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ID1115620400

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    Plenarprotokoll 11/156 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 156. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11715A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1990 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Vogel SPD 11715B Rühe CDU/CSU 11723 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11733 C Mischnick FDP 11736 C Dr. Kohl, Bundeskanzler 11739C Dr. Schmude SPD 11750A Lintner CDU/CSU 11754 B Frau Frieß GRÜNE 11756 C Hoppe FDP 11758C Büchler (Hof) SPD 11760B Dr. Knabe GRÜNE 11762 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 11763 C Kühbacher SPD 11765C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . . 11769A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 11772 B Dr. Rose CDU/CSU 11773 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 11776D Dr. Hauchler SPD 11778C Wilz CDU/CSU 11781C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11783 B Frau Seiler-Albring FDP 11784 C Müntefering SPD 11786 D Pesch CDU/CSU 11788D Frau Teubner GRÜNE 11791C Dr. Hitschler FDP 11792 D Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau . 11794B Conradi SPD 11797D Frau Odendahl SPD 11799C Frau Männle CDU/CSU 11803 A Wetzel GRÜNE 11804 D Neuhausen FDP 11806A Daweke CDU/CSU 11806D Möllemann, Bundesminister BMBW . . . 11807D Oostergetelo SPD 11810B Eigen CDU/CSU 11814 D Frau Flinner GRÜNE 11817 C Bredehorn FDP 11819 A Daubertshäuser SPD 11821 C Fischer (Hamburg) CDU/CSU 11824 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Frau Rock GRÜNE 11826 D Zywietz FDP 11828B Haar SPD 11831A Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Abgeordneten Susset, Michels, Eigen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Heinrich, Bredehorn und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) (Drucksache 11/5124) 11821B Nächste Sitzung 11832D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .11833* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 11715 156. Sitzung Bonn, den 5. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89* Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89* Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 05. 09. 89 Eich GRÜNE 07.09.89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 * * * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89* * * Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89* * * Genscher FDP 07.09.89 Haack (Extertal) SPD 05. 09. 89 Heimann SPD 05.09.89 Frau Hensel GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89* * * Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 05. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 05. 09. 89 * * Jaunich SPD 05.09.89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 * * * Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05.09.89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89* * * Lüder FDP 07.09.89 Magin CDU/CSU 07.09.89 Meyer SPD 05.09.89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Poß SPD 05.09.89 Regenspurger CDU/CSU 07.09.89 Frau Saibold GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 * * * Stratmann GRÜNE 05.09.89 Such GRÜNE 05.09.89 Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Westphal SPD 07.09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89* * * Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89* * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung * * * für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Werner Zywietz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Erstens sind die Leitlinien nicht so schlecht. Von der FDP, vom Kollegen Kohn, sind auch zehn Grundsätze entwickelt worden. Und Leitlinien sind noch lange keine Befehlsanweisung. Das Management, das Sie maßgeblich mit ausgesucht haben, hatte alle Freiheitsgrade, das vorzuschlagen, was für die Bahn richtig gewesen wäre. Sie hätten es dabei als Vorsitzender der Eisenbahnergewerkschaft mit Ihrem Einfluß unterstützen können. Dann wäre vieles in Ordnung, und Sie brauchten es hier nicht zu beklagen.
    Aus Haushaltssicht — wir warten da einmal auf die Anträge — haben wir jedenfalls vorgesehen, daß der halbe Verkehrsetat für die Bundesbahn und deren Zielsetzung zur Verfügung gestellt werden kann. Ich kann also zum Zeitpunkt des Einstiegs in die Haushaltsberatungen, die jetzt im Ausschuß vollzogen werden, überhaupt nicht sehen, wo da Nachlässigkeiten liegen sollten. Ich bin offen dafür, unsere Fraktion ist offen dafür, daß wir im Rahmen der weiteren Beratungen in einen vernünftigen Dialog eintreten. Wir sollten das nicht durch unsinnige Polemik vom Start weg verschütten.
    Auch bezüglich dessen, was das Auto anbelangt und den Straßenverkehr, war — zwar nur in Schattierungen — von dieser Seite des Hauses eine Antistellung herauszuhören, als könnte es in diesem Bereich ein Entweder-oder geben. Energiesparen ist auch eine Umweltschutzpolitik, aber Straßen zu bauen, die sicher sind und die einen fließenden Verkehr gewährleisten, und Ortsumgehungen,

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Was denn noch mehr?)

