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    Plenarprotokoll 11/157 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 157. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung) : a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Penner SPD 11835 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 11841 C Frau Trenz GRÜNE 11844 C Frau Seiler-Albring FDP 11845 D Dr. Schäuble, Bundesminister BMI 11847 D Wüppesahl fraktionslos 11852 B Deres CDU/CSU 11854 A Häfner GRÜNE 11855 C Funke FDP 11857 B Engelhard, Bundesminister BMJ 11858 A Roth SPD 11859 C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 11865 A Kleinert (Marburg) GRÜNE 11868 D Wissmann CDU/CSU 11871 D Dr. Jens SPD 11874 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 11877 B Rossmanith CDU/CSU 11880 A Hinsken CDU/CSU 11882 B Schäfer (Offenburg) SPD 11883 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 11888 C Dr. Knabe GRÜNE 11890 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 11892 D, 11962 D Lennartz SPD 11895 A Dr. Laufs CDU/CSU 11897D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 11899A Vosen SPD 11904 B Schmidbauer CDU/CSU 11905 D Frau Bulmahn SPD 11908 A Austermann CDU/CSU 11910 C Frau Rust GRÜNE 11913 A Zywietz FDP 11914 B, 11930 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 11917 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11920 D Dr. Hoffacker CDU/CSU 11925 B Frau Walz FDP 11927 C Frau Schoppe GRÜNE 11928 D Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 11932 B Dreßler SPD 11935 B Strube CDU/CSU 11942 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 11944 B Günther CDU/CSU 11946 B Dr. Thomae FDP 11949 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 11950 C Roth (Gießen) CDU/CSU 11954 B Dr. Struck SPD 11956 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Frau Rust GRÜNE 11964 A Dr. Waigel, Bundesminister BMF 11964 C Nächste Sitzung 11970 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11971* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11971* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 11835 157. Sitzung Bonn, den 6. September 1989 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89 * Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89 * Eich GRÜNE 07. 09. 89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 ** Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89 ** Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89 ** Genscher FDP 07. 09. 89 Heimann SPD 07. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89 ** Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 ** Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kretkowski SPD 07. 09. 89 Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89 ** Lüder FDP 07. 09. 89 Magin CDU/CSU 07. 09. 89 Marschewski CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Niggemeier SPD 07. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Frau Pack CDU/CSU 06. 09. 89 Regenspurger CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Frau Schilling GRÜNE 07. 09. 89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Sielaff SPD 06.09.89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 ** Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Westphal SPD 07. 09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89 ** Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89 ** Zierer CDU/CSU 07. 09. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 30. Juni 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz über die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank (DSL Bank-Gesetz - DSLBG) Drittes Gesetz zur Änderung des Milchgesetzes Gesetz zur Einführung eines Dienstleistungsabends Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz über die achtzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und zur Änderung von Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe (KOV-Anpassungsgesetz 1989 - KOVAnpG 1989) Gesetz zur Änderung von Vorschriften der See-Unfallversicherung in der Reichsversicherungsordnung Gesetz zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1989 (Nachtragshaushaltsgesetz 1989) Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes Gesetz zur Errichtung neuer Freihäfen und zur Änderung des Zollgesetzes Sechstes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz - RettAssG) Zwölftes Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften Achtes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Aussiedler und Übersiedler Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes ... Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften Gesetz zur Aussetzung der Verlängerung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes Sechstes Gesetz zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes Gesetz zu dem Protokoll vom 14. November 1988 über den Beitritt der Portugiesischen Republik und des Königreichs Spanien zur Westeuropäischen Union Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft (LaFG) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf eine Ergänzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch mit dem Ziel hinzuwirken, daß durch Festlegung konkreter Grenzwerte für Tierbestände die Privilegierung beim Bauen im Außenbereich eingeschränkt wird. Diese Ergänzung würde das vorrangige Anliegen des Gesetzes, das Entstehen neuer Tiergroßbestände zu erschweren, wesentlich unterstützen. Der vorgeschlagene Ausschluß der übergroßen Tierbestände von der Privilegierung des Bauens im Außenbereich stellt ein hochwirksames Instrument zur Erschwerung industrieller Tiermast dar. Die hiergegen erhobenen Bedenken sind einmal deshalb unbegründet, weil die Berücksichtigung agrarpolitischer Zielvorstellungen im Bauplanungsrecht nicht als sachfremd und damit nicht als Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 GG) angesehen werden kann. Zum anderen stellt die genannte Regelung lediglich eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentumsbegriffs (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) durch den Gesetzgeber dar. Die Planungshoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 GG) wird nicht eingeschränkt. Eine Ergänzung der Baunutzungsverordnung wäre keine Ersatzlösung. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 23. Juni 1989 ihren Antrag Einstellung aller Atomwaffenversuche - Drucksache 11/2204 - zurückgezogen. 11972* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 8. August 1989 ihren Antrag Menschenrechte in Kolumbien — Drucksache 11/2404 — zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/2133 Drucksache 11/3316 Drucksache 11/4456 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/5910 Drucksache 11/583 Drucksache 11/1531 Drucksache 11/2362 Drucksache 11/3017 Drucksache 11/3644 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/2953 Ausschuß für Jugend, Famille, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/596 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/4019 Nr. 2.2, 2.3 Drucksache 11/4081 Nr. 2.4 Drucksache 11/4337 Nr. 3 Drucksache 11/4451 Nr. 2.3 Drucksache 11/4534 Nr. 2.2 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/4161 Nr. 2.11-2.17 Drucksache 11/4238 Nr. 2.4-2.8, 2.10, 2.11 Drucksache 11/4337 Nr. 8, 9, 11-21 Drucksache 11/4405 Nr. 3.5 Drucksache 11/4451 Nr. 2.7-2.14 Drucksache 11/4534 Nr. 2.8-2.16 Ausschuß für Jugend, Famille, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/4337 Nr. 22, 23 Drucksache 11/5051 Nr. 41 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/4161 Nr. 2.20 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 22. August 1989 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan nebst Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Bundesminister für Verkehr hat den Wirtschaftsplan 1989 und den Stellenplan zum Wirtschaftsplan 1989 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen genehmigt. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation hat mit Schreiben vom 9. August 1989 gemäß § 31 der Posthaushaltsordnung den Nachtrag zum Haushaltsplan der Deutschen Bundespost für das Haushaltsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Beide Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erika Trenz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Berlin werden zur Zeit leerstehende Wohnungen beschlagnahmt, um Übersiedler und Aussiedler unterzubringen. Es ist gut, daß sich der Senat zu dieser Maßnahme entschieden hat; sie war überfällig. Denn schließlich herrscht nicht erst seit dem vergangenen Wochenende Wohnungsnot in Berlin. In Bayern sind Zeltstädte errichtet worden. Jetzt wird an Turnhallen, Schulen und Kasernen gedacht. Was mit jeder neuerlichen Schlagzeile, jeder weiteren Nachricht aufällt: Diese Regierung agiert nicht, sie sitzt aus und reagiert nur.
    Jahrzehntelang wurden Aus- und Übersiedler in die Bundesrepublik eingeladen. Man hat sie aufgefordert zu kommen. Jetzt, wo sie kommen, fällt auf: Die Einladung steht auf brüchigem Boden. Es fehlt an Wohnraum, es fehlt an Arbeitsplätzen, und nicht zuletzt fehlt es an der Bereitschaft der einheimischen Bevölkerung, ihre Arme so weit zu öffnen, wie es Kanzler Kohl in seinen Sonntagsreden beschwört.
    Diese Regierung verwaltet das Chaos einer ungeplanten und unvorbereiteten Einwanderung.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Was sie zu bieten hat, sind Provisorien: Container statt Häuser, Zelte statt Wohnungen, warme Worte, wo eine konkrete Grundlage für die weitere Lebensplanung gefragt ist. Es findet massenweise Einwanderung statt, aber keine Einwanderungspolitik.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Das ist es!)

