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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/161 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 161. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 28. September 1989 Inhalt: Nachruf auf den Bundesminister a. D. Dr. Bruno Heck 12163 A Nachruf auf die frühere Vorsitzende des Petitionsausschusses und Parlamentarische Staatssekretärin Frau Lieselotte Berger . 12163 D Begrüßung des Präsidenten des Reichstags des Königreichs Schweden und einer Delegation 12164 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Rappe (Hildesheim) 12164 C Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 12164 C Umbenennung des Ausschusses für das Post- und Fernmeldewesen in „Ausschuß für Post und Telekommunikation" 12164 D Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschiffahrt und zum Protokoll vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden (Drucksache 11/4946) b) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes (Drucksache 11/4482) 12164 D Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Drucksache 11/5242) 12165 A Tagesordnungspunkt 4: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik Dr. Blüm, Bundesminister BMA 12165 B Heinemann, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 12170 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 12173 C Dreßler SPD 12176 C Hauser (Krefeld) CDU/CSU 12180 A Stratmann GRÜNE 12181 D Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 12184 A Rappe (Hildesheim) SPD 12187 A Scharrenbroich CDU/CSU 12189 B Frau Frieß GRÜNE 12191 A Heinrich FDP 12192B Weiermann SPD 12193 A Linsmeier CDU/CSU 12195 A Tagesordnungspunkt 5: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Martiny, Roth, Schäfer (Offenburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Schutz des Lebensmittels Trinkwasser (Drucksachen 11/4293, 11/5179) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. September 1989 Lennartz SPD 12197 B Frau Garbe GRÜNE 12198D Frau Limbach CDU/CSU 12200 B Grünbeck FDP 12202 B Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 12205 A Frau Blunck SPD 12207 B Kroll-Schlüter CDU/CSU 12209 A Kiehm SPD 12211 C Dr. Göhner CDU/CSU 12213 B Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Zweiten Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Bauschäden zu dem Antrag der Abgeordneten Dr.-Ing. Kansy, Ruf, Dr. Vondran, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Grünbeck, Nolting, Zywietz, Frau Dr. Segall, Dr. Feldmann und der Fraktion der FDP: Bauwerkschäden (Drucksachen 11/343, 11/798, 11/4368) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Zweiter Bericht über Schäden an Gebäuden Zwischenzeitliche Veränderungen und Erfolge bei der Schadensvorbeugung und Schadensbeseitigung — Zusätzliche Maßnahmen — (Drucksachen 11/1830, 11/4368) Ruf CDU/CSU 12214 B Conradi SPD 12216B Dr. Hitschler FDP 12218B Frau Teubner GRÜNE 12219 C Echternach, Parl. Staatssekretär BMBau 12220 C Tagesordnungspunkt 7: Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Europäischen Übereinkommen vom 16. Mai 1972 über Staatenimmunität (Drucksachen 11/4307, 11/5132) b) Beratung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses: Übersicht 13 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 11/4789) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über viehseuchenrechtliche Fragen beim innergemeinschaftlichen Handel mit Embryonen von Hausrindern und ihre Einfuhr aus dritten Ländern (Drucksachen 11/4238 Nr. 2.9, 11/5040) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die viehseuchenrechtlichen Bedingungen für den innergemeinschaftlichen Handel mit Geflügel und Bruteiern sowie für ihre Einfuhr aus Drittländern (Drucksachen 11/4337 Nr. 10, 11/5041) e) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 126 zu Petitionen (Drucksache 11/5185) f) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 127 zu Petitionen (Drucksache 11/5186) g) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 128 zu Petitionen (Drucksache 11/5187) h) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 129 zu Petitionen (Drucksache 11/5188) i) Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 11/5200) . 12222 A Tagesordnungspunkt 8: a) Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Entschädigung für NS-Zwangsarbeit" (Drucksache 11/4704) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Politische und rechtliche Initiativen der Bundesregierung gegenüber den Nutznießern der NS-Zwangsarbeit (Drucksache 11/4705) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Vollmer, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Individualentschädigung für ehemalige polnische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter unter der NS-Herrschaft durch ein Globalabkommen (Drucksache 11/4706) Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. September 1989 III d) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Errichtung einer Stiftung „Entschädigung für NS-Unrecht" (Drucksache 11/4838) e) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Aufstockung des Härtefonds für Nationalgeschädigte beim Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (Drucksache 11/4841) f) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Errichtung einer Stiftung „Entschädigung für Zwangsarbeit" (Drucksache 11/5176) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Verbesserung der in den Richtlinien der Bundesregierung über Härteleistungen an Opfer von nationalsozialistischen Unrechtsmaßnahmen im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes vorgesehenen Leistungen und Erleichterungen bei der Beweisführung (Drucksache 11/5164) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Wisniewski und der Fraktion der CDU/CSU und des Abgeordneten Lüder und der Fraktion der FDP: Bericht über private Initiativen im Zusammenhang mit Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkriegs (Drucksache 11/5254) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Dr. Wisniewski und der Fraktion der CDU/CSU und des Abgeordneten Lüder und der Fraktion der FDP: Bericht über den Härtefonds für Nationalgeschädigte beim Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (Drucksache 11/5255) Frau Dr. Vollmer GRÜNE . . . 12223D, 12232A Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 12225 C Waltemathe SPD 12228 A Lüder FDP 12230A Lambinus SPD 12232 C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 12233 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 12234 A Carstens, Parl. Staatssekretär BMF . . . 12235 C Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Kittelmann, Wissmann, Frau Geiger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion der FDP: Ost-West-Wirtschaftsbeziehungen (Drucksachen 11/1553, 11/2260) Kittelmann CDU/CSU 12240 D Dr. Gautier SPD 12243 C Funke FDP 12246B Stratmann GRÜNE 12247 B Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 12250B Vahlberg SPD 12251D Lattmann CDU/CSU 12254 B Tagesordnungspunkt 10: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 26. November 1987 zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Drucksachen 11/4028, 11/4819) Seesing CDU/CSU 12256 C Singer SPD 12257 A Irmer FDP 12258 C Meneses Vogl GRÜNE 12259 C Dr. Jahn, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 12260 B Tagesordnungspunkt 11: a) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 124 zu Petitionen (Drucksache 11/5151) b) Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 125 zu Petitionen (Drucksache 11/5152) Frau Garbe GRÜNE 12261 B Frau Dempwolf CDU/CSU 12261 D Frau Ganseforth SPD 12262D, 12264 B Funke FDP 12263D, 12267 C Frau Limbach CDU/CSU 12265 D Frau Nickels GRÜNE 12267 B Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Weiss (München), Frau Rock, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Alpentransitverkehr und seine Auswirkungen auf die Umwelt (Drucksachen 11/4099, 11/4949) IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. September 1989 Weiss (München) GRÜNE 12268 C Oswald CDU/CSU 12270B Bamberg SPD 12272 B Gries FDP 12274 B Dr. Schulte, Parl. Staatssekretär BMV 12276D Tagesordnungspunkt 13: Beratung des Antrags der Abgeordneten Wartenberg (Berlin), Dr. Penner, Dr. Nöbel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Datenschutzrechtliche Anforderungen an das Schengener Informationssystem (S.I.S.) (Drucksache 11/5023) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Datenschutzrechtliche Probleme einer Europäischen Fahndungsunion (Drucksache 11/5245) Graf SPD 12277 C Dr. Blens CDU/CSU 12279B Such GRÜNE 12279 D Lüder FDP 12281 A Spranger, Parl. Staatssekretär BMI . . . 12281 D Wüppesahl (fraktionslos) 12282 C Nächste Sitzung 12283 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 12285* A Anlage 2 Deutsch-sowjetische Erklärung über die Nichtigkeit des Hitler-Stalin-Pakts MdlAnfr 7 22.09.89 Drs 11/5225 Jäger CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Adam-Schwaetzer AA 12285* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 161. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. September 1989 12163 161. Sitzung Bonn, den 28. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 29. 09. 89 Antretter SPD 29. 09. 89 * Bindig SPD 29. 09. 89 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 29. 09. 89 * Büchner (Speyer) SPD 29. 09. 89 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 29. 09. 89 * Dr. Emmerlich SPD 29. 09. 89 Engelhard FDP 29.09.89 Dr. Feldmann FDP 29. 09. 89 * Fellner CDU/CSU 29.09.89 Frau Fischer CDU/CSU 29. 09. 89 * Gallus FDP 29.09.89 Gansel SPD 29.09.89 Dr. Geißler CDU/CSU 28. 09. 89 Genscher FDP 29.09.89 Gerstein CDU/CSU 29.09.89 Häfner GRÜNE 29.09.89 Hasenfratz SPD 29.09.89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 29. 09. 89 * Dr. Holtz SPD 29. 09. 89 Höffkes CDU/CSU 29.09.89 * Ibrügger SPD 29.09.89 Irmer FDP 29. 09. 89 * Jaunich SPD 28.09.89 Frau Kelly GRÜNE 29. 09. 89 Kittelmann CDU/CSU 29. 09. 89 * Klein (Dieburg) SPD 29. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 29. 09. 89 * Dr. Kohl CDU/CSU 29. 09. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 29. 09. 89 Lenzer CDU/CSU 28. 09. 89 * Frau Luuk SPD 29. 09. 89 * Dr. Müller CDU/CSU 29. 09. 89 * Niegel CDU/CSU 29. 09. 89 * Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 29. 09. 89 Pfeifer CDU/CSU 28.09.89 Pfuhl SPD 29. 09. 89 * Reddemann CDU/CSU 29. 09. 89 * Repnik CDU/CSU 28.09.89 Reuschenbach SPD 29.09.89 Rixe SPD 29.09.89 Frau Rost (Berlin) CDU/CSU 29. 09. 89 Roth SPD 29.09.89 Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 29. 09. 89 Sauer (Salzgitter) CDU/CSU 29. 09. 89 Schäfer (Mainz) FDP 28. 09. 89 Dr. Scheer SPD 29. 09. 89 * Schmidt (München) SPD 29. 09. 89 * von Schmude CDU/CSU 29. 09. 89 * Schulze (Berlin) CDU/CSU 29. 09. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Soell SPD 29. 09. 89 * Steiner SPD 29. 09. 89 * Stobbe SPD 29.09.89 Dr. Struck SPD 29. 09. 89 Tietjen SPD 29.09.89 Frau Trenz GRÜNE 29. 09. 89 Dr. Unland CDU/CSU 29. 09. 89 * Dr. Vondran CDU/CSU 29. 09. 89 Vosen SPD 29.09.89 Dr. Waigel CDU/CSU 29. 09. 89 Westphal SPD 29.09.89 Frau Würfel FDP 29. 09. 89 Zierer CDU/CSU 29. 09. 89 ' Anlage 2 Antwort der Staatsministerin Frau Dr. Adam-Schwaetzer auf die Frage des Abgeordneten Jäger (CDU/CSU) (Drucksache 11/5225 Frage 7): Gibt es Gespräche oder schon Verhandlungen der Bundesregierung mit der sowjetischen Regierung über eine gemeinschaftliche Erklärung der Ex-tunc-Nichtigkeit des verbrecherischen Hitler-Stalin-Pakts vom 23. August 1939 einschließlich seiner geheimen Zusatzprotokolle, und wie beurteilt die Bundesregierung ein solches Vorhaben, etwa im Hinblick auf den Prager Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakei über das Münchner Abkommen vom 29./30. September 1938? Den ersten Teil der Frage beantworte ich wie folgt: Die Bundesregierung hat mit der sowjetischen Regierung keine Gespräche über eine Erklärung zu den Abmachungen vom 23. August 1939 und vom 28. September 1939 geführt. Zum zweiten Teil der Frage antworte ich wie folgt: Zu einer gemeinschaftlichen Erklärung besteht derzeit kein Anlaß. Die Bundesregierung hat ihre Auffassung zum Hitler-Stalin-Pakt wiederholt zum Ausdruck gebracht. Der Bundeskanzler hat am 1. September 1989 erklärt, daß die Vereinbarungen von 1939 für die Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsgültig sind und daß wir aus dem Pakt selbst und aus seinen Zusatzvereinbarungen keinerlei Rechtfertigung für nachfolgende Völkerrechtsverstöße des Deutschen Reiches und der Sowjetunion herleiten. Zu verweisen ist auch auf die Antwort der Staatsministerin Frau Dr. Adam-Schwaetzer auf die Frage des Abgeordneten Graf Huyn (Drucksache 11/4725) am 2. Juni 1989. Die Haltung der Bundesregierung ist damit klar zum Ausdruck gekommen. Anders als etwa bei Artikel I des Prager Vertrags besteht kein vertraglicher Regelungsbedarf.
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    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dieser Regierungserklärung will ich eine kurze Bilanz über die Ergebnisse von sieben Jahren Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik geben. Denn es ist fast auf den Tag genau sieben Jahre her, daß diese Koalition im Oktober 1982 die Verantwortung übernahm. Ich will Antworten auf Fragen geben, die unsere Bürger derzeit im Zusammenhang mit den zu uns kommenden Landsleuten, den Aus- und Übersiedlern, stellen, und ich will einen Ausblick auf Möglichkeiten für mehr Arbeit und andere Arbeit in unserer Gesellschaft geben.
    Als wir im Oktober 1982 die Regierung übernahmen, befand sich unser Land in einem Entwicklungstal und in einem Stimmungstief. Die regelmäßig erhobene Infas-Umfrage ergab 1982: 63 % der Befragten waren beunruhigt, pessimistisch über die politischen Zukunftsaussichten. Für September 1989, sieben Jahre später, stellt Infas fest, daß 82 % der Bundesbürger überwiegend zuversichtlich in die Zukunft der deutschen Wirtschaft schauen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei den GRÜNEN)