    die die Verkehrsgefahr reduzieren, sind doch alles vernünftige Maßnahmen, die den Menschen adäquat sind, die für Sicherheit sorgen und die auch umweltschonend sind.
    Wenn wir hier in angemessener Manier eine Aufstockung vorgenommen haben — der ganze Etat bleibt ja hinter dem Wachstum des Bruttosozialprodukts zurück; es beläuft sich auf 1,9 % —, dann ist das eine Politik,

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Damit die Leute noch schneller rasen können!)

    die durchaus bedarfsgerecht und vernünftig ist. Ich kann gar nicht erkennen, worüber Sie sich dabei aufregen. Wir von der FDP sind der Meinung, daß das eine durchaus vernünftige Politik ist. Hier werden nicht auf Teufel komm raus Strecken dazu gebaut — weder Bundesstraßen noch Bundesautobahnen —, sondern mehr und mehr Geld wird für die Erhaltung, für die Begradigung, für einen vernünftigen Lärmschutz — alles vernünftige Zielsetzung — ausgegeben. Das ist prima so, und das wissen die Bürger auch zu schätzen. Ich bekomme aus meinem Wahlkreis jedenfalls eine Menge Zuschriften, daß es genau an diesen Dingen mangelt. Mit den zur Verfügung gestellten Mitteln wollen wir da im Rahmen der Möglichkeiten Abhilfe schaffen.
    Wenn Sie immer sagen, die Bundesbahn muß gefördert werden und der Öffentliche Personennahverkehr muß gefördert werden, dann müssen Sie doch sagen, Sie wollen höhere Subventionen für die Städter und für die Bewohner in den Ballungsgebieten, aber die in der Fläche wollen Sie allein lassen. Das ist nämlich die Wahrheit, die dahinter steht.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Haar [SPD]: Das ist ja unerhört!)

    Man könnte daraus schlußfolgern, daß Sie das hier auch unter einer politischen Optik sehen: Die einen sind Ihnen vermutlich die besseren Kunden und vermutlich auch Wähler, und für die anderen haben Sie nichts übrig. Da sind wir anderer Meinung. Auch die Menschen in der Fläche haben einen Anspruch auf eine vernünftige Verkehrsbedienung.

    (Haar [SPD]: Das ist blanke Demagogie! — Weiterer Zuruf von der SPD: Das ist Unwissenheit!)

    Und die geht nur über einen vernünftigen Straßenausbau.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Zywietz
    — Das ist nicht Unwissenheit, sondern das ist genau der Punkt. Und Sie würden nicht so heftig reagieren, wenn Sie sich nicht auf dem verkehrten Fuß ertappt fühlten.

    (Frau Faße [SPD]: Unmöglich! Keine Ahnung!)

    — Ja, aber Sie haben davon reichlich, wie ich gehört habe.
    Insofern ist das, was wir mit diesem Haushalt vorgelegt haben und an Mitteln bereitstellen wollen, sachdienlich und adäquat.
    Jetzt möchte ich noch ein Wort zum Luftverkehr und zur Flugsicherheit sagen. Bei der vergangenen Debatte habe ich festgestellt, daß wir hier zwischen den Fraktionen weitestgehend einen Konsens haben, das jetzige System der Flugsicherheit abzulösen. Das scheint mir auch dringend nötig zu sein, denn dieses System wird den Anforderungen nicht voll gerecht. Nur, Herr Minister, wenn Sie auch noch relativ neu im Amt sind, meine ich doch, daß die Sache nun langsam lösungsreif sein müßte, nachdem sich andere im Fachausschuß — nicht ich — damit beschäftigt haben und wir uns auch vor einem Jahr im Haushaltsausschuß damit beschäftigt haben. Wenn man einmal die ganze Vita zurückblättert und sieht, wer sich alles schon von Herrn Schlieker in grauer Vorzeit an mit dieser Thematik beschäftigt hat, und wer dann weiß, daß immer noch Papier gewälzt wird und man in der Sache zu wenig schnell vorankommt, kommt man zu dem Ergebnis, daß hier die Lösung drückt. Ich meine, sie ist auch machbar. Sie muß so angesetzt werden, daß der Staat, der nach unserer Auffassung selbstverständlich für die Sicherheit im Luftverkehr zu sorgen hat, diese Aufgabe nicht unbedingt in der jetzigen Form selbst managen muß. Vielmehr kann dies erstens auch in einer anderen Organisationsform gemacht werden, und zweitens müssen die Benutzer des Luftraums eine volle Finanzierung erbringen. Wir brauchen hier nicht zu subventionieren. Die Branchen, die sich im Luftverkehr betätigen, sind keine Armutsbranchen, sind keine Pleitebranchen; nach meinem Kenntnisstand machen die fast alle zweistellige Umsatz- und Gewinnsteigerungsraten. Von diesem Geld muß auch die Sicherheit im Luftraum sichergestellt werden. Und wenn das geschieht, werden wir auch das richtige Personal in ausreichender Zahl, mit richtiger Ausbildung, mit der richtigen Besoldung und damit auch mit einem Stück besserer Motivation haben. Wenn das so umgestellt wird, dann werden wir keinen zweiten solchen Sommer erleben müssen, auch wenn wir dieses Jahr vielleicht noch mit einem blauen Auge davongekommen sind.
    Ich weiß jetzt nicht, welche Verkehrswege Sie benutzen, aber ich fliege 50mal im Jahr von Hamburg hierher.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: So, so, so! — Antretter [SPD]: Bei 26 Sitzungswochen ist das zuviel! — Roth [SPD]: Ich frage mich, warum! — Frau Flinner [GRÜNE]: Bahn benützen! — Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    — Ich komme auch in den sitzungsfreien Wochen immer mal einen Tag her, das sollten Sie vielleicht
    auch tun, das ist sehr sinnvoll. Dabei können Sie dann die Privatreisenden und Geschäftsleute auf dem Flughafen sehen, können Sie sehen, was für Schäden dort entstehen und wie da, auf gut deutsch gesagt, herum-geeiert wird, wie die Gesellschaften, wenn sie Verspätung haben, nicht die Wahrheit sagen, wie die Geschäftsleute nicht wissen, ob sie ihre Abholung organisieren sollen, wie Anschlußflüge verpaßt werden, wie bei vielen Leuten rund um die Uhr ökonomischer Schaden entsteht. Und das Ganze kann doch im zweiten und dritten Jahr einfach nicht wahr sein, nur weil es, verdammt nochmal, nicht gelingt — obwohl das Geld dafür dasein könnte — , das System umzustellen.

