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ID1115609300

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    Plenarprotokoll 11/156 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 156. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11715A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1990 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Vogel SPD 11715B Rühe CDU/CSU 11723 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11733 C Mischnick FDP 11736 C Dr. Kohl, Bundeskanzler 11739C Dr. Schmude SPD 11750A Lintner CDU/CSU 11754 B Frau Frieß GRÜNE 11756 C Hoppe FDP 11758C Büchler (Hof) SPD 11760B Dr. Knabe GRÜNE 11762 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 11763 C Kühbacher SPD 11765C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . . 11769A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 11772 B Dr. Rose CDU/CSU 11773 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 11776D Dr. Hauchler SPD 11778C Wilz CDU/CSU 11781C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11783 B Frau Seiler-Albring FDP 11784 C Müntefering SPD 11786 D Pesch CDU/CSU 11788D Frau Teubner GRÜNE 11791C Dr. Hitschler FDP 11792 D Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau . 11794B Conradi SPD 11797D Frau Odendahl SPD 11799C Frau Männle CDU/CSU 11803 A Wetzel GRÜNE 11804 D Neuhausen FDP 11806A Daweke CDU/CSU 11806D Möllemann, Bundesminister BMBW . . . 11807D Oostergetelo SPD 11810B Eigen CDU/CSU 11814 D Frau Flinner GRÜNE 11817 C Bredehorn FDP 11819 A Daubertshäuser SPD 11821 C Fischer (Hamburg) CDU/CSU 11824 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Frau Rock GRÜNE 11826 D Zywietz FDP 11828B Haar SPD 11831A Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Abgeordneten Susset, Michels, Eigen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Heinrich, Bredehorn und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) (Drucksache 11/5124) 11821B Nächste Sitzung 11832D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .11833* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 11715 156. Sitzung Bonn, den 5. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89* Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89* Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 05. 09. 89 Eich GRÜNE 07.09.89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 * * * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89* * * Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89* * * Genscher FDP 07.09.89 Haack (Extertal) SPD 05. 09. 89 Heimann SPD 05.09.89 Frau Hensel GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89* * * Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 05. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 05. 09. 89 * * Jaunich SPD 05.09.89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 * * * Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05.09.89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89* * * Lüder FDP 07.09.89 Magin CDU/CSU 07.09.89 Meyer SPD 05.09.89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Poß SPD 05.09.89 Regenspurger CDU/CSU 07.09.89 Frau Saibold GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 * * * Stratmann GRÜNE 05.09.89 Such GRÜNE 05.09.89 Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Westphal SPD 07.09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89* * * Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89* * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung * * * für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch die Debatte hat sich heute wie ein roter Faden die Diskussion über die Veränderungen in den Staaten Mittel- und Osteuropas gezogen. Das macht ganz klar: Wir stehen in der Außenpolitik vor neuen Aufgaben.
    Nach den Grundentscheidungen für die Westbindung und für eine Öffnung in der Ostpolitik geht es jetzt darum, einen aktiven Beitrag zur Architektur und zum Bau des europäischen Hauses zu leisten. Die Nachkriegszeit geht zu Ende, die Nachkriegsordnung ändert sich. Ich bin davon überzeugt, daß von der gegenwärtigen Entwicklung in den Staaten Osteuropas letztlich alle Staaten erfaßt werden, auch diejenigen, bei denen von einer Reformbewegung bisher nichts zu spüren ist. Denn, meine Damen und Herren, nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist; und Freiheit ist eine solche Idee.
    Die Reformen politischer Art, aber auch die Verfassungsreform in der Sowjetunion haben in den letzten Monaten erhebliche Fortschritte gemacht. Dies entspricht unseren Wünschen; denn, meine Damen und Herren, wir brauchen einen stabilen Partner in der Sowjetunion, wenn wir Fortschritte in der Rüstungskontrolle bei der Herstellung eines konventionellen Gleichgewichts in Europa machen wollen, aber auch wenn wir weitere Fortschritte im Handel, in den gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen und beim Umweltschutz sowie auch im gegenseitigen Kulturaustausch erreichen wollen.