    Die Vergabe der Provisorien findet nach völkischen Kriterien statt. Der Haushaltsplan 1990 veranschaulicht das erneut. Wohl dem, der einen deutschen Paß sein eigen nennt oder zumindest einen deutschen Stammbaum nachweisen kann: Er findet offene Grenzen vor, hat Anspruch auf Sozialleistungen, auf demokratische, politische Teilhabe.
    Erfahrungen, wie die Angst vor Ausweisung, erzwungene Trennung von der Familie, sozialrechtliche Diskriminierungen, Arbeitsverbot, Kürzung der Sozialhilfe und politische Entrechtung, kennzeichnen dagegen die Situation derjenigen, die als Flüchtlinge aus der sogenannten Dritten Welt oder als Arbeitsimmigranten und -immigrantinnen in dieses Land gekommen sind.



    Frau Trenz
    Seit Jahren ist vom „vollem Boot" die Rede, wenn es um Flüchtlinge und Immigranten ausländischer Nationalität geht. Darauf ist die deutsche Bevölkerung von Ihnen, meine Damen und Herren, eingeschworen worden. Jetzt plötzlich suchen Sie nach Nischen und Notsitzen auf diesem Boot. Bis heute drohten hunderttausend Flüchtlinge, die im Jahr aus der „Dritten Welt" hierher kamen, die Bundesrepublik zu „überfluten", drohten, Wohnraum, Arbeitsplätze und Kultur wegzunehmen. Das war und ist die offizielle Propaganda und Gesetzgebung.
    Jetzt auf einmal soll die Bevölkerung jährlich eine halbe Million Zuwanderer offen und herzlich empfangen, weil sie deutschstämmig sind, obwohl doch auch diese Menschen mit vollem Recht Wohnraum und Arbeitsplätze beanspruchen und den Einheimischen darüber hinaus zum Teil auch kulturell durchaus fremd sind.

    (Frau Hillerich [GRÜNE]: Richtig!)

    Nicht nur, daß hier schon lange fremdenfeindliche Politik gemacht worden ist, nun werden auch noch die, die kommen, in „gute" und „schlechte" Fremde eingeteilt.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Auch wenn einige hier in diesem Hause diese Klassifizierung mit Vehemenz betreiben: Die Bevölkerung zieht da nicht mit. Wer jahrzehntelang suggeriert bekam, daß die Fremden für seine Existenzängste verantwortlich sein sollen, der kann sich in dieser Zweidrittelgesellschaft solche Unterscheidungen nicht leisten. Das führt letztendlich dazu, daß Sammellager von Flüchtlingen und die Übergangswohnheime von Aussiedlern und Aussiedlerinnen angezündet werden. Für diese Eskalation, deren Ende nicht abzusehen ist, sind nicht nur die verantwortlich, die mit offenen Ausländer-raus-Parolen auf Stimmenfang gehen. Verantwortung tragen maßgeblich diejenigen, für die Ausländerpolitik von jeher Gefahrenabwehr bedeutete und die durch ständige Verschärfung der Gesetze das Klima in diesem Lande anheizen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Auch die stereotype Behauptung, die Bundesrepublik sei kein Einwanderungsland, trägt mit dazu bei.
    Weil wir verhindern müssen, daß sich die Verhältnisse weiter zuspitzen, brauchen wir eine vorausplanende und überschaubare Einwanderungspolitik, wobei es keine Rolle spielt, aus welcher Ecke dieser Welt ein Mensch hierher kommt, sondern es einzig und allein darauf ankommt, welche Gründe Menschen veranlassen, ihre Heimat zu verlassen. Wir brauchen eine Einwanderungspolitik, die den unterschiedlichen Motiven für Flucht und Arbeitsimmigration oder einfach nur den Wunsch nach einem besseren Leben Rechnung trägt;

