Rede:
ID1115722600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Roth: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/157 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 157. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung) : a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Penner SPD 11835 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 11841 C Frau Trenz GRÜNE 11844 C Frau Seiler-Albring FDP 11845 D Dr. Schäuble, Bundesminister BMI 11847 D Wüppesahl fraktionslos 11852 B Deres CDU/CSU 11854 A Häfner GRÜNE 11855 C Funke FDP 11857 B Engelhard, Bundesminister BMJ 11858 A Roth SPD 11859 C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 11865 A Kleinert (Marburg) GRÜNE 11868 D Wissmann CDU/CSU 11871 D Dr. Jens SPD 11874 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 11877 B Rossmanith CDU/CSU 11880 A Hinsken CDU/CSU 11882 B Schäfer (Offenburg) SPD 11883 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 11888 C Dr. Knabe GRÜNE 11890 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 11892 D, 11962 D Lennartz SPD 11895 A Dr. Laufs CDU/CSU 11897D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 11899A Vosen SPD 11904 B Schmidbauer CDU/CSU 11905 D Frau Bulmahn SPD 11908 A Austermann CDU/CSU 11910 C Frau Rust GRÜNE 11913 A Zywietz FDP 11914 B, 11930 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 11917 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11920 D Dr. Hoffacker CDU/CSU 11925 B Frau Walz FDP 11927 C Frau Schoppe GRÜNE 11928 D Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 11932 B Dreßler SPD 11935 B Strube CDU/CSU 11942 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 11944 B Günther CDU/CSU 11946 B Dr. Thomae FDP 11949 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 11950 C Roth (Gießen) CDU/CSU 11954 B Dr. Struck SPD 11956 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Frau Rust GRÜNE 11964 A Dr. Waigel, Bundesminister BMF 11964 C Nächste Sitzung 11970 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11971* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11971* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 11835 157. Sitzung Bonn, den 6. September 1989 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89 * Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89 * Eich GRÜNE 07. 09. 89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 ** Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89 ** Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89 ** Genscher FDP 07. 09. 89 Heimann SPD 07. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89 ** Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 ** Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kretkowski SPD 07. 09. 89 Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89 ** Lüder FDP 07. 09. 89 Magin CDU/CSU 07. 09. 89 Marschewski CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Niggemeier SPD 07. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Frau Pack CDU/CSU 06. 09. 89 Regenspurger CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Frau Schilling GRÜNE 07. 09. 89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Sielaff SPD 06.09.89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 ** Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Westphal SPD 07. 09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89 ** Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89 ** Zierer CDU/CSU 07. 09. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 30. Juni 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz über die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank (DSL Bank-Gesetz - DSLBG) Drittes Gesetz zur Änderung des Milchgesetzes Gesetz zur Einführung eines Dienstleistungsabends Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz über die achtzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und zur Änderung von Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe (KOV-Anpassungsgesetz 1989 - KOVAnpG 1989) Gesetz zur Änderung von Vorschriften der See-Unfallversicherung in der Reichsversicherungsordnung Gesetz zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1989 (Nachtragshaushaltsgesetz 1989) Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes Gesetz zur Errichtung neuer Freihäfen und zur Änderung des Zollgesetzes Sechstes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz - RettAssG) Zwölftes Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften Achtes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Aussiedler und Übersiedler Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes ... Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften Gesetz zur Aussetzung der Verlängerung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes Sechstes Gesetz zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes Gesetz zu dem Protokoll vom 14. November 1988 über den Beitritt der Portugiesischen Republik und des Königreichs Spanien zur Westeuropäischen Union Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft (LaFG) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf eine Ergänzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch mit dem Ziel hinzuwirken, daß durch Festlegung konkreter Grenzwerte für Tierbestände die Privilegierung beim Bauen im Außenbereich eingeschränkt wird. Diese Ergänzung würde das vorrangige Anliegen des Gesetzes, das Entstehen neuer Tiergroßbestände zu erschweren, wesentlich unterstützen. Der vorgeschlagene Ausschluß der übergroßen Tierbestände von der Privilegierung des Bauens im Außenbereich stellt ein hochwirksames Instrument zur Erschwerung industrieller Tiermast dar. Die hiergegen erhobenen Bedenken sind einmal deshalb unbegründet, weil die Berücksichtigung agrarpolitischer Zielvorstellungen im Bauplanungsrecht nicht als sachfremd und damit nicht als Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 GG) angesehen werden kann. Zum anderen stellt die genannte Regelung lediglich eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentumsbegriffs (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) durch den Gesetzgeber dar. Die Planungshoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 GG) wird nicht eingeschränkt. Eine Ergänzung der Baunutzungsverordnung wäre keine Ersatzlösung. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 23. Juni 1989 ihren Antrag Einstellung aller Atomwaffenversuche - Drucksache 11/2204 - zurückgezogen. 11972* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 8. August 1989 ihren Antrag Menschenrechte in Kolumbien — Drucksache 11/2404 — zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/2133 Drucksache 11/3316 Drucksache 11/4456 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/5910 Drucksache 11/583 Drucksache 11/1531 Drucksache 11/2362 Drucksache 11/3017 Drucksache 11/3644 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/2953 Ausschuß für Jugend, Famille, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/596 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/4019 Nr. 2.2, 2.3 Drucksache 11/4081 Nr. 2.4 Drucksache 11/4337 Nr. 3 Drucksache 11/4451 Nr. 2.3 Drucksache 11/4534 Nr. 2.2 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/4161 Nr. 2.11-2.17 Drucksache 11/4238 Nr. 2.4-2.8, 2.10, 2.11 Drucksache 11/4337 Nr. 8, 9, 11-21 Drucksache 11/4405 Nr. 3.5 Drucksache 11/4451 Nr. 2.7-2.14 Drucksache 11/4534 Nr. 2.8-2.16 Ausschuß für Jugend, Famille, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/4337 Nr. 22, 23 Drucksache 11/5051 Nr. 41 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/4161 Nr. 2.20 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 22. August 1989 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan nebst Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Bundesminister für Verkehr hat den Wirtschaftsplan 1989 und den Stellenplan zum Wirtschaftsplan 1989 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen genehmigt. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation hat mit Schreiben vom 9. August 1989 gemäß § 31 der Posthaushaltsordnung den Nachtrag zum Haushaltsplan der Deutschen Bundespost für das Haushaltsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Beide Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich kann die Dynamik von Frau Unruh nicht kanalisieren. Insofern, Herr Präsident, bitte ich um Ihre Mithilfe.
    Gerade bei der Krankenversicherungsreform ging es uns darum, Verschwendung und Überversorgung abzubauen, um den Pflegebedürftigen zu helfen, Sie reden bei 5 Milliarden DM von einem „Trostpflästerchen". Wissen Sie eigentlich, wieviel das ist? Die ganze Sozialhilfe hat für ambulante und stationäre Pflege in 1988 6,3 Milliarden DM ausgegeben. Wir geben jetzt in der Krankenversicherung allein für die ambulante Pflege 5 Milliarden DM aus. Wissen Sie, wieviel das mehr ist als zur Zeit der Sozialdemokraten? Wissen Sie, wie groß der Unterschied zwischen damals und heute ist? — Das sind genau 5 Milliarden DM. Die Sozialdemokraten haben nämlich zu diesem Thema außer Parteiprogrammen und Papieren nichts geliefert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Was kann eine Mutter, die ihr Kind pflegt, mit sozialdemokratischen Parteiprogrammen anfangen? Wir aber geben 5 Milliarden DM dafür aus.
    Sie können ja sagen — Sie können mit mir darüber reden — , daß es noch nicht genügt. Aber, meine Damen und Herren, das ist der Beitrag der Krankenversicherung. Wenn alle, die Verantwortung haben — Kommunen und Länder; ich kenne viele sozialdemokratisch geführte Länder — , ihren Beitrag leisten, sind wir in Sachen Pflege ein großes Stück vorwärts gekommen.
    Noch einmal zum Sozialstaat. Wir haben einen Sozialstaat mit imposantem Umfang. Denjenigen, die von „Kahlschlag" sprechen, möchte ich noch einmal sagen: 680 Milliarden DM geben wir in diesem Jahr im Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland für Sozialleistungen aus. Das sind knapp 30 % bzw. 155 Milliarden DM mehr als 1982. Wir haben nicht abgebaut, wir haben, wie ich zugestehe, die Dynamik abgebremst, weil sie uns sonst wie eine Lawine überschwemmt hätte.
    Wenn 155 Milliarden DM mehr ausgegeben werden, kann man doch nicht von einem Abbau sprechen. Das ist gerade so, als wenn jemandem, der beim Autofahren die Geschwindigkeit von 100 Stundenkilome-



