davon überzeugt, daß wir in engem Kontakt mit den Praktikern das eine oder andere verbessern können. Wir haben z. B. — entsprechend dem Ergebnis der Jugendgerichtstagung — die Begrenzung im Zusammenhang mit der von uns vorgeschlagenen Möglichkeit, auch die Vollstreckung einer Jugendstrafe bis zu drei Jahren zur Bewährung auszusetzen, fallengelassen. Wir haben uns überzeugen lassen, daß der österreichische Weg für die jungen Leute erfolgversprechender ist, und wir werden diese Erkenntnisse im weiteren Beratungsgang berücksichtigen, und zwar aus dem Grunde, weil die Österreicher gute Erfahrungen mit ihrem Modell gemacht haben.
    Lassen Sie mich noch eines sagen. Wir hören immer wieder, die Kassen seien leer, das alles koste viel Geld, und niemand sei bereit, jetzt die notwendigen Investitionen vorzunehmen. Da die Kosten im wesentlichen von Ländern und Gemeinden zu tragen sind, ist das natürlich ein gewichtiges Argument. Lassen Sie mich dem jedoch zwei Dinge entgegenhalten.
    Erstens. Ich habe die Berechnungen von Professor Pfeiffer und anderen angeführt. Wir müssen jetzt investieren. Dieses Geld kommt mittelfristig in Form von Ersparnissen um ein Vielfaches wieder herein.
    Zweitens. Meine Damen und Herren, wir müssen uns noch etwas genauer der Frage zuwenden: Wo fehlt das Geld? Es ist richtig: Die Gemeinden und die Länder haben heute weniger Geld. Das sage ich jetzt mit Blick auf Sie, mit Blick auf die Kollegen und Kolleginnen von der CDU/CSU und der FDP. Das hat seinen Grund. Dies liegt nämlich in der Sozialpolitik und in der Steuerpolitik begründet, die die Belastungen der Gemeinden und Länder ins Unermeßliche anwachsen ließen. Allein die Sozialhilfehaushalte — das wissen wir alle — hängen wie Mühlsteine am Halse manchen Kämmerers. Ich treffe hier jetzt keine abstrakte Feststellung, sondern dieser Umstand schlägt sich in jedem einzelnen Punkt nieder, den wir hier durchsetzen wollen.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Das geht zu Lasten der Schwachen!)

    Ein Beispiel will ich Ihnen nicht ersparen: Es gibt eine Menge sehr erfolgreich arbeitender Projekte für straffällig gewordene Jugendliche, die wir alle — ob wir den Regierungsfraktionen angehören oder ob wir in Opposition zur Regierung stehen — wollen und die wir im Jugendgerichtsgesetz absichern wollen. Aber diese Projekte kämpfen mit drückenden Finanzsorgen. Im Aufbau befindliche neue Projekte werden von



    Frau Dr. Däubler-Gmelin
    Gemeinden häufig so unzureichend finanziert, daß eine fachgerechte Arbeit kaum mehr möglich ist. Es ist ein Gebot der Ehrlichkeit, zu sagen, daß es nicht ausreicht, darauf zu verweisen, daß die Gemeinden die Finanzverantwortung dafür haben. Vielmehr werden wir im Gesetzgebungsverfahren sagen müssen, daß wir auch von seiten des Bundes hierfür Geld auszugeben bereit sind. Ich denke, gerade unsere Verantwortung für die jungen Leute, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind, und gerade auch die gesellschaftliche Verantwortung, von der auch die Frau Bundestagspräsidentin geredet hat, erfordern dies.
    Ganz herzlichen Dank.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und den GRÜNEN)