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ID1115614500

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    Plenarprotokoll 11/156 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 156. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11715A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1990 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Vogel SPD 11715B Rühe CDU/CSU 11723 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11733 C Mischnick FDP 11736 C Dr. Kohl, Bundeskanzler 11739C Dr. Schmude SPD 11750A Lintner CDU/CSU 11754 B Frau Frieß GRÜNE 11756 C Hoppe FDP 11758C Büchler (Hof) SPD 11760B Dr. Knabe GRÜNE 11762 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 11763 C Kühbacher SPD 11765C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . . 11769A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 11772 B Dr. Rose CDU/CSU 11773 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 11776D Dr. Hauchler SPD 11778C Wilz CDU/CSU 11781C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11783 B Frau Seiler-Albring FDP 11784 C Müntefering SPD 11786 D Pesch CDU/CSU 11788D Frau Teubner GRÜNE 11791C Dr. Hitschler FDP 11792 D Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau . 11794B Conradi SPD 11797D Frau Odendahl SPD 11799C Frau Männle CDU/CSU 11803 A Wetzel GRÜNE 11804 D Neuhausen FDP 11806A Daweke CDU/CSU 11806D Möllemann, Bundesminister BMBW . . . 11807D Oostergetelo SPD 11810B Eigen CDU/CSU 11814 D Frau Flinner GRÜNE 11817 C Bredehorn FDP 11819 A Daubertshäuser SPD 11821 C Fischer (Hamburg) CDU/CSU 11824 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Frau Rock GRÜNE 11826 D Zywietz FDP 11828B Haar SPD 11831A Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Abgeordneten Susset, Michels, Eigen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Heinrich, Bredehorn und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) (Drucksache 11/5124) 11821B Nächste Sitzung 11832D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .11833* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 11715 156. Sitzung Bonn, den 5. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89* Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89* Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 05. 09. 89 Eich GRÜNE 07.09.89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 * * * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89* * * Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89* * * Genscher FDP 07.09.89 Haack (Extertal) SPD 05. 09. 89 Heimann SPD 05.09.89 Frau Hensel GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89* * * Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 05. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 05. 09. 89 * * Jaunich SPD 05.09.89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 * * * Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05.09.89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89* * * Lüder FDP 07.09.89 Magin CDU/CSU 07.09.89 Meyer SPD 05.09.89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Poß SPD 05.09.89 Regenspurger CDU/CSU 07.09.89 Frau Saibold GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 * * * Stratmann GRÜNE 05.09.89 Such GRÜNE 05.09.89 Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Westphal SPD 07.09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89* * * Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89* * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung * * * für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Conradi


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wohnungspolitik dieser Koalition begann 1982 im Herbst mit dem „Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen" . Jetzt, nach sieben Jahren, stellen wir fest: Das Angebot an Mietwohnungen ist nicht erhöht worden, sondern die Neubauzahlen im Wohnungsbau sind Jahr für Jahr heruntergegangen und haben 1988 mit 208 000 den Tiefststand seit Gründung dieser Republik, seit 1949 erreicht. Das ist das Ergebnis Ihrer Wohnungspolitik, die das Angebot erhöhen sollte.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun haben Sie den Minister ausgewechselt. Aber wie Sie das gemacht haben, fand ich schäbig; denn Oscar Schneider hatte nichts anderes gemacht, als die Wohnungspolitik dieser Koaltion getreulich durchzufüh-



    Conradi
    ren. Sie haben ihn weggeschickt, weil Sie gemerkt haben: Ihre Politik ist gescheitert. Nun soll die neue Ministerin hier bis zur Bundestagswahl ein bißchen gute Stimmung machen.

    (Daweke [CDU/CSU]: Lesen Sie mal die Memoiren von Willy Brandt in „Bild" ! Da werden Sie sich wundern, mit dem Auswechseln hier!)

    Nur, Frau Hasselfeldt, gute Stimmung reicht nicht. Die Leute wollen jetzt Taten sehen.
    Sie haben mit starken Ankündigungen angefangen. Eine Million neue Wohnungen bis 1992. Eine Million, richtig, so viele Wohnungen wären notwendig. Aber, es ist doch ziemlich kühn, mit solchen Ankündigungen das Scheitern Ihrer Wohnungspolitik übermalen zu wollen. Wer soll denn diese neuen Wohnungen, diese eine Million in drei Jahren bauen? Frau Ministerin, ich habe gelesen, Sie haben Volkswirtschaft studiert. Im letzten Jahr wurden 208 000 Neubauwohnungen fertiggestellt. Eine Million in drei Jahren heißt eine Steigerung der Produktion um 50 bis 60 %. Nennen Sie mir eine deutsche Branche, die in zwei Jahren ihre Produktion um 50 bis 60 % steigern könnte. Dies sind doch Phantasiezahlen, die Sie hier ankündigen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Warten Sie ab!)