    (Beifall der Abg. Frau Dr. Vollmer [GRÜNE])

    die existentiell bedrohte Menschen uneingeschränkt schützt und Einwanderung sozial und politisch einplant, eine Politik also, die für alle Beteiligten, für die Einheimischen und Zuwanderer gleichermaßen, durchschaubar ist.
    Einige Stichworte, über die wir zukünftig jährlich im Bundestag diskutieren und entscheiden müßten. Wir gehen davon aus, daß das Asylrecht seine ursprüngliche Intention wiedererhalten muß und daß es erweitert werden muß und daß sogenannte De-factoFlüchtlinge ein Bleiberecht erhalten müssen. Zu dieser Debatte gehört die konsequente Bekämpfung von Fluchtursachen. Schluß mit dem Waffenhandel in Kriegs- und Krisengebieten, Wirtschaftsboykott und Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen sowie eine Entwicklungspolitik, die die autonomen Entscheidungen der betroffenen Länder zuläßt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    All das wäre ein Beitrag, das weltweite Flüchtlingselend von 15 bis 20 Millionen Menschen etwas abbauen zu helfen. Um die Zuwanderung auch sozial- und haushaltswirksam abzusichern, müssen wir in dieser Debatte zum Beispiel mit Hilfe von Menschenrechtsorganisationen ermitteln, in welchem Umfang soziale Begleitprogramme bereitzustellen sind.
    Was die Frage angeht, ob neben der Einreise von Flüchtlingen auch Einwanderung stattfinden kann, so stimme ich unserem Kanzler in der Einschätzung zu, daß die Verbesserung der Wohlfahrt und des privaten Wohlstands ein Menschenrecht ist — in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen, darüber müssen wir uns auseinandersetzen, und wir müssen auch für diese Menschen die soziale Absicherung bereitstellen. Das heißt zusammengefaßt: offene Grenzen schaffen für alle, die auf der Flucht vor existentieller Bedrohung sind, und Einwanderungsoptionen schaffen für diejenigen, die sich in der Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer materiellen Lage hier niederlassen wollen.
    Die öffentlich breit zu führende Debatte, die Planung, die soziale Absicherung von Zuwanderern, gleich welcher Nationalität, ist unverzichtbar, um Flüchtlingen und Immigranten ein menschenwürdiges Leben in der Bundesrepublik zu ermöglichen. Sie ist ein wirksameres Mittel gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus als alle hehren Appelle aus diesem Hause.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Seiler-Albring.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ursula Seiler-Albring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den Kompetenzbereich des Innenministers fallen einige Problemfelder, deren tagespolitische Aktualität kaum zu übertreffen ist, deren sozial- und gesellschaftspolitische Dimension eine Herausforderung an dieses Parlament ist und die völlig ungeeignet für parteipolitische Profilierungsübungen sind. Herr Penner, Sie haben einen Appell an uns gerichtet. Dem wollen wir gern folgen. Nur paßt in diesen Zusammenhang natürlich überhaupt nicht eine Bemerkung Ihres Fraktionsvorsitzenden, der den innenpolitischen Sprecher der Union einen miesen Karnevalisten genannt hat. Darüber kann ich mich wirklich nur wundern.

    (Fellner [CDU/CSU]: Aber beim Vogel sind wir das gewohnt! — Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Das ist er aber gern und mit Stolz!)




    Frau Seiler-Albring
    — Daß Sie nichts anders dazu zu sagen haben, Frau Vollmer, habe ich erwartet.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Fragen Sie einmal Herrn Gerster!)

