Rede:
ID1115707000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Jens.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/157 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 157. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung) : a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Penner SPD 11835 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 11841 C Frau Trenz GRÜNE 11844 C Frau Seiler-Albring FDP 11845 D Dr. Schäuble, Bundesminister BMI 11847 D Wüppesahl fraktionslos 11852 B Deres CDU/CSU 11854 A Häfner GRÜNE 11855 C Funke FDP 11857 B Engelhard, Bundesminister BMJ 11858 A Roth SPD 11859 C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 11865 A Kleinert (Marburg) GRÜNE 11868 D Wissmann CDU/CSU 11871 D Dr. Jens SPD 11874 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 11877 B Rossmanith CDU/CSU 11880 A Hinsken CDU/CSU 11882 B Schäfer (Offenburg) SPD 11883 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 11888 C Dr. Knabe GRÜNE 11890 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 11892 D, 11962 D Lennartz SPD 11895 A Dr. Laufs CDU/CSU 11897D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 11899A Vosen SPD 11904 B Schmidbauer CDU/CSU 11905 D Frau Bulmahn SPD 11908 A Austermann CDU/CSU 11910 C Frau Rust GRÜNE 11913 A Zywietz FDP 11914 B, 11930 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 11917 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11920 D Dr. Hoffacker CDU/CSU 11925 B Frau Walz FDP 11927 C Frau Schoppe GRÜNE 11928 D Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 11932 B Dreßler SPD 11935 B Strube CDU/CSU 11942 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 11944 B Günther CDU/CSU 11946 B Dr. Thomae FDP 11949 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 11950 C Roth (Gießen) CDU/CSU 11954 B Dr. Struck SPD 11956 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Frau Rust GRÜNE 11964 A Dr. Waigel, Bundesminister BMF 11964 C Nächste Sitzung 11970 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11971* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11971* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 11835 157. Sitzung Bonn, den 6. September 1989 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89 * Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89 * Eich GRÜNE 07. 09. 89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 ** Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89 ** Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89 ** Genscher FDP 07. 09. 89 Heimann SPD 07. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89 ** Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 ** Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kretkowski SPD 07. 09. 89 Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89 ** Lüder FDP 07. 09. 89 Magin CDU/CSU 07. 09. 89 Marschewski CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Niggemeier SPD 07. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Frau Pack CDU/CSU 06. 09. 89 Regenspurger CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Frau Schilling GRÜNE 07. 09. 89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Sielaff SPD 06.09.89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 ** Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Westphal SPD 07. 09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89 ** Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89 ** Zierer CDU/CSU 07. 09. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 30. Juni 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz über die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank (DSL Bank-Gesetz - DSLBG) Drittes Gesetz zur Änderung des Milchgesetzes Gesetz zur Einführung eines Dienstleistungsabends Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz über die achtzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und zur Änderung von Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe (KOV-Anpassungsgesetz 1989 - KOVAnpG 1989) Gesetz zur Änderung von Vorschriften der See-Unfallversicherung in der Reichsversicherungsordnung Gesetz zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1989 (Nachtragshaushaltsgesetz 1989) Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes Gesetz zur Errichtung neuer Freihäfen und zur Änderung des Zollgesetzes Sechstes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz - RettAssG) Zwölftes Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften Achtes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Aussiedler und Übersiedler Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes ... Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften Gesetz zur Aussetzung der Verlängerung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes Sechstes Gesetz zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes Gesetz zu dem Protokoll vom 14. November 1988 über den Beitritt der Portugiesischen Republik und des Königreichs Spanien zur Westeuropäischen Union Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft (LaFG) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf eine Ergänzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch mit dem Ziel hinzuwirken, daß durch Festlegung konkreter Grenzwerte für Tierbestände die Privilegierung beim Bauen im Außenbereich eingeschränkt wird. Diese Ergänzung würde das vorrangige Anliegen des Gesetzes, das Entstehen neuer Tiergroßbestände zu erschweren, wesentlich unterstützen. Der vorgeschlagene Ausschluß der übergroßen Tierbestände von der Privilegierung des Bauens im Außenbereich stellt ein hochwirksames Instrument zur Erschwerung industrieller Tiermast dar. Die hiergegen erhobenen Bedenken sind einmal deshalb unbegründet, weil die Berücksichtigung agrarpolitischer Zielvorstellungen im Bauplanungsrecht nicht als sachfremd und damit nicht als Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 GG) angesehen werden kann. Zum anderen stellt die genannte Regelung lediglich eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentumsbegriffs (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) durch den Gesetzgeber dar. Die Planungshoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 GG) wird nicht eingeschränkt. Eine Ergänzung der Baunutzungsverordnung wäre keine Ersatzlösung. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 23. Juni 1989 ihren Antrag Einstellung aller Atomwaffenversuche - Drucksache 11/2204 - zurückgezogen. 11972* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 8. August 1989 ihren Antrag Menschenrechte in Kolumbien — Drucksache 11/2404 — zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/2133 Drucksache 11/3316 Drucksache 11/4456 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/5910 Drucksache 11/583 Drucksache 11/1531 Drucksache 11/2362 Drucksache 11/3017 Drucksache 11/3644 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/2953 Ausschuß für Jugend, Famille, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/596 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/4019 Nr. 2.2, 2.3 Drucksache 11/4081 Nr. 2.4 Drucksache 11/4337 Nr. 3 Drucksache 11/4451 Nr. 2.3 Drucksache 11/4534 Nr. 2.2 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/4161 Nr. 2.11-2.17 Drucksache 11/4238 Nr. 2.4-2.8, 2.10, 2.11 Drucksache 11/4337 Nr. 8, 9, 11-21 Drucksache 11/4405 Nr. 3.5 Drucksache 11/4451 Nr. 2.7-2.14 Drucksache 11/4534 Nr. 2.8-2.16 Ausschuß für Jugend, Famille, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/4337 Nr. 22, 23 Drucksache 11/5051 Nr. 41 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/4161 Nr. 2.20 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 22. August 1989 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan nebst Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Bundesminister für Verkehr hat den Wirtschaftsplan 1989 und den Stellenplan zum Wirtschaftsplan 1989 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen genehmigt. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation hat mit Schreiben vom 9. August 1989 gemäß § 31 der Posthaushaltsordnung den Nachtrag zum Haushaltsplan der Deutschen Bundespost für das Haushaltsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Beide Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Matthias Wissmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich eint uns die gemeinsame Sorge um Natur und Landschaft. Natürlich haben wir gemeinsam ein Interesse, im eigenen Land und in Europa den Umweltschutz voranzubringen. Nur, Herr Kollege Kleinert, der Unterschied zwischen der Seminardiskussion, die SPD und GRÜNE über dieses Thema führen, und dem, was wir tun, ist: Wir handeln.