    — Ich bestreite nicht, daß 1 Million Wohnungen notwendig sind. Wir wollen mit Ihnen, daß mehr Wohnungen gebaut werden.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Warum fordern Sie denn noch mehr Geld dafür, wenn das nicht möglich ist?)

    — Wir wollen mehr Sozialmietwohnungen. Das wissen Sie genau. Nur, mit solchen Ankündigungen weisen Sie sich nicht als sehr seriös aus; denn jetzt werden erst einmal die Preise steigen. Nachdem unter Oscar Schneider vor allem die Mieten gestiegen sind, werden nun unter Frau Hasselfeldt die Baupreise explodieren. Das wird das erste Ergebnis ihrer Wohnungspolitik sein.

    (Daweke [CDU/CSU]: Da rotiert doch Ihre Fliege, was Sie da erzählen!)

    Wir wollen Ihnen gerne helfen, damit mehr Wohnungen gebaut werden, vor allem mehr Sozialmietwohnungen. Aber machen Sie nicht noch einmal so unseriöse Ankündigungen. Sonst nimmt Sie bald niemand mehr ernst.

    (Daweke [CDU/CSU]: Die Fliege wackelt!)

    Auf kurze Sicht wird der Neubau von Wohnungen die von Ihnen verschuldete Wohnungsknappheit nicht beseitigen. Deswegen kommt es darauf an, der Wohnungspolitik ein zweites Bein zu geben, das heißt eine Bestandspolitik zu machen, damit nicht dauernd preiswerte Wohnungen vom Markt verschwinden. Frau Ministerin, es ist wahnsinnig schwer, hunderttausend Wohnungen im Jahr zusätzlich zu bauen. Das werden Sie merken. Aber hunderttausend preiswerte Wohnungen am Markt zu erhalten, ist leichter und vor allem viel billiger. Deswegen unsere dringende Bitte
    — es geht nicht um recht haben, es geht um die Menschen, die eine Wohnung brauchen — : Setzen Sie
    nicht allein auf die Neubaupolitik, sondern kümmern Sie sich um eine kluge, soziale, verläßliche Politik in den Wohnungsbeständen! Damit werden Sie den Menschen helfen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Was Sie zum Sozialmietwohnungsbau angekündigt haben, hat uns nicht vom Stuhl gerissen. Ich habe die Sorge, daß Sie die Fehler, die wir gemeinsam in den letzten Jahrzehnten im Sozialwohnungsbau gemacht haben, nicht korrigieren, sondern fortsetzen. Wir brauchen eine neue Qualität im Sozialwohnungsbau, eine neue Förderung, die die Bindungen langfristig sichert. Wir brauchen eine neue soziale Qualität, nicht diese Einheitswohnungen für eine Standardfamilie, die es so kaum mehr gibt. Wir brauchen eine neue ökologische Qualität. Das hat Frau Kollegin Teubner hier dargelegt. Versteifen Sie sich deshalb nicht auf die Quantitäten, sondern bemühen Sie sich um eine neue Qualität im Sozialen Wohnungsbau.
    Nun will ich in der mir verbleibenden Zeit noch etwas über die Bundesbauten sagen. Denn da brummt es in Bonn und in den Zeitungen, Frau Ministerin. Niemand wird Sie für die Fehler Ihres Vorgängers verantwortlich machen. Das wäre unfair.

    (Kalb [CDU/CSU]: Da haben Sie mitgewirkt! Da könnte man Sie schon eher verantwortlich machen!)

    — Ich drücke mich auch nicht. Ich sage bloß, es wäre unfair, die Frau Ministerin für Fehler Ihres Vorgängers verantwortlich zu machen.
    Oscar Schneider hat das Bauvolumen dieser Bundesregierung in vier Jahren um mehr als 50 % gesteigert: bei gleichbleibendem Personal der Bundesbauverwaltung. Das konnte nur schiefgehen. Die Bauverwaltung ist total überfordert. Man kann nicht in vier Jahren die Neubauzahlen so hochtreiben, wie der Minister das gemacht hat. Er wollte der größte Bauherr aller Bauminister sein, man müßte schon fast sagen: der Gröbab. Aber da ist er gescheitert.

