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    Plenarprotokoll 11/156 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 156. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11715A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1990 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Vogel SPD 11715B Rühe CDU/CSU 11723 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11733 C Mischnick FDP 11736 C Dr. Kohl, Bundeskanzler 11739C Dr. Schmude SPD 11750A Lintner CDU/CSU 11754 B Frau Frieß GRÜNE 11756 C Hoppe FDP 11758C Büchler (Hof) SPD 11760B Dr. Knabe GRÜNE 11762 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 11763 C Kühbacher SPD 11765C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . . 11769A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 11772 B Dr. Rose CDU/CSU 11773 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 11776D Dr. Hauchler SPD 11778C Wilz CDU/CSU 11781C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11783 B Frau Seiler-Albring FDP 11784 C Müntefering SPD 11786 D Pesch CDU/CSU 11788D Frau Teubner GRÜNE 11791C Dr. Hitschler FDP 11792 D Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau . 11794B Conradi SPD 11797D Frau Odendahl SPD 11799C Frau Männle CDU/CSU 11803 A Wetzel GRÜNE 11804 D Neuhausen FDP 11806A Daweke CDU/CSU 11806D Möllemann, Bundesminister BMBW . . . 11807D Oostergetelo SPD 11810B Eigen CDU/CSU 11814 D Frau Flinner GRÜNE 11817 C Bredehorn FDP 11819 A Daubertshäuser SPD 11821 C Fischer (Hamburg) CDU/CSU 11824 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Frau Rock GRÜNE 11826 D Zywietz FDP 11828B Haar SPD 11831A Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Abgeordneten Susset, Michels, Eigen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Heinrich, Bredehorn und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) (Drucksache 11/5124) 11821B Nächste Sitzung 11832D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .11833* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 11715 156. Sitzung Bonn, den 5. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89* Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89* Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 05. 09. 89 Eich GRÜNE 07.09.89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 * * * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89* * * Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89* * * Genscher FDP 07.09.89 Haack (Extertal) SPD 05. 09. 89 Heimann SPD 05.09.89 Frau Hensel GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89* * * Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 05. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 05. 09. 89 * * Jaunich SPD 05.09.89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 * * * Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05.09.89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89* * * Lüder FDP 07.09.89 Magin CDU/CSU 07.09.89 Meyer SPD 05.09.89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Poß SPD 05.09.89 Regenspurger CDU/CSU 07.09.89 Frau Saibold GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 * * * Stratmann GRÜNE 05.09.89 Such GRÜNE 05.09.89 Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Westphal SPD 07.09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89* * * Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89* * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung * * * für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
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    Rede von Dr. Klaus Rose


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute schon den ganzen Tag über eine große politische Debatte erlebt. Dazu haben zwar nicht so sehr die Redner der Opposition beigetragen,

    (Widerspruch bei der SPD)

    aber mit Sicherheit unser Kollege Volker Rühe und der Herr Bundeskanzler.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Aber Kläuschen!)

    Wir haben jetzt am Nachmittag eine verbundene, etwas gemischte Debatte, so daß der eine oder andere



    Dr. Rose
    nicht mehr weiß: Ist jetzt die Verteidigungspolitik, die innerdeutsche Politik oder die Außenpolitik dran?

    (Dr. Vogel [SPD]: So geht's zu bei euch!)

    Ich sage gleich zu Anfang: Ich spreche nochmals zur Außenpolitik.

    (Zustimmung des Abg. Kittelmann [CDU/ CSU])

    Allerdings bin ich dankbar, daß sich der Herr Bundesverteidigungsminister bereits eingeschaltet hat.

    (Vorsitz: Vizepräsidentin Renger)

    Denn er hat den Schuß Realismus in die außenpolitische Debatte gebracht, ohne den man über die Ergebnisse, die sich im Ostblock darstellen, nicht sprechen sollte.

    (Lowack [CDU/CSU]: Das ist sehr fair, Klaus!)

