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ID1115604700

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    Plenarprotokoll 11/156 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 156. Sitzung Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11715A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1990 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Vogel SPD 11715B Rühe CDU/CSU 11723 D Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 11733 C Mischnick FDP 11736 C Dr. Kohl, Bundeskanzler 11739C Dr. Schmude SPD 11750A Lintner CDU/CSU 11754 B Frau Frieß GRÜNE 11756 C Hoppe FDP 11758C Büchler (Hof) SPD 11760B Dr. Knabe GRÜNE 11762 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMB . . 11763 C Kühbacher SPD 11765C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . . 11769A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 11772 B Dr. Rose CDU/CSU 11773 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Staatsminister AA 11776D Dr. Hauchler SPD 11778C Wilz CDU/CSU 11781C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 11783 B Frau Seiler-Albring FDP 11784 C Müntefering SPD 11786 D Pesch CDU/CSU 11788D Frau Teubner GRÜNE 11791C Dr. Hitschler FDP 11792 D Frau Hasselfeldt, Bundesminister BMBau . 11794B Conradi SPD 11797D Frau Odendahl SPD 11799C Frau Männle CDU/CSU 11803 A Wetzel GRÜNE 11804 D Neuhausen FDP 11806A Daweke CDU/CSU 11806D Möllemann, Bundesminister BMBW . . . 11807D Oostergetelo SPD 11810B Eigen CDU/CSU 11814 D Frau Flinner GRÜNE 11817 C Bredehorn FDP 11819 A Daubertshäuser SPD 11821 C Fischer (Hamburg) CDU/CSU 11824 A II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 Frau Rock GRÜNE 11826 D Zywietz FDP 11828B Haar SPD 11831A Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Abgeordneten Susset, Michels, Eigen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Paintner, Heinrich, Bredehorn und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) (Drucksache 11/5124) 11821B Nächste Sitzung 11832D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .11833* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 156. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 5. September 1989 11715 156. Sitzung Bonn, den 5. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89* Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89* Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 05. 09. 89 Eich GRÜNE 07.09.89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 * * * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89* * * Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89* * * Genscher FDP 07.09.89 Haack (Extertal) SPD 05. 09. 89 Heimann SPD 05.09.89 Frau Hensel GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89* * * Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 05. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 05. 09. 89 * * Jaunich SPD 05.09.89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 * * * Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05.09.89 Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89* * * Lüder FDP 07.09.89 Magin CDU/CSU 07.09.89 Meyer SPD 05.09.89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Poß SPD 05.09.89 Regenspurger CDU/CSU 07.09.89 Frau Saibold GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Schulze (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 * * * Stratmann GRÜNE 05.09.89 Such GRÜNE 05.09.89 Tietjen SPD 07.09.89 Vahlberg SPD 07.09.89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Westphal SPD 07.09.89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89* * * Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89* * * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates * * für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung * * * für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Volker Rühe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Tut mir leid. Ich muß das schon noch ein bißchen weiter ausführen können.

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Sie kneifen! — Zurufe von der SPD)