    (Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wir haben die TA Luft durchgesetzt, die die Sozialdemokraten nicht durchgesetzt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Wir haben die Großfeuerungsanlagen-Verordnung durchgesetzt, die beim Helmut Schmidt liegengeblieben ist. Wir haben den Kampf in Sachen Fluorchlorkohlenwasserstoffe mit wirksamen Ergebnissen aufgenommen und führen den Einsatz für den Katalysator fort.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: So ist es!)

    Wir unternehmen weltweit Initiativen für den Schutz der tropischen Regenwälder, und der hessische Umweltminister Weimar setzt Dinge durch, die sein Vorgänger Joschka Fischer nicht hat durchsetzen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Schily [GRÜNE]: Das ist eine doppelte Lüge! Die Zuständigkeit von Herrn Weimar hatte er nicht! Das ist unverschämt, was Sie da machen! Wer hatte den Nuklearskandal angesprochen? Das ist eine Unverschämtheit!)




    Wissmann
    Wir reden nicht, wir handeln, meine Damen und Herren.
    Ich finde, wir sind uns doch darüber im klaren: Wir können nur auf der Basis einer gesunden Wirtschaftsentwicklung handeln. Im ersten Halbjahr 1989 hat das Bruttosozialprodukt gegenüber dem Vorjahresniveau real um 4,6 % zugenommen. Seit dem Beschäftigungstief im Herbst 1983 sind rund 1,2 Millionen neuer Arbeitsplätze geschaffen worden. Die Zahl der von der Arbeitsverwaltung registrierten offenen Stellen lag Ende Juli bei rund 245 000. Eine Umfrage von Infratest sagt, daß die Zahl der offenen Stellen bei rund 900 000 liege.

    (Grünbeck [FDP]: Das ist die Wahrheit!)

    Weil Herr Roth heute morgen gesagt hat, das Wachstum erreiche gar nicht den normalen Bürger, will ich auf unbestechliche Zahlen hinweisen, die auch Ihnen zugänglich sein müßten, Herr Kollege Roth. Wir haben zwischen 1983 und 1989 bei Arbeitnehmerhaushalten mit mittlerem Einkommen Zuwächse von 13,2 %, ausweislich der Fakten und Daten des Statistischen Bundesamtes.

    (Lennartz [SPD]: In sechs Jahren!)

    Um es in DM-Beträge zu übersetzen: Der Arbeitnehmer, der damals 3000 DM Monatseinkommen hatte, hat heute 400 DM mehr, und zwar nach Abzug der Preissteigerungsraten.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: D-Mark West, meine Herren!)

    Ich nehme nun den Rentner, der von allen Bevölkerungsgruppen sicher die bescheidensten Zuwächse hatte. Der Rentner hat ausweislich der Zahlen des Statistischen Bundesamtes zwischen 1978 bis 1983 einen Einkommensverlust von 3,2 % hinnehmen müssen. In der Zeit von 1983 bis 1988 hat selbst der Rentner, der wegen der Sanierung der Rentenfinanzen, wie gesagt, nur einen bescheidenen Zuwachs hat haben können

    (Roth [SPD]: Mein Gott! Das ist kindisch!)

    einen realen Rentenzuwachs von 6,6 %. — Herr Kollege Roth, Sie können gegen die frühere Politik von Helmut Schmidt polemisieren, auch gegen die heutige Politik von Helmut Kohl, aber bitte arbeiten Sie nicht gegen die Grunddaten von Adam Riese, sondern erkennen Sie, wie die Zahlen und Fakten wirklich sind!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Und sie sind so, wie ich sie beschrieben habe.
    Meine Damen und Herren, wir haben mit unserer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik auf der einen Seite die Kritik von links, die sich mit solchen Daten und Zahlen, die für den Bürger spürbar werden, widerlegen läßt.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Die sind im Panzerschrank!)

    Natürlich gibt es auch manche Kritik aus Führungsetagen der Wirtschaft, die sagt: Das Wachstum ist gut,
    aber ihr kommt bei der Zurückdrängung des Staates, der Bürokratie, bei der Flexibilisierung nicht genügend voran.
    Hier gibt es eine Zahl, die ich einmal ins Gedächtnis rufen will. Der Staatsanteil am Bruttosozialprodukt lag bei der Übernahme der sozialdemokratischen Regierung 1969 bei 38 %. Am Ende der Amtszeit der Sozialdemokraten lag er bei 49,8 %. Ich nehme Zahlen des IFO-Instituts München. Eine Zahl, die leider in der Öffentlichkeit untergegangen ist, möchte ich hier doch einmal nennen. Das IFO-Institut geht davon aus, daß 1989 der Staatsanteil am Bruttosozialprodukt, der 1982 bei fast 50 % lag, auf 45,5 % gesunken sein wird. Das ist nicht nur eine makroökonomische Zahl, meine Damen und Herren. Wenn der Staat schlanker wird, dann hat die Regierung auch die Möglichkeit, Steuern zu senken, dann kann man die Belastung des Bürgers mit Steuern und Abgaben auf ein erträgliches Maß zurückführen.

    (Dr. Soell [SPD]: Das ist doch unredlich!)