    — Sie gehören wahrscheinlich zu den 18 %.
    Anfang der 80er Jahre stagnierte unsere Wirtschaft. Das Bruttosozialprodukt ging zurück. Man verschleierte den Vorgang damals hinter dem Kunstwort „Minuswachstum". 1982 ging die Wirtschaftsleistung um 1 % zurück, 1988 stieg sie real um 3,6 %, im ersten Halbjahr 1989 sogar um real 4,6 %.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Realeinkommen der Arbeitnehmer sanken 1981 um 1,8 %, 1982 um 2,2 %; von 1985 bis 1989 haben sie insgesamt um 7,5 % zugenommen.

    (Stratmann [GRÜNE]: Und die der Unternehmen?)

    Also, zur Frage der Wende: An Stelle von Minus ein Plus, an Stelle von Rückgang eine Zunahme, an Stelle von roten Zahlen jetzt schwarze Zahlen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Und eine korrigierte Statistik!)

    Die Bürger werden entscheiden, welche Zahlen besser sind.
    Durch die Steuerreform 1990 und durch sinkende Beiträge infolge der Gesundheitsreform werden sich 1990 nochmals rund 3 % realer Einkommenszuwachs in den Taschen der Arbeitnehmer befinden. Mit anderen Worten: Der durchschnittlich verdienende Arbeitnehmer hat im nächsten Jahr gegenüber 1985 einen realen Zuwachs an Kaufkraft von 2 100 DM

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Phantastisch!)

