Rede von
Gertrud
Unruh
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(GRÜNE)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Frau Präsidentin! Werte Volksvertreter und Volksvertreterinnen! Drei Minuten, die mir als Redezeit zugestanden worden sind, zwingen mich, jetzt vorzulesen.
Sie, Frau Altersforscherin und heute zuständige Ministerin Lehr, wissen seit 1978 konkret Bescheid, wie über Altenheimer — auch hier in Bonn — verfügt wurde nach dem Motto: Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt. Ihr sogenannter Doktorvater Professor Dr. Hillebrand, ehemaliger Ordinarius der Universität Bonn, als Heimbeiratsvorsitzender sowie Herr Landgerichtsdirektor Johannes Brahms, Bonn, klärten sie über Wehrlosigkeit und Peinigungen in Heimen auf. Beide Herren wurden fast zu Tode gequält. Die Prozesse brachten nicht viel.
Wir Grauen Panther demonstrierten zusammen mit Angehörigen viermal in Bonn für unsere Mitglieder Hillebrand und Brahms. Sie, Altersforscherin Lehr, verurteilten uns als „Kommunistenweiber". Wir Grauen Panther haben uns nicht beirren lassen und bundesweit bis heute weiter gegen Menschenrechtsverletzungen in Heimen demonstriert.
Sie, Frau Ministerin, haben in Bonn auf Einladung des Justizministers das realistische Theaterstück der Hamburger Vormundschaftsrichter über „Heimalltag" — ich nehme an, ohne gespielte Erschütterung — wahrgenommen und legen nach allem einen Gesetzentwurf vor, der nicht vorrangig die Lebensinteressen und das Schutzbedürfnis der Heimbewohner regelt, sondern Heimträgern und Kostenträgern noch mehr willkürliche Verfügungsgewalt über abhängige, hilflose alte Menschen einräumt. Sie, Frau Ministerin, haben mein Buch „Tatort Pflegeheim" mit Lösungsvorschlägen erhalten. Ich habe Sie in einem kurzen persönlichen Gespräch gebeten, den Schutz und die Menschenwürde der Bewohner in den Heimen mit der Novellierung des Heimgesetzes endlich nach unserem Grundgesetz zu ordnen. Statt dessen stecken Sie wieder zig Millionen in irgendeine Altersforschung. Die Forschungsinstitute können sich auf Sie verlassen.
Heimbewohner, Angehörige und Vertrauenspersonen verzweifeln in der Zeit ob der Menschenrechtsverletzungen in unseren Heimen. Bitte, Volksvertreter und Volksvertreterinnen, lassen Sie uns gemeinsam an Hand des vorliegenden Antrags auf Drucksache 11/5244 ein Heimgesetz mit vorrangigem Schutz für die Bewohner gestalten.
Danke schön.