    — Ich kann Ihre Aufregung verstehen; damit haben Sie nicht gerechnet.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Wir wollen etwas von Lummer und seinen Stasi-Kontkten hören! — Roth [SPD]: Herr Generalsekretär, sorgen Sie mal für Ordnung bei Herrn Lummer! Das ist ein Thema für Sie! — Zuruf von der CDU/CSU: Nur kein Neid! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Was wir heute tatsächlich in Mittel- und Osteuropa erleben, ist ein Neubeginn durch Freiheit und Selbstbestimmung, ist Wandel durch Beispiel und Anziehungskraft von Freiheit und Demokratie. Die Entwicklung, die tatsächlich stattfindet — das ist das, was wir immer gefordert haben — , kann man ganz einfach zusammenfassen: Wandel durch freie Wahlen, siehe Polen und Ungarn.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    In einer Zeit von revolutionären Veränderungen in Mittel- und Osteuropa erhält die Deutschlandpolitik eine neue Dimension. Wenn es richtig war, daß es keinen deutschen Sonderweg zu Freiheit und Selbstbestimmung gibt, dann ist es heute auch richtig, daß die Freiheitsfrage, die von Polen und Ungarn aufgegriffen wurde, zu Freiheit und Selbstbestimmung auch für alle Deutschen führen wird. Es geht um die Zukunft Deutschlands, denn die notwendige Demokratisierung in der DDR ist ein Schritt in Richtung auf das Selbstbestimmungsrecht für alle Deutschen.
    Die Veränderungen in Mittel- und Osteuropa haben große Bedeutung für unsere Sicherheitspolitik. Es war lange Zeit ausreichend und für viele bequem, Sicherheitsvorsorge und Bundeswehr allein mit Verweis auf die Bedrohung zu rechtfertigen. Aber heute ist die sicherheitspolitische Lage anders; sie ist komplizierter. Wir sind deswegen gut beraten, unsere Sicherheitspolitik nicht auf Drohbildern aufzubauen, die unser Volk so nicht wahrnimmt. Die Bevölkerung
    meint, die alten Drohbilder seien von der Bühne geschoben, und sie will nun wissen, wie es hinter den Kulissen aussieht. Dafür besteht viel Erklärungsbedarf. Die Politik ist gefordert.
    Bisher ergab sich die Bedrohlichkeit des Ostens aus der Kombination von militärischer Überlegenheit und aggressiver expansionistischer Politik und Ideologie. Heute steht die militärische Übermacht des Warschauer Pakts am Verhandlungstisch in Wien zur Disposition, und die Politik der Sowjetunion ändert sich. Nun liegt die Bedrohlichkeit viel eher im Risiko des Scheiterns, in der Gefahr, daß die sowjetischen Reformen ihr Ziel verfehlen. Verteidigung wird damit zur Versicherungspolice gegen das Risiko des Scheiterns. Da aber Zeiten der Veränderung auch Phasen der Labilität sind, können und dürfen wir die Instrumente nicht vernachlässigen, die für stabile Verhältnisse sorgen: Streitkräfte und Bündnis. Die Bundeswehr braucht deshalb keine neue Legitimation.
    Die Bundesrepublik Deutschland ist außenpolitisch nur handlungsfähig, ja überhaupt politikfähig, wenn sie Mitglied der Allianz ist. Als NATO-Mitglied leistet sie einen angemessenen Bündnisbeitrag und nutzt zugleich das Bündnis als Fundament ihrer Sicherheit und für Verhandlungen mit dem Osten, für Verhandlungen, die Europa verändern sollen. Was wir in Europa brauchen, ist ein Wandel ohne Angst.
    Unsere Alliierten üben bei uns, und unsere Bundeswehr übt im Ausland. So wie unsere Soldaten dort als Gäste auftreten und behandelt werden, so erwarten es unsere Verbündeten hier.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nicht die Souveränität steht zur Debatte, sondern die souveräne Ausübung des Gastrechts ist geboten.
    Die Kampagne der Oppositionsparteien SPD und GRÜNE, wieder Arm in Arm, legt die Achse, Entschuldigung: Axt an die Wurzel der Bündnissolidarität.

    (Zurufe von der SPD)

    — Herr Vogel, Sie sind wirklich schon arm dran, wenn das das einzige ist, woran Sie sich hochziehen können.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Ich kümmere mich doch nicht um Sie, Herr Rühe! Sie überschätzen sich!)

    — Daß Sie so heruntergekommen sind!

    (Dr. Vogel [SPD]: Ich bin „fünfte Kolonne" !)

    — Das habe ich nicht gesagt. — Es ist unfair, Herr Vogel, unseren Soldaten eine politische Debatte über die Existenzberechtigung aufzuzwingen. Willi Weiskirch, der Wehrbeauftragte des Bundestages, hat zu Recht festgestellt:
    Die Bundeswehr hat ihren großen Anteil daran, daß wir alle seit dem Zweiten Weltkrieg in Frieden und Freiheit leben konnten. Unsere Soldaten müssen wissen, daß sie die Gesellschaft, in der sie leben, mitträgt und stützt. — Das wieder zu erreichen ist eine Aufgabe, die jedem von uns gestellt ist — jedem!