    — das ist sozusagen eine zweiwöchige Urlaubsreise — , dank einer vernünftigen, soliden Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenden wir auch den Blick auf den Arbeitsmarkt: Zu Beginn dieses Jahrzehntes, 1980, stieg die Arbeitslosigkeit dramatisch an, zwischen 1980 und 1983 um rund 1,37 Millionen Arbeitnehmer, die arbeitslos wurden. Das war ein Anstieg der Arbeitslosigkeit um 154 %. Die Zahl der Kurzarbeiter — Kurzarbeit ist ja eine Teilarbeitslosigkeit — stieg um 539 000, also um knapp 400 %. Die Zahl der Arbeitsplätze — das ist, glaube ich, das wichtigste Datum — sank in der gleichen Zeit um rund 1 Million.
    Wie ist das Ergebnis heute? Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte im Juli 1989 27,72 Millionen. Das ist



    Bundesminister Dr. Blüm
    der höchste Stand der Erwerbstätigen seit dem Kriegsende. Das ist ein Beschäftigungsrekord in unserem Land.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Allein gegenüber dem Juli 1988 stieg die Zahl der Erwerbstätigen um 360 000, Seit Ende 1983 bis heute ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um rund 1,5 Millionen gestiegen. Auch hier weise ich auf den Unterschied hin: In den letzten Jahren der Regierung Schmidt gingen knapp 1 Million Arbeitsplätze verloren; jetzt haben wir 1,5 Millionen Arbeitsplätze gewonnen.

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Da muß er selber lachen!)

    Auch hier der Unterschied zwischen roten Zahlen und schwarzen Zahlen!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit rund 65% waren Frauen an dem Arbeitsplatzgewinn überproportional beteiligt. Noch nie in der Geschichte unserer Republik hatten so viele Menschen Arbeit, noch nie zuvor haben so viele Frauen einen Arbeitsplatz gefunden. Das ist das Ergebnis unserer Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Europaweit sind wir Spitze im Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit. Der Anteil der Arbeitslosen unter 25 Jahren an der Zahl aller Arbeitslosen betrug im Juli 1989 in Italien 53 %. Jeder zweite Arbeitslose in Italien war ein Jugendlicher unter 25 Jahren. In Portugal betrug diese Zahl 42 %, in Spanien 41 %, in den Niederlanden 37 %, in Luxemburg 36 %, in Irland 33 %, in Frankreich 30 %. In Großbritannien betrug der Anteil 29 %. Fast jeder dritter Arbeitslose dort war unter 25 Jahren.

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Und dort regiert Frau Thatcher!)

    Mit weitem Abstand folgt die Bundesrepublik mit 16,9 %. Betrachten Sie die Extreme: über 50 % in Italien und 16 % bei uns!
    Der Lehrstellenmarkt hat sich gewandelt. Vor drei Jahren war noch das Stichwort „ Lehrstellenkatastrophe " in der Diskussion. Wir hatten mehr Lehrstellenbewerber als Lehrplätze. Heute, drei Jahre später, ist das Wort vergessen. Wir haben wieder mehr Lehrplätze als Lehrstellensuchende. Wenn jemand fragt: Wo ist die Wende, dann sage ich ihm: Da ist die Wende.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ende August standen 149 000 unbesetzten Lehrstellen noch 58 000 nichtvermittelte Bewerber gegenüber. Mit anderen Worten: Es gibt dreimal so viele offene, unbesetzte Lehrstellen wie Lehrstellenbewerber. Wo ist die Wende? — Hier ist die Wende.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Unruh [fraktionslos]: Nur, das glaubt Ihnen draußen niemand!)

    334 000 Menschen haben im August ihre Arbeitslosigkeit beendet. In keinem August vorher gab es eine so hohe Abmeldung aus der Arbeitslosigkeit. Seit Jahresbeginn wurden 1,5 Millionen Menschen in Arbeit vermittelt. Das ist das beste Ergebnis seit 1977. Es zeigt, wie unser Arbeitsmarkt in Bewegung geraten ist.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Auch das ist eine Wende!)

    — Auch das ist eine Wende.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Arbeitgeber meldeten 1989 bisher knapp 1,5 Millionen offene Stellen. So viele offene Stellen gab es seit 1977 nicht mehr.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Auch das ist eine Wende!)

    Nach der Wende 1982 überschrieb die Wochenzeitung „Die Zeit" einen Beitrag mit der damals utopisch klingenden Überschrift: „Hoffen auf das zweite Wunder." Was damals als Utopie galt, ist heute Wirklichkeit. Es ist kein Wunder, aber es ist das Ergebnis des Fleißes der Arbeitnehmer, der Handwerker, der Unternehmer, der sich wieder lohnt.
    Wir sind seit mehreren Jahren Exportweltmeister. Unsere Arbeitnehmer haben durch wirtschaftliches Wachstum, stabile Preise, sinkende Steuern ein kräftiges Plus in ihren Taschen — bei kürzerer Arbeitszeit und längerem Urlaub. Daran sind viele beteiligt: viele, viele Millionen fleißige Arbeitnehmer, Handwerksmeister, viele Unternehmer, viele kleine und mittlere Unternehmer, die von den verbesserten Bedingungen Gebrauch gemacht haben.
    Ich will hier ganz besonders mittelständische Unternehmen erwähnen. 97 % der neuen Arbeitsplätze sind in den kleinen und mittleren Unternehmen entstanden. Sie haben einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Besserung geleistet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch an diesem Tag soll nicht vergessen werden, daß das Lehrstellenwunder ein Mittelstandswunder, ein Handwerkerwunder war. Die haben für die junge Generation mehr getan als alle sozialistischen Bildungsideologen zusammen!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die deutschen Arbeitnehmer haben den Kopf nicht in den Sand gesteckt, sie haben mitgemacht, haben sich weiterqualifiziert, haben angepackt. Die Politik kann und soll die Bedingungen für den wirtschaftlichen Erfolg verbessern. Mehr kann und darf eine freiheitliche Politik nicht. Mehr kann und darf sie nicht! Bedingungsverbesserung ist das Ziel einer freiheitlichen Politik. Sozialistische Wirtschaften wollen alles bestimmen und den Produzenten und Konsumenten nichts überlassen. Sie wollen alles und erreichen nichts, was in diesen Tagen augenfällig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben die Bedingungen verbessert. Von 1983 bis 1988 haben wir 31 Milliarden DM für berufliche Bildungsmaßnahmen ausgegeben. 2,8 Millionen Personen wurden gefördert. Für berufliche Rehabilitation — das sind Rekordzahlen — : 13 Milliarden DM; für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Zeitraum von 1983 bis 1988: 15 Milliarden DM. Wir haben die Ar-



    Bundesminister Dr. Blüm
    beitsbeschaffungsmaßnahmen verdreifacht — von wegen „Kahlschlag" !

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: So ist es!)

    1982 — Herr Heinemann, richten Sie das Ihren Anzeigengebern aus, die heute wieder von „Kahlschlag" reden — wurden 7 Milliarden DM für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgeben; 1989 sind es 15 Milliarden DM. Wie kommen Sie eigentlich dazu, zu sagen, wir würden Arbeitsmarktmaßnahmen abbauen? Können Sie die Rechnung nicht verstehen: 7 Milliarden DM sind noch nicht einmal halb soviel wie die 15 Milliarden DM, die wir in diesem Jahr leisten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Günther [CDU/CSU]: Er meint NordrheinWestfalen!)

    Und auch im kommenden Jahr wird die Bundesanstalt wieder 15 Milliarden DM ausgeben.
    Ab 1990 werden die Bürger durch unsere Steuersenkungsmaßnahmen um rund 49 Milliarden DM netto entlastet. Insgesamt 4,5 Millionen Erwerbstätige werden nach der Steuerreform überhaupt keine Lohn- und Einkommensteuer mehr zahlen. Den Bundesländern fließen nach dem neuen Strukturhilfegesetz seit 1989 jährlich 2,4 Milliarden DM für Infrastruktur-und Umweltmaßnahmen zu, allein dem Land Nordrhein-Westfalen 750 Millionen DM, 750 Millionen DM, mit denen Rau durch das Land geht und sich mit dem Absender verwechselt.