    Als erstes, meine Damen und Herren, möchte ich auf den Komplex Aus- und Umsiedler zu sprechen kommen. In vielen Reden der letzten beiden Tage sind Gemeinsamkeiten angeklungen, ist viel guter Wille artikuliert worden. Diesen Worten müssen im Bundeshaushalt nachvollziehbare Taten folgen. Ich denke, wir können mit dem, was für das kommende Haushaltsjahr eingestellt worden ist, zumindest anfänglich zufrieden sein.
    Die Aufnahme von deutschen Aussiedlern und Übersiedlern aus der DDR hat seit 1987 in nicht vorhersehbarer Weise zugenommen. Im letzten Jahr sind mehr als 200 000 Aussiedler und etwa 40 000 Übersiedler in die Bundesrepublik gekommen. Nach den für dieses Jahr bisher vorliegenden Zugangszahlen erwarten wir annähernd 100 000 Übersiedler und 300 000 Menschen, die als Deutsche zu uns zurückkehren wollen. Von ihrer gerechten Eingliederung wird es abhängen, ob der soziale Frieden zu einem Zeitpunkt erhalten bleibt, in dem wir mit Problemen der Arbeitslosigkeit und mit der Anpassung unserer sozialen Sicherungssysteme an die demographischen Veränderungen zu kämpfen haben.
    Diese große Herausforderung muß deshalb durch eine überzeugende Politik beantwortet werden, mit der nicht ausschließlich auf die entstandenen Ängste und Emotionen Rücksicht genommen wird, sondern mit der vor allem die tatsächlich entstandenen politischen und sozialen Probleme beherzt und pragmatisch gelöst werden. Dabei dürfen wir diejenigen nicht vergessen, die gern da bleiben wollen, wo sie heute leben. Ziel unserer Bemühungen muß es deshalb ebenso sein, die Lebensverhältnisse in den Ausreisestaaten mit deutscher Hilfe nachhaltig zu verbessern.
    Für die Eingliederung der Aus- und Übersiedler sind im Bundeshaushalt für das kommende Jahr insgesamt 1,2 Milliarden DM veranschlagt. Angesichts der aktuellen Entwicklung dürfte der Gesamtansatz trotz überproportionaler Steigerung nicht ausreichen. Die vorläufige Unterbringung der Aus- und Übersiedler in den Ländern bringt — das wissen wir — im Hinblick auf die stetig steigenden Zahlen ganz erhebliche Probleme mit sich. Die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag wollen die Länder bei ihrer Aufgabe auf diesem Gebiet nicht allein lassen.
    1988 wurde den Gemeinden ermöglicht, das Programm der Kreditanstalt für Wiederaufbau für ihre Übergangswohnheime nutzbar zu machen. In diesem Jahr ist das Programm noch einmal wesentlich verbessert worden; es stehen nunmehr Mittel bis zu einer Milliarde DM zur Verfügung. Zudem sind die Zinsen weiter gesenkt worden. Die Bundesregierung stellt ferner für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und im Rahmen eines Aussiedlerwohnungsbauprogramms den Ländern in den Jahren 1989 bis 1991 Zuschüsse von über 4 Milliarden DM bereit. Zur Stärkung des privatwirtschaftlichen Mietwohnungsbaus ist zudem die steuerliche Abschreibung rückwirkend ab dem 1. März dieses Jahres verbessert worden. Damit wird sichergestellt, daß in kurzer Zeit tatsächlich zusätzlicher Wohnraum für die gesamte Bevölkerung geschaffen wird.
    Der enorme Zustrom an Aus- und Übersiedlern hat hier bei uns in der Bundesrepublik eine neue emotionale Diskussion über die Zahl der in der Bundesrepublik lebenden Ausländer ebenso wie über das Asylrecht ausgelöst. Sie erschwert die Aufnahme der Aussiedler, sie gefährdet die Erfüllung unserer verfassungsmäßigen und völkerrechtlichen humanitären Verpflichtung gegenüber politisch Verfolgten, und sie gefährdet die bisher im wesentlichen erfolgreiche Integration unserer ausländischen Mitbürger. Es ist deshalb dringend erforderlich, daß wir noch in dieser Legislaturperiode zu einer umfassenden gesetzlichen Regelung des Ausländerrechts kommen, wie es der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung im April 1989 angekündigt hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Das machen wir auch!)