    Bundesminister Dr. Blüm
    ter auf 80 Stundenkilometer zurücknimmt, gesagt würde, nun fahre er im Rückwärtsgang. Nein, er fährt langsamer — das ist richtig —, aber ein Rückwärtsgang ist es nicht.
    Sie reden von Kahlschlag: Ist es Kahlschlag, wenn wir 155 Milliarden DM mehr für den Sozialstaat ausgeben als 1982 und damit eine Gesamtsumme, was die sozialen Leistungen angeht, die 21/3 mal so groß ist wie das Volumen des gesamten Bundeshaushalts? Pro Kopf der Bevölkerung sind die Sozialleistungen — zum Mitschreiben — von 8 524 DM 1982 auf 11 000 DM 1989 gestiegen. Wissen Sie, gegen Zahlen kommt man nicht an. Kahlschlag ist es nicht, wenn wir unsere Anstrengungen verstärkt haben.
    Da sagt der Kollege Dreßler — ich habe mitgeschrieben — : Der Aufschwung ist am Arbeitsmarkt weitgehend vorbeigegangen. Meine Damen und Herren, auch hier können Sie sagen: Wir wollen noch mehr. Aber immerhin haben wir 1,4 Millionen Arbeitsplätze mehr.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist fast die gleiche Zahl, die die Sozialdemokraten in den letzten Jahren ihrer Regierungszeit verloren haben. Nur, der Unterschied ist: Die haben Arbeitsplätze verloren, etwas weniger als 1 Million, und wir haben mehr als 1 Million neue geschaffen. Der Unterschied ist: Das sind rote Zahlen, wir haben schwarze Zahlen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Die neigen mehr zu Rot!)