    (Hauser [Krefeld] [CDU/CSU]: So ist es! Mit denen er sich brüstet!)

    Wenn sich ein Briefträger mit dem Absender verwechselte, würde er als Hochstapler attackiert werden!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die realen Einkommen sind gewachsen, soziale Belastungen sind zurückgenommen worden. Meine Damen und Herren, auch wenn Sie es nicht gerne hören:

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Die SPD liest nur Zeitung!)

    Ich behaupte nicht, daß es allen Deutschen gutgeht, aber den Deutschen in der Bundesrepublik ging es noch nie so gut wie im September 1989 — noch nie so gut!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die SPD attackiert uns mit dem Vorwurf des „Kahlschlags", heute morgen wieder. Ich frage mich, warum, wenn wir wirklich dieses kahlgeschlagene Land wären, ausgerechnet zu uns in dieses kahlgeschlagene Land, Menschen aus aller Welt wollen. Warum ausgerechnet zu uns?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Nun hören Sie doch mal mit diesem Unsinn auf!)

    Vor unseren Grenzen drängeln sich Menschen, die zu uns wollen. Vor sozialistischen Grenzen drängeln sich Menschen, die raus wollen, um jeden Preis raus wollen. Das ist der Unterschied zwischen freiheitlichen Systemen und sozialistischen Systemen. Sozialistische Systeme haben Auswanderungsprobleme, wir hab en
    Einwanderungsprobleme. In Moskau habe ich noch keine Asylantenschlagen gesehen, in Ost-Berlin auch nicht. Wenn unser Land so schlecht wäre, wie die Sozialdemokraten es machen, wenn das Elend und das Chaos allgemein wären, dann frage ich mich, warum alle Welt in das Wohlstandsland Bundesrepublik will.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir legen dabei die Hände nicht in den Schoß. Wir sind nicht selbstzufrieden. Natürlich gibt es Aufgaben. Natürlich gibt es noch Armut bei uns. Sie muß bekämpft werden. Aber als Massenelend ist sie Gott sei Dank bei uns unbekannt. Wer das bestreitet, soll sich einmal in der Welt umsehen, um zu wissen, was Elend ist.

    (Günther [CDU/CSU]: So ist es!)

    Wir wollen Armut bekämpfen auch in unserem Lande. Aber Massenelend gibt es in unserem Lande Gott sei Dank nicht. Das ist auch der Erfolg des Fleißes seiner Bürger und einer guten Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir wollen die Hände nicht in den Schoß legen. Denn es gibt Schatten, auch auf dem Arbeitsmarkt. Ich denke an die Langzeitarbeitslosen. Manche schließen die Augen vor der Langzeitarbeitslosigkeit. Wir müssen und wollen den Langzeitarbeitslosen helfen, den Weg zurück zur Arbeit zu finden. Manche hat der Mut, manche hat sogar der Wille zur Arbeit verlassen. Sie haben sich eingerichtet in einem Status „Draußen", eingerichtet in einem Gefühl, nicht gebraucht zu werden. Selbstvertrauen baut sich ab. Gegen diese Welle der Resignation kämpft unser Programm für die Langzeitarbeitslosen und gegen die Langzeitarbeitslosigkeit.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Auch bei diesem Thema liest die SPD nur Zeitung!)

    1,75 Milliarden DM stehen dafür seit dem 1. Juli zur Verfügung, nämlich für Lohnkostenzuschüsse, für Zuschüsse an Maßnahmenträger, die besonders schwer Vermittelbaren helfen sollen, und zwar auch in bezug auf die Motivation helfen sollen, zur Arbeit zurückzufinden.
    Aber wir brauchen nicht nur Geld. Geld ist nur die eine Sache. Wir brauchen eine große Kooperation des guten Willens für die Langzeitarbeitslosen. Deshalb appelliere ich an die Länder, auch an Nordrhein-Westfalen, einen runden Tisch zu bilden und um diesen runden Tisch alle Gutwilligen zu versammeln — je mehr, um so besser — : die Tarifpartner, Gewerkschaften und Arbeitgeber, die Kammern, die Kirchen, die Wohlfahrtsverbände. Es gibt keine Patentrezepte. Wir stellen das Geld zur Verfügung. Ideen müssen vor Ort geboren werden. Eine menschennahe Politik vor Ort wird auch den Langzeitarbeitslosen helfen.
    Eine große Herausforderung ist die Aufnahme unserer Landsleute, die als Aus- und Übersiedler zu uns kommen. Sie sind auch ein Stimulans für unsere Solidarität. Sie werfen uns aus dem Trott der eingespielten Routine und fordern von uns schnelle Antworten. Der Wohnungsbau muß angekurbelt werden. Wohnungen für alle, für die Einheimischen und für die, die



    Bundesminister Dr. Blüm
    zu uns kommen! Das schafft auch Arbeit. Das ist auch eine Hilfe für den Arbeitsmarkt.
    Die Aus- und Übersiedler kommen mit nichts außer dem ungestillten Hunger auf Freiheit. Sie haben genug Sozialismus erfahren. Sie haben den Sozialismus satt. Sie kommen mit Tatendrang und Vertrauen in uns und in unsere Gesellschaftsordnung. Deshalb stützen sie eine freiheitliche Gesellschaftsordnung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie sind geradezu eine Mentalitätshilfe. Sie bringen die Mentalität, seine Lebensgeschicke selber in die Hand zu nehmen, mit. Das könnte auch ein Schub gegen die Gesinnung einer Hängemattengesellschaft werden. Sie bringen Zuversicht und damit auch ein Stimulans gegen Pessimismus mit. Pessimismus ist ja eine gut florierende Branche. Mit Miesmachen lassen sich ja bei uns gute Geschäfte machen. Die Landsleute, die den Sozialismus erfahren haben, werden auf die Frustrationsexperten nicht hereinfallen. Da bin ich ganz sicher. Die freie Gesellschaft hat eben für alles ein Angebot, selbst für das Miesmachen. Das ist der Schnickschnack, für den Freiheit auch tolerant sein muß.
    Unsere Landsleute bringen die Erfahrung mit, was Freiheit wert ist. Ich finde, in dieser Wohlstandsgesellschaft könnte die Selbstverständlichkeit der Freiheit zum Erlahmen unserer Kräfte führen. Insofern sind unsere Landsleute, die mit der Erfahrung des Sozialismus zu uns kommen, geradezu eine Stütze eines neuen Aufbruchs,

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Sie dementieren Herrn Dregger und Ihre Deutschlandpolitik, weil Sie nicht mehr daran glauben!)

    der Freiheit und der Selbstverantwortung in unserem Leben einen größeren und stärkeren Platz einzuräumen, als es in den Betreuungsgesellschaften sozialistischer Art der Fall war.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für unser Sozialsystem sind die Aus- und Übersiedler nicht nur eine Solidaritätsaufgabe, sondern sie helfen uns auch. Sie helfen unserem Rentenversicherungssystem durch die Verjüngung. Gerade in einer Gesellschaft, die von Kinderarmut bedroht ist, helfen sie unserem Sozialsystem.
    Das Aussiedlerproblem wird nicht durch Integration hier an der Wurzel gelöst, sondern durch Liberalisierung in den Herkunftsländern. Der Sozialismus treibt die Menschen aus ihrer Heimat. Das ist der schwerste Vorwurf, den man dem Sozialismus machen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Scharrenbroich [CDU/CSU]: Der SPD bleibt die Sprache weg! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Die Spucke auch!)