    Staatsminister Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    Hier ist soeben der Kulturetat mehrfach erwähnt worden, meine Damen und Herren. Ich wünsche mir ja, daß sich das Parlament die Freiheit nimmt, uns erheblich mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, damit wir die Kulturarbeit in osteuropäischen Staaten, die jetzt endlich in Gang gekommen ist, ausweiten können.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Auch in Polen und Ungarn vollziehen sich heute Reformprozesse von beeindruckender Dynamik, sowohl politisch wie wirtschaftlich. Das wirtschaftliche Wachstum und die Prosperität in diesen Ländern hängen aber in erster Linie von den eigenen Anstrengungen dieser Länder ab. Der westliche Beitrag kann und muß auch darin bestehen, ihre Bemühungen zur Überwindung der wirtschaftlichen Probleme zu flankieren und zu ergänzen. Das tun wir sowohl in direkten Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den betroffenen Staaten wie auch als Partner innerhalb der Europäischen Gemeinschaft.
    Wir haben mit Ungarn bereits ein Handels- und Kooperationsabkommen abgeschlossen, das unter deutscher Präsidentschaft im vergangenen Jahr unterschrieben worden ist, und wir sind mit Polen in Verhandlungen. Ich denke, es wird Zeit, daß wir auch mit der polnischen Regierung hier zu einem Abschluß kommen.
    Wir wollen die Zusammenarbeit mit diesen Ländern auf allen Gebieten nach Kräften fördern und auf neue Bereiche ausdehnen; aber, meine Damen und Herren, eines muß klar sein: Wenn wir solche Abkommen abschließen, dann geht es nicht um Belohnung für Reformen, sondern es geht um Absicherung von Reformprozessen, die eingeleitet worden sind. Ob und wie wir Hilfe leisten, kann auch mit dazu beitragen, die Entscheidung über den Erfolg oder den Mißerfolg solcher Reformen herbeizuführen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Deshalb darf niemand beiseite stehen, und niemand darf etwa durch Untätigkeit oder durch Zögern ein Scheitern der Reformbestrebungen in Kauf nehmen.

    (Lowack [CDU/CSU]: Es kommt darauf an, wie man hilft!)

    Westeuropa und Osteuropa sind in Bewegung geraten. In ihrer Dynamik laufen diese beiden Bewegungen aufeinander zu. Deswegen müssen wir alles unterlassen, was die Entwicklung aufeinander zu in Europa stören könnte. Störend würden Unsicherheiten wirken, die durch völlig überflüssige Grenzdiskussionen ausgelöst werden.

    (Lowack [CDU/CSU]: Was sind überflüssige Grenzdiskussionen?)

    Meine Damen und Herren, die Ostverträge der 70er Jahre haben ihren Beitrag zur friedlichen Entwicklung unseres Kontinentes geleistet. Machen wir also klar: Wir erheben keine Gebietsansprüche gegenüber Polen.

    (Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich möchte nach dem Verlauf der Debatte vor allen Dingen heute morgen eine Bemerkung anfügen: Wer für sich in Anspruch nimmt, der bessere Unterstützer der Reformbewegung in Polen zu sein, der sollte nicht vergessen: Die jetzige Entwicklung in Polen ist der Kraft der polnischen Bevölkerung und ihrem Freiheitswillen zu verdanken.