    Es ist heute schon zweimal das Wort „Passau" gefallen. Da ich Passau hier als Abgeordneter vertrete, steht es mir, glaube ich, eher zu, unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern dort zu danken, daß sie eine so große Solidarität gegenüber den neu angekommenen Deutschen aus Ungarn — sprich: aus der DDR — gezeigt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

    Ich halte nichts von Ihrem Vorschlag, Herr Kollege Klaus-Dieter Kühbacher — obwohl ich Sie sonst schätze — , daß man einfach so den Soldaten befiehlt: „Jetzt haut ihr mal ab, weil da neue kommen. " Das kann man nur sagen, wenn man weit weg vom Schuß ist und wenn man sich nicht um die eigenen Sorgen der Soldaten kümmert.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Der Verteidigungsminister hat bereits die richtige Antwort gegeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich muß allerdings auch — das möchte ich wirklich bewußt sagen — Kritik an dem anbringen, was bisher gelaufen ist. Denn die Koordination in diesem ganzen Schauspiel — anders kann ich es nicht nennen — war nicht das Gelbe vom Ei. Ich wäre deshalb dankbar, wenn man wenigstens im nachhinein die Unkosten,

    (Zuruf der SPD: Bezahlte Waffenspende!)

    die vor Ort durch die Übungen und die Ausgaben dafür anfallen, seitens der Regierung erstattet,

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das müßt ihr dem Innenminister sagen!)

    damit der gute Wille, der gezeigt wurde, nicht durch ein falsches Management zerstört wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl, Horst Ehmke! — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Ansatz zur Selbstkritik!)

    Meine Damen und Herren, wir haben — das sollte man sagen — bei dem außen- und ostpolitisch erfreulichen Entwicklungsprozeß doch, wie ich vorhin schon bemerkt habe, den nötigen Schuß Realismus zu beachten. Es ist nicht so, als wäre da jetzt plötzlich die große Freiheit ausgebrochen. Es ist auch nicht so, als
    ließe sich die Perestroika so ohne weiteres umsetzen. Der Kollege Manfred Carstens und ich haben vor kurzem bei politischen Gesprächen in Moskau u. a. feststellen müssen, daß die Sowjetführer riesige Probleme vor sich haben, die sie, so primitiv es klingt, in allen Feldern des Lebens, auch des öffentlichen Lebens, bekommen. Das beginnt z. B. schon beim öffentlichen Haushaltswesen, von dem selbst hohe Funktionäre keine Ahnung haben. Es endet auch nicht bei Überlegungen, wie eine Währungsreform und eine Art Sozialer Marktwirtschaft zur Effizienz des sogenannten Sozialismus beitragen könnten.
    Meine Damen und Herren, angesichts von 40 Jahren Bundesrepublik Deutschland können wir stolz sein, daß sich 1949 das System Ludwig Erhards und nicht die Planwirtschaft der Sozialisten durchgesetzt hat. Wer sich erinnert, daß wenige Tage vor der ersten Bundestagswahl ein Generalstreik gegen die Soziale Marktwirtschaft vom Zaun gebrochen wurde, kann nur dankbar sein, daß diese trotzdem durchgeboxt worden ist.
    Wenn heute erneut wie schon so oft viele Menschen aus der DDR oder aus anderen sozialistischen Ländern zu uns in das Land ihrer Hoffnung kommen, dann doch wohl auch, weil die Soziale Marktwirtschaft unter Ludwig Erhard hier Eingang fand.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Geschichte gab dieser Entscheidung recht. Dafür sollten wir dankbar sein,

    (Zuruf von der SPD: Die Geschichte gibt gar nicht recht! Die Menschen geben recht!)

    aber auch anderen helfen, ähnlich erfolgreich die Weichen stellen zu können.
    Meine Damen und Herren, wir sollten uns in diesem Hohen Haus einig sein, daß unsere Außenpolitik auf die Unterstützung der Reformkräfte abgestimmt sein muß. Dabei reicht allerdings der gute Wille zum Wandel allein nicht aus. Deshalb ist ein Kurs des politischen Realismus notwendig, der zwischen übertriebenen Hoffnungen und überzogenem Mißtrauen hindurchblickt. Er ist auf jeden Fall besser. Erinnern wir uns, daß es in der Volksrepublik China einen brutalen Rückschlag gegeben hat und daß es auch anderswo sehr schnell zu negativen Entscheidungen kommen könnte.
    Wir können nur hoffen und helfen, daß die großen Krisen in der Sowjetunion und in Polen im Sinne der Freiheit gelöst werden. Wir dürfen nicht übersehen, daß der Totalitarismus noch nicht verschwunden ist, leider überhaupt nicht in der DDR oder auch in Rumänien.
    Der Ruf nach einem drastischen Abbau der Bundeswehr, wie er vorhin schon angeklungen ist und wie er in gewissen politischen Kreisen offensichtlich vor Wahlen opportun zu sein scheint, könnte sich schnell als übereilt herausstellen.