    Jeder kann sich merken: Rot ist in der Politik schlecht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zu den Erwerbstätigen: 27 720 000 Erwerbstätige — das ist die höchste Beschäftigtenzahl, seitdem bei uns überhaupt Statistik geführt wird. Und wenn Herr Dreßler gesagt hat, es sei Manipulation, daß wir nun die Erwerbstätigen zählen, so sage ich: Erstens folgen wir damit einer internationalen Praxis. Zweitens liegt die alte Rechnung immer noch vor; die wird parallel vorgelegt, da wird überhaupt nichts verheimlicht. Drittens folgen wir einer Anregung des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt, der diese Forderung bereits 1982 im Kabinett vorgelegt hat. Sie können sich da bei Ihren damaligen Ministerkollegen sicherlich vergewissern. Es ist eine Anregung von Helmut Schmidt gewesen, hier einer internationalen Praxis zu folgen.

    (Dr. Thomae [FDP]: Der gilt ja nichts mehr!)

    Übrigens: 65 % der neuen Arbeitsplätze waren Arbeitsplätze für Frauen.
    Seit Beginn dieses Jahres hat die Bundesanstalt für Arbeit knapp eineinhalb Millionen Vermittlungen vorgenommen. Eineinhalb Millionen Mitbürger haben durch die Bundesanstalt für Arbeit einen Arbeitsplatz erhalten. Das ist die größte Zahl an Vermittlungen seit 1977.
    1,5 Millionen offene Stellen seit Januar — das ist die höchste Zahl an offenen Stellen seit 1977.
    Im Juli hatten wir 178 000 unbesetzte Lehrstellen und nur 96 000 unvermittelte Bewerber. Wenn einer fragt „Wo ist die Wende?'', dann ist meine Antwort: Die Wende besteht darin, daß Sie und wir vor einigen Jahren den Überhang von Bewerbern unter dem Stichwort „Lehrstellenkatastrophe" beklagt haben, daß wir aber heute wieder mehr Lehrstellen als Bewerber haben. Ist das Fortschritt?! Kann man dann den Satz sagen: Der Aufschwung ist am Arbeitsmarkt vorbeigegangen?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Jugendarbeitslosigkeit: Unter den Arbeitslosen in Europa stellen die Jugendlichen unter 25 Jahren einen hohen Prozentsatz dar. In Italien sind 53 % der Arbeitslosen unter 25 Jahren; Portugal: 43 %; Spanien: 41 %; Luxemburg: 34 %; Irland: 33 %; Niederlande: 36 %. Wissen Sie, wieviel es bei uns sind? —15,9 %. Wir sind mit großem Abstand das Land mit der geringsten Jugendarbeitslosigkeit, mit dem geringsten Anteil jugendlicher Arbeitsloser.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: In den Niederlanden bekommen die aber ein Einkommen und hier nicht! Hier liegen sie den Eltern auf der Tasche!)

    Natürlich, meine Damen und Herren, ich stehe wieder nicht vor Ihnen und sage: Wir sind am Ziel. Ich denke, daß wir uns gerade den Langzeitarbeitslosen zuwenden müssen, und zwar nicht mit Worten. Wir machen es mit 1,7 Milliarden DM für ein Programm zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit.

    (Zuruf der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    — Liebe Frau Unruh, ich halte mich an Fakten. Ich trage heute abend überhaupt keine Ideologie vor. Ich trage die realen Veränderungen vor:

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Schaffen Sie die Unterhaltsverpflichtung ab!)

