Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen ebenfalls, daß es die Möglichkeit gibt, über die eindrucksvolle Arbeit der IPU in den letzten 100 Jahren hier zu reden, aber auch die Möglichkeit, die Schatten zu erwähnen, die manchmal auf die Arbeit gefallen sind und immer noch fallen.
Vorgestern wurde Anton Lubowski ermordet. Er hätte in naher Zukunft als Abgeordneter eines freien Namibia Mitglied der IPU sein können.
Wir GRÜNEN sind ebenso wie alle anderen — das wurde ausgedrückt — über den Mord an Anton Lubowski zutiefst betroffen und verurteilen es aufs schärfste, daß Gegner des Unabhängigkeitsprozesses von Namibia zu diesem heimtückischen Mittel greifen.
Anton Lubowski war einer von denen, die sich unter Hintanstellung persönlicher Bedürfnisse stets mit ganzer Kraft für die Unabhängigkeit Namibias eingesetzt haben. Er zog den besonderen Haß vieler Weißer auf sich, weil er sich vor einigen Jahren als prominenter weißer Rechtsanwalt zur SWAPO bekannt hatte.
Wir GRÜNEN waren — wie vielleicht auch andere hier — eng mit Anton Lubowski befreundet. In seinem
Haus, vor dem er jetzt erschossen wurde, waren wir des öfteren sein Gast. Er besuchte auch uns mehrmals in Bonn. Wir trauern mit seiner Familie.
Der Mord an Anton Lubowski war vermutlich das Werk des rechten weißen Widerstandes der sogenannten Todesschwadronen, der erst kürzlich für einen Überfall auf eine Station der UNTAG in Oujo verantwortlich war, bei dem ebenfalls ein Mensch getötet wurde. Er soll zu einer weiteren innenpolitischen Verschärfung führen. Ziel ist es, die ersten demokratischen Wahlen in Namibia, die im November 1989 unter der Aufsicht der Vereinten Nationen stattfinden sollen, doch noch zu verhindern.
Wir fordern den südafrikanischen Generaladministrator Pinaar und den UN-Sonderbeauftragten Ahtisaari dringend auf, den begonnenen Prozeß fortzusetzen und für die Sicherheit der SWAPO-Politiker und -Politikerinnen Sorge zu tragen.
Meine Kollegin Uschi Eid, die bei der IPU-Sitzung in London dabei war und ansonsten hier die Rede gehalten hätte, weilt zur Zeit in Namibia; ich vertrete sie hier.
Wir begrüßen, daß sich die IPU mit der Frage Namibia befaßt hat und sich eindeutig für die Unterstützung des Unabhängigkeitsprozesses, für die Abhaltung freier Wahlen und für die Einrichtung einer den Willen der Bevölkerung widerspiegelnden Regierung ausgesprochen hat.
Die Delegation des Auswärtigen Ausschusses, die kürzlich in Namibia weilte, wurde ebenfalls mit Problemen konfrontiert, die Anlaß zur Sorge geben, aber auch unsere größte Wachsamkeit erfordern. Im Norden z. B. existiert immer noch die Kommandostruktur der südafrikanischen Streitkräfte. Viele entlassene Soldaten der südwestafrikanischen Territorialstreitkräfte werden von der DTA im Norden Namibias für ihren Wahlkampf eingesetzt, und auch das Fernsehen hat sich sehr einseitig auf die Seite der DTA geschlagen.
Wir GRÜNEN begrüßen aus den genannten Gründen die IPU-Resolution, auch wenn sie in manchen Teilen sehr allgemein gehalten ist und Konkretisierungen eigentlich wünschenswert wären.
Dasselbe gilt im übrigen auch für die Aussagen über Kolumbien. Wir begrüßen die Tendenz der Aussagen, meinen aber auch, daß das Bild zu undifferenziert gezeichnet worden ist und in den nationalen Diskussionen, also etwa bei uns, einer weiteren Konkretisierung bedarf.
Leider kam das Thema Namibia nur deshalb zur Sprache, weil der Antrag, der von der bundesdeutschen Delegation eingebracht wurde, nämlich über die Massaker in China zu reden, abgelehnt worden ist. Wir bedauern, daß die Diskussion nur so möglich geworden ist.