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ID1115903400

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    Plenarprotokoll 11/159 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 159. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. September 1989 Inhalt: Ausscheiden der Abg. Frau Unruh aus der Fraktion DIE GRÜNEN 12067 A Erweiterung der Tagesordnung 12067 A Nachträgliche Überweisung eines Gesetzentwurfes sowie eines Antrages an den Verteidigungsausschuß 12067 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde betr. Kabinettsbeschluß zur Entsendung von BundesgrenzschutzEinheiten nach Namibia Such GRÜNE 12067 C, 12072 D Gerster (Mainz) CDU/CSU 12068 C Graf SPD 12069 C Irmer FDP 12070 C Schäfer, Staatsminister AA 12071 C Dr. Hornhues CDU/CSU 12073 B Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 12074 B Dr. Hirsch FDP 12075 B Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 12076A Wüppesahl fraktionslos 12077 A Toetemeyer SPD 12077 D Zeitlmann CDU/CSU 12078 C Verheugen SPD 12079B Clemens CDU/CSU 12080 C Tagesordnungspunkt 8: Aussprache aus Anlaß des 100jährigen Bestehens der Interparlamentarischen Union Frau Geiger CDU/CSU 12081 C Dr. Holtz SPD 12083 C Irmer FDP 12085 A Volmer GRÜNE 12086 B Frau Fischer CDU/CSU 12087 C Dr. Klejdzinski SPD 12089 A Frau Dr. Timm SPD 12089 D Tagesordnungspunkt 9: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Eid, Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Auswirkungen der Anpassungsprogramme von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in der Dritten Welt (Drucksachen 11/1793, 11/5122) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Hauchler, Dr. Mitzscherling, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Berlin vom 27. bis 29. September 1988 zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Gemeinsame Jahresversammlung 1988 des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank (Drucksachen 11/2765, 11/2988, 11/5142) Dr. Grünewald CDU/CSU 12091 A Dr. Hauchler SPD 12092 B Dr. Solms FDP 12094 B Volmer GRÜNE 12095 B Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF 12096 C Feilcke CDU/CSU 12097 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. September 1989 Dr. Wieczorek SPD 12098 D Dr. Warnke, Bundesminister BMZ 12100 C Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Siebenter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung (Drucksachen 11/2020, 11/4381) Höffkes CDU/CSU 12102 A Schluckebier SPD 12103 B Frau Folz-Steinacker FDP 12105D Volmer GRÜNE 12108B Dr. Warnke, Bundesminister BMZ 12109B Dr. Pinger CDU/CSU 12111 B Frau Dr. Niehues SPD 12112 C Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Flinner, Kreuzeder und der Fraktion DIE GRÜNEN: Flächengebundene Bestandsobergrenzen in der Tierhaltung zum Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft und der Umwelt (Drucksachen 11/1986, 11/5042) Kreuzeder GRÜNE 12113 D Kroll-Schlüter CDU/CSU 12114 B Frau Adler SPD 12115 B Bredehorn FDP 12116 B Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Susset, Michels, Eigen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Heinrich, Bredehorn und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation (Drucksachen 11/5124, 11/5184) Michels CDU/CSU 12117D Frau Weyel SPD 12119 A Bredehorn FDP 12120 B Frau Flinner GRÜNE 12121 A Tagesordnungspunkt 12: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Drucksache 11/4909) Gröbl, Parl. Staatssekretär BMU 12122 B Schütz SPD 12123 C Harries CDU/CSU 12125 C Brauer GRÜNE 12126C Baum FDP 12127 C Tagesordnungspunkt 13: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Abwasserabgabengesetzes (Drucksache 11/4942) Harries CDU/CSU 12129 A Kiehm SPD 12129 D Baum FDP 12130 D Frau Garbe GRÜNE 12131 C Gröbl, Parl. Staatssekretär BMU 12132 B Nächste Sitzung 12133 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 12134* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. September 1989 12067 159. Sitzung Bonn, den 15. September 1989 Beginn: 8.01 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein CDU/CSU 15. 