Rede von
Hans-Günther
Toetemeyer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mitte März dieses Jahres haben wir hier gemeinsam, einstimmig, u. a. folgendes beschlossen:
Der Deutsche Bundestag erwartet von der Bundesregierung, daß sie ihre konsequente Menschenrechtspolitik fortsetzt und auch im Fall Namibia auf die Verwirklichung der Menschenrechte sowie freiheitliche und rechtsstaatliche demokratische Verhältnisse in Namibia drängt und diese fördert.
Das war unser Wunsch.
Jeder von Ihnen, der die Entwicklung in Namibia seit Mitte März verfolgt hat, weiß, daß eine Eskalation der Gewalt stattgefunden hat, die kulminiert hat in
Toetemeyer
dem Mord an Rechtsanwalt Lubowski vorgestern abend.
Wenn unter diesem Aspekt auf Anforderung des Sonderbeauftragten der UNO an den UNO-Generalsekretär die Staaten der Welt von der UNO aufgerufen sind, sie in ihrer Friedensmission zu unterstützen, können wir Deutschen gerade wegen unserer Verantwortung für Namibia nicht abseitsstehen.
Es ist daher die übereinstimmende Auffassung meiner Fraktion, daß wir bei Friedensmissionen und gerade in diesem konkreten Falle nicht schamhaft beiseite stehen dürfen. Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, schließt Kritik an den Modalitäten nicht aus. Darauf hat mein Kollege Graf hingewiesen.
Was um alles in der Welt, Herr Staatsminister, hat die Bundesregierung daran gehindert, die — so wie Sie heute gesagt haben — am 15. Mai darüber informiert worden ist, daß ein solcher Wunsch besteht, in den Auswärtigen Ausschuß und in den Innenauschuß zu gehen und mit den Parlamentariern zu diskutieren? Was hat sie daran gehindert? Es ist unser Selbstverständnis als Parlament, trotz aller Gewaltenteilung, Herr Kollege Irmer, solche gerade in dieser sensiblen Sache Namibia zu treffenden Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Dann hätten wir nämlich vorher über die Modalitäten diskutieren können.
Das ist der Punkt, um den es mir heute morgen geht, auch im Selbstverständnis. Wir sollten gerade in solchen Fragen eine gute Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament herbeiführen.
Diese Kritik an der Bundesregierung muß ich hier heute ganz deutlich äußern.
Übrigens ist ja interessant: Meine Kollegen im Innenausschuß haben mir eben gesagt, Herr Staatssekretär Neusel habe gestern noch erklärt, die Anforderung sei erst am 5. Juni an den Bundespräsidenten ergangen. Was stimmt denn nun — 5. Juni oder 15. Mai?
Ich will mich hier ganz vorsichtig und parlamentarisch ausdrücken. Ich halte es nicht für gut, daß Parlamentarier hinter das Licht geführt werden, gerade in einer solch sensiblen Frage. Ich will das hier sehr deutlich anmerken.
Meine Damen und Herren, wir bejahen die Beteiligung am Friedenseinsatz der UNO in Namibia, gerade in Namibia. Wer da war, wie die Delegation — ich will nur ein Beispiel nennen — , und weiß, daß etwa im Kavango-Gebiet 66 Wahlstationen eingerichtet werden und die Polizeipräsenz der UNO zur Zeit 16 Beamte umfaßt, der weiß, welch ein dringendes Erfordernis besteht, daß weitere deutsche Polizeibeamte — ich will das noch einmal sehr deutlich sagen; als solche sehen wir auch die Angehörigen des BGS — die UNO in diesem Prozeß der Überwachung der
Wahlen unterstützen. Hier sagen wir ein Ja. In den Modalitäten sind wir anderer Auffassung.
Ich will noch eine letzte Frage stellen. Herr Staatsminister Schäfer, wer hat Sie daran gehindert — es ist mehr an das Innenministerium gerichtet — , bei der Vorbereitung der Beamten den Sachverstand des deutschen Parlaments mit einzusetzen? Hier gibt es Leute, die wissen, was in Namibia passiert und die ein paar Tips hätten geben können. Auch dies ist eine Desavouierung des Parlaments.
Meine Kritik richtet sich also gegen diese gerade in dieser Frage völlig unnötige Nichtbeteiligung der Parlamentarier.