    Die Realeinkommen der Arbeitnehmer sind zu Beginn der 80er Jahre gesunken, ab 1985 steigen sie. Zwischen 1985 und 1989 haben sie um 7,5 % zugenommen. Wenn man noch Steuerreform und die Ergebnisse der Krankenversicherungsreform hinzufügt, wird es 1990 reale Einkommensverbesserungen um 10,5 % geben, ohne jede Umverteilung. Das bedeutet, meine Damen und Herren, daß ein Durchschnittsverdiener im nächsten Jahr 2 100 DM mehr hat als 1985 — real! Davon reden Sie nichts ab. Allein von diesem Überschuß kann er sich mehr als 100 Brillen zu 20 DM kaufen. Damit kann er 140 Massagen — die in der Gesundheitsreform eingeschränkt wurden —,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Kurschatten!)

    damit kann er 200 Videokassetten, damit kann er 10 Schweinehälften nur von der Erhöhung des Realeinkommens bezahlen.
    Also, meine Damen und Herren, lassen Sie die Kirche im Dorf! Hören Sie mit der Darstellung auf, als seien wir in einem Sozialstaat des Massenelends!

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Ein Drittel sind es!)

    Die Arbeitnehmer werden sich an den Realitäten
    orientieren. Und wenn sie sich an den Realitäten



    Bundesminister Dr. Blüm
    orientieren, wissen sie, daß wir ihre Lage verbessert haben.

    (Beifall hei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Ganz kurz zur Krankenversicherungsreform. Erinnern Sie sich doch bitte — es wird vielleicht manchem Sozialdemokraten peinlich sein — an die Plakate im Dezember des vorigen Jahres — es ist noch keine zehn Monate her — , Plakate der SPD: „Ab 1. Januar 1989 dürfen Sie nicht mehr krank werden."

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das haben auch die Ärzteverbände verbreitet!)

    — Den ersten Preis in der Verunsicherungskampagne
    — hart bedrängt von den Lobbyisten — würde ich der Sozialdemokratischen Partei zuerkennen.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Jawohl!)

    „Ab 1. Januar 1989 dürfen Sie nicht mehr krank werden." Jetzt frage ich Millionen von Mitbürgern: Wenn Sie zum Arzt gehen, hat sich irgend etwas verändert? Er wird behandelt wie bisher. Ich frage alle Mitbürger: Stimmt diese Angst- und Verleumdungspropaganda? Die Kuren im Bereich der Rentenversicherung sind von 490 000 im ersten Halbjahr 1988 auf 440 000 im ersten Halbjahr 1989 zurückgegangen. Es sind 50 000 weniger Kuren bei der Rentenversicherung, obwohl die Rentenversicherung gar nicht geändert wurde. Das, Herr Dreßler, ist das Ergebnis Ihrer Angstkampagne. Sie haben den Leuten so Angst gemacht, daß sie nicht einmal mehr ihre Ansprüche wahrgenommen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es hat sich in der Rentenversicherung überhaupt nichts geändert. 50 000 Mitbürger haben ihre Kur nicht in Anspruch genommen, obwohl überhaupt nichts passiert ist. Sie sind auf den Leim der SPD gegangen. Wer der SPD glaubt, der ist schlecht beraten, wie sich an dieser Stelle zeigt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)

    Ich höre: „Abkassieren". Wenn wir die Beitragserhöhungen um jährlich 3-4 Milliarden DM gestoppt haben, dann haben wir das Abkassieren gestoppt. Hätten wir keine Reform gemacht, so wären die Beitragserhöhungen stärker als jede Zuzahlung gewesen. Insofern: Wir schützen doch den Versicherten und den Patienten. Das sind doch nicht zwei Personengruppen, die gegenseitig austauschbar wären.
    Herr Thomae, Horst Günther und andere haben vom Festbetrag gesprochen. Das ist, wie ich glaube, der größte Hit der Saison.

    (Dr. Thomae [FDP]: Exportschlager!)

    Wann je hat ein politisches Instrument jene Preisstürze ausgelöst, wann je sind die großen Pharmakonzerne so in Trab gesetzt worden, wie es die Gesundheitsreform bewirkt hat? 30 % Preissenkung, 50 Preissenkung bei Arzneimitteln!

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Und die Naturheilmittel?)

    Die 3 DM Zuzahlung fallen weg. Da sparen die Patienten allein 140 Millionen DM Zuzahlung, und die
    Beitragszahler — das sind wieder dieselben —280 Millionen DM. Das sind, zusammengezählt, 420 Millionen DM.
    Hörgeräte: Die Hörgerätepreise wurden über Nacht um 22 % niedriger. Und der größte Hersteller hat zum Dank dafür die Garantiezeit von einem Jahr auf zwei Jahre erhöht, was beweist, daß das nicht auf Kosten der Qualität gegangen ist.
    Das sind doch Fakten. Ja, die Marktwirtschaft funktioniert. Denn endlich haben die Krankenversicherungen einmal von ihrer Nachfragemacht Gebrauch machen können und nicht jeden Preis gezahlt. Endlich einmal gibt es Wettbewerb.
    Also, Herr Dreßler, wenn es Ihnen in Ihrer Fraktion schadet, will ich gern auf den Dank an Sie verzichten. Ich dachte, es sei ein Gebot der Fairneß, daß wir unseren gemeinsamen Erfolg — das halte ich nämlich nicht für selbstverständlich —, diese Reform gemeinsam zustande zu bringen, öffentlich darstellen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Das ist doch gar keine! — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das sind Mätzchen!)