    Rühe
    Herr Vogel, auch jedem einzelnen Ihrer Kollegen in Ihrer eigenen Fraktion.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Kommunismus ist tot. Die Demokratie ist überall auf dem Vormarsch. Westliche Gipfelkonferenzen, die sich in der Vergangenheit in erster Linie mit der sowjetischen Bedrohung beschäftigen mußten, müssen sich heute mit den Chancen, aber auch mit den Gefahren des Niedergangs des Kommunismus auseinandersetzen. Ludwig Erhard und die Soziale Marktwirtschaft haben Karl Marx und seine falschen Konzepte widerlegt und besiegt. Alles, was im sowjetischen militärischen Denken neu ist — Glasnost, die Offenheit, Perestroika, der Umbau zu politischem Pluralismus und mehr Markt in der Wirtschaft — , sind Teilanleihen aus unserem politischen Denken. Gorbatschow ist die Antwort der Sowjetunion auf das Versagen des Kommunismus und den Erfolg westlichen politischen Denkens und Handelns. Der Osten schaut heute auf den Westen.
    Es ist wahr: Wir haben Anlaß zur Zufriedenheit und zu vorsichtigem Optimismus, aber nicht zur Selbstzufriedenheit. Die großen Erfolge dürfen uns nicht blind machen für die Schwächen und Probleme, die auch unsere Gesellschaft immer noch hat. Es gibt auch in unserer Gesellschaft immer noch benachteiligte Gruppen — dieses Thema hat die CDU frühzeitig aufgegriffen — , die keine Lobby haben, die keine Lautsprecher haben, sondern die im Kampf um Aufmerksamkeit und um Sozialleistungen in unserer Gesellschaft zu kurz kommen.
    Den Drogenproblemen Jüngerer soll unser ganzer Einsatz gelten. Bindungslosigkeit, Orientierungslosigkeit, Entsolidarisierung, das alles darf uns nicht gleichgültig sein. Der Triumpf der Demokratie darf uns nicht berauschen. Wir dürfen uns nicht auf den Lorbeeren, die wir ohne Zweifel errungen haben, ausruhen. Wir brauchen auch in Zukunft die Fähigkeit zur Selbstkritik und zum ständigen Neubeginn.
    Es gibt keine fertige Gesellschaft. Eine menschliche Gesellschaft ist ständig unvollendet. Flora Lewis hat das vor kurzem in der „International Herald Tribune" angesprochen und gesagt, daß der Niedergang des Kommunismus und die tiefgreifenden Reformen im Osten dazu führen können, daß es einen neuen Wettbewerb auf neuer Grundlage zwischen verschiedenen Gesellschaften geben wird. Das neue Gegenüber, mit dem wir es möglicherweise in den 90er Jahren zu tun haben werden, wird dann vielleicht nicht mehr nur eine falsche und menschenfeindliche Utopie sein, mit der sich auseinanderzusetzen letztlich sehr einfach ist, vor allem angesichts der Fehlleistungen. Diesen neuen Wettbewerb der Gesellschaften müssen wir aufnehmen. Wir können stolz sein auf das Erreichte. Aber wir müssen auch in der Zukunft die richtigen Fragen stellen und versuchen, neue Antworten zu geben.
    Theo Waigel, dem ich im übrigen Dank sagen möchte für seine gestrige Rede und für seine Leistung als Finanzminister,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Jetzt wird er schon von Rühe gelobt!)

    hat Sie gestern schon auseinandergenommen, was Ihre berühmte Ökosteuer angeht. Das ist ja in der Tat ein tolles Stück: Entweder wirkt sie umweltpolitisch, dann wird weniger Benzin verbraucht, dann nehmen Sie aber auch weniger ein, und dann lassen sich alle ihre Versprechungen im Hinblick auf Steuern und Umverteilung nicht verwirklichen.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Sie nehmen immer mehr ein und machen immer mehr kaputt!)

    Oder — was wahrscheinlicher ist — sie hat umweltpolitisch keinen Lenkungseffekt, und dann handelt es sich um eine Erhöhung der Staatsquote, um Umverteilung und vieles andere mehr. Das ist also wirklich total undurchdacht. Sie stecken in einer ganz großen Klemme, wenn Sie diese beiden Dinge miteinander verbinden wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich wollte etwas zur Umweltpolitik sagen. Ich will das einige Tage verschieben; denn das wird ja mit Recht das zentrale Thema unseres Parteitages in Bremen sein.

    (Dr. Vogel [SPD]: Hetzen geht besser!)

    Aber da die, wie ich hoffe, zukünftige Kollegin, aus meiner Sicht, Anke Fuchs hier ist, möchte ich auch sie aus dem Sommertheater zitieren. Liebe Frau Fuchs, Sie haben im Hinblick auf die Debatte über die Vorschläge der SPD für Ökosteuern gesagt: Sozialismus ist eben anstrengend.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zunächst einmal — wir sind beide Hamburger — : Herzlichen Glückwunsch. Sie bleiben den Hamburgern, die offen sind und die Wahrheit sagen, treu — auch wenn es falsch ist. Das unterscheidet Sie von manchen Parteifreunden bei Ihnen. Aber, liebe Frau Fuchs, Sozialismus ist doch nicht anstrengend, sondern er ist falsch und schädlich. Verschonen Sie uns deshalb damit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Das ist ja ein geistiger Kleingärtner, der da redet!)