    Wir gehen davon aus, daß die Bundesregierung auf der Grundlage der von den Innenpolitikern der Koalition vorgelegten Eckwerte — ich kann mich, glaube ich, auch im Namen meiner Fraktion freuen, daß wir hier so positiv aufeinander zugegangen sind — noch im Herbst einen Gesetzentwurf vorlegen wird. Kernelemente sind die Erleichterung der Einbürgerung, die Wiederkehroption, der Ehegattennachzug, die Familienzusammenführung, die Verfestigung des Aufenthaltsrechtes und eine klare Definition der Ausweisungstatbestände.

    (Dr. de With [SPD]: Sehr spät!)

    Die FDP hält an dem Ziel fest, ausländischen Arbeitnehmern und ihren Familienangehörigen die Integration in unsere Gesellschaft anzubieten und zu ermöglichen. Die in der Koalition ausgehandelten Eckwerte stellen einen vertretbaren Kompromiß auf diesem Wege dar.
    Herr Penner hat in seiner Rede das kommunale Wahlrecht angesprochen. Nun höre ich aus Nordrhein-Westfalen, daß der Sozialdemokrat Farthmann den Sozialdemokraten Schnoor zurückgepfiffen hat. Ich frage mich, ob dies vielleicht mit einem kommenden Wahltermin in diesem Bundesland zu tun haben könnte.
    Ein anderes Kapitel, meine Damen und Herren, das nach Einschätzung vieler Fachleute in seinen negativen gesellschafts- und sozialpolitischen Dimensionen hier in Europa noch nicht annähernd erfaßt worden ist, ist das Problem der Rauschgiftkriminalität. Die Berichte in den Medien, nicht zuletzt gestern abend in einer Magazinsendung, über die Vorgänge in Kolumbien werfen ein Schlaglicht auf die auf Grund der Sättigung des nordamerikanischen Marktes auf uns in Europa zukommende Bedrohung. Ich begrüße deshalb nachdrücklich die im Bereich des Bundeskriminalamts eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität sowohl hinsichtlich der Personalverstärkung als auch hinsichtlich der Sach-



    Frau Seiler-Albring
    mittelausstattung. Ich hoffe, daß das den Berichterstattern im Bundeskriminalamt vorgelegte Konzept, auf das hier im einzelnen nicht eingegangen werden kann, greift und diesem Bereich der organisierten Kriminalität nachdrücklich zu Leibe rückt.
    Das Stichwort „Rauschgiftverbindungsbeamter" ist genannt worden. Herr Penner, es gibt keinen Zweifel daran, daß es nicht ganz einfach war, diese Beamten in den Botschaften zu integrieren. Da gab es im nachgeordneten Bereich des öfteren gewisse Probleme. Aber der Einsatz dieser Beamten muß natürlich — ich denke, da sind wir uns einig — ausgesprochen sorgfältig geplant werden, denn — ich glaube, so kann man es tatsächlich sagen — wir schicken sie ja in einen Krieg, in eine Auseinandersetzung um Tod und Leben, wie wir es in Kolumbien sehen. Deshalb müssen wir diesen Einsatz ausgesprochen verantwortungsbewußt planen.

    (Dr. Penner [SPD]: Das dauert schon lange!)