09. 89 Dr. Ahrens SPD 15. 09. 89 * Bahr SPD 15. 09. 89 Frau Beer GRÜNE 15. 09. 89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 15. 09. 89 Dr. Biedenkopf CDU/CSU 15. 09. 89 Biehle CDU/CSU 15. 09. 89 Frau Conrad SPD 15. 09. 89 Daubertshäuser SPD 15. 09. 89 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 15. 09. 89 Dreßler SPD 15. 09. 89 Duve SPD 15. 09. 89 Frau Eid GRÜNE 15. 09. 89 Eigen CDU/CSU 15. 09. 89 Erler SPD 15. 09. 89 Eylmann CDU/CSU 15. 09. 89 Dr. Falthauser CDU/CSU 15. 09. 89 Dr. Feldmann FDP 15. 09. 89 Fellner CDU/CSU 15. 09. 89 Francke (Hamburg) CDU/CSU 15. 09. 89 Frau Fuchs (Verl) SPD 15. 09. 89 Dr. Glotz SPD 15. 09. 89 Dr. Götz CDU/CSU 15. 09. 89 Gries FDP 15. 09. 89 Dr. Häfele CDU/CSU 15. 09. 89 Hedrich CDU/CSU 15. 09. 89 Heinrich FDP 15. 09. 89 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 15. 09. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 15. 09. 89 Horn SPD 15. 09. 89 Graf Huyn CDU/CSU 15. 09. 89 Frau Hürland-Büning CDU/CSU 15. 09. 89 Ibrügger SPD 15. 09. 89 Jaunich SPD 15. 09. 89 Kalisch CDU/CSU 15. 09. 89 Kießlinger SPD 15. 09. 89 *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Klein (Dieburg) SPD 15. 09. 89 Dr. Kohl CDU/CSU 15. 09. 89 Kolb CDU/CSU 15. 09. 89 Kolbow SPD 15. 09. 89 Koschnick SPD 15. 09. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 15. 09. 89 Leidinger SPD 15. 09. 89 Lowack CDU/CSU 15. 09. 89 Marschewski CDU/CSU 15. 09. 89 Dr. Mechtersheimer GRÜNE 15. 09. 89 Menzel SPD 15. 09. 89 Dr. Mertens (Bottrop) SPD 15. 09. 89 Meyer SPD 15. 09. 89 Frau Nickels GRÜNE 15. 09. 89 Niggemeier SPD 15. 09. 89 Paintner FDP 15. 09. 89 Reimann SPD 15. 09. 89 Reschke SPD 15. 09. 89 Reuschenbach SPD 15. 09. 89 Schmidt (München) SPD 15. 09. 89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 15. 09. 89 Schulhoff CDU/CSU 15. 09. 89 Frau Schulte (Hameln) SPD 15. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 15. 09. 89 Spranger CDU/CSU 15. 09. 89 Tietjen SPD 15. 09. 89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 15. 09. 89 Frau Trenz GRÜNE 15. 09. 89 Vahlberg SPD 15. 09. 89 Verheugen SPD 15. 09. 89 Voigt (Frankfurt) SPD 15. 09. 89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 15. 09. 89 Dr. Vondran CDU/CSU 15. 09. 89 Dr. Waigel CDU/CSU 15. 09. 89 Weisskirchen (Wiesloch) SPD 15. 09. 89 Westphal SPD 15. 09. 89 Wieczorek (Duisburg) SPD 15. 09. 89 Wissmann CDU/CSU 15. 09. 89 Würtz SPD 15. 09. 89 Zander SPD 15. 09. 89 Zierer CDU/CSU 15. 09. 89 *
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Michaela Geiger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Interparlamentarische Union, die bei weitem älteste und traditionsreichste Parlamentarierkonferenz der Welt, ist hundert Jahre alt geworden. Dieser Geburtstag wurde letzte Woche in London gefeiert. Unsere englischen Kollegen mit Michael Marshall an der Spitze haben wirklich alles aufgeboten, was Großbritannien an guten und alten Traditionen zu bieten hat. Es war eine würdige Jubiläumskonferenz, die von Königin Elizabeth II in der traditionsreichen Westminster Hall eröffnet wurde.
    Es zeigte sich, daß eines der ältesten Parlamente der Welt, das Westminster-Parlament, bis heute nichts an Ansehen und Respekt in der Welt verloren hat. Die Regierungschefin, Mrs. Thatcher, hielt vor der Konferenz eine vielbeachtete Rede. Sie warb für die Kraft der freien Demokratie, die sich derzeit vor allem im Osten mehr und mehr durchzusetzen beginnt, und sprach sich — das war neu — für einen weltweiten Umweltschutz aus.