    (Daweke [CDU/CSU]: Petersberg! Haus der Geschichte!)

    Der Eindruck in der Öffentlichkeit ist nicht gut. Der Bericht des Bundesrechnungshofs zum Gästehaus am Petersberg ist eine Katastrophe für die Bauverwaltung. Frau Minister, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?
    Ich meine, Sie müßten Ihrer Bauverwaltung abgewöhnen, Ihnen, der Bundesregierung und uns nach unten frisierte Kostenvoranschläge zu geben. Ich sage das als ehemaliger Baubeamter. Ich weiß, wovon ich rede. Damit bekommt man nur Arger. Ein Baubeamter ist unkündbar. Er wird unter anderem dafür bezahlt, daß er der Ministerin sagt: Frau Ministerin, dieser Bau kostet soundsoviel. Wenn Sie oder der Haushaltsausschuß das billiger haben wollen, dann gibt es weniger Bau. Dann müssen Sie das Programm kürzen, nicht die Kostenvoranschläge. Das geht nicht. Wenn man das gleiche Programm bauen will und nur die Kosten-



    Conradi
    voranschläge zusammenstreicht, kommt man nicht gut weg.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Man muß auch die richtigen Architekten haben, Herr Conradi!)

    Das hat Ihnen der Rechnungshof nun wirklich vorgerechnet. Es steht zu befürchten, daß bei den Bundestagsneubauten nach derselben Methode verfahren wird. Deswegen: Kürzen Sie nicht einfach mechanisch herunter!
    Ich habe den Eindruck, die Spitze Ihrer Bauverwaltung hat sich durch eigenes Verschulden in einem Gestrüpp selbstgestrickter Vorschriften und Regelungen fast bis zur Unbeweglichkeit gefesselt. Wenn Sie, Frau Ministerin, dieses Gestrüpp lichten wollen, wollen wir Ihnen gerne dabei helfen. Ich will hier nicht auspacken, was wir so alles über verzögerte Ausschreibungen, verfummelte Vergaben oder vergessene Genehmigungen hören. Aber die wechselseitigen Schuldzuweisungen von der Bauverwaltung an die Architekten und umgekehrt sind kein Beweis für ein partnerschaftliches, vertrauensvolles Zusammenarbeiten. Viele Architekten, die für den Bund arbeiten, beklagen sich über das schlechte Klima, über bürokratische Enge, über Mißtrauen. Die Architekten weisen zu Recht darauf hin, daß sie für andere Bauherren, auch für andere öffentliche Bauherren seit Jahrzehnten erfolgreich und im Rahmen der Zeit- und Kostenpläne arbeiten.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Nicht immer! Wie war es beim Olympia-Dach?)

    — Das Olympia-Dach ist ein anderer Fall.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Es war zehnmal so teuer! — Kalb [CDU/CSU]: „Bauen ist ein dynamischer Prozeß" !)

    Ich kann Ihnen auch von unseren Architekten Beispiele nennen, wo sie erfolgreich und im Rahmen der Zeit- und Kostenlimits gearbeitet haben. Wenn das beim Bund nicht klappt, Frau Ministerin, dann stellt sich die Frage: Liegt das nur an den Architekten, oder liegt es auch an uns? Stimmt es, daß Sie in den vier Monaten Ihrer bisherigen Amtszeit nicht die Zeit für ein vertrauensvolles, gründliches Gespräch mit den beiden Architekten gefunden haben? Das ist doch die wichtigste Bauaufgabe Ihres Hauses. Sie sollten sich darum kümmern. Sie sollten das Mißtrauen ausräumen. Sie sollten dafür sorgen, daß diese schöne und wichtige Aufgabe, für das Parlament zu bauen, nicht im bürokratischen Kleinkrieg erstickt wird.
    Die Architekten geben sich Mühe, etwas Gutes, etwas Besonderes für uns zu bauen. Es ist nicht ein Finanzamt, das hier gebaut wird. Zeigen Sie, Frau Ministerin, daß Demokratie kein schlechter Bauherr ist. Wir wollen Sie dabei gern unterstützen. Aber handeln müssen Sie schon selbst,

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    — Wenn Sie alles so weiterlaufen lassen wie bisher, dann werden Sie nicht nur in der Wohnungspolitik, sondern auch als Bauministerin scheitern. Wir wünschen Ihnen das nicht. Denn wenn Sie als Bauministerin an dieser Sache scheitern, fällt das auf uns alle, auf das ganze Parlament zurück. Daran kann niemand
    von uns ein Interesse haben. Deswegen bitte ich Sie dringend, kümmern Sie sich um diese wichtigste Bauaufgabe des Bundes!