    (Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die allerdings haben es nicht verdient, zum Knüppel der innenpolitischen Auseinandersetzung bei uns zu werden.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Den Reformprozeß in Ungarn begrüßen und unterstützen wir. Wir müssen uns klar darüber sein, daß er nicht nur Bedeutung für die Entwicklung eines friedlichen Gesamteuropas hat, sondern auch dazu beigetragen hat, die gegenwärtige Spannung in der DDR sichtbar werden zu lassen, die dann zum Wunsch auf Ausreise vieler Tausender Bürger geführt hat.
    In den letzten Wochen haben Deutsche aus der DDR in zunehmendem Maße den Versuch unternommen, ihre Ausreise durch Festsetzung in der Ständigen Vertretung in Berlin sowie in unseren Botschaften in Budapest und in Prag zu erzwingen. Die genannten Vertretungen mußten deshalb für den Publikumsverkehr vorläufig geschlossen werden. Dies haben wir nicht leichten Herzens getan, und wir wünschen uns, daß wir die Vertretungen bald wieder dem Publikumsverkehr zugänglich machen können. In Ungarn hält sich außerdem eine große Zahl von DDR-Bürgern auf, die nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren wollen.
    Es ist richtig: Der Schlüssel zur Lösung der tiefgreifenden menschlichen Probleme liegt allein bei der DDR. Aber ich möchte allen sagen: Festsetzungen in unseren Auslandsvertretungen sind nicht der Weg, eine Ausreise zu betreiben. Darauf hat die Bundesregierung wiederholt hingewiesen. Wir werden Deutschen in Not unsere Hilfe auch künftig nicht versagen, und wir werden uns, wie wir das in den letzten Wochen getan haben, mit allen Kräften für eine humanitäre Lösung einsetzen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Wir sind dankbar, daß die Menschen, die in unserer Botschaft in Budapest Zuflucht gesucht haben, inzwischen mit der Hilfe des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ausreisen konnten. Wir begrüßen auch, daß in der Ungarischen Volksrepublik niemand mehr gegen seinen Willen in die DDR abgeschoben wird.

    (Beifall des Abg. Lowack [CDU/CSU])

    Der ungarische Ministerpräsident hat bei seinem jüngsten Besuch in Bonn erklärt, das Problem der Deutschen aus der DDR müsse vor allem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR gelöst werden. Er hat aber auch seine Bereitschaft bekräftigt, jede Unterstützung zu gewähren und den eigenen Beitrag zu leisten. Diese Haltung wissen wir zu würdigen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Staatsminister Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    Ich kann nur alle bitten, in der öffentlichen Behandlung dieses Themas der ungarischen Regierung ihren mutigen Kurs nicht zu erschweren.
    Gerade in diesen Tagen ist in den Botschaften in Budapest, Prag und Wien deutlich geworden, welch hohe Anforderungen an die Angehörigen des auswärtigen Dienstes gestellt werden. Sie arbeiten dort zum Teil seit Monaten ohne Rücksicht auf Dienstzeiten, um unbürokratisch und engagiert Hilfe zu leisten. Dafür möchten wir ihnen danken.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Diese Arbeit macht aber auch deutlich, daß das Gesetz über den Auswärtigen Dienst, das ja hier von Kollegen zur Sprache gebracht worden ist, überfällig ist. Die Bundesregierung wird es voraussichtlich noch in diesem Jahr einbringen. Ich denke, daß die Dringlichkeit von den Kollegen hier unterstrichen worden ist. Deshalb bitte ich auch die Ausschüsse des Bundestags um zügige Behandlung.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Ja; nach langem Warten!)