    — Das sind keine Mätzchen. Ich wollte unsere gemeinsame Anstrengung darstellen.
    Jetzt zur Rentenversicherung. Auch da zur „Kahlschlagpolitik" . Wenn wir Reformen, die gerade hier attackiert wurden, nicht gemacht hätten, wäre die Rentenversicherung zahlungsunfähig geworden. Ihre große Leistung war doch gewesen, den Wagen auf die abschüssige Ebene zu bringen. Wir haben doch einen Rettungsversuch gemacht. Im übrigen sage ich: Das einzige, was man unseren Reformen vorwerfen kann
    — das würde ich als Kritik akzeptieren — , ist, daß sie alle zu spät kommen. Wir machen die nicht erledigten Hausaufgaben der SPD. Die Rentenreform hätte man zehn Jahre früher machen können. Auch die Krankenversicherungsreform fällt nicht vom Himmel.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bade aus, was an mangelndem Mut und großer Feigheit vorhanden war. Wir führen die Reformen durch, die eigentlich früher hätten durchgeführt werden müssen. Rentenniveau 1980 71,1 % nach 45 Versicherungsjahren, 1981 70,8 %, 1982 72,7 %, in diesem Jahr 1989 72,6 %. Ja, wo sind denn da die Rentner abgestürzt? Das Niveau haben wir trotz dieses Umsteuerungsprozesses halten müssen.
    Wir haben die Hinterbliebenenreform durchgeführt. Sieben Jahre hat das Verfassungsgericht auf diese Reform gewartet. Wir waren kaum in der Regierung, da haben wir sie durchgeführt, worüber Sie lange ausführlich geredet haben.
    Wir hätten für die psychisch Kranken nichts getan? Ja, langsam, ich gebe zu, Schritt für Schritt ist Entwicklung nur möglich. Sind wir nicht auch einen Schritt vorangekommen dadurch, daß die Zentren für die Frühbehandlung mehrfach behinderter Kinder jetzt in den Leistungskatalog der Krankenversicherung aufgenommen werden?

    (Dr. Thomae [FDP]: Das haben Sie doch überlesen!)




    Bundesminister Dr. Blüm
    Sehen Sie, meine Damen und Herren, das sind alles so Details. Ich gebe zu, die eignen sich nicht für die großen Überschriften. Aber das zeichnet doch das soziale Leben aus. Es ist doch nicht erst etwas Schicksal, wenn es zehn Millionen Menschen betrifft. Auch wenn es nur Hunderttausende betrifft, muß man für sie da sein.
    Wir reagieren nicht erst auf Protest. Die, die der Hilfe am meisten bedürfen, die sind gar nicht protestfähig. Die Mutter, die ihr Kind rund um die Uhr pflegt, ist auf keinem Marktplatz als Demonstrant zu finden. Denen haben wir geholfen. Eine Sozialpolitik für diejenigen, die sich nicht bemerkbar machen können! Vielleicht sind das die neuen Armen in einer Informations-, Kommunikationsgesellschaft, die Stimmlosen, die Lautlosen, die sich nicht wehren können. Wer nur auf Protest reagiert, nur auf Demonstration, der wird sie alle durch die Maschen der öffentlichen Aufmerksamkeit fallen lassen. Für die haben wir die Reformen durchgeführt, und deshalb stehe ich mit gutem Gewissen vor ihnen.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Da lesen Sie doch mal die Briefe! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/ CSU] : Alles grau in grau!)

    Ich will noch einige Sätze sagen. Der Kollege Dreßler hat bei einer Bemerkung zu unserem Kollegen Rühe mit dem Satz angefangen:
    Es ist wahr, bei Wallfahrten mit Fernsehkameras waren Sozialdemokraten nicht zu sehen.

    (Louven [CDU/CSU]: Sie sollten sich schämen!)