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Odendahl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Doris Odendahl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überleitung vom Bauen zur Bildung war natürlich etwas abrupt. Aber wir werden die Brücke schon schlagen.

    (Zuruf von der SPD: Das gehört aber zusammen!)

    In der letzten Haushaltsdebatte habe ich der Regierungskoalition bestätigt, daß es 1989 erstmals einen Silberstreifen am bisher grauen Bildungshorizont gab. Lassen Sie uns heute untersuchen, wie es mit diesem Silberstreifen im Bildungshaushalt steht. Schließlich sind sich Bildungspolitiker aller Fraktionen darin einig, daß in die Bildungspolitik wieder deutlich mehr investiert werden muß.
    Das Prinzip Hoffnung hat einen hohen Stellenwert, kündigte doch Bildungsminister Möllemann im Frühjahr dieses Jahres an, die Bildungsausgaben des Bundes müßten um 20 To steigen. Von einem zweiten Bund-Länder-Sonderprogramm ist die Rede. Auch vom Wolfgangsee kam frohe Kunde. Dort erklärte der Bundeskanzler in einem Interview während einer Dampferfahrt, die Probleme der Hochschulen würden durch diese Bundesregierung gelöst.

    (Daweke [CDU/CSU]: Da ist auch etwas dran!)

    Nach diesen kraftvollen Ankündigungen sind die Erwartungen entsprechend hoch. Lassen Sie uns heute untersuchen, ob der vorgelegte Haushalt diesen gerecht wird.
    Positiv ist festzustellen: Der Bildungsetat wird erhöht.

    (Daweke [CDU/CSU]: Jetzt können Sie sich wieder setzen!)

    Zum ersten Mal seit 1982 wird wieder die Grenze von 4 Milliarden DM überschritten.

    (Daweke [CDU/CSU]: Das reicht!)

    Die Steigerung um gut 8,7 % liegt diesmal auch deutlich über der Steigerung des Bundeshaushalts insgesamt. Leider liegt sie genauso deutlich unter der vom Bildungsminister selbst propagierten Steigerung um 20 %. Dabei entspräche eine Steigerung um 20 % genau der Schrumpfung des Bildungshaushalts in der Zeit bis zum Jahr 1988 um insgesamt 1 Milliarde DM.

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß uns angesichts dieser Sachlage eine große Danksagung für die jetzt mehr eingesetzten 300 Millionen DM fast im Halse stecken bleibt.
    Mit Ihrer so lautstark gefeierten Steigerung erreichen Sie noch nicht einmal das Volumen des Bildungshaushalts im Jahr 1982 in Höhe von knapp 4,5 Milliarden DM. Der Anteil am Bundeshaushalt