    Deswegen ist das ein Erfolg für unsere gesamte Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik, die ich hier nennen will.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Roth [SPD])

    — Herr Kollege Roth, wenn ich schon bei Konjunkturprognosen bin, will ich nur noch ein paar aus der Vergangenheit nennen.
    1986 sagte Herr Kollege Roth hier an diesem Pult, wir hätten es mit einem Konjunkturabschwung zu tun. 1987 sagte Herr Kollege Roth wieder in einer Debatte, die Regierung betreibe nur noch Konjunkturgesundbeterei, und in derselben Zeit sagte Herr Kollege Roth
    — immer derselbe Sprecher, immer derselbe Sozialdemokrat, immer zum selben Thema Wirtschaftspolitik — es sei eine völlige „Hilflosigkeit" — ich zitiere — der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung gegeben.
    In den letzten Tagen sagt Bundesbankpräsident Pöhl zu Recht, die Wirtschaftspolitik sei angemessen. Er sagt, wir haben einen großen Boom. Herr Kollege Roth, jetzt hätte ich es anständig gefunden, Sie wären heute hier hingegangen und hätten gesagt: Wenn wir damals für die angeblich und vermutete negative Wirtschaftsentwicklung den Bundeskanzler und den Bundeswirtschaftsminister verantwortlich machten, dann habe ich heute die innere Größe, mich hinzustellen und zu sagen: Respekt, Bundesregierung, ihr seid mit euren Rahmendaten mit dabei gewesen, mit Arbeitnehmern und Unternehmern, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen und damit auch den Spielraum für Steuersenkungen zu ermöglichen. Das wäre eine noble und gute Geste gewesen, die leider ausgeblieben ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Daß wir immer noch Sorgen haben, daß nicht alles rosig ist, das wissen wir selbst. Wir wissen, daß die Arbeitslosigkeit zwar erfreulicherweise auf jetzt 1,94 Millionen trotz des erheblichen Zuwachses der



    Wissmann
    Erwerbspersonen gesunken ist. Aber wir wissen, daß es eine immer noch zu hohe Zahl von Langzeitarbeitslosen gibt, und deswegen wird die Bundesregierung 1,75 Milliarden DM u. a. für Lohnkostenzuschüsse einsetzen, um vor allem den Älteren unter den Langzeitarbeitslosen zu helfen.
    Ich sage es hier offen, meine Damen und Herren: Wir wissen, daß es neben dem Engagement für den wirklich betroffenen Arbeitslosen auch die Feststellung geben muß, daß es Mißbrauch des sozialen Netzes gibt.
    Ich will in dem Zusammenhang eine einzige Zahl nennen, meine Damen und Herren. Vor wenigen Wochen ist bei einer Stichprobenuntersuchung im Arbeitsamtsbezirk Aalen, in Baden-Württemberg festgestellt worden, daß 21 % der zu Hause aufgesuchten Arbeitslosen dauerhaft verreist waren. Das heißt: Wir müssen beides zugleich tun. Wir müssen auf der einen Seite den wirklich vom Schicksal Arbeitslosigkeit Betroffenen, vor allem älteren Arbeitslosen, wirksamer helfen — das tun wir —, und wir müssen auf der anderen Seite ehrlich genug sein festzustellen, daß es einen Mißbrauch des Zumutbarkeitsbegriffs bei der Arbeitslosigkeit gibt

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und das seit Jahren!)

    und daß wir wirksamer als bisher diesen Mißbrauch zu Lasten der Mehrheit der echt Arbeitslosen abstellen müssen, wenn wir unsere soziale Sicherung auf Dauer erhalten und für die Zukunft sichern wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Da hättet ihr klatschen sollen! — Zuruf von der SPD: Eine Stichprobe im Sommer!)

    Das größte Problem auf dem Arbeitsmarkt ist sicherlich, daß wir zuwenig ausgebildete Kräfte haben. Facharbeiter werden händeringend gesucht:

    (Zuruf von der SPD: Die müssen erst ausgebildet werden von der Industrie!)