    (Roth [SPD]: Wer regiert denn hier?)

    Das ist ein Anachronismus erster Güte, den es keinen zweiten Sommer so geben darf.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD — Frau Flinner [GRÜNE]: Auf die Bahn umsteigen!)

    Und es sind alle Vorbereitungen getroffen, dies zu ändern. Es gibt, soweit ich nach meiner Beschäftigung mit der Sache erkennen kann, keinen einsichtigen Grund, daß hier noch etwas auf die lange Bank geschoben wird.
    Ich habe mich auch in den Vereinigten Staaten ein bißchen umgeschaut, wie die Dinge dort geregelt sind.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Katastrophal, katastrophal! Also, das habe ich gesehen!)

    Es ist nicht alles besser, so daß man nur hinzugucken und abzukupfern braucht. Aber es gibt eine Menge Dinge, von denen man etwas lernen kann. Ich kann nur empfehlen, daß man sich das zunutze macht.
    Und ein letzter, kurzer Punkt: Wenn man in der Flugsicherung ein anderes System braucht und auch mehr Geld in die Hand nimmt, dann kann ich, Herr Minister, mit Verlaub — das ist zum Schluß eine kleine, aber nicht unwichtige regionalpolitische Anmerkung — überhaupt nicht verstehen, daß bei einem Kanal wie dem Nord-Ostsee-Kanal die Freifahrtgrenze erhöht wird.

    (Beifall der Abg. Frau Faße [SPD])

    Das heißt: Im Luftverkehr wollen wir mehr für die Sicherheit tun, bei den Kanälen erlauben wir jetzt auch großen Schiffen, daß sie diese Wasserstraßen, die vom Bund mit viel Geld erbaut und hergerichtet werden, ohne Lotsen benutzen. Das ist ein logischer Widerspruch. Und ich warte eigentlich immer noch auf eine Erklärung aus der Mitte des Hauses, warum die Sicherheit in der Luft — und ich bin dafür — erhöht wird und warum sie auf den Kanälen, den Bundeswasserstraßen reduziert werden soll.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Hier möchte ich einmal sehen, daß diese Dinge beseitigt werden. Denn wir haben nicht nur Anspruch auf vorhandene Bundeswasserstraßen, sondern auch auf sichere Wasserstraßen.
    Wir halten die Struktur dieses Haushalts für in Ordnung. Und als Mitberichterstatter im Haushaltsaus-



    Zywietz
    schuß freue ich mich auf einen guten, fachlichen Dialog mit den hier versammelten erlauchten Experten aus dem Fachausschuß.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Hoffentlich sind die Stenographen alle mitgekommen. Das war ja ein Feuerwerk!
Nun hat der Herr Abgeordnete Haar das Wort.