    Darauf will ich doch etwas eingehen. Ich bin beeindruckt von einem gläubigen Volk in Polen. Ich ganz persönlich bin mir ganz sicher — nicht jeder muß meine Meinung teilen — , daß die Polen die Zumutungen des Nationalsozialismus und des Sozialismus als Volk gar nicht überlebt hätten, wenn sie nicht tief gläubig wären. Dessen bin ich ganz sicher.
    Und deshalb bin ich auch sicher: Marx ist tot. Das ist richtig. Der Sozialismus ist so tot, wie man gar nicht toter sein kann. Die Menschen laufen ihm davon. In der Tat, der Glaube war in Polen stärker als Karl Marx. Das ist richtig. Deshalb ist es kein Kalauer, sondern ein Satz, den ich mit großem Respekt vor dem polnischen Volk ausgesprochen habe.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Roth (Gießen). — Herr Abgeordneter, wir wechseln inzwischen das Thema: allgemeine Finanzpolitik.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in die Schlußrunde ein und kommen zu dem Thema zurück, das ja schließlich Dreh- und Angelpunkt dieser dreitägigen Debatte gewesen ist, die Finanz- und Haushaltspolitik.
    Es ist schon bemerkenswert und erstaunlich, wie wenig die Opposition in diesen Tagen auf das eigentliche Zahlenwerk des Bundeshaushalts 1990 eingegangen ist und wie wenig Sie Gelegenheit genommen
    haben, konkrete sachliche Alternativen zur Regierungspolitik zu entwickeln.
    Viele Ihrer Redner waren in einer Außenseiter-Position. Daß Sie gegen die Regierung, gegen die Koalition sind, das haben wir eigentlich nicht anders erwartet. Aber Sie stellen sich auch gegen die Sachverständigen, gegen die Bundesbank, gegen die Institute. Was in der Bewertung vielleicht noch wichtiger ist: Sie stellen sich gegen die denkenden Menschen in diesem Land und gegen die Tatsachen.
    Ich meine, am Schluß dieser Debatte sagen zu können, daß der Bundesfinanzminister Theo Waigel seine erste große Bewährungsprobe bestanden hat und daß er ein gutes Zeugnis für diesen Haushalt 1990 verdient.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist ein Haushalt, der allen Anforderungen an eine moderne Finanzpolitik entspricht. Er steht voll im Dienst unserer mittelfristigen Strategie einer stetigen, in sich konsistenten Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung und der Verbesserung gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Er sichert die wirtschaftliche Dynamik in der Bundesrepublik im nunmehr achten Aufschwungjahr nach den schweren Krisenjahren der SPD von 1980 bis 1982.
    Dieser Haushalt ist mit seinem gut 3%igen Wachstum stabilitätskonform, und er festigt das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung. Er ist aber auch bürgerfreundlich und steuerzahlerfreundlich, denn ich darf doch in Erinnerung rufen: Dies ist das Haushaltsjahr mit dem größten Steuersenkungsschritt seit dem Regierungswechsel.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Wir werden die gesamtwirtschaftliche Steuerbelastungsquote auf 22,5 % zurückführen. Das ist der tiefste Stand seit den Jahren Ludwig Erhards, seit 1959. Ich meine, das durften die Bürgerinnen und Bürger von einer Steuersenkungskoalition aus CDU/CSU und FDP mit Fug und Recht auch erwarten. Wir sind stolz darauf.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin gespannt — vielleicht hören wir es ja noch — was die Repräsentanten der Opposition im nächsten Jahr von dieser Jahrhundertreform zurücknehmen wollen,

    (Dr. Struck [SPD]: Dann unterstellen Sie ja, daß wir die Wahl gewinnen, Kollege Roth! Die Unterstellung ist absolut richtig!)

    ob Sie den geradlinig-progressiven Tarif, Herr Kollege Struck, wieder korrigieren wollen,

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Wir machen erst mal wieder den Weihnachtsfreibetrag!)

    ob Sie diesen arbeitnehmer- und mittelstandsfreundlichen Tarif verschlechtern wollen. Sie haben sich den Ruf einer Steuererhöhungspartei erworben, und Sie haben diesen Ruf in diesen Tagen massiv gefestigt. Werden Sie glücklich damit, aber wir werden guten



    Roth (Gießen)

    Gewissens mit unserer Politik in die Wahlauseinandersetzung des nächsten Jahres gehen!

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unsere Politik ist Zukunftsvorsorge im besten Sinne des Wortes. Frau Kollegin Matthäus-Maier, hier wird auch kein „Pulver verschossen, das man für Notzeiten braucht", wie Sie dieser Tage gesagt haben. Wenn Sie solche Notzeiten erahnen, hat das vielleicht etwas mit dem Ausmaß Ihrer Zuversicht im Blick auf eine rotgrüne Konstellation zu tun. Aber trösten Sie sich, so weit werden wir es nicht kommen lassen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unsere Politik hat den Fortschritt schon vor 1990 gebracht, und diesen Fortschritt werden wir mit unserer Politik auch nach 1990 verteidigen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Sie haben sieben Jahre Gelegenheit gehabt, Lehren aus Ihrem Regierungsversagen zu ziehen.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Nichts haben sie gelernt!)