    Denn niemand verläßt seine vertraute Umgebung aus Lust und Laune. Es ist der Sozialismus, der die Menschen zur Aus- und Übersiedlung treibt.

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Blasen Sie sich nicht so auf!)

    Sozialistische Systeme sind es, die zur Auswanderung führen.
    Meine Damen und Herren, Kampf gegen Arbeitslosigkeit heißt auch Kampf gegen die, die es sich in der Arbeitslosigkeit gemütlich gemacht haben und unsere Arbeitslosenversicherung ausnutzen. Wer den wirklich Arbeitslosen helfen will — und wir wollen ihnen helfen — , muß sie vor der Verwechslung mit Faulenzern schützen. Wer sie vor der Verwechslung mit Faulenzern schützen will, muß dem Mißbrauch und den Ausnutzern den Kampf androhen und den Kampf im Interesse der wirklich Arbeitslosen führen, denn die werden sonst mit denjenigen verwechselt, die sich häuslich in der Arbeitslosigkeit eingerichtet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Man darf von den Verweigerern der Arbeit, von den Aussteigern, nicht auf jene schließen, die unter ihrer Arbeitslosigkeit leiden. Denen muß geholfen werden! Wir helfen denjenigen, die arbeiten wollen und können, aber wir helfen nicht denjenigen, die arbeiten können, aber nicht wollen. Denen helfen wir nicht!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein Beispiel dafür, daß es solche gibt, bietet das Arbeitsamt Neumünster, wo 344 Arbeitnehmer zur Teilnahme an einem Kurs aufgefordert wurden. Von diesen 344 Arbeitnehmern sind 56 gar nicht zur Beratung erschienen. 39 lehnten die Teilnahme ohne wichtigen Grund ab. 38 haben sich aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet. 29 haben die Maßnahme ohne wichtigen Grund nicht angetreten. 8 waren postalisch nicht erreichbar. Das sind zusammen 170 Leistungsempfänger; also sind 50 To gar nicht gekommen oder hatten kein Interesse. Die waren offenbar nicht von der Not getrieben, sonst wären sie ja wenigstens gekommen. Die hatten offenbar keinen unstillbaren Hunger nach Arbeit; sonst wären sie ja wenigstens einmal zum Arbeitsamt gekommen. Das legt doch den Verdacht nahe, daß sich diese Zahl auch in der Hochrechnung so bestätigen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ein weiteres Beispiel bietet das Arbeitsamt Hamburg. Rund 1 800 Leistungsempfänger wurden dort gezielt zur Meldung aufgefordert. Sie sollten sich einmal melden. Das ist ja keine unzumutbare Aufforderung vom Arbeitsamt.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Ich schicke Sie auch einmal zu einem Kurs!)

    20 % haben sich — nur auf Grund dieser Einladung — sofort aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet. Auch die waren offenbar nicht von Not und Hunger nach Arbeit getrieben. Sie haben sich sofort abgemeldet!
    Wir müssen nach neuen Möglichkeiten der Arbeit suchen.

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Indem man blödsinnige Kurse anbietet!)

    Eine Gesellschaft verliert jede Kraft, wenn man sich auf andere verläßt. Es ist ein sozialistischer Irrtum, zu glauben, der Staat könnte alles besser, wüßte alles besser und machte alles besser. Freiheit und Verantwortung haben ihr Subjekt in der Person des Men-



    Bundesminister Dr. Blüm
    schen. Der Sozialismus jeder Spielart verflüchtigt die Problemlösung ins Kollektive und verdrängt deshalb Initiative und persönliche Verantwortung. Mitverantwortung ist ohne Freiheit nicht möglich. Sozialistische Gesellschaften sind ohne Schwung. Kreativität ist keine Sache von Planungsapparaten und Funktionären. Sozialistische Gesellschaften folgen der Utopie des Schlaraffenlandes und landen im gut verwalteten Elend.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Thema verfehlt!)

    Wir wollen eine Gesellschaft mit Selbstvertrauen. Wir wollen eine Gesellschaft, die sich selber etwas zutraut. Wir brauchen Mitbürger, die nicht immer und überall Lösungen und Hilfen von anderen verlangen. Das war auch der Auslöser für unsere Gesundheitsreform. Unser Gesundheitssystem stand in Gefahr, zur großen Trainingsstätte der Fremdsteuerung des Menschen zu werden. Es erweckte den Anschein, als wäre Gesundheit nur eine Frage der Lieferung von außen und nicht auch eine Leistung der Selbstverantwortung.
    Es stimmt nicht, wenn man sagt, daß, je teurer unsere Krankenversicherung ist, das um so besser für unsere Gesundheit ist. Diese Annahme ist das Alibi dafür, aus der Krankenversicherung herauszuholen, war immer herauszuholen ist. Wenn die Krankenkasse alles und jeden Preis zahlt, warum soll man dann nicht alles mitnehmen? Der Verein der Mitnehmer hatte sehr viele Mitglieder, auch viele Mitglieder unter den Leistungsanbietern. Unsere Gesundheitsreform ist ein Impuls, Selbstverantwortung zu stärken.
    Meine Damen und Herren, die Gesundheitsreform ist doch erfolgreich. Arzneimittelpreise purzeln über Nacht um 30 % bis 50 %.

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: CDU-Prozente purzeln!)

    Das ist doch ein Erfolg für die Versicherten. Es ist doch ein Erfolg für die Arbeitnehmer und für die Handwerker. Arzneimittelpreise — von denen behauptet wurde, sie könnten gar nicht sinken, ohne daß die Forschung zusammenbrechen würde — sind über Nacht um 30 % und mehr gesunken. Wann je sind die großen Pharmakonzerne so in Trab und ihre Preise so ins Rutschen gebracht worden wie durch den kleinen Norbert Blüm? Darauf bin ich sehr stolz.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Brillenhersteller: Es wurde angedeutet, es gebe keine Brillengestelle für 20 DM mehr. Die schönsten Brillengestelle, noch schöner als meines, gibt es für 20 DM in allen Optikerläden.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    Hörgeräte: Über Nacht um 22 % geringere Preise! Über Nacht Garantiezeit verlängert! Heute lese ich eine Anzeige: Besser hören — jetzt auf Staatskosten. Das sagen dieselben, die noch vor einem halben Jahr gesagt haben, die Hörgeräteversorgung werde zusammenbrechen. Über Nacht 22 % Preissenkung! Ich gratuliere allen Versicherten, allen Patienten, daß unsere Krankenversicherungsreform diesen Erfolg hatte,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) und zwar gegen alle Miesmacher!

    Da redet die SPD von „Kahlschlag". Ja, wem haben wir denn geholfen? Wir haben den Beitragszahlern geholfen. Das sind Millionen kleiner Leute, die nicht mehr ausgenommen und nun davor bewahrt werden, daß sie für überhöhte Preise zur Kasse gebeten werden.

    (Zuruf der Abg. Frau Unruh [fraktionslos] — Bohl [CDU/CSU]: Die SPD ist sprachlos! Sie ist völlig ruhig!)

