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ID1115700000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/157 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 157. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Inhalt: Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung) : a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Penner SPD 11835 B Gerster (Mainz) CDU/CSU 11841 C Frau Trenz GRÜNE 11844 C Frau Seiler-Albring FDP 11845 D Dr. Schäuble, Bundesminister BMI 11847 D Wüppesahl fraktionslos 11852 B Deres CDU/CSU 11854 A Häfner GRÜNE 11855 C Funke FDP 11857 B Engelhard, Bundesminister BMJ 11858 A Roth SPD 11859 C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 11865 A Kleinert (Marburg) GRÜNE 11868 D Wissmann CDU/CSU 11871 D Dr. Jens SPD 11874 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 11877 B Rossmanith CDU/CSU 11880 A Hinsken CDU/CSU 11882 B Schäfer (Offenburg) SPD 11883 D Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 11888 C Dr. Knabe GRÜNE 11890 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 11892 D, 11962 D Lennartz SPD 11895 A Dr. Laufs CDU/CSU 11897D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU 11899A Vosen SPD 11904 B Schmidbauer CDU/CSU 11905 D Frau Bulmahn SPD 11908 A Austermann CDU/CSU 11910 C Frau Rust GRÜNE 11913 A Zywietz FDP 11914 B, 11930 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 11917 B Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11920 D Dr. Hoffacker CDU/CSU 11925 B Frau Walz FDP 11927 C Frau Schoppe GRÜNE 11928 D Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 11932 B Dreßler SPD 11935 B Strube CDU/CSU 11942 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 11944 B Günther CDU/CSU 11946 B Dr. Thomae FDP 11949 A Dr. Blüm, Bundesminister BMA 11950 C Roth (Gießen) CDU/CSU 11954 B Dr. Struck SPD 11956 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Frau Rust GRÜNE 11964 A Dr. Waigel, Bundesminister BMF 11964 C Nächste Sitzung 11970 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11971* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 11971* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 11835 157. Sitzung Bonn, den 6. September 1989 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89 * Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89 * Eich GRÜNE 07. 09. 89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 ** Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89 ** Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89 ** Genscher FDP 07. 09. 89 Heimann SPD 07. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89 ** Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 ** Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kretkowski SPD 07. 09. 89 Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89 ** Lüder FDP 07. 09. 89 Magin CDU/CSU 07. 09. 89 Marschewski CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Niggemeier SPD 07. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Frau Pack CDU/CSU 06. 09. 89 Regenspurger CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Frau Schilling GRÜNE 07. 09. 89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Sielaff SPD 06.09.89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 ** Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Westphal SPD 07. 09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89 ** Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89 ** Zierer CDU/CSU 07. 09. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 30. Juni 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Gesetz über die Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank (DSL Bank-Gesetz - DSLBG) Drittes Gesetz zur Änderung des Milchgesetzes Gesetz zur Einführung eines Dienstleistungsabends Anlagen zum Stenographischen Bericht Gesetz über die achtzehnte Anpassung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und zur Änderung von Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe (KOV-Anpassungsgesetz 1989 - KOVAnpG 1989) Gesetz zur Änderung von Vorschriften der See-Unfallversicherung in der Reichsversicherungsordnung Gesetz zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1989 (Nachtragshaushaltsgesetz 1989) Gesetz zur Änderung des Börsengesetzes Gesetz zur Errichtung neuer Freihäfen und zur Änderung des Zollgesetzes Sechstes Gesetz zur Änderung des Weingesetzes Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz - RettAssG) Zwölftes Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes Gesetz zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes und anderer Vorschriften Achtes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Aussiedler und Übersiedler Gesetz zur Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes ... Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften Gesetz zur Aussetzung der Verlängerung des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes Sechstes Gesetz zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes Gesetz zu dem Protokoll vom 14. November 1988 über den Beitritt der Portugiesischen Republik und des Königreichs Spanien zur Westeuropäischen Union Gesetz zur Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft (LaFG) Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auf eine Ergänzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Baugesetzbuch mit dem Ziel hinzuwirken, daß durch Festlegung konkreter Grenzwerte für Tierbestände die Privilegierung beim Bauen im Außenbereich eingeschränkt wird. Diese Ergänzung würde das vorrangige Anliegen des Gesetzes, das Entstehen neuer Tiergroßbestände zu erschweren, wesentlich unterstützen. Der vorgeschlagene Ausschluß der übergroßen Tierbestände von der Privilegierung des Bauens im Außenbereich stellt ein hochwirksames Instrument zur Erschwerung industrieller Tiermast dar. Die hiergegen erhobenen Bedenken sind einmal deshalb unbegründet, weil die Berücksichtigung agrarpolitischer Zielvorstellungen im Bauplanungsrecht nicht als sachfremd und damit nicht als Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 3 GG) angesehen werden kann. Zum anderen stellt die genannte Regelung lediglich eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentumsbegriffs (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) durch den Gesetzgeber dar. Die Planungshoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 GG) wird nicht eingeschränkt. Eine Ergänzung der Baunutzungsverordnung wäre keine Ersatzlösung. Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 23. Juni 1989 ihren Antrag Einstellung aller Atomwaffenversuche - Drucksache 11/2204 - zurückgezogen. 11972* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. September 1989 Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 8. August 1989 ihren Antrag Menschenrechte in Kolumbien — Drucksache 11/2404 — zurückgezogen. Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/2133 Drucksache 11/3316 Drucksache 11/4456 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/5910 Drucksache 11/583 Drucksache 11/1531 Drucksache 11/2362 Drucksache 11/3017 Drucksache 11/3644 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/2953 Ausschuß für Jugend, Famille, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/596 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/4019 Nr. 2.2, 2.3 Drucksache 11/4081 Nr. 2.4 Drucksache 11/4337 Nr. 3 Drucksache 11/4451 Nr. 2.3 Drucksache 11/4534 Nr. 2.2 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/4161 Nr. 2.11-2.17 Drucksache 11/4238 Nr. 2.4-2.8, 2.10, 2.11 Drucksache 11/4337 Nr. 8, 9, 11-21 Drucksache 11/4405 Nr. 3.5 Drucksache 11/4451 Nr. 2.7-2.14 Drucksache 11/4534 Nr. 2.8-2.16 Ausschuß für Jugend, Famille, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/4337 Nr. 22, 23 Drucksache 11/5051 Nr. 41 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/4161 Nr. 2.20 Der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hat mit Schreiben vom 22. August 1989 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan nebst Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Bundesminister für Verkehr hat den Wirtschaftsplan 1989 und den Stellenplan zum Wirtschaftsplan 1989 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen genehmigt. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation hat mit Schreiben vom 9. August 1989 gemäß § 31 der Posthaushaltsordnung den Nachtrag zum Haushaltsplan der Deutschen Bundespost für das Haushaltsjahr 1989 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Beide Unterlagen liegen im Parlamentsarchiv zur Einsichtnahme aus.
Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, wir setzen die Aussprache fort:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990)

