Lieber Rudi Walther, wenn ich etwas mehr Zeit hätte als die mir noch verbleibenden sechs Minuten, dann würde ich aufzeigen, weshalb das nicht so ist. Ich kann in dem Fall jetzt nur ganz schlicht und einfach sagen: Das trifft in dieser Form nicht zu. Im Haushalt 1990 — ich bin überzeugt, lieber Kollege Walther, den haben auch Sie als Vorsitzender unseres Ausschusses gelesen — ist ja vielmehr ausgewiesen, daß 10,5 Milliarden DM aus der Nettokreditaufnahme für die dritte Stufe der Steuerreform vorgesehen sind. Kein Mensch, keine Regierung, keine Fraktion und kein Parlament können dies allein ausgleichen, ohne — das will ich dazusagen — im familien- und sozialpolitischen Bereich Einschnitte vornehmen zu müssen. Ich glaube, das will keiner von uns und mit Sicherheit, lieber Kollege Walther, auch Sie nicht.
Mit dieser Steuerreform — das hat ja auch Graf Lambsdorff noch einmal sehr deutlich gemacht — sind die Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung entscheidend verbessert worden. Ich darf noch einmal darauf hinweisen: In den sieben Jahren der Regierungsverantwortung der CDU/CSU sind über 1,2 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Dieser Haushalt zeigt insbesondere, daß die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, die wir durch die Rahmenbedingungen ermöglicht haben, auch im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt von ganz entscheidender Bedeutung und Wichtigkeit ist. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen — ich will auch das einmal mit aller Klarheit darstellen — sind durch diesen gemeinsamen Binnenmarkt vor eine große Herausforderung gestellt. Es steht außer Frage, daß es hier auch staatlicher Flankierung und staatlicher Hilfe bedarf. Deshalb bin ich froh, daß in diesen Haushaltsentwurf auch ein sogenanntes Euro-Fitneßprogramm eingeflossen ist,
das einen Umfang von etwa 28 Millionen DM haben
wird. Dieses Programm ist vor allem darauf ausgerichtet, vorhandene Informationsdefizite über Risiken und
Chancen des Binnenmarkts durch gezielte Aufklärungs- und Beratungsmaßnahmen abzubauen.
In der wirtschaftspolitischen Diskussion der letzten Wochen und Monate hat vor allem die Energiepolitik eine große Rolle gespielt. Dabei ging es im wesentlichen um den deutschen Steinkohlebergbau und die staatlichen Hilfen, ohne die der Bergbau seinen wichtigen Beitrag zu unserer Energieversorgung nicht leisten könnte. Leider hat die politische Diskussion insbesondere in den Revierländern nicht immer zur notwendigen Klarheit beigetragen. Da wurden kaum Gelegenheiten ausgelassen, um die angeblich kohlefeindliche Politik der Bundesregierung zu kritisieren.
Ich hoffe, daß die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung allen diesen Kritikern klargemacht haben, daß der bestehende Jahrhundertvertrag in seiner Substanz erhalten bleibt. Angesichts der Milliardensubventionen für deutsche Kohle, die inzwischen an die Grenzen des finanzpolitisch Vertretbaren stoßen, ist das allerdings nur möglich, wenn alle Beteiligten auch dazu ihren Beitrag leisten. Ich meine den Bergbau, ich meine in ganz besonderer Weise die Elektrizitätswirtschaft, ich meine die Länder, die reviernahen und auch die revierfernen, die sich nie verweigert haben, und natürlich auch den Bund.
— Auch das, Herr Kollege Weng, auch die Tarifpartner leisten hier einen ganz wesentlichen Beitrag.
Ich erwarte deshalb, daß auch die Tarifvertragsparteien ihren Beitrag leisten werden.
Dieser Punkt wird uns bei den weiteren Beratungen im Haushaltsauschuß noch intensiv beschäftigen.
Da ich selbst aus einem revierfernen Land komme, will ich nicht verhehlen, daß für mich die Unterstützung der Kohlepolitik um so schwieriger wird, je mehr die Opposition und die von ihr geführten Länderregierungen den Ausstieg aus der Kernenergie betreiben und in der Zwischenzeit sogar die Entsorgung der laufenden Kernkraftwerke in Frage stellen.
Die revierfernen Länder weisen zu Recht darauf hin, daß Solidarität keine Einbahnstraße sein kann und keine Einbahnstraße sein darf.
Nur die gleichzeitige Nutzung von Kohle und Kernenergie, meine sehr verehrten Damen und Herren, bildet ja die wirtschaftliche Grundlage für den hohen Einsatz der heimischen Steinkohle in der Verstromung.
Dieser Zusammenhang sollte allen Beteiligten deutlich sein, wenn demnächst die kohlepolitischen Beschlüsse im Haushalt umgesetzt werden müssen.
11882 Deutscher Bundestag — 11.Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989
Rossmanith
- An Ihrem Zwischenruf merkt man, wie wenig — das muß ich wirklich sagen — Interesse Sie für dieses Problem haben bzw. wie wenig Sie sich inhaltlich damit beschäftigt haben.
Die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie wird meines Erachtens nach der in Kürze zu erwartenden Ministerentscheidung vor einer neuen Epoche ihrer traditionsreichen und erfolgreichen Entwicklung stehen. Jetzt ist es an der Zeit, den Airbus in der industriellen Verantwortung von Daimler-Benz auf eine gesunde wirtschaftliche Basis zu stellen. Dazu gehört für mich, daß endlich auch bei uns in der Bundesrepublik Deutschland eine Endfertigung des Airbus stattfindet, zumal Deutschland und Frankreich mit je 371/2 % gleiche Geschäftsanteile am Airbus haben. Ich bitte die Bundesregierung und insbesondere natürlich den Herrn Bundeskanzler und auch Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, dieses notwendige Anliegen mit allem Nachdruck zu unterstützen.
Man hört immer wieder, hier würde es sich um ein nationales Prestigeobjekt handeln. Wer derartiges von sich gibt, hat von der Realität wenig Ahnung. Denn durch eine zweite Fertigungslinie wird sich die wirtschaftliche Lage des Airbus deutlich verbessern. Wo die Fertigung erfolgen wird, ob im Norden oder Süden unserer Republik, steht nicht zur Diskussion.
— Ich bin der Meinung, daß sie dort angesiedelt werden sollte, wo es tatsächlich zu einer wirtschaftlichen Verbesserung und zu einer erfolgreichen gesamtwirtschaftlichen Einbindung kommen kann.
Ich möchte zum Schluß zusammenfassen: Die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung und der sie tragenden Koalition war nicht nur auf einem erfolgreichen Weg, sondern sie wird auch weiterhin diesen erfolgreichen Weg beschreiten. Durch die konsequente Fortführung unserer marktwirtschaftlichen Politik wird ein hoher Lebensstandard und ein hoher Beschäftigungsstand gesichert. Dadurch wird die Gewährung sozialer Leistungen möglich, von denen andere Länder wirklich nur träumen können. Es wird unsere Aufgabe und Verpflichtung sein, diesen Weg weiterhin erfolgreich fortzusetzen.