    Wir haben auch Vergeudung und Überversorgung abgebaut, damit wir das Geld haben, um denen zu helfen, die die Hilfe am meisten notwendig haben, nämlich den Pflegebedürftigen. 600 000 Schwerstpflegebedürftige werden zu Hause versorgt: Mütter versorgen ihre Kinder, Väter versorgen ihre Kinder, Frauen ihre Männer, Männer ihre Frauen, 600 000! Das sind die stillen Heiligen des Sozialstaats. An die hat bisher niemand gedacht. Wir helfen ihnen mit 5 Milliarden DM für die Schwerstpflegebedürftigen. Sie von der SPD diskutieren über die Pflegeversicherung. Das kennen die Schwerstbehinderten. Sie wissen seit 30 Jahren, wie man ordnungspolitisch-systematisch den Pflegebedürftigen hilft. Seit 30 Jahren! Und gemacht haben Sie nichts. Und so wird es mit Ihnen weitergehen. Von den Diskussionen ohne Entscheidungen haben die Pflegebedürftigen nichts. Wir haben nicht endlos diskutiert. Wir haben nicht große Systemdebatten geführt. Wir haben wie der Samariter für den gehandelt, der in Not ist: Jetzt helfen — und keine großen Systemdebatten!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie, meine Damen und Herren von der SPD, führen doch jetzt schon die Debatte, wie Sie die Pflegeversicherung finanzieren wollen. Sie haben das Geld noch nicht und wollen es schon verteilen. Der Bär ist noch nicht erlegt, und Sie verteilen das Fell. Sie kommen mir vor wie Jäger, die noch nie auf der Jagd waren, aber ständig das Fell verteilen wollen. Sie streiten sich, Frau Fuchs, doch bereits, für was die Ökosteuer verwendet wird. Liebe Schwerstpflegebedürftigen, während ihr wartet, bis die SPD diese Diskussion ausgetragen hat, habt ihr von dieser Regierung bereits 5 Milliarden DM erhalten!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Unruh [fraktionslos]: Nein, das stimmt nicht!)

    Ich sehe in der Pflege auch die große Aufgabe unseres Sozialstaats. Unser Sozialstaat ist wohl ausgebaut. Aber er hat noch weiße Flecken. Die Pflege ist eines der großen Themen. 210 Alterstagespflegeplätze hat Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es allein über 500 000 Menschen, die über 80 Jahre alt sind. Darunter sind mindestens 100 000, die Bedarf nach einem Altentagespflegeplatz haben.
    Das ist ein großes Feld auch des Arbeitsmarkts. Ich sehe in der Pflege auch die Möglichkeit, daß jene, die für die Hochtechnologie keine Begabung entwickeln und die ein Computer vielleicht gar nicht interessiert,



    Bundesminister Dr. Blüm
    ein Beschäftigungsfeld finden, wo menschliche Zuwendung verlangt wird. Neue Beschäftigungsfelder — dafür brauchen wir die Phantasie: neue Beschäftigungsfelder in sozialen Diensten, in der Zuwendung: eine Infrastruktur für Pflege

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Na los, machen Sie es doch!)

    mit einem Programm für professionelle, halbprofessionelle und ehrenamtliche Pflege. Dazu ermuntere ich.

    (Bohl [CDU/CSU]: Die SPD ist ganz still heute morgen! Wie kommt das eigentlich?)

    Der Bedarf, dessen bin ich ganz sicher, ist sehr groß. Viele Pflegekräfte sind arbeitslos. Sie könnten in diesem neuen Beschäftigungsfeld eine sinnvolle Arbeit finden.
    Ich sehe auch in unserer Familienpolitik einen arbeitsmarktpolitischen Bezug. Der Erziehungsurlaub, familienpolitisch begründet, bringt eine arbeitsmarktpolitische Entlastung. Ein ganz konkretes Beispiel: Den Erziehungsurlaub haben an nordrhein-westfälischen Schulen 1 200 Lehrer in Anspruch genommen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat allerdings nur 500 eingestellt.

    (Zurufe von der SPD)

    Sie verdienen an dem Erziehungsurlaub, den Sie bekämpft haben. Sie verdienen daran, daß Sie die arbeitsmarktpolitische Lücke nicht füllen. Das halte ich für eine widersprüchliche Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    An den Schulen in Nordrhein-Westfalen fallen Woche für Woche 300 000 Schulstunden aus; 29 000 Lehrer sind arbeitslos. Redet nicht soviel über Arbeitslosigkeit, sondern besetzt die Stellen, die gebraucht werden. Ein Ausfall von 300 000 Wochenstunden an den Schulen heißt Verlust für die Kinder und könnte für die Lehrer Arbeit schaffen. Das ist unsere Aufgabe.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kraus [CDU/ CSU] : Die wollen nicht!)

    25 000 Kindergärtnerinnen und Kindergärtner sind arbeitslos; in Nordrhein-Westfalen fehlen 100 000 Kindergartenplätze. Wir könnten das Soziale mit dem Arbeitsmarkt verbinden. Dafür allerdings ist weniger sozialistische Planungsborniertheit gefordert. Dafür ist eine Politik der Kreativität, der Mitverantwortung, der Freude, anderen helfen zu können, gefordert und nicht, alles vom Staat zu erwarten.
    Das ist unsere Botschaft: eine Gesellschaft mit Selbstvertrauen; Bürger, Arbeitnehmer, Unternehmer, Handwerker, Ingenieure und Geschäftsleute, die sich selbst wieder etwas zutrauen. Hilfe ja, aber in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe. Wir brauchen eine Kultur, in der die Menschen nicht am Gängelband des Staates geführt werden, sondern eine nachbarschaftliche Kultur, einen neuen familiären Aufbruch für Selbstverantwortung und Selbstvertrauen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Heinemann.

(Bohl [CDU/CSU]: Die SPD ist heute morgen sprachlos!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute wieder einmal einen Norbert Blüm erlebt, wie wir ihn kennen,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Kleiner Norbert!)

    — das hat er gesagt — , der Propaganda mit Politik verwechselt.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ich sage Ihnen: Die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung ist auch nach den wohlmeinendsten Beobachtern gescheitert.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    — Hören Sie doch zu, Herr Hauser.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Sie sind nicht im Landtag!)

    Die Bundesregierung bekämpft statt der Arbeitslosigkeit schon lange nur die Arbeitslosenstatistik, die mit immer neuen Tricks geschönt wird.

    (Beifall bei der SPD — Kraus [CDU/CSU]: Wo leben Sie eigentlich?)

    Nach dem Grundsatz „Frechheit siegt" sollen die Leute jetzt vor der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen ausgerechnet in der Arbeitspolitik für dumm verkauft werden.
    Herr Blüm, Sie reden davon, was der Arbeitnehmer verdient — ich würde mit Ihnen gerne ein Gespräch über den Arbeitnehmer führen —, Sie sagen heute morgen aber nicht, daß der Anteil der Arbeitnehmereinkommen am Volkseinkommen von 1982 bis 1988 von etwas mehr als 66 % auf etwas weniger als 57 % zurückgegangen ist.

    (Dr. Vogel [SPD]: Da ist auch eine Wende!)

    Das ist ein Tiefstand seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Das hat es seitdem noch nicht gegeben. Das sind die Fakten.

    (Dr. Vogel [SPD]: Davon sagt er nichts!)

    Der Bundesarbeitsminister kündigt zwar immer wieder Vollbeschäftigung an. Schon 1983 haben Sie weniger als 1 Million Arbeitslose versprochen — ich kann Ihnen Ihre Zitate einmal schicken —, aber die Zahlen sagen etwas anderes. Tatsächlich rutschte die Bundesrepublik trotz einer siebenjährigen guten Weltwirtschaftskonjunktur in die schlimmste Massenarbeitslosigkeit ihrer Geschichte.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Inzwischen sind es 3,8 Millionen Menschen — das sage ich Ihnen — , die einen Arbeitsplatz suchen. Dazu gehören die rund 1,3 Millionen Menschen, die schon längst jede Hoffnung auf Hilfe durch das Arbeitsamt aufgegeben haben und in keiner Arbeitslosenstatistik mehr auftauchen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr richtig!)