    Das gute Klima der Feierlichkeiten in London färbte wohl auch auf die Konferenz ab. Alle vier Schlußresolutionen wurden einstimmig angenommen, und das immerhin von 112 Ländern. Seit ich dabei bin, hat es das noch nie gegeben.
    Selbstverständlich gab es im Verlauf der Diskussionen auch Kontroversen, besonders dort, wo es um die Menschenrechte ging. Gerade unsere Delegation hat sich über die Jahre hinweg für die Einhaltung der Menschenrechte in den verschiedenen Teilen der Welt eingesetzt. Nach den schlimmen Ereignissen in Peking auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Juni dieses Jahres haben wir folgerichtig verlangt, das vor die Vollversammlung der Interparlamentarischen Union zu bringen. Wir stellten den Antrag, das Thema „Gewaltsame Unterdrückung der friedlichen Bürgerproteste in der Volksrepublik China" als zusätzlichen Tagesordnungspunkt auf die Agenda zu setzen.
    Wenn man nun das Abstimmungsverhalten in Gremien wie der UNO oder auch der IPU kennt, darf man sich keine Illusionen machen. Eine Zweidrittelmehrheit, die für unseren Antrag erforderlich gewesen wäre, war nicht zu erreichen. Mit 393 Nein-Stimmen, 335 Ja-Stimmen und 509 Enthaltungen wurde der
    12082 Deutschei Bundestag — 11. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. September 1989
    Frau Geiger
    Antrag dann auch abgelehnt. Interessant war jedoch, wie die einzelnen Länder abstimmten. Man konnte sehen, daß bei den früher unbeweglich starren Blökken etwas in Bewegung geraten war. Viele Länder der Dritten Welt — ebenso wie viele Länder Südamerikas und der blockfreien Staaten — enthielten sich der Stimme. Die eigentliche Sensation war jedoch das Abstimmungsverhalten der Polen. Sie stimmten als einziges Land aus dem Warschauer Pakt mit Ja. Das war dann einen ganz spontanen Beifall der ganzen Konferenz wert. Ungarn und Jugoslawien enthielten sich der Stimme.
    Wenn wir auch mit unserem Antrag nicht durchkamen, so glaube ich doch, daß es sehr gut und auch wichtig war, ihn zu stellen. Denn gerade im hundertsten Jahr des Bestehens der Interparlamentarischen Union — der einzigen weltweiten Parlamentarierorganisation, die die gleichen Ziele wie die UNO verfolgt — ist es wichtig, die grausame Unterdrückungspolitik in China wohlgemerkt: auch einem IPU-Mitgliedsland — nicht einfach hinzunehmen, sondern eindeutig dagegen Stellung zu beziehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD sowie des Abg. Volmer [GRÜNE])

    Am Abschlußtag der diesjährigen Herbsttagung spielten die Menschenrechte nochmals eine wichtige Rolle. Der scheidende australische Delegationsleiter, Tom Uren, stellte einen Antrag zur Bildung parlamentarischer Gruppen „zur Förderung und zum Schutze der Menschenrechte". Viele Parlamente der westlichen Länder, so auch wir, haben längst einen Ausschuß oder einen Unterausschuß, der sich mit Menschenrechten befaßt. Für uns sind solche parlamentarischen Gremien, die sich z. B. um die Gewährung fairer Gerichtsverfahren für politische Häftlinge und die Abschaffung von Folter und Hinrichtungen auf der ganzen Welt — wie dies der australische Antrag fordert — kümmern, zur Selbstverständlichkeit geworden. Dies ist bei vielen kommunistischen oder afrikanischen Ländern nicht so. Bezeichnenderweise versuchten Rumänien, die Tschechoslowakei, China, Vietnam und Senegal, den Antrag zu verwässern. Der sowjetische Delegierte meinte gar, man brauche im parlamentarischen Bereich nicht auf die Zielsetzung von „amnesty international" zurückgreifen. Im parlamentarischen Rat wurde der australische Vorschlag dann aber mit Mehrheit angenommen. Polen und Ungarn stimmten für diesen Antrag, wiederum als einzige Länder des Warschauer Paktes. Auch das war wieder eine kleine Sensation.