    (Lowack [CDU/CSU] : Leider wahr!)

    Auch wir, die Haushaltspolitiker der Unionsfraktion, haben keine Tabus bei einem sinnvollen Sparen. Unnötige Ausgaben oder unsinnige Aufgaben sollen dem Bundeswehrhaushalt erspart bleiben. So waren



    Dr. Rose
    auch die bisherigen Aussagen zum vorgelegten Haushalt gemeint.
    Unseriös ist aber der Vorschlag, Milliarden von D-Mark könnten bei weniger Soldaten eingespart werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist richtig!)

    Herr Kollege Dr. Friedmann hat schon gestern erwähnt, daß weniger Wehrpflichtige noch lange nicht weniger Ausgaben bedeutet. Wenn man mehr Zeit- und Berufssoldaten oder mehr Reservisten braucht, wird alles viel teurer. Ich meine, gerade die Wehrpflichtigen sind deshalb für uns am preiswertesten. Wir sollen auch mit den größeren Sozialleistungen, die wir vorhaben, durchaus den Haushalt belasten dürfen; denn das kommt unseren Soldaten zugute. An den Soldaten als den Garanten unserer Freiheit wollen wir nicht sparen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, welche Chancen bietet der Bundeshaushalt, auf die Veränderungen östlich unseres Vaterlandes einzugehen? Wir können feststellen, daß die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der westlichen Staatengemeinschaft sowohl eine außenpolitische als auch eine wirtschaftspolitische Antwort auf den Wandel im sozialistischen Staatenbund formuliert hat.
    Wir haben zusätzlich die kulturelle Verflechtungschance ergriffen, die die Menschen unmittelbar berühren wird. So sind Abrüstung und Rüstungskontrolle, wirtschaftliche Kooperation, Schuldenreduzierung, aber auch Kulturbegegnung zu wesentlichen Prinzipien geworden. Bei den Krediten wird noch manches zu verhandeln sein; denn, meine Damen und Herren, die Malaise der 70er Jahre darf sich nicht wiederholen. In einer Fernsehsendung gestern abend hat der neue polnische Chefideologe, ZK-Sekretär Wiatr bemängelt, daß die damaligen Kredite das falsche Wirtschaftssystem gefestigt haben. Wir werden also nachträglich in unserer Sorge bestätigt, die Ostverträge könnten zu schnell und zu leichtfertig auf Forderungen der falschen Seite eingegangen sein. Die Ostverträge haben sich also auch aus der Sicht der Polen als falsch dargestellt. Deshalb möchte ich auch erwähnen: Ostpolitik ja, aber eine richtige Ostpolitik. Deshalb gilt auch in dieser Frage: Unsere Politik hat sich als richtig herausgestellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Vor allem ist heute vormittag klargeworden, daß sich die SPD in der Frage des Kontakts zu Polen wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert hat.

    (Lowack [CDU/CSU]: Aber mit etwas anderem!)

    Die Aussagen, die Lech Walesa getroffen hat, die heute von Herrn Ehmke angezweifelt wurden, sind in einem Artikel der „Frankfurter Allgemeinen", zufälligerweise auch von heute, bestätigt worden. Ich zitiere das noch einmal, weil der Kollege Rühe von Ihnen in einer Zwischenfrage angegangen worden ist. Es handelt sich um einen großen Artikel des Professors Dr. Hartmut Jäckel in der heutigen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Zitat:
    Aus den Gesprächen, die ich in diesen Jahren in Warschau und Krakau, Breslau und Danzig geführt habe (gelegentlich im Freien, weil die Wohnung des Gesprächspartners abgehört wurde), ist mir gegenwärtig, wie bitter die damals verfemten Sprecher der Solidarność-Bewegung dieses vermißt haben: glaubwürdige Zeichen der Verbundenheit von seiten der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands,

    (Lowack [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    die sich doch geradezu als Schutzpatron der Bedrängten hätte empfinden müssen.
    Es heißt dann weiter:
    Als ich im August 1987 Lech Walesa nach den Hintergründen für das spektakuläre Nichtzustandekommen einer Begegnung mit Willy Brandt fragte,

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das ist doch Unsinn!)

    lautete die Antwort:

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Wer wird zitiert?)

