Rede von
Dr.
Antje
Vollmer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Lüder! Die Debatte wird ja für uns alle immer schwieriger in dieser Frage.
Sie ist einfach auch so voll von einer feinsinnigen und subtilen Brutalität, vor allem in den Fakten, daß das sehr schwer auszuhalten ist. Mir fallen dabei auch viele Szenen aus dem Unterausschuß ein. Ich weiß deshalb auch gar nicht, wie schwarz ich eigentlich über Ihren Antrag lachen soll, weil Sie, die Koalitionsfraktionen, nun wiederum eine Unterrichtung der Bundesregierung über die Härteleistung fordern und daß die an die zuständigen Ausschüsse überwiesen werden sollen. Das war ja der Antrag von uns, den GRÜNEN, den Sie im Juni dieses Jahrs im Plenum ausdrücklich abgelehnt haben. Ich denke, wir haben inzwischen alle so viele gemeinsame Erfahrungen, daß wir wissen, daß dieses Scheinhandeln an Stelle des Handelns einfach nicht mehr geht. Noch ein Bericht und noch eine dieser unsäglichen Antworten dieses unsäglichen Finanzministeriums? Ich muß sagen: Ich kann das kaum noch ertragen.
Es ist Ihnen allen bekannt — ich selbst habe zu verschiedenen Terminen darauf hingewiesen, und ich weiß auch, daß Renate Schmidt ganz häufig auf das Schicksal der Nationalgeschädigten hingewiesen hat —, und Sie wissen schon längst, daß der Hohe Flüchtlingskommissar die sehr geringen Mittel aufgebraucht hat. Er hat uns wiederholt geschrieben. Und jetzt soll es noch einmal einen Bericht geben, ob dies denn so sei? Ich finde, das geht nicht mehr. Da muß jetzt sofort etwas passieren.
Dasselbe Spiel mit der Unterrichtung über die Härterichtlinien. Ich finde, es muß irgendwann einmal eine Bereitschaft bestehen, sich aus der sklavischen Abhängigkeit von diesem Finanzministerium zu befreien
und nicht noch einmal Herrn Hubrich so auf den Leim zu gehen. Soll man denn daran erinnern, wie das in dem Unterausschuß war, wo nach Berichten des Vertreters des Zentralrats der Roma und Sinti gesagt worden ist, daß das Ministerium natürlich den Betroffenen keinerlei Auskunft schuldig sei, und daß dann, wenn dieser den Raum verlassen hat, die hämischen Bemerkungen darüber kommen, daß die ja alle keine Ahnung hätten. Ich finde, daß dies auch der Würde dieses Parlaments — aber auf die kommt es ja in diesem Fall überhaupt nicht an — , aber vor allem dem Schicksal der Betroffenen nicht mehr gerecht wird. Deswegen denke ich, es gibt überhaupt nur noch einen Maßstab, etwas zu machen:
Erstens weg vom Finanzministerium und hin zu einer Möglichkeit einer Stiftung, die uns endgültig unabhängig macht.
Zweitens Umkehr der Beweislast.
Drittens so unbürokratisch wie nur irgend möglich und schnell.
Allen Berechnungen, die Sie, Herr Lüder, angestellt haben, kann man nur zustimmen. Diese Zahlen, mit denen da gerechnet wird, sind absurd. Dies gilt z. B. für die 130 Millionen DM. Die sind für zehn Jahre gedacht. Das ist so, als wenn Sie den Rüstungshaushalt mit 550 Milliarden DM angäben. Das wäre dann auch für zehn Jahre gerechnet. Mit einer solchen Art von Berechnung werden hier Schrecken erzeugt, und das Geld kommt nicht dahin, wo es hingehört, nämlich in die Hände der Leute, die wirklich arm sind und die ein Minimum an Anerkennung brauchen.