    Die Delegationen der 26 westlichen Länder, die innerhalb der IPU als Gruppe der 12+ zusammenarbeiten, haben eine Erklärung zum Schicksal der ethnischen und moslemischen Minderheiten türkischer und anderer Herkunft in Bulgarien abgegeben. Sie haben in tiefer Besorgnis auf die von der bulgarischen Regierung verfolgte Politik der Zwangsumsiedlung reagiert und haben — alarmiert durch die Massenauswanderung von über 300 000 Menschen türkischer Herkunft — Minderheitenrechte für diese Gruppe eingefordert. Des weiteren wurde ein umfassendes Auswanderungsabkommen zwischen der Türkei und Bulgarien verlangt. Nur Zypern und Griechenland wollten dieser Erklärung nicht beitreten, wie überhaupt zum Nachteil in den Diskussionen der 12+-Gruppe der Zypernkonflikt die Sitzungen mehr und mehr beeinträchtigt.
    Spezielle Zusammentreffen hatten wir in London mit der amerikanischen und der ungarischen Delegation. Es ist erfreulich, daß sich die USA wieder viel aktiver in die Arbeit der IPU einschalten. Zum 100. Geburtstag sind sie mit einer sehr starken Delegation, mit neun Congressmen und Senatoren, nach London gekommen.
    Unser Gespräch mit der ungarischen Delegation fand in einer für unsere bilaterale Zusammenarbeit entscheidenden Phase statt. Es deutete sich an, daß die ungarische Regierung einen Weg finden würde, den Deutschen aus der DDR eine Ausreise aus Ungarn zu ermöglichen. Wir spürten deutlich, daß die Ungarn sehr stark unter Druck standen, und wir haben den Ungarn für ihren Mut und für ihre Menschlichkeit ganz herzlich gedankt. Ich glaube, der Vorschlag früherer DDR-Bürger, Ungarn für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen, verdient wirklich unsere Unterstützung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Geißler hat das auch gefordert!)

    Jetzt aber noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen zur Interparlamentarischen Union: Die Interparlamentarische Union hat sich seit ihrer Gründung am 29./30. Juni 1889 in Paris die Aufgabe gestellt, Streit zwischen Völkern nicht durch Kriege, sondern durch friedliche Mittel beizulegen. Statt Waffeneinsatz sollten persönliche Kontakte zwischen den Parlamentariern, statt Blutvergießen sollten Diskussionen und Gespräche stattfinden. Die einzelnen Parlamentarier sollten dann auf die jeweiligen Regierungen Einfluß ausüben, damit Konflikte und Probleme friedlich gelöst werden könnten.
    Wie die Geschichte der letzten 100 Jahre zeigt, ist dies in sehr vielen Fällen leider nicht gelungen. Zwei Weltkriege und unzählige Brandherde in aller Welt haben großes Leid über viele Völker gebracht. Aber immer nach Konflikten oder noch während Auseinandersetzungen trat die Interparlamentarische Union segensreich in Erscheinung. Viele erste Treffen zwischen feindlichen Parteien haben in aller Stille unter dem Dach der Interparlamentarischen Union stattgefunden. Weil ich unseren früheren Ratspräsidenten Dr. Stercken hier sitzen sehe: Auch er hat da vieles eingeleitet, z. B. beim Zypernkonflikt, hinsichtlich des Libanon usw.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Auch nach den beiden Weltkriegen, als Europa noch in Schutt und Asche lag, wagten 1919 und 1945 in Genf Abgeordnete aus verschiedenen Ländern wieder einen Neubeginn. Dies waren immer die Sternstunden in der Geschichte der IPU.
    Viele Minister und sogar Regierungschefs sind aus den Reihen der IPU hervorgegangen. Auch Gorbatschow war Anfang der 80er Jahre Leiter einer sowjetischen Delegation. Zum 100. Geburtstag kamen allein 58 Parlamentspräsidenten nach London. Frau Präsidentin, wir haben es sehr bedauert, daß Sie aus



    Frau Geiger
    Gesundheitsgründen nicht dabei sein konnten; wir hoffen aber, daß Sie bei einem der nächsten Treffen mit dabei sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Es ist eine traurige Tatsache, daß nur die Minderheit der Mitglieder der IPU Parlamente hat, die dem westlichen Demokratiestandard entsprechen. Die Statuten sind so, daß alle Länder, die ein wie auch immer geartetes Parlament haben, durch eine einfache Mehrheitsentscheidung der Mitgliedsländer aufgenommen werden können. Dies ist auch im Falle Libyens in London wiederum geschehen, gegen dessen Aufnahme ich gestimmt habe, allerdings ohne Erfolg.