    — Professor Dr. Hartmut Jäckel in der heutigen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen".

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Wer ist Herr Jäckel? — Gegenruf des Abg. Dr. Faltlhauser [CDU/CSU]: Das nicht zu wissen ist eine Bildungslücke, Frau Kollegin!)

    Ich zitiere weiter:
    „Als Christ versuche ich, jeden Menschen zu verstehen. Ich habe Willy Brandt bis heute nicht verstanden. "

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das ist sein Pech!)

    Es erübrigt sich, hinzuzufügen: Was vor vier Jahren eine politische Tat gewesen wäre, hat heute einen eher faden Beigeschmack.
    Sie sollten sich wirklich einmal überprüfen, wenn Sie immer der Meinung sind, Sie hätten die richtigen ostpolitischen Kontakte hergestellt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Wer ist denn Herr Jäckel? — Zurufe von der CDU/CSU: Zeitung lesen! — Das ist eine Bildungslücke, Frau Kollegin!)

    Meine Damen und Herren, jetzt noch einige Sätze zum Haushalt des Auswärtigen Amtes, nachdem es ja eine verbundene Debatte gibt. — Im Kulturfonds dieses Haushalts liegen die Förderungsschwerpunkte bei einem Sonderprogramm Sowjetunion, das Maßnahmen im Bereich von Wissenschaft und Hochschulen, aber auch im Bereich Aus- und Fortbildung beinhalten soll. Mit den geplanten Goethe-Instituten in Moskau, Sofia und Warschau tut sich aber leider noch nicht allzuviel. Die insgesamt vorgesehenen sechs Stellen lassen kaum Arbeit zu. Ähnlich verhält es sich beim Deutschen Akademischen Austauschdienst und bei der Alexander-von-Humboldt-Stiftung. Die Absicht des Bundeskanzlers, mit Sonderprogrammen zugunsten der UdSSR und auch Indonesiens attraktiv einzusteigen, ist mit dem vorgelegten Haushalt nicht genügend finanziell abgesichert worden. Der Haus-