    — Lieber Herr Vogel, auch wenn Ihnen das nicht gefällt: Die Bundesregierung hat unter diesem Bundeskanzler in der Koalition von CDU/CSU und FDP erfolgreiche Arbeit geleistet.

    (Frau Dr. Götte [SPD]: Selbsternannter Philosoph! — Dr. Vogel [SPD]: Mit dem werdet ihr noch viel Freude haben! Ein richtiger Hetzer!)

    Wir können selbstbewußt sein zu diesem Zeitpunkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir müssen, ob uns das gefällt oder nicht, auch weiterhin Erfolg haben angesichts der Verfassung, in der Sie sich befinden.

    (Lachen bei der SPD)

    Ich sage Ihnen: Wir werden auch weiterhin Erfolg haben.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist ja Tiefparterre!)




    Rühe
    — Sie sind wirklich sehr nervös.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Glauben Sie es nur, Herr Rühe!)

    Unser Erfolg oder Mißerfolg entscheidet wesentlich darüber, wie sich die zweite deutsche Demokratie weiterentwickelt,

    (Kuhlwein [SPD]: Der neue Generalschwätzer!)

    ob das Maß an wirtschaftlicher und politischer Stabilität, an das sich unsere Bürger gewöhnt haben, aufrechterhalten werden kann. Wir müssen und werden Erfolg haben, damit alle Chancen der neuen Zeit, in der wir uns befinden, genutzt werden und die nicht geringen Gefahren wirksam vermieden werden können.
    Ob es uns gefällt oder nicht, wir spielen heute international eine Schlüsselrolle, und viele Erwartungen richten sich an uns.
    Übrigens, Herr Vogel, im Ausland stoße ich in der Regel auf noch viel mehr Angst vor einer Koalition zwischen Ihnen und den GRÜNEN, als das hier in Deutschland der Fall ist. Dort beobachtet man uns nämlich aus der Distanz. Man hat den Blick für das Wesentliche. Wir werden dafür sorgen, daß der Blick für das Wesentliche auch hier noch etwas präzisiert wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir müssen und wir werden auch weiterhin Erfolg haben, weil international viel von uns erwartet wird. Das gilt für die Schaffung eines europäischen Binnenmarkts bis 1992. Das ist der nächste große Schritt der Europäischen Gemeinschaft, die heute weltweit als die erfolgreichste und größte europäische Friedensbewegung nach dem Kriege anerkannt wird. Es gilt für die Herstellung eines neuen Gleichgewichts zwischen Europa und Amerika, einer nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft. Hierbei geht es um die Entwicklung einer reifen Partnerschaft zwischen gleichwertigen Partnern, zwischen Europa und Amerika als gleichwertigen Partnern.

    (Kuhlwein [SPD]: Generalschwätzer!)