    Lassen Sie mich noch ein Wort zu einem anderen Thema sagen, das aber gerade in den Beziehungen zwischen Ost und West eine zunehmende und ganz wichtige Rolle für den Frieden in Europa spielt. Es ist der Beitrag zur Stabilität in Europa, der durch die laufenden Abrüstungsverhandlungen in Wien geleistet wird. Es ist dem beharrlichen Bemühen der Bundesregierung zu verdanken, daß auf dem letzten NATO-Gipfel der Beschluß gefaßt werden konnte, daß Optionen für ein Lance-Nachfolgesystem offengehalten werden. Jetzt geht es darum, durch rasche Fortschritte bei der Rüstungskontrolle eine Stationierungsentscheidung 1992 überflüssig zu machen.
    Sicher ist es richtig, daß Abrüstung nur auf der Grundlage gesicherter Verteidigungsfähigkeit für uns möglich ist. Aber genauso sicher ist es auch, daß wir jetzt in der Lage sein können, das Kernproblem der europäischen Sicherheit zu lösen, nämlich die Überwindung des stabilitätsgefährdenden östlichen Übergewichts bei kampfentscheidendem Großgerät. Es geht hier um die Verwirklichung eines völlig neuen Denkansatzes in der Sicherheitspolitik, nämlich um die Herstellung eines konventionellen Gleichgewichts zu Bedingungen, die jede großangelegte Invasion fremden Territoriums überhaupt unmöglich machen. Es gibt jetzt, in diesen Tagen, die konkrete und berechtigte Hoffnung, daß wir zu einem ersten Ergebnis innerhalb eines Jahres kommen können.
    Die Bundesregierung wird, wo immer sie kann, das Erreichen dieses Ergebnisses fördern. Denn ein solches Ergebnis liegt in unser aller Interesse, im deutschen Interesse.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Hauchler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Ingomar Hauchler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf der Regierung für 1990 sieht vor, daß für die Entwicklungspolitik 7,2 Milliarden DM ausgegeben werden. Das sind etwa 190 Millionen DM mehr als im Vorjahr; und wenn man die 80 Millionen DM dazuzählt, die über den Ansatz im Jahr 1989 hinaus aus Rückflüssen wieder eingesetzt werden, ergibt sich eine Steigerungsrate von 3,7 %. Sie liegt leicht über dem Wachstum des Gesamthaushalts. Nicht schlecht; die Bundesrepublik steigert ihr entwicklungspolitisches Engagement. So könnte man folgern.
    Doch der schöne Schein trügt. Denn nicht die Barausgaben eines Jahres sind dafür maßgebend, sondern der für neue Zusagen bewilligte Finanzrahmen, die sogenannten Verpflichtungsermächtigungen. Diese werden aber um sage und schreibe 1,7 Milliarden DM zurückgeschnitten. Das sind 22 % weniger als in 1989.
    Ich weiß: Dies liegt zum Teil an niedrigeren multilateralen Verpflichtungen. Es ist aber auch weniger für die bilaterale finanzielle Zusammenarbeit vorgesehen. Die Entwicklungshilfe wird also zurückgefahren, obwohl die Bevölkerung in den Entwicklungsländern weiter explodiert und die Armut wächst. Das Engagement wird verringert, obgleich wir in der Bundesrepublik 1990 wohl auch mit einer guten Wachstumsrate und damit auch mit mehr Steuern und Staatseinnahmen rechnen können.
    Welch ein Armutszeugnis für eine der reichsten Industrienationen der Welt!

    (Beifall der Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD])

    Wie verträgt sich dies, so fragen wir Sozialdemokraten, mit dem Wort des Bundeskanzlers jüngst auf dem Pariser Gipfel und heute auch noch einmal in der Debatte, es müsse mehr für die Dritte Welt und insbesondere für den globalen Umweltschutz geschehen?

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Es sind immer nur Worte!)

    Die SPD kritisiert, daß die Regierung den Finanzrahmen für die Entwicklungspolitik kürzen will. Gleichzeitig wissen wir natürlich auch, daß — hier wie anderswo — Geld eine wichtige Voraussetzung, jedoch nicht der einzige Maßstab für politisches Handeln ist. Genauso wichtig ist, daß man die wirklichen Probleme erkennt und die richtigen Prioritäten setzt.
    Statt ins finanzielle Detail zu gehen, will ich mich deshalb im folgenden eher diesen grundsätzlichen Fragen der Nord-Süd-Politik zuwenden. Ich knüpfe dabei an die Rede meines Fraktionsvorsitzenden an. Jochen Vogel machte heute vormittag deutlich, daß die Regierungskoalition auf wichtigen Feldern der Politik historisch überlebte Lösungen blind weiterschreibt, weil sie offenbar nicht erkannt hat, daß sich im Übergang zum dritten Jahrtausend zentrale Grundannahmen, Begriffe und Paradigmen geändert haben.
    Die Bundesregierung scheint aus Irrtümern und Fehlschlägen der letzten drei Entwicklungsdekaden wenig gelernt zu haben. Sie sagt auch in der NordSüd-Politik „Weiter so!", obwohl sich die globalen