    Dr. Rose
    haltsausschuß — wir sind heute ja erst in der ersten Lesung, es ist die Einbringungsrede — hat also noch genug Aufgaben vor sich, und wir werden uns gemeinsam, Kollege Hoppe von der FDP und ich, Gedanken darüber machen, wie wir in dieser Richtung fortfahren werden.
    Die Chance, in unseren Nachbarländern selbst zum friedlichen Wandel beizutragen, darf nicht durch Pfennigfuchserei entwertet werden.
    Dankbar und freudig haben wir gestern junge Schüler eines deutsch-ungarischen Gymnasiums hier begrüßt. Schön wäre es, wenn in der nahen Zukunft auch Schüler eines deutsch-polnischen oder gar deutsch-tschechischen Gymnasiums zu uns kommen könnten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, es war heute den ganzen Tag von Europa — Ost und West — die Rede, aber wir haben als Deutsche auch ein Gebiet, das uns besonders nahegeht und uns interessieren muß; ich meine Namibia. Nach einer langen diplomatischen Durststrecke seit der damals umstrittenen Schließung des deutschen Generalkonsulats in Windhuk Mitte der 70er Jahre bringt die im nächsten Jahr vorgesehene Eröffnung einer neuen deutschen Botschaft in Namibia die erneute Chance einer Zusammenarbeit. Ich begrüße es, daß im Haushalt die notwendigen Anlaufplanstellen eingesetzt sind. Vielleicht kann das Sonderprogramm Südliches Afrika damit noch aktueller und auf Namibia bezogener ablaufen. Mit den 6 Millionen DM, die in diesem Sonderprogramm sind, kann man zwar keine großen Sprünge machen. Aber wenn auch die politischen Stiftungen, die anderen Kulturträger und der Schulfonds des Kulturetats dazukommen, dann wird Namibia in seiner Beziehung zur Bundesrepublik Deutschland in neuem Glanz erstrahlen.
    Als Deutsche hier sollten wir gemeinsam mit den Deutschen dort zu großen Entwicklungsanstrengungen bereit sein. Diesem Ziel wird auch ein 50-Millionen-DM-Programm aus dem BMZ dienen, sobald es in die echte Realisierungsphase gelangt ist. Die Entsendung von Blauhelmen wird die deutsche Verantwortung für dieses Land zusätzlich unterstreichen, übrigens überhaupt die Bereitschaft der Deutschen, den Friedensdienst der UNO engagiert mitzumachen. Ob wir dazu auch anderenorts gefordert sind — wie in Mittelamerika — , sei dahingestellt. In diesem Teil der Welt ergeben sich leider auch ständig neue Unruheherde.
    So ist leider Panama auf dem schlechten Wege, von der Völkergemeinschaft abgesondert zu werden. US-Präsident Bush sprach sogar davon, daß Panama keine legitime Regierung mehr hat. Auch die Europäische Gemeinschaft hat zur freien Wahl einer demokratisch legitimierten Regierung aufgerufen. Der Deutsche Bundestag vergibt sich nichts, wenn er die Verweigerung der demokratischen Grundrechte anprangert. Die Bundesregierung sollte auf jeden Fall ihre bilateralen Beziehungen zu Panama überprüfen.
    Zum Schluß noch eine Erklärung zur Eröffnung weiterer Botschaften und Generalkonsulate ab dem Jahr 1990; denn auch damit kommt Außenpolitik zum Ausdruck. Neben Windhuk bekommt bekanntermaßen die Hauptstadt der Volksrepublik Mongolei eine eigene deutsche Botschaft, nachdem die diplomatische Vertretung bisher von Moskau aus und früher von Tokio aus übernommen war. In Ulan Bator zeigt sich im Gefolge der sowjetischen Reformen der Wunsch nach einer größeren Öffnung des bisher isolierten Landes. Auch wir sollten diese mongolischen Pläne umsichtig unterstützen. Der zunehmende deutsche Tourismus, aber auch wirtschaftliche und politische Gründe verlangen unser Engagement in dieser scheinbar entfernt liegenden Region.
    Meine Damen und Herren, als letztes greife ich auf, was der Kollege Hoppe schon gesagt hat. Mit dem Gesetz über den auswärtigen Dienst ist ein Meilenstein für die Angehörigen des Auswärtigen Amtes erreicht. Es mußte allerdings erst die Regierung Kohl kommen, damit dieses Gesetz überhaupt in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Ich darf feststellen, daß auch die CSU ihren großen Anteil dabei hat: im Auswärtigen Ausschuß Michaela Geiger und Ortwin Lowack, als Bundesfinanzminister selbstverständlich Theo Waigel und im Haushaltsausschuß die Vertreter der CSU, darunter auch ich. Wir werden in dieser Richtung zusammen weiterarbeiten und dem auswärtigen Dienst bei der Erfüllung seiner wichtigen Aufgaben helfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, das Wort hat die Staatsministerin beim Bundesminister des Auswärtigen, Frau Dr. Adam-Schwaetzer.

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    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch die Debatte hat sich heute wie ein roter Faden die Diskussion über die Veränderungen in den Staaten Mittel- und Osteuropas gezogen. Das macht ganz klar: Wir stehen in der Außenpolitik vor neuen Aufgaben.
    Nach den Grundentscheidungen für die Westbindung und für eine Öffnung in der Ostpolitik geht es jetzt darum, einen aktiven Beitrag zur Architektur und zum Bau des europäischen Hauses zu leisten. Die Nachkriegszeit geht zu Ende, die Nachkriegsordnung ändert sich. Ich bin davon überzeugt, daß von der gegenwärtigen Entwicklung in den Staaten Osteuropas letztlich alle Staaten erfaßt werden, auch diejenigen, bei denen von einer Reformbewegung bisher nichts zu spüren ist. Denn, meine Damen und Herren, nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist; und Freiheit ist eine solche Idee.
    Die Reformen politischer Art, aber auch die Verfassungsreform in der Sowjetunion haben in den letzten Monaten erhebliche Fortschritte gemacht. Dies entspricht unseren Wünschen; denn, meine Damen und Herren, wir brauchen einen stabilen Partner in der Sowjetunion, wenn wir Fortschritte in der Rüstungskontrolle bei der Herstellung eines konventionellen Gleichgewichts in Europa machen wollen, aber auch wenn wir weitere Fortschritte im Handel, in den gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen und beim Umweltschutz sowie auch im gegenseitigen Kulturaustausch erreichen wollen.