    Es geht um die Konzeption und Durchführung der westlichen Politik gegenüber den historischen Veränderungen in Mittel- und Osteuropa, wobei der Kern die Lösung der deutschen Frage im Sinne des Selbstbestimmungsrechts, der Freiheit und Einheit für alle Deutschen ist. Es geht schließlich um ein neues Nord-Süd-Verhältnis, das den neuen Demokratien des Südens, etwa in Lateinamerika, wirksam hilft und eine internationale Umweltschutzpartnerschaft aufbaut. Wir sind auf diese Aufgaben vorbereitet. Wir werden uns diesen großen Herausforderungen auch in Zukunft stellen.
    Vielen Dank.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU sowie Beifall bei der FDP — Zuruf von der SPD: Der Parteitag ist erst nächste Woche!)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Oesterle-Schwerin.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jutta Oesterle-Schwerin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Rede auf ein Thema zu sprechen kommen, das derzeit die öffentliche Diskussion beherrscht: die Flucht Tausender von Menschen aus der DDR.
    Um es ganz unmißverständlich zu sagen: Die GRÜNEN sind ohne Wenn und Aber für die Aufnahme der DDR-Flüchtlinge in der Bundesrepublik. Wir sind dafür, daß ihnen der Start in das neue Leben so leicht wie möglich gemacht wird. Das ist für uns ein selbstverständliches Gebot der Humanität. Allerdings hat dieses Gebot für uns im Gegensatz zur Regierung universelle Geltung. Es gilt für Flüchtlinge aus der DDR. Es gilt für die Menschen, die aus Polen in die Bundesrepublik kommen, und es gilt in gleichem Maße auch für die Flüchtlinge aus der sogenannten Dritten Welt. Einer Politik, die Menschlichkeit von dem Nationalitätenstempel im Reisepaß abhängig macht, werden wir unseren Widerstand entgegensetzen. Die Tatsache, daß niemand ernsthaft daran zweifelt, daß die Bundesrepublik heute dazu in der Lage ist, Tausende von DDR-Flüchtlingen aufzunehmen, straft all diejenigen Lügen, die angesichts der asylsuchenden Flüchtlinge aus anderen Ländern vor kurzem noch behauptet haben, das Boot sei bereits voll. Die regierungsoffizielle Sortierung von Menschen in gute, weil deutsche, und weniger gute, weil ausländische Flüchtlinge, machen wir nicht mit. Sie beweist, wie instrumentell die Bundesregierung Menschlichkeit handhabt.
    Helmut Kohl hat ausnahmsweise recht gehabt, als er am Wochenende gesagt hat:

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kohl hat immer Recht!)

    Auch die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gehört zu den Menschenrechten.
    Damit hatte er recht. Bloß: Dieses Menschenrecht gilt nicht nur für deutsche Flüchtlinge, sondern es gilt auch für diejenigen aus anderen Ländern. Ich fordere Sie deswegen auf, Herr Bundeskanzler, sich angesichts Ihrer neuerlichen Erkenntnis jetzt bei denen zu entschuldigen, die Sie früher als Wirtschaftsasylanten beschimpft haben.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Der hört doch nicht mal zu! — Frau Beck-Oberdorf [GRÜNE]: Er schreibt gerade seinen Namen! Er muß sich konzentrieren!)

    Wir wollen nicht, daß DDR-Flüchtlinge genauso schlecht behandelt werden wie die Flüchtlinge aus Sri Lanka. Wir wollen vielmehr, daß die Flüchtlinge aus Sri Lanka, aus dem Iran, aus Kurdistan und aus Polen genauso gut behandelt werden wie die Flüchtlinge aus der DDR.
    Nun ein paar Anmerkungen zum Haushalt selbst. Zahlen stehen unverdient in dem Ruf, langweilig zu sein. Dabei sind sie ab und zu sehr aufschlußreich.
    Im letzten Jahr betrug der Etat des Bundesumweltministers 2,2 Milliarden DM. Das sind lächerliche 0,8 % des gesamten Bundeshaushalts. Das sind aber auch 200 Millionen DM weniger, als die Bundeswehr in diesem Jahr allein für Munitionskäufe ausgeben darf. Die Bundeswehr darf also 200 Millionen DM mehr verballern, als der Bundesumweltminister für



    Frau Oesterle-Schwerin
    die Umweltschutzaufgaben insgesamt ausgeben darf.
    Was kann die Prioritätensetzung durch diese Bundesregierung besser verdeutlichen als dieses Beispiel?

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Da Herr Töpfer aber ein wackerer Kämpfer für die Sache der Ökologie ist,

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Ist er auch!)

