Rede von
Eckhard
Stratmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)
Liebe Mitbürgerinnen! Liebe Mitbürger! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Novellierung des Dritten Verstromungsgesetzes gibt zwei Ziele vor: Sicherung des Jahrhundertvertrages und Stabilisierung des Kohleausgleichsfonds. Er sagt in der Begründung ausdrücklich, daß damit die Beschlüsse aus dem Gespräch vom August dieses Jahres zwischen Bundeskanzler Kohl und den Ministerpräsidenten Rau und Lafontaine umgesetzt werden sollen,
wobei in diesen Beschlüssen die derzeitige Verstromungsmenge der heimischen Steinkohle von 40,9 Millionen Jahrestonnen für die Zeit von 1991 bis 1995 festgeschrieben wird.
Ich möchte dieser Absichtserklärung des vorliegenden Novellierungsentwurfes den Vertragstext aus dem Jahrhundertvertrag entgegenhalten. In dem Jahrhundertvertrag ist für die Zeit von 1991 bis 1995 für die gesamte Kraftwirtschaft — also öffentliche und industrielle Kraftwirtschaft sowie Deutsche Bundesbahn — eine Verstromungsmenge von 225 Millionen t heimischer Steinkohle als Mindestmenge vorgesehen. Das heißt, pro Jahr sollen mindestens 45 Millionen Jahrestonnen verstromt werden. Als Höchstmenge ist in dem Zeitraum von 1991 bis 1995 eine Gesamtmenge von 240 Millionen t vorgesehen.
Orientieren wir uns an der Mindestmenge von 45 Millionen t pro Jahr, und setzen wir das in Verbindung zu dem vorliegenden Novellierungsentwurf. Dazu möchte ich aus dem Kommuniqué des Gesprächs zwischen Kohl, Rau und Lafontaine zitieren. Dort heißt es in Punkt eins:
Die Bundesregierung erklärt: Der Jahrhundertvertrag bleibt bis 1995 gesichert. Dabei wird die Abnahmemenge in den Jahren 1991 bis 1995 von 40,9 Millionen Jahrestonnen für die Verstromung beibehalten. Die Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland nehmen dies zur Kenntnis.
Wenn hier — bei Kenntnisnahme von Rau und Lafontaine — behauptet wird, der Jahrhundertvertrag bleibe bis 1995 gesichert, kann ich nur entgegnen: Das Gegenteil ist der Fall. Hier wird im Konsens aller Beteiligten die Mindestverstromungsmenge von 1991 bis 1995 von 45 Millionen auf 40,9 Millionen Jahrestonnen reduziert. Das heißt, wir haben es mit einem ganz ausdrücklichen Bruch des Jahrhundertvertrages durch Reduzierung des Mengengerüsts zu tun.
Das bedeutet in der Größenordnung, daß zwei Großzechen mit einer Förderleistung von insgesamt ca. 4 Millionen Jahrestonnen stillgelegt werden müssen oder daß entsprechende Teilstillegungen über die Stillegungen hinaus erfolgen, die in der Kohlerunde im Dezember 1987 vereinbart worden sind; und damals ist schon eine Stillegung von 10 bis 12 Millionen Jahrestonnen vereinbart worden, wodurch ca. 25 000 Beschäftigte im Bergbau ihren Arbeitsplatz werden aufgeben müssen. Nun kommen also weitere 4 Millionen Jahrestonnen mit zusätzlich 4 000 bis 5 000 Beschäftigten hinzu.