(Bohl [CDU/CSU]: Um die Zeit noch! — Gries [FDP]: Die Bahn rollt doch!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ernst Haar


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 1989 sollte nach der Ankündigung der Bundesregierung ein Jahr der Bahn in der Verkehrspolitik werden. Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion stelle ich fest: Durch die bahnpolitischen Leitlinien der Bundesregierung wurde ein rigoroser Schrumpfkurs verordnet,

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Ach, Unsinn!) einseitig auf Personalabbau gesetzt,


    (Frau Flinner [GRÜNE]: Richtig!)

    ohne die Ursachen des Bahndilemmas zu beseitigen.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Wir haben doch nur auf die Erkenntnisse des Staatssekretärs Haar zurückgegriffen!)

    Heute trage ich Ihnen Fakten vor, die deutlich machen, wohin Ihre Politik die Bahn ganz aktuell geführt hat.
    Den Transportberichten der Zentralstelle Produktion bei der Hauptverwaltung der Bundesbahn entnehmen wir Ende Juni: Im Güterzugverkehr mußten spürbare Qualitätseinbußen hingenommen werden; am Donnerstag um die Mittagszeit 100 Güterzüge auf Bespannung mit Lokomotiven gewartet. — Am 2. Juli aus der gleichen Dienststelle: Am Mittwoch und Donnerstag warteten in der Mittagszeit jeweils 78 Sondergüterzüge auf Bespannung durch Loks. —

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Haben wir doch immer gesagt: Es fehlt an Organisationstalent!)

    Am 23. Juli: Die Personalsituation im Triebfahrzeugdienst ist angespannt. Insbesondere die Bundesbahndirektionen Frankfurt und Karlsruhe sind betroffen, die im wöchentlichen Durchschnitt nur 76 % bzw. 67 % der geplanten Lokführerdienstbereitschaften stellen konnten.
    Aus dem Bereich Hamburg folgender SOS-Ruf an den Vorstand der Bundesbahn:
    Wegen Lok- und Lokführermangels sowie fehlenden wagentechnischen Personals waren am 27. und 28. Juni 68 Güterzüge durchschnittlich jeweils 98 Minuten verspätet.
    Aus dem Bezirk Karlsruhe folgende Mitteilung:
    Wegen stetiger Laufzeitüberschreitung ist der
    Verkehr in der Relation Darmstadt nach Basel im
    Grunde so erschwert, daß akute Abwanderungsgefährdung durch die Kunden der Bahn entsteht.
    Wörtlicher Bericht!

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Richtig! Darmstadt wird vernachlässigt!)

    Aus dem Bezirk München folgende Mitteilung am 4. Juli:
    10 Güterzüge erreichten eine Verspätung von mehr als 58 Stunden vom 2. bis 5. August im Nürnberger Hauptbahnhof. Wegen Personalmangels im Rangierdienst konnten nur 41 von 188 Reisezugwagen der Reinigung zugeführt werden.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    Meine Damen und Herren, das ist das Jahr, das von Herrn Warnke Anfang 1989 als Jahr der Bahn angekündigt worden ist.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Ich führe noch ein Protokoll aus dem Bereich der Bundesbahndirektion Stuttgart mit einigen Sätzen an:
    Kundenberater sind zur Zeit nur damit beschäftigt,
    — ich zitiere hier wörtlich —
    Beschwerden nachzugehen. Gepäck-, Expreß-
    und Frachtgut wird gesucht, u. a. Datenträger, eilige Arzneimittel. Überall gibt es Ladereste.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Katastrophal!)

    Meine Damen und Herren, diese Situation diskreditiert die Bahn. Entmutigt und entnervt sind viele Führungskräfte und Tausende im Schicht- und Wechseldienst stehende Eisenbahner. Enttäuscht sind viele Bereiche in der Wirtschaft und viele Bahnkunden. Das ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der Vorsitzende des Hauptpersonalrates bei der Deutschen Bundesbahn hat das in folgendem Satz zusammengebracht:
    Mit der wundersamen Brotvermehrung gab es letztmalig vor 2 000 Jahren einen Erfolg. Auf den Personalmangel bei der Bahn ist dieses Ereignis nicht übertragbar.
    Der Bahnvorstand — Sie müßten doch davon Kenntnis haben — hat folgendes anordnen wollen:

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Wollen!)

    infolge Peronalmangels Nahverkehrs-, Entlastungsund Sonderzüge zu streichen und auf Sonderverkehre im Güterbereich zu verzichten. Das Ergebnis mehrstündiger Beratungen in der letzten Woche lautet nach außen: Es gibt kein Problem, kein Personalproblem bei der Bahn. Und dann werden die alten Zahlen mit 6 200 Einstellungen, die vor fünf Monaten zwischen der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands und dem amtierenden Verkehrsminister vereinbart worden waren, als Neuigkeit in der Öffentlichkeit verkauft.