    Ich schließe mich der Hoffnung von Johannes Gerster an, daß es uns gelingen wird, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der die Beschlagnahme von durch den Drogenhandel angehäuften Riesenvermögen ermöglicht.
    Ich denke, die Wurzel des Übels in den Anbauländern ausreißen zu wollen, ist so lange eine Illusion, wie in den Abnehmerländern, in Nordamerika und zunehmend hier in Europa, die Auseinandersetzung mit dem Problem Droge nicht eine andere Qualität bekommt. Das betrifft sowohl die Fragen nach dem Grund und nach dem Warum des individuellen Drogenkonsums als auch die für mich als Mutter von zwei heranwachsenden Kindern beklemmende Diskussion um die staatliche Freigabe des Drogenkonsums. Ich bezweifle selbst angesichts vieler zunächst vordergründig einleuchtender Begründungen, z. B. die Reduzierung der Beschaffungskriminalität, die Austrocknung der materiellen Anreize etc., daß es ein verantwortbares Konzept für die Freigabe von Kokain, Heroin, Designer-Drogen usw. geben kann.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Präsident der Vereinigten Staaten hat gestern abend ein Antidrogen-Programm im Volumen von 7,8 Milliarden Dollar angekündigt. Auch wir Europäer, und zwar alle Europäer, müssen dringend Instrumentarien entwickeln, um diese soziale und gesellschaftspolitische Herausforderung zu bewältigen.
    Meine Damen und Herren, die Dienstrechtspolitik hat für die FDP nach wie vor einen hohen Stellenwert. Wir brauchen einen loyalen, funktionierenden und effizienten öffentlichen Dienst. Das Berufsbeamtentum ist für diesen Staat und diese Gesellschaft als eine der Säulen des öffentlichen Dienstes nach wie vor unverzichtbar.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die anstehende Regelung der Beamtenversorgung ist in meiner Fraktion ausgiebig und durchaus kontrovers diskutiert worden. Wir stehen zu dem gefundenen Kompromiß, können uns aber im Verlauf der parlamentarischen Beratungen Nachbesserungen vor allen Dingen für den Kreis der berufstätigen Frauen vorstellen.
    Für die verbleibende Legislaturperiode gibt es weitere Arbeit. Die allgemeine Situation sowie die Arbeitsbedingungen der Polizei in Bund und Ländern müssen seit langem dringend verbessert werden. Belastungen und dienstliche Anforderungen sind sowohl bei der Schutz- als auch bei der Kriminalpolizei in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Dies belegen Stichworte wie Hamburger Hafenstraße, Kreuzberg, Wakkersdorf, Drogenkonsum und organisierte Kriminalität. Der Bund, vor allem aber die Länder müssen dieser Entwicklung Rechnung tragen und ihrer Verantwortung für die Polizei gerecht werden.
    Wir fordern daher, die Polizei stärker aufgabengerecht anzupassen, den Überstundenberg abzubauen und neuen Erscheinungsformen der grenzüberschreitenden Kriminalität durch spezialisierte polizeiliche Sondereinheiten zu begegnen. Wir sind auch bereit, über materiellen Ausgleich bei besonderen Belastungen zu sprechen.
    Als Haushaltspolitikerin kann ich aber nur davor warnen, in dieser Bereitschaft ein Signal für einen allgemeinen Wettlauf nach weiteren Zulagen für andere Bereiche zu sehen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, zum Schluß ein kurzer Schwenk zum BGS. Das durch viele Haushaltsdebatten wie ein fliegender Holländer gegeisterte nordseetüchtige Umweltschutzboot für den Bundesgrenzschutz, das den Schutz auf See verstärken und schlagkräftig machen sollte, hatte im Frühjahr dieses Jahres Gestalt angenommen. Es ist getauft und fährt seine ersten Einsätze mit Erfolg. Es wird niemanden überraschen — ich hoffe auf ein offenes Ohr des Bundesfinanzministers — , wenn wir uns mit Nachdruck für die Beschaffung eines weiteren Bootes einsetzen — ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, Herr Bundesfinanzminister —, damit dann rund um die Uhr das ganze Jahr hindurch eine möglichst optimale Überwachung der Nordsee gewährleistet wird.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)