    Wie wenig Ihnen das allerdings gelungen ist, hat die Aussprache dieser drei Tage unter Beweis gestellt. Mit heißen Köpfen, aber mit leeren Händen sind Sie in diese Debatte gegangen!
    Sie haben sich auch 1989 noch nicht dazu durchringen können, die Ungereimtheiten und Widersprüche sozialdemokratischer Finanzpolitik aus der Zeit vor dem Regierungswechsel wirklich aufzuarbeiten. Sie haben Ihre Regierungsarbeit damals nie in Einklang mit den Grundsätzen einer soliden Finanzpolitik bringen können, und ich fürchte, das wird Ihnen mit den jetzigen Ansätzen auch nicht gelingen, denn Sie klotzen auch heute wieder hin und her mit zig Milliarden, mit Umbau, Umverteilung, Programmen, Experimenten, Abgaben usw. Aber den Beweis dafür, wie daraus wirtschaftliche Stabilität und Berechenbarkeit resultieren sollen, sind Sie auf allen Gebieten schuldig geblieben.

    (Dr. Struck [SPD]: Das werde ich Ihnen gleich erzählen, Herr Kollege! Nur Geduld! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, den Haushaltsgruppen von CDU/CSU und FDP wird es im Rahmen der Einzelberatung des Haushaltsplans sicherlich gelingen, die Empfehlungen des Finanzplanungsrats einzuhalten und den 3 %-Rahmen für die Entwicklung des Bundeshaushalts nicht zu verlassen. Dies müssen wir auch erreichen; denn die boomartige wirtschaftliche Entwicklung in diesem Herbst, der Nachfrageschub, den wir aus der Steuersenkung 1990 erwarten dürfen, und alle wirtschaftlichen Rahmendaten legen es uns geradezu nahe, jetzt wirklich konsequent bei unserem Kurs des Maßhaltens zu bleiben. Wir dürfen die Leistungsfähigkeit unserer Volkswirtschaft im Jahre 1990 nicht überstrapazieren. Diesen Fehler werden wir nicht machen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Bundesregierung, diese Koalition, hat immer nur ein Konjunkturprogramm gekannt: Stetigkeit und Berechenbarkeit ihrer Politik. Nicht Maßlosigkeit, Schulden, Steuerdruck und Staatslastigkeit, sondern genau diese zähe Stabilitätspolitik hat uns nach vorn gebracht. In Zahlen sieht das ja auch bemerkenswert aus. Wir haben im nächsten Jahr ein Bruttosozialprodukt, das auf 2 300 Milliarden DM angewachsen sein wird, nach 1 600 Milliarden DM im Schlußjahr Ihrer Verantwortung. Das ist ein Zuwachs des Bruttosozialprodukts um 45 % in einer vergleichbar kurzen Phase, und zwar bei insgesamt stabilen Preisen.
    Meine Damen und Herren, meine Sie nicht, daß es ehrlich wäre, im Rückblick zu sagen, daß damals viele, insbesondere junge Menschen Angst vor ihrer wirtschaftlichen Zukunft hatten und daß es heute in der Bundesrepublik Deutschland auf allen Gebieten wesentlich besser aussieht, daß wir Spitze sind und daß wir allen Anlaß haben, jeden Rückfall in den Schlendrian der damaligen Zeit zu verhindern?

    (Dr. Struck [SPD]: Das ist aber sehr dick aufgetragen! — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Gut daß ich damals noch nicht hier war! — Heiterkeit)

    Meine Damen und Herren, wir haben mit dem Haushalt 1990 unter Beweis stellen können, daß trotz sparsamster Haushaltsführung Handlungsspielräume für neue Aufgaben und Herausforderungen da sind. Das betrifft die Familienpolitik — um ein wichtiges Beispiel, das Kernstück unserer zukunftsorientierten Gesellschaftspolitik, zu nennen — , bei der wir seit 1985 eine Steigerung um 15 Milliarden DM, um 60 %, auf die Rekordhöhe von 38,9 Milliarden DM haben werden.
    Wir haben Vorsorge getroffen — das ist gestern ausführlich besprochen worden — für den Zustrom an Aussiedlern, an Übersiedlern aus der DDR und aus Ostberlin. Wir kommen damit unserer Verpflichtung nach, diesen Menschen eine gesellschaftliche Eingliederung in unserem Land auf der Grundlage der Gleichberechtigung gegenüber allen anderen Mitbürgern zu ermöglichen. — Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, komme ich aus Gießen. Dort haben die Bundesaufnahmestelle und die Zentrale Aufnahmestelle des Landes Hessen ihren Sitz. Sie werden mir erlauben, daß ich an dieser Stelle ein Wort des Dankes sage für die beispielhafte Einsatzbereitschaft der Beamten und Mitarbeiter des Bundes und des Landes Hessen, an die Wohlfahrtsverbände, Hilfsorganisationen, Kirchen, für das private Engagement vieler Burger, die geholfen haben, den DDR-Flüchtlingen in diesen Tagen und Wochen einen guten Start zu ermöglichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der SPD — Dr. Struck [SPD]: Das ist das einzige Richtige, was du gesagt hast!)