    Frau Odendahl
    insgesamt beträgt etwas mehr als 1,3 %. Im Jahr 1982 waren es immerhin 1,8 %.
    Wir haben also eine bildungspolitische Entwicklung, die von der Entwicklung vor acht Jahren weit entfernt ist. Wenn auch trotz der ungeheuren Etatkürzungen formal alle Aufgaben weiterhin wahrgenommen werden — mit einzelnen Verschiebeaktionen wie z. B. beim Benachteiligtenprogramm — , so ist doch klar, daß Löcherstopfen auf Dauer keine weitreichende, verantwortungsvolle Bildungspolitik ersetzen kann.
    Wenn ich die Mittel, die jetzt für dringend notwendige Sonder-, Sofort- und Aktionsprogramme veranschlagt werden, addiere seien es Verbesserungen beim BAföG, bei Hochschulen, bei der beruflichen Bildung oder bei der Weiterbildung — , so ergibt sich unter dem Strich die Summe, die ein Bildungshaushalt bei der durchschnittlichen Steigerungsrate des Gesamthaushalts seit 1982 ausweisen müßte. Meine Damen und Herren, ich meine, es gehört zur Redlichkeit, dies bei der Beurteilung von Silberstreifen mitanzusprechen.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch in der Regierungskoalition hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, daß sich die Bedeutung von Bildung, Berufsausbildung, Hochschule und Weiterbildung fortentwickelt hat. Die Erwartungen an Bildungspolitik können über einen Haushalt nicht gekürzt werden. Der ständig gekürzte Bildungshaushalt konnte diese Erwartungen allerdings nicht erfüllen.
    Bevor Bildungspolitik nur noch zur leeren Hülse wurde, haben die Betroffenen ihre bildungspolitischen Erwartungen und Ansprüche geltend gemacht. Hier möchte ich anerkennen, daß Minister Möllemann diese Ansprüche aufgegriffen hat und daß er sich dafür einsetzt, den gesellschaftlichen Bildungsbedarf haushaltspolitisch in der Regierung, der er angehört, umzusetzen.
    Bildungspolitisch stehen wir jetzt vor der Aufgabe, Bildung wieder planbar und berechenbar zu gestalten. Der jetzt offen zutage tretende Bildungsnachholbedarf ist Konsequenz der Bildungsreformen der 60er und 70er Jahre. Die Bildungsreformen waren wirkungsvoll, sogar so wirkungsvoll, daß auch der gezielte Abbau des Bildungsetats — vor allem im BAföG -- die Auswirkungen der Bildungsreformen nicht abbrechen konnte. Sie waren so wirkungsvoll, daß auch die Verhinderung von Bildungsplanung die Bildungsentwicklung nicht aufgehalten hat.
    Rückgängig machen können wir die bildungspolitischen und haushaltspolitischen Lücken nicht. Wir müssen jetzt aber entscheiden, welchen politischen Stellenwert für die Lebens- und Berufschancen des einzelnen Menschen wie auch für die Stabilität und Vitalität der Gesellschaft insgesamt Bildung, Berufsausbildung, Hochschule und Weiterbildung haben. Wenn wir uns darauf einigen, Bildung als eine wichtige Quelle unseres wirtschaftlichen Wohlstandes zu sehen, müssen wir uns darauf einrichten, für diese Zukunftsinvestition deutlich mehr als die heute als
    Erfolg gefeierten 1,3 % des Bundeshaushalts auszugeben.

    (Beifall bei der SPD)

    Der vorliegende Bildungshaushalt mit 4 Milliarden DM kann seine bildungspolitische Aufgabe demnach nicht erfüllen.
    Wo sollen die Schwerpunkte der Beurteilung gesetzt werden? Für die SPD sind vorrangig: Hochschulen, BAföG, die Qualität der beruflichen Bildung und Weiterbildung und natürlich die Frage, wie Frauen endlich im gesamten Bildungsbereich den Männern gleichgestellt werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Lassen Sie mich die einzelnen Punkte ansprechen. Die Hochschulen werden zu Beginn dieses Wintersemesters nicht viel besser dastehen als im letzten Herbst. Das Bund-Länder-Sonderprogramm ist ein erster Schritt. Es kann jedoch die strukturellen Probleme der Hochschulen nicht lösen. Auch in diesem Herbst werden wieder 1,5 Millionen junge Menschen an den Hochschulen studieren. Der Bildungsminister — stark in Ankündigungen — verspricht seit Monaten,

    (Zuruf von der SPD: Das war der schon immer!)

    er wolle den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern, um die personelle Situation an den Hochschulen längerfristig zu lösen. Kraftvoll äußerte er sich zum Bedarf für den Hochschulbau. Er möchte, daß die Studentenwerke alle Studierenden gut betreuen können, daß die Studierenden ein Dach über dem Kopf haben — kein Zelt. Nur, in seinem Haushalt finden wir dazu wenig bis gar nichts. Die Enttäuschten tröstet er mit der Aussicht auf ein zweites Sonderprogramm. Anscheinend weiß nur der Finanzminister Waigel nichts davon.

    (Dr. Penner [SPD]: Wo ist der?)

    Die Mittel für die Promotionsförderung und die Förderung des hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses wurden gekürzt. Für den Hochschulbau konnte Minister Möllemann nur 100 Millionen DM durchsetzen statt der notwendigen Erhöhung von 300 Millionen DM.
    Für Forschung an Fachhochschulen stehen im Haushalt keine Fördermittel zur Verfügung, obwohl sie von allen Seiten als notwendig anerkannt ist. Obwohl ebenfalls allseitig beklagt wird, daß junge Frauen in der Wissenschaft gegenüber den jungen Männern zu kurz kommen, gibt es keine Anstrengungen, über den Bildungshaushalt die Gleichstellung junger Wissenschaftlerinnen voranzubringen.
    Es bestehen also große Diskrepanzen zwischen Ministerankündigung und Haushaltsrealität.
    Damit hier keine Zweifel aufkommen: Wir haben nichts gegen ein zweites Sonderprogramm. Sonderprogramme sind zur Überbrückung von Engpässen notwendig. Wir begrüßen ausdrücklich alle Anstrengungen des Bundes und der Länder, die zu sinnvollen Lösungen für die seit Jahren überlasteten Universitäten und Hochschulen führen.