    Staatsminister Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    Hier ist soeben der Kulturetat mehrfach erwähnt worden, meine Damen und Herren. Ich wünsche mir ja, daß sich das Parlament die Freiheit nimmt, uns erheblich mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, damit wir die Kulturarbeit in osteuropäischen Staaten, die jetzt endlich in Gang gekommen ist, ausweiten können.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Auch in Polen und Ungarn vollziehen sich heute Reformprozesse von beeindruckender Dynamik, sowohl politisch wie wirtschaftlich. Das wirtschaftliche Wachstum und die Prosperität in diesen Ländern hängen aber in erster Linie von den eigenen Anstrengungen dieser Länder ab. Der westliche Beitrag kann und muß auch darin bestehen, ihre Bemühungen zur Überwindung der wirtschaftlichen Probleme zu flankieren und zu ergänzen. Das tun wir sowohl in direkten Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den betroffenen Staaten wie auch als Partner innerhalb der Europäischen Gemeinschaft.
    Wir haben mit Ungarn bereits ein Handels- und Kooperationsabkommen abgeschlossen, das unter deutscher Präsidentschaft im vergangenen Jahr unterschrieben worden ist, und wir sind mit Polen in Verhandlungen. Ich denke, es wird Zeit, daß wir auch mit der polnischen Regierung hier zu einem Abschluß kommen.
    Wir wollen die Zusammenarbeit mit diesen Ländern auf allen Gebieten nach Kräften fördern und auf neue Bereiche ausdehnen; aber, meine Damen und Herren, eines muß klar sein: Wenn wir solche Abkommen abschließen, dann geht es nicht um Belohnung für Reformen, sondern es geht um Absicherung von Reformprozessen, die eingeleitet worden sind. Ob und wie wir Hilfe leisten, kann auch mit dazu beitragen, die Entscheidung über den Erfolg oder den Mißerfolg solcher Reformen herbeizuführen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Deshalb darf niemand beiseite stehen, und niemand darf etwa durch Untätigkeit oder durch Zögern ein Scheitern der Reformbestrebungen in Kauf nehmen.

    (Lowack [CDU/CSU]: Es kommt darauf an, wie man hilft!)

    Westeuropa und Osteuropa sind in Bewegung geraten. In ihrer Dynamik laufen diese beiden Bewegungen aufeinander zu. Deswegen müssen wir alles unterlassen, was die Entwicklung aufeinander zu in Europa stören könnte. Störend würden Unsicherheiten wirken, die durch völlig überflüssige Grenzdiskussionen ausgelöst werden.

    (Lowack [CDU/CSU]: Was sind überflüssige Grenzdiskussionen?)

    Meine Damen und Herren, die Ostverträge der 70er Jahre haben ihren Beitrag zur friedlichen Entwicklung unseres Kontinentes geleistet. Machen wir also klar: Wir erheben keine Gebietsansprüche gegenüber Polen.

    (Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich möchte nach dem Verlauf der Debatte vor allen Dingen heute morgen eine Bemerkung anfügen: Wer für sich in Anspruch nimmt, der bessere Unterstützer der Reformbewegung in Polen zu sein, der sollte nicht vergessen: Die jetzige Entwicklung in Polen ist der Kraft der polnischen Bevölkerung und ihrem Freiheitswillen zu verdanken.

    (Beifall bei der FDP, der SPD, den GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Die allerdings haben es nicht verdient, zum Knüppel der innenpolitischen Auseinandersetzung bei uns zu werden.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Den Reformprozeß in Ungarn begrüßen und unterstützen wir. Wir müssen uns klar darüber sein, daß er nicht nur Bedeutung für die Entwicklung eines friedlichen Gesamteuropas hat, sondern auch dazu beigetragen hat, die gegenwärtige Spannung in der DDR sichtbar werden zu lassen, die dann zum Wunsch auf Ausreise vieler Tausender Bürger geführt hat.
    In den letzten Wochen haben Deutsche aus der DDR in zunehmendem Maße den Versuch unternommen, ihre Ausreise durch Festsetzung in der Ständigen Vertretung in Berlin sowie in unseren Botschaften in Budapest und in Prag zu erzwingen. Die genannten Vertretungen mußten deshalb für den Publikumsverkehr vorläufig geschlossen werden. Dies haben wir nicht leichten Herzens getan, und wir wünschen uns, daß wir die Vertretungen bald wieder dem Publikumsverkehr zugänglich machen können. In Ungarn hält sich außerdem eine große Zahl von DDR-Bürgern auf, die nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren wollen.
    Es ist richtig: Der Schlüssel zur Lösung der tiefgreifenden menschlichen Probleme liegt allein bei der DDR. Aber ich möchte allen sagen: Festsetzungen in unseren Auslandsvertretungen sind nicht der Weg, eine Ausreise zu betreiben. Darauf hat die Bundesregierung wiederholt hingewiesen. Wir werden Deutschen in Not unsere Hilfe auch künftig nicht versagen, und wir werden uns, wie wir das in den letzten Wochen getan haben, mit allen Kräften für eine humanitäre Lösung einsetzen.