— Drucksache 11/5000 —
b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993
— Drucksache 11/5001 —
Die Beratungen sollen heute etwa gegen 22 Uhr beendet werden. Eine Mittagspause ist von 13 bis 14 Uhr vorgesehen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Penner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Willfried Penner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! In der Innenpolitik ist vieles liegengeblieben, was dringend gelöst werden sollte.

    (Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Zu SPD-Zeiten!?)

    Besonders die Bundesregierung muß sich endlich auf den Weg machen, well. die Schwierigkeiten sonst nicht mehr zu meistern sind. Das gilt in besonderer Weise für die Angelegenheiten der Asylbewerber, Aussiedler und Ausländer generell.
    Mit Respekt und Aufmerksamkeit haben wir registriert, daß sich Herr Dr. Schäuble bei seiner Landespartei, der baden-württembergischen CDU nämlich, für eine Lockerung des Arbeitsverbots für Asylbewerber eingesetzt hat. Gewiß, die Mehrheit seiner Partei ist ihm dabei nicht gefolgt. Er ist damit unterlegen, wie jedermann weiß. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, das vernünftige Ziel weiterzuverfolgen, mögen die für Asylbewerber avisierten Arbeitsmöglichkeiten in der Landwirtschaft und in der Gastronomie auch nur ein zaghafter Beginn der Abkehr von einer totalen Blockadepolitik sein.
    Auch sind die Hinweise des seinerzeitigen Bundesministers Schäuble im Kanzleramt noch in genauer
    Erinnerung, der einer vorausschauenden Einwanderungspolitik für die 90er Jahre das Wort redete, weil die Bundesrepublik dann unbestreitbar auf Facharbeiter aus dem Ausland angewiesen sei. Äußerungen, die er nach erbittertem Widerstand aus den eigenen Reihen zwar nicht mehr weiterverfolgt hat. Aber die Tatsache bleibt, daß er dieses Problem erkannt und — was noch wichtiger ist — auch angesprochen hat.
    Wir sehen also mit diesem Bundesinnenminister — anders als mit seinem Amtsvorgänger — durchaus die Möglichkeit, auch in einer so steinigen Frage, wie es die Fremdenpolitik ist, weiterzukommen.

    (Austermann [CDU/CSU]: Das ist ja schon einmal etwas!)

    Wir werben um Öffnung und Unterstützung dieser Politik auch durch die CDU/CSU; denn eine bessere Ausländerpolitik als bisher ist bitter nötig.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Wir haben zu akzeptieren, daß wir bereits jetzt durch die EG jedenfalls teilweise auch Einwandererland geworden sind. Freizügigkeit innerhalb Europas ist das Stichwort. Gewiß, die Freizügigkeit ist auf die EG-Europäer beschränkt. Aber wenn nicht alle Anzeichen trügen, stehen die Signale eher auf Ausdehnung als auf Verkleinerung der EG, und das nicht nur wegen des jetzt auch formell besiegelten Aufnahmebegehrens der Republik Österreich. Im östlichen Teil Europas ist so vieles gerade in jüngster Zeit in Bewegung geraten, was vor kurzem noch als Hirngespinst abgetan worden wäre. Wo steht denn geschrieben, daß Europa an den Demarkationslinien der Militärblöcke enden muß?
    Und was ist mit den Türken? Eben weil so viele bei uns sind — übrigens eingeladen bei uns sind — , zum Teil in der zweiten und dritten Generation bei uns ansässig, haben sie ebenso wie andere einen Anspruch darauf, nicht mehr mit der Elle des alten Polizeiausländerrechts gemessen zu werden, das den Behörden sehr viel Ermessen gegenüber Ausländern einräumt und um so mehr Verbote und Gebote vorsieht, aber wenig gesicherte Rechte zugunsten von Fremden kennt.
    Das muß anders werden, auch weil wir alle Integration für diejenigen wollen, ja im eigenen Interesse



    Dr. Penner
    darauf angewiesen sind, die nach längerem berechtigten Aufenthalt bei uns bleiben wollen. Wenn das so ist, dann schließt das das Schielen nach Assimilation aus.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das ist eine schlimme Unterstellung, was Sie hier machen!)

    Damit bin ich bei einer wichtigen Markierung. So sehr wir für die Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit eintreten, so wenig sind wir dafür zu haben, daß solche Öffnungen andererseits als Sperren gegen eine aufgeschlossene Ausländerpolitik benutzt werden.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Dieser Gegensatz ist künstlich!)