    Dr. Hauchler
    Probleme immer dramatischer zuspitzen: ökonomisch, sozial, ökologisch.
    Ich will allerdings nicht ausschließen, daß auch wir Sozialdemokraten uns selbstkritisch prüfen müssen, ob wir selbst schon die Tragweite von Bevölkerungsexplosion, Schuldenkrise, Globalisierung der Kommunikation, Weltraum- und Gentechnologie, grenzüberschreitender Naturzerstörung und internationaler Finanzverflechtung voll erfaßt haben.
    Meine Damen und Herren, warum können wir auch in den Nord-Süd-Beziehungen nicht einfach weitermachen wie bisher? Welche Annahmen, auf denen bisher unsere Politik gegenüber der Dritten Welt fußte, gelten nicht mehr? Ich will hierfür vier Gründe nennen.
    Erstens. Wir haben bisher angenommen, der Süden könne Zug um Zug durch eine Art nachholende Entwicklung zum Norden aufschließen. Heute müssen wir einsehen, daß sich 12 oder 14 Milliarden Menschen — und dahin treibt die Entwicklung mit Sicherheit — nicht den gleichen exzessiven Verbrauch von Ressourcen leisten können, wie dies heute schon 700 Millionen im Norden tun, ohne daß allen, auch uns, der ökologische Infarkt droht.
    Wenn in China und Indien in 30 Jahren zusammen 3 Milliarden Menschen leben, ist die Klimakatastrophe heute schon völlig sicher programmiert, wenn diese Länder uns imitieren und deshalb dann allein in diesen Ländern mindestens eine halbe Milliarde Autos mehr die Luft und die Atmosphäre belasten.
    Zweitens. Wir haben bisher unterstellt, daß Natur und Ressourcen ausreichen, um über ein permanentes wirtschaftliches Wachstum Elend zu beseitigen, immer höheren Wohlstand zu erreichen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und soziale Konflikte zu bewältigen. Heute wissen wir, daß der Verbrauch von Ressourcen sich nicht mehr nach einer zu maximierenden Produktion, sondern daß sich umgekehrt, wenn wir eine dauerhafte Entwicklung für alle Völker und auch die künftigen Generationen wollen, die Produktion nach den verfügbaren Ressourcen und den ökologischen Gesetzen richten muß — eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Nur: Wir müssen sie offenbar neu lernen. Brauchen wir also nicht bald, sehr bald eine Politik, die auch dann Probleme lösen kann, wenn Konsum und Produktion nicht mehr wie bisher wachsen? Wo zeigt sich diese Politik?
    Drittens. Wir haben gehofft, durch weltwirtschaftliches Wachstum und immer mehr internationale Arbeitsteilung ließe sich die Lücke zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern schließen. Heute erkennen wir: Die wirtschaftliche Kluft zwischen dem Norden und dem Süden, aber auch zwischen dem Westen und dem Osten hat sich nicht geschlossen, sondern in den letzten Jahren vertieft.
    Was können wir also ändern, damit wir dazu beitragen, daß die Erwartungen aller Menschen und Völker auf ein menschenwürdiges Leben erfüllt werden können? Wächst die Fähigkeit des Nordens, zu helfen und zusammenzuarbeiten, gleich schnell wie die Probleme des Südens und die daraus entstehenden globalen Konflikte?