    Für uns besteht jedoch der Trost und die Chance darin, daß das positive Beispiel der Vertreter der freien Demokratien mit ihren spontanen Redebeiträgen und mit ihrer individuellen Entscheidungsfreiheit, mit ihrer politischen Kreativität Eindruck macht und weniger freien Ländern als gutes Beispiel dient und zur Nachahmung ermutigt. Wir könnten es uns auch gar nicht leisten, auf diesem Weltpodium zu fehlen und so unsere Positionen nicht darzustellen. Andere würden unseren Platz einnehmen. Dies würde niemand nützen.
    Die Tagungen der Interparlamentarischen Union sehe ich gewissermaßen als Mikrozensus des Weltgeschehens. Hier kann man sehr genau verfolgen, wie die Stimmungen und Strömungen zwischen den einzelnen Ländern und Blöcken verlaufen.
    Der Höhepunkt aller Reden bei der Generaldebatte der diesjährigen Konferenz in London war für mich der Beitrag des jungen polnischen Delegationsleiters, eines Vertreters der „Solidarität", der in gutem Englisch eine spontane Rede für mehr Freiheit, Demokratie und Menschenrechte hielt. Wer hätte das gedacht angesichts der seit Jahren vorgetragenen immer gleichen Parteimonologe! Meine Damen und Herren, ich freue mich jetzt schon auf den Tag, an dem wir einmal von einem Delegationsleiter aus der DDR eine solche Rede zu hören bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Zuletzt darf ich mich bei allen Mitgliedern der Delegation für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bedanken. Bei allen unterschiedlichen Auffassungen in Sachfragen, die es natürlich in einer Gruppe gibt, der Vertreter aus fünf Parteien angehören, ist es immer gelungen, in einer menschlich anständigen Form miteinander umzugehen. Wir tragen unsere Querelen im innenpolitischen Bereich nicht in die IPU. Trotzdem verleugnet keiner von uns, wo er herkommt und seinen politischen Standpunkt hat. So haben wir in der Delegation auch immer wieder ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten, d. h. wir splitten unsere 18 Stimmen. Aber auch dies, als ein gutes Beispiel gelebter Demokratie, hat uns — neben dem großen Fleiß und der Kreativität unserer Delegation — zu Ansehen in der Konferenz verholfen.
    Nicht zuletzt gilt heute mein Dank unserem unermüdlichen Sekretär, Herrn Voss, der da oben Platz
    genommen hat, und seinen tüchtigen Mitarbeiterinnen.

    (Beifall)

    Von vielen Delegationen werden wir um unser effizientes Sekretariat beneidet, und ich bin sicher, daß wir in der bewährten guten Zusammenarbeit auch die Organisation der interparlamentarischen Abrüstungskonferenz im Mai nächsten Jahres in Bonn ganz hervorrangend und mit Bravour meistern werden.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Holtz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Holtz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Interparlamentarische Union, herzlichen Glückwunsch zum 100. Geburtstag!

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Du bist die älteste und die Pionierin der internationalen parlamentarischen Organisationen, du hast so manche Erfolge aufzuweisen. Zu Recht wurden deine beiden Gründungsväter, nämlich der Engländer Cremer und der Franzose Passy, mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Wir, die Bundestagsabgeordneten, wünschen dir eine wirkungsvolle Zukunft.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gruß- und Geburtstagswort sei vorweg gesagt. In der Tat hat sich die IPU besondere Verdienste als parlamentarischer Arm der internationalen Friedensbewegung erworben. So hat sie die Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 angeregt, zur Schaffung des Internationalen Gerichtshofes im Haag, zu den Konventionen zum Kriegsvölkerrecht, zu völkerrechtlichen Abkommen zum internationalen Patentschutz, zum Zivilprozeß, zum Familienrecht beigetragen usw. An diese Anfänge konnten dann auch der Völkerbund, die Vereinten Nationen sowie der Europarat und andere Organisationen anknüpfen, der Europarat, der bei der IPU einen Beobachterstatus hat und dessen Parlamentarische Versammlung ich seit einigen Jahren bei der IPU offiziell vertrete.