    Haar
    Was ist das für eine Politik?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was ist das für ein Unternehmen!)

    Fehlbetrag und Verschuldung der Bahn nehmen zu.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Wer hat denn diese Bahnstruktur kreiert?)

    Die DB-90-Strategie führt zum Offenbarungseid der Bundesregierung, auch wenn das bis heute geleugnet wird.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der Lack großer Ankündigungen ist weg. Ein 6-Millionen-Überstunden-Berg wird als Folge zahlreicher Wochenfeiertage abgetan und mit Deckungslücken bemäntelt.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]: Das ist der Vorstand, den Sie installiert haben!)

    — Ihre Aufgeregtheiten möchte ich mir mal zu eigen machen können. Der Beschluß des Vorstandes der Bundesbahn, die begrenzten Ressourcen sollten den künftigen Leistungsumfang bestimmen, gleicht einer Kapitualtion vor den Zukunftsaufgaben der Deutschen Bundesbahn. Das heißt nämlich, wenn kein Personal da ist, werden die Leistungen nicht mehr gefahren. So einfach ist diese Gleichung.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Nein, meine Damen und Herren, dem ökonomischen Dilemma kann die Bahn nur durch ein verkehrspolitisches Gesamtkonzept entrinnen, das einer ökologischen Neuorientierung zum Durchbruch verhilft.
    Die Bundesleistungen der Bahn — das sind Angaben des Vorstandes der Bahn — seit 1982 betragen jährlich zwischen 13,5 Milliarden und 14 Milliarden DM. Für die letzten sieben Jahre kommt dies einer realen Kürzung um 5,5 Milliarden DM gleich.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion beantragt bei diesen Etatberatungen die Umschichtung von 500 Millionen DM aus dem Straßenbau zugunsten des öffentlichen Personennahverkehrs im Haushalt 1990, damit die Umweltbelastungen reduziert werden und eine fiskalische Korrektur in der Verkehrsfinanzpolitik eingeleitet wird. Denn ohne politische Rahmen- und Zielvorgaben

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das erzählt mal den Ländern!)

    ist eine moderne Verkehrspolitik der ökologischen und volkswirtschaftlichen Vernunft nicht möglich.
    Im übrigen freuen wir uns darauf, daß sich jetzt auch der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn zu einer außerordentlichen Sitzung trifft,

    (Zuruf von der FDP)

    um über Rahmenbedingungen bei der Bahn zu beraten und Schlimmstes im Herbst- und Winterverkehr vielleicht noch verhüten zu helfen durch Beschlüsse, zu denen wir hoffentlich auch mit Unterstützung des Bundesverkehrsministers kommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Die bilanztechnischen Maßnahmen allein, soweit man hier von Kosmetik sprechen darf, greifen auf Dauer zu kurz. Wenn das Chaos auf den Straßen und in der Luft jetzt auch noch durch ein Chaos der Schiene ergänzt werden sollte — das ist das Schlimme für uns alle; da brauchen Sie gar nicht dazwischenzurufen —,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wir werden weiterhin rufen!)

    dann schwindet die Glaubwürdigkeit der deutschen Verkehrspolitik, und der Ruf der Bahn ist dann auf Dauer ruiniert. Das gehört zu dieser Bestandsaufnahme.
    Deshalb darf ich Sie bitten — ich habe das schon bei der letzten Rede zur europäischen Verkehrs- und Bahnpolitik im Namen meiner Fraktion gesagt — : Verstehen Sie sich langsam auch bei diesen Rahmenbedingungen zu einer gemeinsamen Bestandsaufnahme, damit wir endlich dem erklärten Ziel, mehr Güter auf die Schiene zu bringen, näher kommen können; denn das wäre der Beginn einer Verkehrspolitik der Einsicht in jahrzehntelange Fehlentwicklungen, für die wir alle — ich weiß das — Verantwortung tragen. Weiterwursteln im alten Stil, meine Damen und Herren, würde bedeuten, der Volkswirtschaft milliardenschwere Lasten aufzubürden, und das wäre im Grunde verantwortungslos.

    (Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)