    Minister Heinemann (Nordrhein-Westfalen)

    Dazu gehören die rund 200 000 Menschen, die aus der Arbeitslosenstatistik herausmanipuliert worden sind. Daneben hat sich noch die Rekordzahl von über 3 Millionen Sozialhilfeempfängern, für die die Gemeinden mehr als 25 Milliarden DM aufwenden müssen, zum zunehmend dunkelsten Zukunftserbe dieser Regierung angehäuft.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Macht einmal eine bessere Wirtschaftspolitik in NordrheinWestfalen!)

    Die Sozialämter und die Gemeinden müssen für Ihre Versäumnisse zahlen, Herr Blüm. Da sollten Sie einmal nachfragen.

    (Beifall bei der SPD)

    Als die Regierung Helmut Schmidt 1982 gegen die schwerste Weltwirtschaftsrezession der Nachkriegszeit ankämpfen mußte, betrug die durchschnittliche Arbeitslosendauer noch 7,6 Monate; im Durchschnitt von 1988 lag sie bei 13,6 Monaten.

    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    Keiner weiß heute, wann hier das Ende der Fahnenstange erreicht wird. Doppelt so viele Menschen wie im Jahre 1982 waren zum gleichen Zeitpunkt länger als ein Jahr arbeitslos, und sogar über viermal so viele Menschen als im letzten Jahr der Regierung Schmidt waren länger als zwei Jahre arbeitslos. Das ist die Bilanz, die Sie zu vertreten haben.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [fraktionslos])

    Das sind die Menschen, denen Sie in die Augen blikken müssen, Herr Kollege Blüm.
    Wir machen Ihnen zum Vorwurf: Sie haben eine Traumausgangsbasis zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit mit einem langen weltweiten Konjunkturhoch, das unserer Wirtschaft gewaltige Impulse gegeben hat, leichtfertig verspielt.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Wir freuen uns mit Ihnen über mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Gerade auch in Nordrhein-Westfalen haben wir mit unserer Politik der ökonomischen Erneuerung in ökologischer und sozialer Verantwortung hier ganz besonders große Zuwachsraten trotz enormer Verluste bei Kohle und Stahl sowie in der Bauindustrie erzielt.

    (Frau Limbach [CDU/CSU]: Wo denn?)

    — Sie kennen dieses Land anscheinend nicht. — Als die anderen auf der grünen Wiese aufbauen konnten mit Geldern, die in Nordrhein-Westfalen erwirtschaftet wurden, haben wir Überangebote bei der Kohle und auch beim Stahl abbauen müssen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sind anscheinend noch dem Gedanken des Wahlkampfs 1985 verhaftet, als Sie dieses Land mit der Möbelwagen-Theorie vergraulen wollten. Heute ärgern Sie sich darüber, daß es Wirtschaftsbosse sind, die diesem Land das beste Zeugnis ausstellen; ich erinnere an Herrn Herrhausen und auch an Edzard Reuter.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber wir haben diese Zuwachsraten nicht durch die Arbeitsmarktpolitik des Bundes erreicht, sondern in weiten Bereichen nur trotz dieser Politik.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Wir treiben in Nordrhein-Westfalen aktiv den wirtschaftlichen Strukturwandel voran, aber wir treiben eben auch die Arbeitsmarktpolitik aktiv voran. Bei uns gehen Wirtschafts- und Industriestandortförderung und unser Kampf um Arbeitsplätze Hand in Hand. Wir sind nie dem Wunderglauben erlegen, daß eine Wirtschaft im Aufschwung die Arbeitslosen automatisch von der Straße holt. Es genügt nicht, daß die Wirtschaft läuft. Es kommt darauf an, daß möglichst alle Menschen in unserem Land von einer guten Konjunktur profitieren. Was, Herr Bundesarbeitsminister, will diese Bundesregierung eigentlich tun, wenn die gute Weltwirtschaftskonjunktur einmal zurückgeht? Mit welchen Arbeitslosenzahlen müssen wir dann rechnen?
    Wer wirklich an der Wiedereingliederung der Langzeitarbeitslosen interessiert ist, muß mithelfen, daß diese Menschen wieder fit gemacht werden; denn demjenigen, der sich erst wieder an einen konzentrierten Arbeitstag gewöhnen muß, müssen wir mehr bieten — ich bin Ihnen dankbar, daß Sie das aufgegriffen haben, Herr Blüm — als nur Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Was macht denn Nordrhein-Westfalen dabei?)

    — Ich sage Ihnen das gleich. (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Heiße Luft!)

    — Seien Sie doch nicht so unruhig. Sie hören es doch noch.
    Wer diese Menschen mittelfristig persönlich stabilisieren und beruflich qualifizieren will, der braucht Schritte zur Entschuldung, der braucht persönliche Stabilisierung. Zur Qualifizierung muß viel mehr getan werden. Wir müssen diesen Menschen helfen, eine erste Beschäftigung zu finden. Denn am Ende muß — das ist unabdingbar — eine Dauerbeschäftigung stehen.
    Wir beginnen in Nordrhein-Westfalen ab 1990 mit einem solchen Konzept der Verknüpfung der Maßnahmen und der Bündelung des Kampfes gegen Arbeitslosigkeit in den Regionen und stellen Mittel bereit. Herr Blüm, ich bin — wie auch auf anderen Gebieten — gern bereit, Ihnen das einmal zu zeigen. Ich bin sicher, dabei könnten Sie eine Menge lernen.

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/ CSU)

    Die Bundesregierung schlägt aber den anderen Weg ein: nicht zusätzliches Engagement, nein, Abbau bestehender Einrichtungen.

    (Bohl [CDU/CSU]: Sie sind doch pleite! Das ist doch wie in Brasilien oder Mexiko!)

    Mit der achten Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz haben Sie den arbeitsmarktpolitischen Handlungsspielraum der Bundesanstalt für Arbeit in Milliardenhöhe eingeschränkt.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)




    Minister Heinemann (Nordrhein-Westfalen)

    Die Folgen hat Ihnen der Vorstand der Bundesanstalt vor wenigen Tagen bescheinigt. Mit der neunten AFG-Novelle wird die Arbeitsmarktpolitik jetzt endgültig abgeschrieben. Allein für 1989 werden weitere fast 2 Milliarden DM für dringend erforderliche Arbeitsmarktmaßnahmen gekürzt.
    Wenn Sie schon nicht auf uns hören, Herr Blüm, dann hören Sie doch wenigstens auf Kardinal Hengsbach; denn es war doch Herr Hengsbach und es waren Ihre Bürgermeister im Ruhrgebiet, die Sie am 15. August 1989 aufgefordert haben, endlich diese neunte Novelle zum Arbeitsförderungsgesetz zu ändern, weil im Bereich des Bistums eine ungeheure Zahl von Arbeitsplätzen kaputtgeht. Hören Sie doch bitte auf Kardinal Hengsbach, wenn Sie uns schon keinen Glauben schenken.

    (Beifall bei der SPD — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Tut er nicht!)

    Dabei kommen vor allem die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen unter die Räder. Für uns in Nordrhein-Westfalen bedeutet das 207 Millionen DM weniger für den Arbeitsmarkt. Soziale Einrichtungen, Arbeitsloseneinrichtungen wie Kleiderkammerprojekte, Recyclingprojekte oder Projekte zur ambulanten Altenhilfe — um nur einige zu nennen — stünden sehr schnell vor dem Aus, wenn nicht wenigstens die Landesregierung mit einem Notunterstützungsprogramm für 1990 hier eingesprungen wäre.

    (Günther [CDU/CSU]: Das ist doch ihre Aufgabe!)

    Auch das kann man nicht wegpropagieren.
    Aber schon in den ersten sieben Monaten dieses Jahres sind 40 % weniger Neuanträge gestellt worden als im letzten Jahr. Das heißt: Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gehen heute weitgehend zu Bruch.

    (Günther [CDU/CSU]: Ist doch gar nicht wahr!)