    ist es ihm gelungen, seinen Etat — so wird er uns morgen erzählen — in diesem Jahr von 2,2 auf 2,6 Milliarden DM zu erhöhen.
    Er wird allerdings verschweigen, daß ein Drittel dieser Summe, nämlich mehr als 865 Millionen DM, für die Folgekosten der Atomindustrie draufgehen, also für ökologisch so sinnvolle Dinge ausgegeben werden wie Entsorgung, Endlagerung und Strahlenschutz.
    Herr Töpfer wird auch verschweigen, daß exakt diese Summe nicht etwa neu im Haushalt ausgewiesen, sondern aus dem Haushalt des Wirtschaftsministeriums in den Haushalt seines Ministeriums umgeschichtet worden ist. Bei einigermaßen redlichem Denken muß diese Summe abgezogen werden.
    Was bleibt, ist ein Umweltetat von weit weniger als 1,8 Milliarden DM. Herr Töpfer hat also für seine medienwirksame Tätigkeit 400 Millionen DM weniger zur Verfügung als im letzten Jahr. Ihm stehen, wie gesagt, 600 Millionen DM weniger zur Verfügung, als die Bundeswehr verschießen darf.
    Es gibt aber noch andere interessante Zahlen in diesem Haushalt. 84 % der Gesamtausgaben für die Energieforschung werden in die Atomenergie gebuttert. Seit dem Amtsantritt der Regierung Kohl ist der Etat für nichtnukleare Energieforschung von jährlich 772 Millionen DM auf 399 Millionen DM pro Jahr gesunken. Das macht doch die ganze Trostlosigkeit des umweltpolitischen Engagements dieser Regierung deutlich.
    Auf der anderen Seite lesen auch die Sozialdemokraten die Ergebnisse der Meinungsumfragen und wissen deshalb, daß Ökologie ein wahlentscheidendes Thema sein wird. Also versuchen auch sie, umweltpolitischen Tatendrang zu demonstrieren — natürlich nicht in allen Fragen.
    Über den Ausstieg aus der Atomenergie spricht man heute nicht mehr so gern. Das tun in der Zwischenzeit andere. Im „Spiegel" wird der Chef der Veba, von Bennigsen-Foerder, mit dem Angebot zitiert, man könne über die Stillegung von ein oder zwei alten AKWs durchaus reden; für die modernen Atomfabriken sollte aber gelten, daß diese noch mindestens 25 Jahre lang Profit abwerfen müßten.
    Der saarländische Wirtschaftsminister Hoffmann, stets mutig auf der Suche nach dem Konsens mit der Industrie, deutete diese Forderung in einem Brief an seine SPD-Kollegen in den Ländern als lobenswerte Bereitschaft der Atomindustrie, über die Restnutzungszeit zu verhandeln.
    Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, nichts ist es mehr mit dem Ausstieg innerhalb von zehn Jahren.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Alles Quatsch!)

    — Hoffentlich ist das Quatsch.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Sicherlich ist das Quatsch!)

    Dafür hat die SPD jetzt die Ökosteuer entdeckt. Die Idee ist natürlich von den GRÜNEN geklaut.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Die Idee hatte Matthöfer längst vor Ihnen!)

    Ich will gar nicht lange darüber lamentieren. Das ist schließlich nicht das erste und sicherlich nicht das letzte Plagiat.

    (Roth [SPD]: Ich kannte Sie schon, da waren Sie noch Juso! Ich kenne Sie aus Ulm! Da waren Sie in der Juso-Gruppe! Da haben Sie das meiste gelernt!)

    — Aber nicht lange.

    (Roth [SPD]: Doch! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Eine andere schlechte Kopie unseres Programms ist doch die Frauenpolitik der SPD und deren halbherzige Quotenregelung. Das müssen Sie doch zugeben. Aber wir nehmen Ihnen das Abschreiben an sich überhaupt nicht übel. Wir würden ja ab und zu auch gern einmal in Ihrem Revier wildern, wenn es dort bloß etwas zu holen gäbe. Aber wir finden nichts.

    (Zuruf von der SPD: Wildern ist wildern!)

    Es ist allerdings das zu kritisieren, was die Sozialdemokratie aus der politischen Idee der Ökosteuer gemacht hat. Für uns war und ist die Ökosteuer immer nur ein Instrument gewesen, das zur Erreichung ökologischer Erfolge in einen umfassenden Maßnahmenkatalog eingebettet sein muß. Als Stichwörter nenne ich nur Konversion und Produktionsverbote für besonders giftige Stoffe. Bei uns ist die Steuer also ein Mittel für die Ökologie. Bei Ihnen ist es genau umgekehrt; bei Ihnen wird die Ökologie dazu benutzt, die Erhöhung der indirekten Steuern zu erreichen. Das heißt doch nichts anderes, als eine gute Idee auf den Kopf zu stellen.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das ist ja ganz schlimm!)

    Die Ökologie ist ein Politikbereich, in dem viel geredet und wenig gehandelt wird.
    Es gibt andere Bereiche, in denen wird weniger geredet und dafür aber um so entschiedener gehandelt. Zu dieser zweiten Kategorie gehört die Rüstungsindustrie. Unter dem harmlosen Titel „Modernisierung" vollzieht sich zur Zeit innerhalb der NATO ein massiver Aufrüstungsprozeß. Mit neuen Atomgranaten, mit neuen Bombern und mit einem Nachfolgesystem für die Lance-Raketen soll die sogenannte Lücke, die der Abzug der Pershing-II-Raketen verursacht hat, geschlossen werden. Dieser Abzug war in den Augen der Militärs ohnehin immer nur ein verwerflicher friedenspolitischer Anschlag auf die Kampfkraft der Truppe.