    Die Zusammenarbeit zwischen Innenminister Schäuble und der hessischen Landesregierung hat gut funktioniert. Ich möchte allerdings hinzufügen, daß wir im



    Roth (Gießen)

    Rahmen der Haushaltsberatungen gesondert auf die Lastenverteilung zu sprechen kommen werden;

    (Müntefering [SPD]: Das können Sie wohl sagen!)

    denn das Bundesland Hessen ist hier in der Tat stärker gefordert als andere Bundesländer. Ich bin zuversichtlich und davon überzeugt, daß es uns gelingen wird, dafür einen konstruktiven Weg zu finden.
    Meinen Damen und Herren, ich möchte jetzt noch einen Punkt ansprechen. Dabei übrschlage ich alle die anderen Aufgaben,

    (Müntefering [SPD]: Überschlagen Sie sich nicht!)

    die wir uns neu gestellt haben im Bereich der Förderung unserer Bundeswehrsoldaten, bei der qualitativen Verbesserung des Straßenbaus, im sozialen Wohnungsbau, wo wir im nächsten Jahr 550 Millionen DM zusätzlich bewilligen, so daß die Kassenmittel mehr als 2 Milliarden DM betragen werden. Ich glaube, hier ist der Bund Motor der Entwicklung gewesen. Der Wohnungsbau ist wieder in Fahrt gekommen.

    (Müntefering [SPD]: Wanckelmotor!) Ich finde, daß dies gut so ist.

    Das sensibelste Thema unserer Haushaltspolitik ist und bleibt die Staatsverschuldung und der Zwang zur weiteren Konsolidierung, meine Damen und Herren.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Was heißt hier „weiter"? — Müntefering [SPD]: Da müssen Sie aber den Bundesfinanzminister angukken!)

    Heute hat hier in Bonn der Bundesschuldenausschuß getagt und aus dem Jahresbericht der Bundesschuldenverwaltung ist deutlich geworden, daß der Zuwachs der Schulden von 1983 bis einschließlich 1988 mit 166,7 Milliarden DM beträchtlich niedriger gewesen ist als die im selben Zeitraum an die privaten Kapitalgeber des Bundes gezahlten Zinsen, die die Größenordnung von 177 Milliarden DM gehabt haben.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Was ist das für eine komische Zahl?)

    Seit dem Regierungswechsel des Jahres 1982 war also die Kreditaufnahme für den Bund nicht einmal mehr ein Null-Summen-Spiel aus Krediten und Zinsen in deckungsgleicher Höhe, meine Damen und Herren. Immerhin mußte der Finanzminister 10,3 Milliarden DM mehr an Tilgungsleistungen und Zinsen in den Kapitalmarkt hineingeben, als er in derselben Zeit aus dem Kapitalmarkt entnehmen konnte. Ohne die SPD-Schulden von früher hätte es nie Kredite geben müssen. Wir hätten sogar Kassenüberschüsse gehabt.
    Meine Damen und Herren, deshalb fallen die Angriffe Ihrer Seite völlig in sich zusammen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die SPD hat nie eine Mark Schulden zurückbezahlt. Der letzte Bundesfinanzminister, der das getan hat, war Franz Josef Strauß im Jahre 1969.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, die dauerhafte Konsequenz aus diesem finanzpolitischen Versagen der SPD sollte jedermann klar sein: Sämtliche regulären Ausgaben des Bundes müssen heute und in Zukunft durch reguläre Einnahmen finanziert werden.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Tut es doch!)

    Das Instrument der Kreditaufnahme zur Finanzierung von Zukunftsinvestitionen ist durch Sie unwiederbringlich verspielt worden. Sie haben in der Zeit von 1971 bis 1982 immerhin noch 153 Milliarden DM an Kreditmarktmitteln für reguläre Ausgaben verwenden können — die Kredite waren also höher als die Zinsen, die im selben Zeitraum fällig waren. Deshalb haben Sie aus der damaligen Einstiegsdroge Staatsverschuldung eine harte Dauerdroge gemacht, an der wir uns heute so schwertun.
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß: Die Politik dieser Koalition folgt weiterhin der Maxime der qualitativen Konsolidierung und der politischen Erneuerung. Wir sind das einzige Land neben Großbritannien, das in den 80er Jahren den Staatsanteil am Bruttosozialprodukt deutlich absenken konnte. Wir werden dem Bundesfinanzminister Theo Waigel, wenn wir an die Sisyphusarbeit der Einzelberatungen des Haushalts 1990 gehen,

    (Müntefering [SPD]: Sisyphus ist kein gutes Beispiel! Seien Sie vorsichtig damit!)

    jede Rückendeckung für seine Politik geben; denn wir wollen, daß sich die Rahmenbedingungen der deutschen Entwicklung weiter stabilisieren. Wir wollen weiterhin Aufschwung, soziale Sicherheit und Fortschritt in diesem Lande.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)