    Elektroniker, Elektriker, Informationstechniker, Chemiefacharbeiter, Metallfacharbeiter,

    (Frau Hillerich [GRÜNE]: Wer hat es denn versäumt, die auszubilden?)

    Kräfte auf dem Bau. Demgegenüber sind 49 % der Arbeitslosen nicht qualifiziert.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Aber 50 % sind doch qualifiziert! Wo bleiben die denn?)

    Bei allem, was uns politisch trennt, müßte es doch eigentlich, Herr Kollege Wieczorek, eine gemeinsame Aufgabe von Sozialdemokraten, Christdemokraten, Freidemokraten sein, finde ich, auf die Tarifvertragsparteien dahin gehend einzuwirken, daß sie das tun, was sie bei der Vereinbarung von Tarifverträgen für die Qualifikation, für die Weiterbildung tun können. Wir wissen beispielsweise, daß im Jahre 1970 in den Betrieben 5 % aller Mitarbeiter an informationstechnischen Geräten der Elektronik, am Computer arbeiten mußten. Experten sagen, im Jahre 2000 würden wahrscheinlich zwei Drittel aller Mitarbeiter informationstechnische Mittel, Computer gebrauchen müssen und sozusagen den kleinen Computerführerschein haben
    müssen. Das heißt: Wer Arbeitslosigkeit in der Zukunft vermeiden will, wer jungen Leuten zusätzliche Möglichkeiten geben will, der muß für Weiterbildung sorgen. Deshalb verstehe ich es nicht, daß Sie beim Thema Tarifverträge immer nur die Arbeitszeitfrage in den Vordergrund rücken. Ich wünschte mir, daß wir gemeinsam im Interesse von Unternehmen, von Arbeitnehmern und von Arbeitslosen den Tarifvertragsparteien sagen: Macht so weiter, wie vor zwei Jahren Gesamtmetall und IG Metall in Stuttgart begonnen haben, die erstmals in einem großen Tarifvertrag Qualifikationsanstrengungen vereinbart haben. — In den 90er Jahren sind solche Qualifikationsvereinbarungen im Interesse der Menschen meines Erachtens wichtiger als weitere Arbeitszeitverkürzungen nach der Rasenmähermethode.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir brauchen den massiven Ausbau der Teilzeitarbeit.

    (Frau Hillerich [GRÜNE]: Vor allem die soziale Absicherung!)

    Auf diesem Gebiet sind wir in Deutschland noch rückständig. Wir brauchen auch mehr private und gemeinnützige Vermittlungsmöglichkeiten. Meines Erachtens kann das Monopol der Bundesanstalt für Arbeit auf Dauer nicht aufrechterhalten werden.

    (Beifall bei der FDP)

    Wir brauchen größere Spielräume in Tarifverträgen für geringer Qualifizierte, nach Regionen und Branchen unterschiedlich, um die Möglichkeiten zur Anpassung an veränderte Arbeitsmarktsituationen auszubauen, und — ich sagte es schon — wir brauchen große Anstrengungen für die Weiterbildung von Menschen, die in den 90er Jahren nach Beschäftigung suchen.
    Meine Damen und Herren, wir brauchen auch die Bereitschaft, bei der Anpassung unseres Steuer- und Wirtschaftssystems an die Herausforderungen des Binnenmarkts und an die umweltpolitischen Aufgaben über manches Vorurteil der Vergangenheit hinwegzuspringen. Deswegen meine ich, in den 90er Jahren müssen zwei Dinge geleistet werden, nämlich einmal eine wirksame Unternehmensteuerreform, die vor allem die steuerliche Benachteiligung des Eigenkapitals beseitigt und dafür sorgt, daß kleine und mittlere Betriebe eine bessere Eigenkapitalquote aufbauen können; denn sie schaffen ja die neuen Arbeitsplätze.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Zum anderen müssen wir unser Steuersystem an die großen Umweltaufgaben anpassen. Ziel muß es sein, die Risiken einer modernen Industriegesellschaft ökologisch wirksam und ökonomisch effizient zu beherrschen. Uns geht es darum, mit wirtschaftlichen Anreizen umweltorientierte Verhaltensänderungen von Verbrauchern und Wirtschaft zu bewirken und einen auf Vermeidung, nicht nur auf Beseitigung der Umweltbelastung ausgerichteten technischen Fortschritt verstärkt in Gang zu setzen. Ich sage ganz klar: Für uns haben dabei marktwirtschaftliche Lösungen Vorrang vor Geboten und Verboten, wie wir das ja bereits bei der TA Luft 1986 mit den Kompensationsregelun-