    (Zustimmung bei der FDP und der CDU/ CSU)

    Wir sind dankbar, daß die Menschen, die in unserer Botschaft in Budapest Zuflucht gesucht haben, inzwischen mit der Hilfe des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ausreisen konnten. Wir begrüßen auch, daß in der Ungarischen Volksrepublik niemand mehr gegen seinen Willen in die DDR abgeschoben wird.

    (Beifall des Abg. Lowack [CDU/CSU])

    Der ungarische Ministerpräsident hat bei seinem jüngsten Besuch in Bonn erklärt, das Problem der Deutschen aus der DDR müsse vor allem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR gelöst werden. Er hat aber auch seine Bereitschaft bekräftigt, jede Unterstützung zu gewähren und den eigenen Beitrag zu leisten. Diese Haltung wissen wir zu würdigen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




    Staatsminister Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    Ich kann nur alle bitten, in der öffentlichen Behandlung dieses Themas der ungarischen Regierung ihren mutigen Kurs nicht zu erschweren.
    Gerade in diesen Tagen ist in den Botschaften in Budapest, Prag und Wien deutlich geworden, welch hohe Anforderungen an die Angehörigen des auswärtigen Dienstes gestellt werden. Sie arbeiten dort zum Teil seit Monaten ohne Rücksicht auf Dienstzeiten, um unbürokratisch und engagiert Hilfe zu leisten. Dafür möchten wir ihnen danken.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Diese Arbeit macht aber auch deutlich, daß das Gesetz über den Auswärtigen Dienst, das ja hier von Kollegen zur Sprache gebracht worden ist, überfällig ist. Die Bundesregierung wird es voraussichtlich noch in diesem Jahr einbringen. Ich denke, daß die Dringlichkeit von den Kollegen hier unterstrichen worden ist. Deshalb bitte ich auch die Ausschüsse des Bundestags um zügige Behandlung.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Ja; nach langem Warten!)

    Lassen Sie mich noch ein Wort zu einem anderen Thema sagen, das aber gerade in den Beziehungen zwischen Ost und West eine zunehmende und ganz wichtige Rolle für den Frieden in Europa spielt. Es ist der Beitrag zur Stabilität in Europa, der durch die laufenden Abrüstungsverhandlungen in Wien geleistet wird. Es ist dem beharrlichen Bemühen der Bundesregierung zu verdanken, daß auf dem letzten NATO-Gipfel der Beschluß gefaßt werden konnte, daß Optionen für ein Lance-Nachfolgesystem offengehalten werden. Jetzt geht es darum, durch rasche Fortschritte bei der Rüstungskontrolle eine Stationierungsentscheidung 1992 überflüssig zu machen.
    Sicher ist es richtig, daß Abrüstung nur auf der Grundlage gesicherter Verteidigungsfähigkeit für uns möglich ist. Aber genauso sicher ist es auch, daß wir jetzt in der Lage sein können, das Kernproblem der europäischen Sicherheit zu lösen, nämlich die Überwindung des stabilitätsgefährdenden östlichen Übergewichts bei kampfentscheidendem Großgerät. Es geht hier um die Verwirklichung eines völlig neuen Denkansatzes in der Sicherheitspolitik, nämlich um die Herstellung eines konventionellen Gleichgewichts zu Bedingungen, die jede großangelegte Invasion fremden Territoriums überhaupt unmöglich machen. Es gibt jetzt, in diesen Tagen, die konkrete und berechtigte Hoffnung, daß wir zu einem ersten Ergebnis innerhalb eines Jahres kommen können.
    Die Bundesregierung wird, wo immer sie kann, das Erreichen dieses Ergebnisses fördern. Denn ein solches Ergebnis liegt in unser aller Interesse, im deutschen Interesse.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)