    Und von Ihrem Programm zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit taucht doch im Nachtragshaushalt für 1989 so gut wie gar nichts auf. Das heißt: 20 Schritte zurück und einen kleinen wieder voran.
    Es ist ein Skandal und ein Armutszeugnis, wenn nach der neuesten Analyse des Berufsbildungsberichtes 1989 der Bundesregierung die Zahl der ungelernten Menschen in unserem Lande steigt. Wo sollen denn diese Ungelernten in einer hochtechnisierten Industriegesellschaft später einmal untergebracht werden? Hier züchtet man doch das Subproletariat und die Problemgruppen von morgen. Hier kann man sich nicht auf den Markt allein verlassen. Statt über angeblich zu hohe Lohnnebenkosten zu jammern, sollte hier endlich ein Schwergewicht staatlicher Zukunftspolitik gesetzt werden.

    (Beifall bei der SPD — Bohl [CDU/CSU]: Sprechblasen!)

    Wenn man heute angesichts der DDR-Flüchtlinge immer wieder hört, hier kämen endlich wieder einmal motivierte potentielle Arbeitnehmer — auch Sie haben das heute gesagt —,

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Zynismus!)

    so kann ich nur sagen: Sicher sind diese Menschen hochmotiviert. Wir alle wünschen ihnen, nachdem sie dem Kommunismus den Rücken gekehrt haben, einen guten Start.

    (Bohl [CDU/CSU]: Dem Sozialismus!)

    — Dem Kommunismus.

    (Bohl [CDU/CSU]: Der SED! Sozialismus! Euren Freunden!)

    — Da hat der Herr Blüm ja von seinen eigenen Freunden für das, was er vor wenigen Tagen verkündet hat, die beste Quittung bekommen, von Herrn Späth und anderen; ihm müssen ja die Augen tränen, wenn er nur daran denkt.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber es ist doch eine Beleidigung aller einheimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,

    (Frau Unruh [fraktionslos]: Genau!)

    so zu tun, als wären nicht auch die hochmotiviert und leistungsbereit.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist doch eine Beleidigung unserer Arbeitslosen, wenn sie jetzt gegen DDR-Flüchtlinge ausgespielt werden sollen, Herr Blüm.

    (Beifall bei der SPD — Günther [CDU/CSU]: Wer spielt die aus? Unsinn!)

    Es ist kein Ruhmesblatt der Arbeitsmarktpolitik, wenn DDR-Übersiedler bei uns sofort Arbeit finden können,

    (Kraus [CDU/CSU]: Fragen Sie doch mal, warum! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist ja Hetze!)

    wir aber nicht in der Lage sind, unsere Arbeitslosen vergleichbar zu qualifizieren.
    Das Versagen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung zeigt sich eben gerade darin, daß man bei uns nicht ausreichend bereit ist, Arbeitslose für den Arbeitsmarkt fit und interessant zu machen. Vielmehr läßt man sie im Abseits der Arbeitslosigkeit allein.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Genau in diesen Zusammenhang paßt auch die jüngste Äußerung des Herrn Haussmann. Wenn er es eine hochpolitische Aufgabe nennt, eine weitere Verkürzung der Wochenarbeitszeit zu verhindern, dann findet er sich dabei sogar in der Gesellschaft des Bundeskanzlers wieder,

    (Günther [CDU/CSU]: Ist eine gute Gesellschaft!)

    für den die Forderung der Gewerkschaft nach der 35Stunden-Woche — in seinen Worten — „absurd, dumm und töricht" ist.

    (Günther [CDU/CSU]: Alte Kamellen!)

    Ich will nicht zu der öffentlichen Beleidigung des Sachverstands der Tarifvertragsparteien Stellung nehmen. Ich will auch nicht eine jüngste Befragung



    Minister Heinemann (Nordrhein-Westfalen)

    kommentieren, nach der 90 % aller Beschäftigten in der Bundesrepublik für Arbeitszeitverkürzung sind.

    (Günther [CDU/CSU]: In erster Linie sind die für Lohnzuwachs! — Kraus [CDU/CSU]: Was wollen Sie überhaupt?)

    Ich will aber den Zusammenhang zwischen Arbeitszeitverkürzung auf der einen und der auch vom Bundesarbeitsminister gepriesenen Zahl neuer Beschäftigungsverhältnisse auf der anderen Seite deutlich machen. Nach der Feststellung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit — einer Einrichtung, für die Sie die Verantwortung haben, Herr Blüm, und der Sie sicherlich nicht widersprechen wollen —

    (Zuruf von der CDU/CSU: Reden Sie mal mit den Handwerkern!)

    hat sich das insgesamt bundesweit geleistete zeitliche Beschäftigungsvolumen trotz der Zunahme an Stellen kaum verändert. Im Gegenteil — das ist der springende Punkt — : Die Gesamtzahl der jährlich geleisteten Arbeitsstunden hat sich eher verringert, und mit mehr Arbeitsplätzen sind insgesamt sogar etwas weniger Arbeitsstunden geleistet worden. Das ist doch ein Stück Erfolg der Arbeitszeitverkürzung. Das können Sie doch nicht wegdiskutieren.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [fraktionslos])

    Verehrter Herr Blüm, wenn gestern Herr Franke darauf hingewiesen hat, daß die Zahl der Teilzeitarbeitsplätze in den letzten Jahren um 2,2 Millionen gestiegen ist, dann ist dazu zu sagen: Ein Großteil von Vollzeitarbeitsplätzen ist in Teilzeitarbeitsplätze umgewandelt worden. Das ist nicht mein Ziel.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Sie sollten, bevor Sie dazwischenrufen, einmal ein Unternehmen leiten, wie ich das jahrelang getan habe. Dann wüßten Sie, daß Sie über den Weg der Umwandlung eine ganze Menge Arbeit wegrationalisieren können. Das wäre nicht mein Ziel.

    (Beifall bei der SPD — Scharrenbroich [CDU/ CSU]: Steinzeitsozialismus! — Bohl [CDU/ CSU]: Was soll das, Herr Eiermann?)

    Leider ist meine Redezeit abgelaufen. Herr Kollege Blüm, ich will Ihnen nur noch eines sagen: Ich will mit Ihnen gerne über die Fragen der Gesundheitsreform an jeder von Ihnen gewünschten Stelle diskutieren.

    (Doss [CDU/CSU]: Ein unerträglicher Eiertanz!)

    Ich hätte mich gefreut, wenn Sie gestern statt Herrn Jagoda auf dem Managementkongreß der Ortskrankenkassen aus Schleswig-Holstein, Bayern und Nordrhein-Westfalen gewesen wären. Dort haben wir mit Fachleuten darüber diskutiert. Ihnen müßten die Ohren geklungen haben, welche Meinung Herr Heitzer und die Fachleute von Ihrer Gesundheitsreform haben. Diese Meinung vertrete ich im übrigen auch.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihre Versäumnisse bei den notwendigen Sachen sind
    dort sehr kritisiert worden. Ich sage Ihnen: Da sollten
    Sie sprechen; da sollten Sie die Auseinandersetzung
    führen. Ich freue mich darauf, wenn ich sie mit Ihnen führen kann; denn auch hier stellen Sie etwas in den Raum, was nicht den Tatsachen entspricht.

    (Schulhoff [CDU/CSU]: Sie sind dem doch gar nicht gewachsen! — Bohl [CDU/CSU]: Nehmen Sie Platz, Herr Eiermann!)

    — Der Bundeskanzler kann ja mit den Ministerpräsidenten darüber reden. Herr Blüm, Sie sind Arbeitsminister, und ich bin es ebenfalls. Ich will mit Ihnen fachlich über diese Frage diskutieren. Dann sieht es anders aus, als Sie das heute morgen dargestellt haben.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [fraktionslos])