    Wissmann
    gen, nach denen Betriebe gemeinsam entscheiden können, ohne Bürokratie erreicht haben. Dort sind die Schadstoffausstoßzahlen geringer als anderswo. Wir haben begrenzte steuerliche Instrumente bei der umweltorientierten Gestaltung der Kfz-Steuer bereits eingesetzt.
    Aber ich sage eines, Herr Kollege Roth: Was nicht geht, ist, eine Steuerpolitik unter der Überschrift „Umweltschutz" zu entwerfen und dabei nicht zu bedenken, welche sozialen Folgen und welche Folgen für das Wirtschaftsystem dieses hat.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Unfug! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Wenn Sie die Mineralölsteuer um 50 Pfennig erhöhen wollen und sagen, den Ausgleich schaffen Sie über die Lohnsteuer, fügen aber nicht hinzu, daß die Menschen mit kleinem Einkommen kaum Lohnsteuer zahlen

    (Bohl [CDU/CSU]: Rentner!)

    und daß die Rentner durch ein solches System gar nicht entlastet werden können, dann stimmt die Rechnung am Ende nicht, und dann sollten Sie das den Mitbürgern auch offen sagen, denn nur dann wird aus dem ganzen ein Schuh.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Roth [SPD]: Ist doch nicht wahr! Ganz präzise Vorschläge! — Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Ich wünsche mir, Herr Kollege Roth, einen Wettbewerb der Ideen um dieses Thema

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Drückeberger!)

    und keine wechselseitigen Totschlagargumente. Geben Sie doch offen zu, daß dieses Argument der Finanzierbarkeit Ihres Umweltsteuerkonzeptes auch in den eigenen Reihen ernsthaft diskutiert wird. Eine Antwort in dieser Debatte von Ihnen wäre für uns alle außerordentlich nützlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Feigling! — Roth [SPD]: Der kneift!)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jens.

(Zurufe von der CDU/CSU)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Jens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Beruhigen Sie sich doch mal! So viel Anlaß zur Aufregung besteht wirklich nicht.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Bei der Wirtschaftslage haben Sie recht!)

    Daß Herr Wissmann das alles rosarot malt, ist verständlich, aber es ist nicht immer die Wahrheit. Unser Konzept — Sie sollten es vielleicht mal nachlesen, Herr Wissmann — sieht vor, daß selbst der Rentner und der Sozialhilfeempfänger einen Ausgleich bekommen.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Wie denn? — Schäfer [Offenburg] [SPD]: Nettolohnanpassung! — Lachen bei der CDU/CSU)

    — Das werden wir im Ausschuß sorgfältig diskutieren. Er bekommt einen Ausgleich, und er profitiert aus meiner Sicht sogar davon, weil er im allgemeinen nicht so viel Auto fährt wie der normale Bürger.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Für uns sind auch Rentner normale Bürger!)

    Er wird von unserem Konzept unter dem Strich profitieren, und wie, will ich Ihnen gleich gern mal privatissime erklären.

    (Bohl [CDU/CSU]: Wer muß denn nun bluten?)

    Also übertreiben Sie nicht immer, sondern versuchen Sie, die Wahrheit zu sagen! Ich sage Ihnen: Es ist manches faul im Staate der Bundesrepublik Deutschland.

    (Bohl [CDU/CSU]: Wer soll denn nun bei Ihnen bluten?)