    Frau Odendahl
    Zwei Dinge sind dabei wichtig: Erstens. Sie müssen planbar und berechenbar sein. Zweitens. Sie dürfen nicht dazu führen, von der Notwendigkeit abzulenken, ein wirksames, langfristiges Konzept zu entwikkeln, das unsere Hochschulen in die Lage versetzt, ihren Teil dazu beizutragen, die sich unserer Gesellschaft stellenden drängenden Zukunftsprobleme zu lösen. Wenn wir zu der Einsicht gekommen sind, daß wir ein ökologisches Umdenken unserer Gesellschaft, einen ökologischen Umbau unserer Wirtschaft brauchen, um zu überleben, müssen wir unsere Hochschulen in die Lage versetzen, auf diesem Weg vorauszugehen, und dürfen nicht riskieren, daß sie dabei auf Krücken hinterherhumpeln.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Im letzten Jahr hat die SPD-Fraktion das vom Bildungsminister vorab angekündigte Hochschulsonderprogramm als Haushaltsantrag einbringen müssen. Die Ankündigung war gewaltig, das Verfahren peinlich. Ein Dacapo scheint geplant zu sein mit der Formel „Zweites Sonderprogramm". Warten Sie etwa wieder auf unseren Antrag, um dann wieder Ihr Etikett „Echt Möllemann" drüberzupappen?

    (Daweke [CDU/CSU]: Ist ja rührend!)

    Die SPD im Bund und in den Ländern tritt mit Nachdruck dafür ein, daß die finanzielle Ausstattung der Hochschulen dauerhaft gesichert wird und der qualifizierte Ausbau und auch der Umbau der Hochschulen für die Aufgaben des nächsten Jahrhunderts ermöglicht werden. Dazu gehören in den nächsten Jahren viele zusätzliche Stellen. Das Bund-Länder-Sonderprogramm vom März 1989 muß in den nächsten vier Jahren ganz erheblich ausgebaut und erweitert werden, um die Leistungsfähigkeit der Hochschulen, insbesondere im Hinblick auf den europäischen Markt, zu verbessern, um der Lehre in den Hochschulen neue Impulse zu geben, um bessere Qualifikationsmöglichkeiten für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu schaffen und somit die Personalentwicklung zu verstetigen, um den Anteil von Wissenschaftlerinnen in den Hochschulen zu erhöhen, um die Möglichkeit der Fachhochschulen zu verbessern, Forschungs- und Entwicklungsaufgaben in ihrem Bereich zu übernehmen.

    (Daweke [CDU/CSU]: Reden wir nochmal drüber, ja!)

    Gestern hat Herr Weng seinem FDP-Kollegen Möllemann für die Hochschulleistungen des Bundes Dank abgestattet. Als guter Haushälter hätte er ihn gleichzeitig ermahnen müssen, seine Schulden zu bezahlen, d. h. die bis heute von den Ländern geleisteten Vorfinanzierungen, bei denen der Bund inzwischen mit etwa einer halben Milliarde Mark in Verzug ist, endlich auszugleichen.

    (Kuhlwein [SPD]: Hört! Hört! — Zuruf von der CDU/CSU: Sie reden von Schulden bezahlen?)

    Es fördert die Bereitschaft zu weiteren Anstrengungen nicht, Herr Minister, wenn der, der lautstark zum Handeln auffordert, die eigenen Leistungen schuldig bleibt.
    Es gibt vieles, bei dem der Bund vorangehen kann; die SPD hat dazu eigene Vorstellungen entwickelt. Dazu gehört, die Ausgaben des Bundes für die Förderprogramme der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu erhöhen — das tun Sie — und für die Förderung von Forschung und Entwicklung an Fachhochschulen ein besonderes Programm zu entwickeln; das fehlt. Da die Studierenden nicht nur einen Platz zum Studieren, sondern auch einen Platz zum Wohnen und Leben brauchen, müssen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus auch der Wohnraumbau far Studenten sowie die Instandsetzung von Studentenwohnheimen angemessen berücksichtigt werden.