    Viertens. Wir haben bisher nicht beachtet, welche Rückwirkungen unser eigener Konsum, unsere Produktion und unsere Technologie im Norden auf andere Länder und Kontinente haben. Spätestens heute muß uns aber bewußt werden, daß Zinserhöhungen in Washington zu Hungerrevolten in Venezuela, daß die Täfelung aus Tropenholz hier zur Abholzung von Regenwäldern am Amazonas, daß die Konsummuster, die wir über die Welt schicken, zu unerfüllbaren Leitbildern in Asien und Afrika führen.
    Müssen wir uns nicht endlich der globalen Interdependenzen bewußt werden und — wie Hans Jonas sagt — in einer neuen räumlichen und zeitlichen Dimension von Verantwortung denken und handeln?
    Wachsende globale Probleme, zunehmende Widersprüche zwischen Entwicklungs- und Industrieländern, aber auch die Tatsache, daß wir alle in einer Welt mit zunehmenden Interdependenzen leben, müssen uns zum Umdenken und zum Umsteuern veranlassen. Umdenken: Hans-Jochen Vogel hat in dieser Debatte hervorgehoben, was dies insbesondere für die Begriffe Sicherheit und Souveränität bedeutet. Ich füge hinzu: Wir müssen auch unseren Begriff von Entwicklung überprüfen. Sicherheit läßt sich nicht mehr allein militärisch definieren. Wer in Zukunft den eigenen Frieden will, muß sich nicht nur gegen andere verteidigen können; er muß dazu beitragen, ihr Überleben mit zu sichern und zusammen mit ihnen die Natur zu erhalten.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Sozialer Ausgleich und ökologische Vorsorge im globalen Maßstab also: das sind die wirklich tragenden Pfeiler der künftigen Sicherheitspolitik.
    Die weltweiten Interdependenzen zwingen uns auch dazu, den Begriff der nationalen Souveränität zu überdenken; denn militärische Sicherheit, wirtschaftlicher Wohlstand und ökologische Vorsorge lassen sich auch für das eigene Land nur noch durch eine enge internationale Zusammenarbeit und durch eine Stärkung grenzüberschreitender politischer Kompetenz verwirklichen.
    Auch was Entwicklung in Zukunft bedeutet, müssen wir neu bedenken. Nicht mehr ein immer höheres Quantum an materieller Produktion darf der wichtigste Maßstab von Wachstum und Wohlstand und die zentrale Leitvorstellung der Menschen sein, sondern Leitbild sollte die Qualität des Lebens sein, vor allem auch in seinen immateriellen und ideellen Aspekten.
    Wenn die in den westlichen Industrieländern bisher geprägten Vorstellungen von Sicherheit und Souveränität, Fortschritt und Entwicklung sich historisch überleben, weil sie ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen, verloren haben, hat dies natürlich weitgehende Konsequenzen für unser Handeln. Wir müssen politisch umsteuern. Umsteuern heißt: Die globalen Probleme, die immer stärker alle Staaten betreffen, können nur noch — Jochen Vogel hat es gesagt — durch eine wirkliche Weltinnenpolitik bewältigt werden.
    Die Schwächung der internationalen Institutionen durch die konservativen Industrieländer war eine verhängnisvolle Fehlentwicklung in den ganzen vergangenen Jahren. Bilateralismus und unverbindliche