    So etwas hat es noch nie gegeben, daß die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" im Kommentar auf der ersten Seite feststellt — der Kollege Waigel ist da, ich zitiere — : „Waigel neigt dazu, wahlpolitischen Argumenten Vorrang vor unbequemer finanzpolitischer Konsequenz zu geben" . Das ist noch sehr milde ausgedrückt. Aber Herr Stoltenberg ist in der „FAZ", Herr Kollege Waigel, immer besser weggekommen; Sie müssen sich also anstrengen.
    Ich sage auch: Sie sind ein Störenfried — das meine ich leicht positiv — , denn es gibt — ich bitte um ein bißchen Aufmerksamkeit — eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, was ich gleich versuche zu erläutern, und es gibt offenbar auch eine Störung des weltwirtschaftlichen Gleichgewichts, und darüber wurde bisher noch nicht gesprochen. Tatsache ist doch, daß wir etwa 31 bis 33 Milliarden DM öffentliche Investitionen im Bundeshaushalt 90 tätigen, über den wir heute sprechen. Tatsache ist aber auch, wenn wir die Definition des Bundesverfassungsgerichts zugrunde legen — dieses Gericht ist dazu berufen, diese Sache zu definieren — , daß wir etwa 40, vielleicht 41 Milliarden DM Neuverschuldung, zusätzliche Verschuldung in Kauf nehmen. Dieses verstößt gegen Art. 115 des Grundgesetzes, wenn es keine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gibt. Es wird sie wohl geben — Herr Waigel muß das noch einmal bekennen — , denn gegen das Grundgesetz — davon gehe ich mal aus — will er nicht verstoßen, und die Massenarbeitslosigkeit ist schon ein schwerwiegendes Problem, das uns allen noch unter den Nägeln brennt. Wer wollte das denn leugnen! Wir müssen noch mehr tun, um das Problem zu verringern.
    Es gibt zweifellos auch eine Störung des weltwirtschaftlichen Gleichgewichts. Seit 1986 haben wir jedes Jahr in der Leistungsbilanz einen Überschuß von 80 Milliarden DM; 1990 wird das auch wieder so viel werden. Das heißt im Grunde: Wir exportieren in dieser Höhe, über den Daumen gepeilt, mehr, als wir importieren. Das Geld fließt wieder ins Ausland und wird dort angelegt. Vor allem finanzieren wir in den Vereinigten Staaten die dortigen Kredite. Wir leben unter unseren Verhältnissen. Dieser ewige Leistungsbilanzüberschuß ist schon schlimm, wie ich meine. Auch darüber müssen wir nachdenken. Eigentlich



    Dr. Jens
    müßte die DM aufgewertet werden; sie wird aber in der letzten Zeit abgewertet. Manchmal habe ich das Gefühl, auch Herrn Pöhl schert das sehr wenig; er geht von Zeit zu Zeit einmal in den Keller der Bundesbank und erfreut sich da an den riesigen Goldvorräten, die dort herumliegen, die aber völlig unproduktiv sind.
    Ich gebe zu, was auch Herr Wissmann gesagt hat: Wir haben Wirtschaftswachstum. Mehr können wir gar nicht erwarten. Das ist auch im allgemeinen positiv; das will ich überhaupt nicht leugnen. Nur, wir bemühen uns ja darum, das in Zukunft etwas anders zu messen. Zur Zeit messen wir nur die Quantität des Wirtschaftswachstums. Es kommt jedoch entscheidend darauf an — das wollen wir ja nach der Anhörung im Wirtschaftsausschuß alle — , die qualitative Komponente stärker zu messen. Unter diesem Gesichtspunkt ist dieses Wirtschaftswachstum eben doch noch nicht so positiv, wie es zunächst erscheint.
    Ich sage Ihnen auch: Wir haben eine Preisentwicklung, die die Rentner zu spüren bekommen werden und die ebenfalls nicht als positiv bezeichnet werden kann. Wir sollten uns auch darum bemühen, diese Preissteigerung stärker nach unten zu drücken.
    Das sind doch alles Tatsachen, an denen Sie nicht vorbeigehen können und die über den Ablauf der Wirtschaft zur Zeit manches aussagen.
    Ich möchte jedoch noch einmal über die Ordnung unserer Wirtschaft etwas sagen. Ich glaube eigentlich — das hat der Herr Kollege Schmude gestern gesagt — , wir haben mit dieser marktwirtschaftlichen Ordnung den „Wettstreit der Systeme" gewonnen. Wir haben, um mit Erhard zu sprechen, Wohlstand für alle. Aber dieser Wohlstand wird eben nur erreicht, wenn sich auch alle, jeder einzelne, um Wohlstand bemühen.
    Aber das Soziale, das zu dieser marktwirtschaftlichen Ordnung gehört, ist aus meiner Sicht noch nicht gesichert. Denn für Erhard war ganz entscheidend, daß wir Vollbeschäftigung, zumindest hohe Beschäftigung haben. Das war für ihn ein Kriterium der Sozialen Marktwirtschaft. Insofern haben wir an diesem Ende in der letzten Zeit leider manches Negative zu verzeichnen.
    Manchmal, meine Damen und Herren, wage ich auch ein wenig zu träumen. Für mich ist es immer noch ein Traum, daß wir doch vielleicht einmal eine Wirtschaftsordnung mit Vorbildcharakter für andere Länder im Osten und im Westen schaffen könnten.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Das sind wir doch! Die anderen wollen es alle nachmachen!)