    (Beifall bei der SPD und des Abg. Wetzel [GRÜNE])

    Das ist auf Dauer wirkungsvoller, Herr Möllemann, als wenn der Minister auf Ideenklau geht und eine Aktion „Budentausch" als einzige Alternative anbietet.

    (Zuruf von der SPD: Das ist die Wahrheit! — Weiterer Zuruf von der SPD: Spielerei, sonst nichts!)

    Daß endlich Bewegung beim BAföG entstanden ist, kam weniger aus eigener Einsicht der Bundesregierung, sondern auf massiven Druck von außen.

    (Neuhausen [FDP]: Na, na!)

    Es hat lange gedauert, bis die Vorschläge des BAföG-Beirats, die von der SPD seit 1982 Jahr für Jahr gefordert werden, in einen Referentenentwurf des Bildungsministeriums umgesetzt wurden. Eine wirkliche Reform ergibt das nicht, weil die Schülerförderung wieder auf der Strecke bleiben soll. Dabei hat der BAföG-Beirat in seinem Bericht ausführlich dargelegt, daß es Chancengleichheit in der Bildung nur gibt, wenn alle die Chance haben, die Schule bis zur allgemeinen Hochschulreife zu besuchen,

    (Beifall bei der SPD)

    auch dann, wenn die Familie es aus eigener Kraft nicht schafft. Dafür wurde die Ausbildungsförderung geschaffen. Für die SPD gibt es keine BAföG-Reform ohne Schülerförderung.

    (Beifall bei der SPD)

    Was Sie als Reform anbieten, Herr Möllemann, ist Etikettenschwindel.

    (Rixe [SPD]: So ist das! — Neuhausen [FDP]: Na, na!)

    Es geht heute nicht mehr, daß Studierende mit Kindern zwischen Studium oder Kindern wählen müssen. Wir sind ja auch sehr familienfreundlich. Deshalb treten wir dafür ein, bei der Ausbildungsförderung Kindererziehungszeiten im Studium zu berücksichtigen.
    Die Vereinbarkeit von Familie und Studium, von Familie und Beruf führt mich ganz zwangsläufig zum nächsten Thema, der Chancengleichheit von Frauen in der Bildung.
    Für Wissenschaftlerinnen gibt es Gleichstellung leider noch immer nur auf dem Papier. Für Wissenschaftsprojekte, die Frauen zur Förderung beantragen, gibt es allerhöchstens ein paar Alibimittel, bis heute kaum bezifferbar. Qualifizierte Frauen erhalten nur selten eine feste Anstellung als Wissenschaftlerin



    Frau Odendahl
    oder gar Professorin oder in meist staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen. Die meisten arbeiten nach Promotion oder Habilitation auf befristeten Stellen und müssen sich von Projekt zu Projekt hangeln, um existieren zu können.
    Das Einkommen ist unsicher. Viele qualifizierte Wissenschaftlerinnen haben mittlerweile bei der Hangelpartie resigniert, oft das 40. oder gar 50. Lebensjahr überschritten. Dann steht ihrer festen Anstellung die Altersgrenze im öffentlichen Dienst entgegen. Ich bin der Meinung, daß uns eine Lösung für diese Frauen einfallen muß.

    (Beifall bei der SPD)

    In vergleichbarer Lage, wenn auch auf einem anderen Teil der Bildungsskala, sind die jungen Frauen, die bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz leer ausgegangen sind. Sie stellten den Anteil von stolzen 60 % derer, die bis heute in vielen Jahren seit 1982 keine Berufsausbildung bekommen konnten. Wir haben also ganze Jahrgänge von Frauen, die ohne Qualifizierung, ohne abgeschlossene Ausbildung arbeiten gegangen sind und oft, was den Beruf betrifft, resignierten. Sie sind heute zu alt, um ihre Erstausbildung noch nachzuholen. Sie sind nicht qualifiziert, so daß sie in kein Weiterbildungsangebot für Berufstätige passen.
    Wir sprechen viel von der Qualität der Ausbildung, die für die Zukunft gesellschaftspolitisch und wirtschaftspolitisch notwendig und entscheidend ist. Hier gibt es eine Gruppe, noch nicht einmal — meine Herren, hören Sie einmal sehr aufmerksam zu — eine Minderheit, die keine Aussicht auf Zukunft hat. Für sie wird der rote Teppich für Ausbildungsplatzsuchende eben nicht ausgerollt. Sie sind Altbewerberinnen. Auch dem Bildungsminister ist in seinem Haushalt dazu nichts eingefallen.
    Auf eine weitere Gruppe von Frauen möchte ich aufmerksam machen, auf Frauen, die aus anderen Ländern als Aus- oder Übersiedlerinnen zu uns kommen. Sie haben meist eine für diese Länder hochqualifizierte Ausbildung, oft im gewerblich-technischen Bereich. Diesen Frauen muß die Möglichkeit eingeräumt werden, eine ihre Ausbildung ergänzende Qualifizierung zu erhalten, um ihnen den Übergang in ihren Beruf nach unseren Maßstäben zu ermöglichen.