    Dr. Hauchler
    Gipfelkonferenzen — das hat sich zuletzt in Paris erwiesen — versagen drastisch vor den globalen Aufgaben.
    Umsteuern heißt auch: Die Nord-Süd-Politik kann sich in Zukunft nicht mehr unbesehen auf die Modelle, das Kapital und die Technologie des Nordens stützen. Mehr als von dem Geld und den Leitbildern des Nordens ist der Süden davon abhängig, was und wie wir im Norden verbrauchen und produzieren. Und umgekehrt: Der Norden wird sich, will er den Frieden auch für sich selbst sichern, sozial und ökologisch mit dem Süden arrangieren müssen. Entwicklungspolitik ist deshalb nicht mehr mit externer Hilfe gleichzusetzen. Sie verschmilzt zunehmend mit der Wirtschafts- und Agrarpolitik, mit der Umwelt-, Energie- und Verkehrspolitik.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Umsteuern heißt auch: die Strategie unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der Dritten Welt korrigieren. Eine vornehmlich durch das Wachstum der Industrieländer über den Welthandel extern angestoßene Entwicklung im Süden müßte nach Rechnung von Experten zu einer Verzehnfachung des Weltbruttosozialproduktes führen. Zu einer Verzehnfachung! Jeder sieht ein: Das ist gegen alle ökonomische und ökologische Vernunft. Das ist Wahnsinn.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Worauf es in Zukunft in der Entwicklungspolitik also ankommt, ist vielmehr, die eigenen Entwicklungspotentiale des Südens zu aktivieren, dort autonome geistige und politische Kräfte zu fördern und qualitative Momente ins Zentrum der Entwicklungspolitik zu stellen.
    Von diesen Grundsätzen lassen sich eine Reihe konkreter Forderungen an die Entwicklungspolitik im engeren Sinne ableiten. Entwicklungspolitik darf nicht mehr in ein einzelnes Ressort eingesperrt werden und die allerletzte Geige im Konzert aller politischen Instrumente in Parlament und Regierung spielen. Sie muß als Querschnittsaufgabe und Dimension des gesamten politischen Handelns begriffen werden.
    Entwicklungspolitik darf nicht mehr als Einbahnstraße von Nord nach Süd begriffen werden. Sie muß über die gegenwärtigen Lippenbekenntnisse hinaus wirkliche Kooperation praktizieren.
    Entwicklungspolitik muß sich aus globaler Verantwortung auch an der Formulierung der künftigen Konsum- und Produktionsmuster in den eigenen Industrieländern beteiligen können.
    Entwicklungspolitik sollte sich zunehmend aus der Fixierung auf punktuell gesetzte und von außen her konzipierte einzelne Projekte lösen und sich mehr und mehr darauf konzentrieren, die Rahmenbedingungen für eine autonome Entwicklung im Süden zu schaffen: durch Reformen der Weltwirtschaft, aber auch durch Mithilfe bei strukturellen Fortschritten in der ökonomischen, sozialen und politischen Verfassung der Entwicklungsländer selbst. Stichworte sind Agrarreform, Kapitalbildung im eigenen Lande, Binnenmarkt, Partizipation, vor allem aber — die Basis jeder Entwicklung und Produktivität — Bildung und Ausbildung.
    Die letzten Jahre haben leider gezeigt, daß die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP mit wenigen Ausnahmen nicht fähig und bereit sind, umzudenken und umzusteuern. So dümpelt die Bundesrepublik, eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt, im seichten Wasser falsch verstandener eigener kurzfristiger Interessen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie nimmt ihre globale Verantwortung nicht wahr, wie sie es könnte und müßte. Sie nutzt auch ihre Möglichkeiten nicht. Sie stiehlt sich nicht selten einfach aus der Verantwortung.
    In der Schuldenfrage etwa versteckt sie sich seit Jahren hinter dem Rücken der privaten Banken. Sie plädiert für Freihandel, schottet gleichzeitig aber eigene Märkte ab und erlaubt Agrardumping auf fremden Märkten. Sie verlangt Initiativen für globalen Umweltschutz — vollmundig in Paris durch den Bundeskanzler —, sieht aber im Finanzplan 1990 keine zusätzlichen Mittel für ökologische Vorsorge in Entwicklungsländern über das hinaus vor, was jetzt bereits geplant ist.
    CDU/CSU und FDP haben sich, so scheint es, in der Regierungsverantwortung wirklich verbraucht. Angst vor dem Machtverlust und ein unheilvoller Hang zur heilen Welt sowie zu den Rezepten von gestern verhindern den Durchbruch auch zu einer zukunftsgerichteten Nord-Süd-Politik.
    Dem stellen wir Sozialdemokraten für die 90er Jahre, für die nächste Dekade, folgende Grundlinien einer neuen Nord-Süd-Politik gegenüber:
    Erstens. Die Bundesrepublik Deutschland muß endlich das Ziel, mindestens 0,7 % ihres Bruttosozialproduktes für die Entwicklungspolitik einzusetzen, erreichen. Sie hat sich dazu bereits vor langen Jahren im Rahmen der OECD verpflichtet. Es ist eine Schande, daß diese Bundesregierung die Ziffer von 0,48 % im Jahre 1982 inzwischen auf heute 0,38 % heruntergefahren hat.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Zweitens. Finanzielle Zusagen gegenüber Entwicklungsländern sollen in Zukunft grundsätzlich nur noch in Form von Zuschüssen erfolgen. Kredite sollten nur ausnahmsweise und nur für produktive Investitionen, die sich kurzfristig amortisieren, vergeben werden. Alles andere ist unsolide Finanzpolitik.
    Drittens. Den ärmsten Ländern müssen die öffentlichen Schulden vollständig erlassen werden, wenn sie zu Reformen bereit sind, die der breiten Bevölkerung zugute kommen. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren einen kleinen Schritt in diese Richtung getan. Ausmaß und Tempo des Schuldenerlasses bleiben aber weit hinter den Notwendigkeiten zurück. Wer sich in sieben Regierungsjahren angesichts der Probleme nur dazu bequemt, auf ganze 10 % seiner Forderungen zu verzichten, der macht sich lächerlich, wenn er dies lautstark als Beitrag zur Lösung der Schuldenkrise verkauft.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Viertens. Die Mittel, die aus früheren Krediten in den Bundeshaushalt zurückfließen — das sind jetzt