    Leider gibt es vier Kritikpunkte, die immer wieder deutlich werden, um deren Lösung wir uns bemühen müssen und die ich hier vortragen muß.
    Das ist erstens die Massenarbeitslosigkeit, von der ich schon kurz gesprochen habe. Das ist ein Schandfleck in unserer sozialen, marktwirtschaftlichen Ordnung.
    Das ist zweitens die steigende Konzentration, von der schon gesprochen wurde.
    Es ist drittens — ich komme gleich darauf, Herr Kollege Wissmann — die ungerechte Einkommens- und Vermögensverteilung; leider ist sie ungerecht.

    (Wissmann [CDU/CSU]: Sagen Sie mal was zu den Daten!)

    — Ich nenne gleich noch einmal die Daten dazu.
    Schließlich sind wir in der ökologischen Erneuerung unserer marktwirtschaftlichen Ordnung bisher leider — da hat der Kollege Kleinert recht — so gut wie kaum richtig vorangekommen.
    Die Arbeitslosenquote beträgt 7,5 %. International anerkannt ist, daß Vollbeschäftigung bei einer Arbeitslosenquote von 2 bis 3 % gegeben wäre. Wir haben also keine Vollbeschäftigung. Wir haben einen ständigen Sockel von ungefähr 2 Millionen registrierten Arbeitslosen. Im Grunde gibt es noch mehr, die Arbeitsplätze suchen, als diese 2 Millionen. Aber nur diese haben sich registrieren lassen, und werden deshalb auch nur gemessen.

    (Hinsken [CDU/CSU]: Wie viele freie Arbeitsplätze gibt es?)

    Ich gebe allerdings zu: Viele Arbeitnehmer sind für moderne Tätigkeiten nicht qualifiziert. Viele sind auch in Regionen arbeitslos, in denen es keine Angebote gibt. Wer heute über 50 Jahre alt ist und arbeitslos wird, der gehört zum uralten Eisen und hat so gut wie keine Chance mehr, auf dem Arbeitsmarkt einen Job zu finden.
    Wir Sozialdemokraten werden dieses Problem der Arbeitslosigkeit intensiver anpacken, wenn wir dazu die Gelegenheit bekommen.
    Ich will nur sagen: Bundeskanzler Kohl stellt sich hin und meint, die Ausbildungszeiten müßten verkürzt werden. Ich meine, er als Politiker müßte dagegen angehen und sagen: Umgekehrt wird ein Schuh daraus; wir müßten die Ausbildungszeiten im Hinblick auf die technische Entwicklung nicht verkürzen, sondern verlängern.