    Frau Oesterle-Schwerin
    392 Atombomber vom Typ F-15 sollen in den nächsten Jahren angeschafft werden. Was das soll, die Strategie, die dahintersteht, beschrieb General Altenburg unlängst mit folgenden Worten — ich zitiere —:
    Weil wir nicht gewillt sind, auf unserem Territorium einen konventionellen Krieg auszukämpfen, planen wir einen Ersteinsatz,
    — mit Atomwaffen —
    der nicht das Territorium der Bundesrepublik treffen soll. Da wir in der Theorie aber nicht ausschließen können, daß die Truppen des Gegners dennoch auf unser Territorium vordringen, zieht die Allianz auch einen Zweiteinsatz in Erwägung.
    Über den Dritteinsatz hat sich der General ausgeschwiegen.
    Ich frage Sie: Was ist angesichts dieser Zukunftsperspektiven politisch vernünftiger als das Bestreben, möglichst schnell aus der NATO auszusteigen?
    Andere Themen, über die wenig geredet wird, sind die Massenerwerbslosigkeit, insbesondere die gar nicht erst registrierte Erwerbslosigkeit von Frauen, und der neuerliche Betrug an den Frauen durch die sogenannte Rentenreform, den wir der SPD mit zu verdanken haben.
    Worüber auch niemand redet, ist z. B. die Tatsache, daß die Putzfrauen, die hier im Hause saubermachen und die drüben unsere Büros putzen, ganze 10,15 DM in der Stunde bekommen, brutto, versteht sich. Die Tamilen, die im ganzen Bundesgebiet im Gaststättengewerbe arbeiten, werden mit einem noch viel kleineren Betrag abgespeist. Darüber wird nicht gern geredet.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Ihre Fraktion hat bis jetzt aber keine Anträge gestellt!)

    — Dann müssen Sie besser aufpassen.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Wissmann [CDU/CSU]: Selber putzen!)

    Dann müssen Sie die Drucksachen besser lesen.
    Eine ganz widerliche Erscheinung ist zur Zeit das Loblied auf den Fleiß und auf die Anspruchslosigkeit der Aussiedlerinnen und Aussiedler und der Versuch, sie mit diesen aus der Not resultierenden Eigenschaften gegen die hiesigen Erwerbslosen auszuspielen.
    Der flinke Herr Wissmann von der CDU hat den Ball natürlich sofort aufgegriffen und eine Änderung der Zumutbarkeitsbestimmungen für alle Arbeitsuchenden gefordert. Die Botschaft ist klar: Diejenigen, die nicht so fleißig und anspruchslos sind, sind eben selber schuld, wenn sie keine Erwerbsarbeit haben. Ich muß sagen, der Zynismus mancher Unionspolitiker verschlägt uns noch sieben Jahre nach der Wende manchmal die Sprache.

    (Dr. Blank [CDU/CSU]: Davon merkt man bei Ihnen aber viel!)

    Meine Damen und Herren, ich möchte im letzten Teil meiner Rede auf die politischen Konstellationen in der Bundesrepublik eingehen.

    (Borchert [CDU/CSU]: Unvorstellbar!)

    Dazu gehört die Frage nach den politischen Gründen für die Entlassung des CDU-Generalsekretärs.

    (Dr. Blank [CDU/CSU]: Machen Sie sich mal Sorgen um Ihren Verein!)

    Um Mißverständnissen vorzubeugen: Wir weinen Herrn Geißler keine Träne nach. Wir können in ihm einfach kein Opfer sehen, weil wir noch zu gut in Erinnerung haben, was er als Täter alles angerichtet hat. Ich möchte bloß an seine Behauptung erinnern, der Pazifismus sei schuld an Auschwitz. Mehr muß ich dazu gar nicht sagen.
    Entlassen wurde der Generalsekretär aber aus folgendem Grund.

    (Dr. Blank [CDU/CSU]: Sie müssen das ja wissen!)

    — Ja, ich habe es gehört. Das haben wir alle gehört. — Am Abend nach der Europawahl erklärte Franz Schönhuber,

    (Dr. Blank [CDU/CSU]: Wer ist denn das? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    eine CDU mit Generalsekretär Geißler sei für ihn nicht koalitionsfähig. Wir stellen fest: Zweieinhalb Monate später hat der Bundeskanzler diese Hürde aus dem Weg geräumt!