    Dr. Hauchler
    Jahr für Jahr weit über eine Milliarde DM — , müssen in Zukunft wieder voll in den Entwicklungsländern eingesetzt werden. Die SPD wird noch während dieser Haushaltsberatungen konkrete Vorschläge machen, um aus diesen Mitteln Entwicklungsfonds in den Entwicklungsländern nach dem Modell des ERP-Plans zu finanzieren, nachdem ein vom Bundeskanzler angekündigter und von Minister Klein ausgearbeiteter Plan jetzt offenbar kläglich gescheitert ist. Es findet sich nichts mehr in dem Bundeshaushalt, der uns vorliegt.

    (Toetemeyer [SPD]: Der Klein ist ja auch weg!)

    Die Wahlgeschenke des neuen Finanzministers sollen offenbar auch auf Kosten der Ärmsten in der Welt finanziert werden.
    Fünftens. Wir müssen endlich Schluß damit machen, daß die Entwicklungspolitik für eigene kurzfristige wirtschaftliche und politische Interessen mißbraucht wird. Dem widerspricht, daß die Bundesregierung immer noch entwicklungspolitische Leistungen an deutsche Lieferungen und an politisches Wohlverhalten knüpft. Ich verhehle allerdings nicht, daß in diesem Punkt auch wir Sozialdemokraten noch dazuzulernen haben.
    Sechstens. Die Bundesrepublik muß sich an die Spitze einer internationalen Initiative zur Lösung der Verschuldungskrise setzen. Dazu gehört, daß der Staat alle seine Möglichkeiten nutzt und selbst die Voraussetzungen schafft, um die Banken zu veranlassen, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Der Schuldendienst der Entwicklungsländer muß an ihre langfristige Leistungsfähigkeit angepaßt werden. Alles anderes ist irrational

    (Zustimmung bei der SPD)

    oder eine willkommene Basis für politische Erpressung.
    Die Überschuldung entwickelt sich immer mehr zu einer entwicklungspolitischen Blockade, zunehmend vielleicht aber auch zur Barrikade eines verschärften Nord-Süd-Konfliktes. Wir appellieren an die Banken, gemeinsam mit dem Staat diese Blockade zu brechen.
    Siebtens. Entwicklungspolitische Leistungen dürfen nicht mit den Auflagen des Internationalen Währungsfonds, wie sie heute definiert sind, verknüpft werden. Sie zielen zu einseitig auf kurzfristige Zahlungsfähigkeit und sind oft sozial und ökologisch verheerend. Sie gefährden demokratische Prozesse und hemmen eine konsistente, langfristige Entwicklungspolitik.
    Achtens und letztens. In der Entwicklungspolitik muß es zu mehr Konzentration der Kräfte kommen. Schwerpunkte müssen sein: die ländliche Entwicklung, der Aufbau der Binnenmärkte, die Aktivierung eigenen Sparkapitals — das ist möglich — , vor allem aber Bildung und Ausbildung, die Basis jeglicher eigenständiger Entwicklung. Wir sollten aber auch darauf bestehen, daß ökonomische Entwicklungen etwas mit der Verwirklichung von Menschenrechten, Demokratie und Partizipation zu tun haben.
    Meine Damen und Herren, Nord-Süd-Politik, will sie mithelfen, globale soziale Katastrophen abzuwenden und für die künftigen Generationen die Lebensgrundlagen zu erhalten, kann sich nicht mehr in einzelnen Projekten erschöpfen, auch nicht mehr in Mildtätigkeit. Sie muß die Rahmenbedingungen von Entwicklung korrigieren, sie muß Strukturen verändern — im Süden, aber auch bei uns selbst. Dies setzt eine Korrektur bisheriger Axiome, Begriffe und Strategien voraus, und dies — ich wiederhole es — hat auch damit zu tun, wie wir in den reichen Ländern leben, wie und was wir produzieren und ob wir in der Weltwirtschaft wirklich faire Strukturen wollen und Ausgleich statt Dominanz.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)