    (Beifall bei der SPD)

    Noch ein Argument, um hier tätig zu werden: Die Bundesanstalt für Arbeit sieht in den Frauen ein großes Potential für die Besetzung qualifizierter Stellen in der Wirtschaft. Etwa 150 000 Frauen bilden die Reserve für eine Nachqualifizierung. Auch hier ist der Bildungsminister gefordert, nicht nur seinen Haushaltsansatz zu überprüfen, sondern auch mit eigener Kreativität seines Hauses voranzugehen.
    Weiterbildung hat einen hohen Stellenwert. Es wird inzwischen viel weitergebildet. Es wird an ebenso vielen Stellen weitergebildet. Zuständig fühlt sich jeder, nur der Bildungsminister nicht. Hier zeigt er sich als Minister in der Beschränkung. Er beschränkt sich auf die Konzertierte Aktion Weiterbil-
    dung, die er ins Leben gerufen hat, und verweist im übrigen auf den freien Markt.
    Mit seiner Aktion wurden Wünsche und Hoffnungen geweckt. Der Haushaltsansatz ist nur um eine Million DM erhöht worden und wird den Erwartungen sicher nicht gerecht. Auch hier stellt sich wieder die Frage nach der gestaltenden Rolle der Bildungspolitik. Wenn man sich einig ist, daß Qualifizierung den Schlüssel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bildet und für die Gestaltung der Zukunft wichtig ist, kann man sich einem geplanten Aufbau von Weiterbildung nicht entziehen. Der gesellschaftliche und individuelle Weiterbildungsbedarf läßt sich nicht ausschließlich von den Anforderungen des technischen Wandels, von kurzfristigen Interessen der Wirtschaft und von den Auswirkungen des internationalen Wettbewerbs her definieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Die politische Bildung, die allgemeine und kulturelle Bildung, die Bemühungen um die Integration verschiedener Bildungsbereiche sowie von der Entfaltung der Persönlichkeit her bestimmte Weiterbildungsbedürfnisse dürfen nicht ins Hintertreffen geraten. Die SPD hält hier eine stärkere Wahrnehmung öffentlicher Verantwortung für unverzichtbar. Der angestrebte hohe Standard der beruflichen Bildung muß auch für die qualitativen Ansprüche an die Weiterbildung gelten. Die Chance zur Weiterbildung und die Nutzung der Weiterbildungsangebote müssen allen offenstehen, und ihre Finanzierung muß gesichert sein.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe nur einige Punkte herausgegriffen, um die Defizite des vorgelegten Bildungshaushalts aufzuzeigen und die Vorstellungen der Sozialdemokraten darzulegen. Wir sind nach meiner Auffassung an einem Punkt, an dem der schönen Worte für die Bildung genug gewechselt sind. Wenn wir uns einig sind, daß wir Bildung, und zwar qualifizierte Bildung, in allen gesellschaftlichen Bereichen als eine lohnende Investition in die Zukunft betrachten, müssen wir diese Investition auch leisten, dürfen nicht planlos mit Sonderprogrammen und Aktionen Löcher stopfen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Welche konkreten Vorschläge haben Sie denn eigentlich? — Sie hat keine!)

    Eine Entscheidung für qualifizierte Bildung heißt, eine Entscheidung für Bildungsplanung zu treffen, und das ist es, was Minister Möllemann außer dem Geld fehlt. Sein Haushaltsentwurf zeigt, daß er sich für die Bildung als Zukunftsinvestition nicht durchsetzen konnte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das nehmen Sie gleich zurück!)

    Dies ist eine gefährliche Entwicklung für unsere Gesellschaft, deren Zukunftsaufgaben von jungen Menschen gelöst werden sollen, die heute von unserem Bildungswesen darauf vorbereitet werden müssen.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU: Bildungspolitische Fehlstunde! — Der Abgang war genauso schlecht wie der Beginn!)