    Es ist doch einfühlbar, daß ein Ausländer zwar in einem fremden Land dauerhaft bleiben will, aber sich damit nicht zugleich aus seiner eingebrachten Staatsbürgerschaft lösen möchte.
    Da die ausländischen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Steuern zahlen wie andere auch, Sozialabgaben an die Renten- und die Arbeitslosenversicherung entrichten wie andere auch, wird man ihnen schwerlich ein besseres Ausländerrecht mit dem Hinweis verwehren können, daß sie ja die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben und damit aus eigener Kraft ihre Probleme lösen könnten. Aus unserer Sicht muß beides unabhängig voneinander möglich sein: Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit für solche, die dies wollen, wie auch ein zuverlässigeres, sichereres Ausländerrecht für diejenigen, die sich schon lange bei uns aufhalten, sich aber nicht von ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit lösen wollen.

    (Beifall bei der SPD)

    Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, unsere Vorschläge sind eindeutig, klar und unmißverständlich,

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Unsere auch!)

    vielleicht nicht überall beliebt, aber ich nenne sie hier:
    Erstens. Bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis muß künftig nach dem Aufenthaltszweck differenziert werden.
    Zweitens. Eine Verfestigung des Aufenthaltsstatus soll stufenweise geschehen und nach achtjährigem Aufenthalt in ein Niederlassungsrecht münden, das eine grundsätzliche Gleichstellung in Rechten und Pflichten mit Deutschen bewirkt.
    Drittens. Ehegatten erhalten ein eigenes Aufenthaltsrecht.
    Viertens. Der Nachzug von Kindern von Ausländern soll bis zum 18. Lebensjahr möglich werden.
    Fünftens. Kindern von Ausländern soll eine Rückkehrmöglichkeit eingeräumt werden.
    Sechstens. Ausländer, die länger als zehn Jahre in der Bundesrepublik gelebt haben, sollen unter bestimmten Voraussetzungen in die Bundesrepublik zurückkehren dürfen.
    Siebtens. Die Tatbestände, die zur Ausweisung von Ausländern führen können, sollen begrenzt und klarer geregelt werden.

    (Rossmanith [CDU/CSU]: Wie in Berlin!)

    Schließlich soll die Einbürgerung erleichtert werden; notfalls soll dies auch möglich sein, wenn es dadurch zu einer Doppelstaatsangehörigkeit kommt.
    Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten werden uns noch mehr als bisher davon leiten lassen, daß die Betroffenen, nämlich die Ausländer, aus der Objektrolle herauskommen und verbesserte Möglichkeiten der Integration erhalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Nach unserer Einschätzung zählt dazu auch politische Teilhabe. In den Betrieben, in den Gewerkschaften wird es seit langem und mit Erfolg praktiziert: Da gibt es keine Schwierigkeiten, wenn ausländische Arbeitnehmer in Betriebs- und Personalräten wie bei den Vertrauensleuten der Gewerkschaften auch die Interessen ihrer deutschen Kollegen vertreten und umgekehrt. Anders wird es auch bei der politischen Vertretung nicht sein.
    Ist es in einer Zeit des Aneinanderrückens und Aufeinanderzugehens von Staaten und Völkern wirklich richtig, die trennenden Parameter der allgemeinen Staatslehre des 19. Jahrhunderts und aus noch früheren Zeiten zu bemühen, um über die Staatsangehörigkeitsfrage das Wahlrecht für Nichtdeutsche auszuhebeln? Ist es nicht zweckmäßiger, entspricht es nicht unserem ureigensten Interesse mehr, gerade im Umgang mit hier lebenden Ausländern die Zäune so niedrig wie möglich zu halten und auch über politische Mitwirkungsmöglichkeiten für Fremde Chancen zu eröffnen, damit Reibungsflächen zwischen ihnen und den Einheimischen abgebaut werden?

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    War es danach von der CDU/CSU wirklich weise, das Bundesverfassungsgericht gegen das Ausländerwahlrecht anzurufen und dieses damit zum Schiedsrichter in einer rein politischen Angelegenheit zu machen?

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Wie das Verfassungsgericht auch entscheiden mag,

    (Bohl [CDU/CSU]: Warten Sie einmal das Urteil ab!)

    die Politik ist damit die Verantwortung für Ausländer, auch soweit es um deren politische Mitwirkungsmöglichkeiten geht, nicht los.