    Unsere, die bundesdeutsche Gruppe ist auf den zweimal pro Jahr stattfindenden Vollkonferenzen mit 8 Bundestagsabgeordneten aus allen vier Fraktionen vertreten. Onorevole, Senatore Gobrecht aus Hamburg, ich weiß, daß der Bundesrat mit Begehrlichkeit darauf schaut, an diesen interparlamentarischen Konferenzen teilzunehmen. Wir sagen dazu ein klares Nein! Bundestagsabgeordnete, Vertreter des wirklichen Parlaments, haben uns dort international zu vertreten, nicht Mitglieder des Bundesrates.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Unser besonderes, das bundesdeutsche Engagement in der IPU hat vor allem in der letzten Zeit deren Arbeiten geprägt. Wir haben z. B. an der Reform der IPU in Richtung auf eine stärkere Handlungsorientierung mitgewirkt und immer wieder zur Herstellung demokratischer Verhältnisse aufgerufen. So unter-



    Dr. Holtz
    stützen wir die Menschenrechtsarbeiten insbesondere des Ad-hoc-Menschenrechtsausschusses. Es gelang mir, im Namen der bundesdeutschen IPU-Gruppe zu Chile eine besondere entsprechende Initiative zu ergreifen, und zwar mit Erfolg.
    Parlamentsabgeordnete haben mit angeregt, daß Beamte aus Parlamenten der Dritten Welt, die in der Tat häufig einen Nachholbedarf haben, hier im Bundestag ausgebildet werden. Das ist ein Stück Demokratietransfer; das ist eine gute Sache.
    Wir müssen mit dafür sorgen, daß wir auch, was wir hier im Bundestag ja versuchen, Frauen stärker an den Arbeiten der IPU, auch in den Leitungsgremien, beteiligen. Wir gehen da mit gutem Beispiel voran. Ich sage das nicht nur im Hinblick auf unsere Leiterin Michaela Geiger, ich sage es auch etwa in Bezug auf Sie, Frau Kollegin Fischer. Sie arbeiten jetzt in der Umweltgruppe mit, und das ist auch ein Erfolg für unsere bundesdeutsche Gruppe. Wir wünschen Ihnen alles Gute bei dieser Arbeit.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Unsere Kolleginnen und Kollegen beeinflussen durch ihre Redebeiträge, durch die von uns zu den meisten Tagesordnungspunkten eingebrachten Resolutionsentwürfe und durch die Mitarbeit in den wichtigen Redaktionsausschüssen auch die Inhalte der dann später verabschiedeten Resolutionen. Die nächste IPU-Konferenz auf Zypern wird sich mit dem wichtigen Thema „Beschäftigung, Ausbildung und neue Technologien" befassen. Dieses Thema ist auch von uns eingebracht worden. Wir richten die nächste interparlamentarische Abrüstungskonferenz hier in Bonn aus.
    Die IPU führt zusammen. Wir haben als IPU-Gruppe z. B. Abgeordnete aus allen zentralamerikanischen Ländern zusammengebracht. Zum erstenmal hat sich jetzt dank der IPU eine vietnamesische Parlamentarierdelegation in der Bundesrepublik aufgehalten. Ich meine, liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Arbeitsbilanz kann sich sehen lassen.
    Zweifelsohne ist die Interparlamentarische Union von heute eine andere als die von 1889. Sie ist heute schon lange nicht mehr eine eurozentrische Organisation. Sie zählt zur Zeit 112 Mitgliedsgruppen aus Nord und Süd, Ost und West, Gruppen unterschiedlichster Couleur. Allerdings ist nur die Minderheit der Mitgliedsgruppen pluralistisch zusammengesetzt. Leider gibt es immer noch zu viele Einparteiendiktaturen.
    Eine Aufwertung hat die IPU dadurch erfahren, daß sie Sonderkonferenzen zu besonderen Themen, wie z. B. Umwelt, Bevölkerung und Drogen, organisiert — zum Teil in Kooperation mit der UNO.
    Die IPU ist außerdem zu einem wichtigen internationalen Ausspracheforum für die Erörterung von Nord-Süd-Fragen geworden. Hier findet der interparlamentarische Nord-Süd-Dialog statt. Ich möchte den IPU-Abgeordneten, die meinen, daß es eine Einmischung in die inneren Verhältnisse ihres Landes ist, wenn man sich um die Menschenrechte kümmert, sagen: In Menschenrechtsfragen lassen wir uns das Prinzip der Nichteinmischung nicht entgegenhalten.
    Wir müssen darauf dringen, daß es zu einem menschenwürdigen Leben in Ländern der Dritten Welt, genauso wie bei uns — auch unsere Demokratie ist nicht perfekt — , kommt.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    In London wurden auf dieser glanzvollen Jubiläumssitzung, auf der hart und nach unserer Auffassung erfolgreich gearbeitet wurde, vier Entschließungen verabschiedet. Ich will nur eine erwähnen, die Resolution zu Namibia. Sie ist realistisch, pragmatisch, ausgewogen und nach vorne weisend zugleich. Sie wurde vom Ausschuß für nichtautonome Gebiete und ethnische Fragen, dessen Vizepräsident ich bin, sorgsam vorbereitet. In dieser Resolution wird die kurz bevorstehende Unabhängigkeit Namibias begrüßt und zum Druck auf das südafrikanische Regime aufgerufen, damit es seine Verpflichtungen einhält, sämtliche Aktionen zur Verstärkung der Instabilität und der Unsicherheit der Menschen in Namibia einstellt, gleichzeitig die diskriminierenden Gesetze abschafft und alle namibischen politischen Gefangenen freiläßt.
    Die Vereinten Nationen werden aufgefordert, alles daranzusetzen, um der weiteren Registrierung von Ausländern in den Wählerverzeichnissen Einhalt zu gebieten. Gleichzeitig wird an alle Regierungen appelliert, die UNO finanziell so zu unterstützen, daß sie ihre Aufgaben erfüllen kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Zwar wird die besondere Rolle, die der SWAPO zukommt, gewürdigt, aber ebenso wird klargestellt, daß das Prinzip gleicher Rechte für alle am Wahlprozeß in Namibia beteiligten politischen Parteien voll gewahrt werden muß. Ich habe mit Erfolg — mit Unterstützung der Gruppe der 12 + der westlichen Länder — angeregt, daß als Ziel in dieser Resolution für das zukünftige freie Namibia eine demokratische Regierung, die den Willen des Volkes widerspiegelt und die Menschenrechte achtet, festgeschrieben wird. Wir alle müssen doch hoffen und erwarten, daß es dazu kommt, und müssen alles in unserer Macht Stehende tun, damit das neue Namibia nicht die Fehler anderer wiederholt.
    Gerade in der letzten Zeit hat die IPU, insbesondere ihr Exekutivorgan, der Interparlamentarische Rat, in dem jedes Land mit zwei Sitzen vertreten ist, besonderen Wert darauf gelegt, stärker handlungsorientiert zu wirken. So ist das Statut auf der Londoner Konferenz dahin gehend geändert worden, daß es Pflicht einer nationalen Gruppe ist, die von der IPU angenommenen Entschließungen in geeigneter Weise sowohl dem eigenen Parlament vorzulegen als auch der Regierung zu übermitteln und sie umzusetzen. Dazu sind wir aufgefordert.
    Nach den heute gültigen Statuten betrachtet sich die IPU zu Recht als „Brennpunkt des weltweiten parlamentarischen Dialogs". Auch wenn die IPU nicht mit einem Parlament im eigentlichen Sinne gleichzustellen ist, so ist sie doch das Herzstück des parlamentarischen Internationalismus. Das Herz sollte nicht



    Dr. Holtz
    durch künstlich aufgepäppelte Konkurrenzorganisationen geschwächt werden.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unterstützt den Willen der IPU, weiterhin Friedensarbeit zu leisten sowie zur Zusammenarbeit zwischen Völkern und zur Stärkung parlamentarisch-repräsentativer Institutionen beizutragen. Wir messen dem Erfahrungsaustausch und den Kontakten zwischen den Abgeordneten in dieser einzigen wirklich universellen interparlamentarischen Organisation eine hohe Bedeutung bei. Wir unterstützen die Arbeit der IPU, weil sie die Ziele der UNO teilt, und wir unterstützen die IPU besonders, weil sie sich zu einem Forum für Demokratie und Menschenrechte entwickelt.
    Danke schön.

    (Beifall bei allen Fraktionen)