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sie müssen ja einen Knick in Ihren Gedanken haben! — Pfeffermann [CDU/CSU]: Wenn die GRÜNEN über die Radikalen reden, dann wird es immer lustig!)

    Jetzt soll niemand sagen, das eine habe nichts mit dem anderen zu tun; denn zu viele Ereignisse und Fakten der letzten Zeit sprechen für diese These.
    Wir sind auch keineswegs darüber beruhigt, daß sich Herr Albrecht in Niedersachsen nun doch entschlossen hat, sich von seinem Republikaner mit CDU-Parteibuch zu trennen. Uns beunruhigt vielmehr das miese Spiel, das wochenlang betrieben worden ist, um Vajen zu halten. Der eigentliche Skandal der Affäre besteht darin,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Welche Affäre meinen Sie?)

    daß Vajen mit seiner Behauptung, es bestünde eine große Übereinstimmung zwischen Republikanern und CDU, recht hat, daß er mit dieser Behauptung den Nagel auf den Kopf getroffen hat.

    (Borchert [CDU/CSU]: Wenn Sie den schon zitieren müssen! — Dr. Blank [CDU/CSU]: Donnernden Applaus gibt es da!)

    Die politische Methode, mit der die Republikaner auf Stimmenfang gehen, besteht schlicht darin, daß sie der CDU/CSU den Spiegel ihrer eigenen politischen Ideale vorhalten, um ihr anschließend vorwerfen zu können, die Wende nur versprochen, aber gar nicht durchgeführt zu haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Deshalb wählen auch die SPD-Wähler sie!)

    CDU und CSU reden nur von der Wiedervereinigung, aber sie tun nichts dafür, sagen die Republikaner. CDU und CSU haben Recht und Ordnung versprochen, aber immer noch laufen Schwule und Lesben



    Frau Oesterle-Schwerin
    frei herum, sagen die Republikaner. CDU und CSU haben versprochen, Deutschland ausländerfrei zu machen, aber es gibt immer noch viel zu viele davon, sagen die Republikaner. Wenn aber die Versprechen der Christdemokraten die stärkste Waffe der Republikaner sind, dann muß doch an diesen Versprechen etwas faul sein — oder?

    (Dr. Lippelt [Hannover] [GRÜNE]: Genauso ist es! — Zuruf von der CDU/CSU: Welch seltsame Logik!)

    Das Schlimmste an den Republikanern ist, daß die CDU/CSU ihnen nach dem Mund redet, um ihre Wählerstimmen zurückzugewinnen. Das ist das Schlimmste.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dieses Kalkül liegt zugrunde, wenn Herr Klein die Waffen-SS in eine Truppe tapferer Vaterlandsverteidiger verwandelt. Dieses Kalkül liegt zugrunde, wenn Herr Waigel auf dem Schlesiertreffen offene Drohungen gegen Polen ausspricht,

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ein Unsinn! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    und es liegt zugrunde, wenn Herr Schäuble die Todesstrafe über den finalen Todesschuß hinterrücks wieder einführen will.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Er hat das Verfassungsgericht zitiert!)

    Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder die Herren Minister wollen mit solchen Äußerungen die Stimmen der Rechten wiedergewinnen, oder — was noch schlimmer wäre, jedoch zu vermuten ist — sie meinen es ernst.

    (Breuer [CDU/CSU]: Offenbaren Sie doch mal Ihre politische Methode! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist noch viel schlimmer!)

    Sicher ist angesichts dieses rechtsradikalen Säbelgerassels, daß sich in den nächsten Jahren — allem Distanzierungsgerede zum Trotz — auf den verschiedenen politischen Ebenen schwarz-braune Koalitionen etablieren werden,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schwarzbraun ist die Haselnuß!)

    es sei denn, die Wählerinnen und Wähler entscheiden anders; und diese Chance haben wir immerhin noch.

    (Beifall bei den GRÜNEN)


    ( V o r s i t z: Vizepräsident Stücklen)

    Meine Damen und Herren, Ordnung und Sicherheit können und wollen die GRÜNEN nicht versprechen. Ein grundlegender Umbau der Industriegesellschaft kann nicht ohne Streit mit der Industrie abgehen. Wir wollen eine umfassende Abrüstungspolitik. In diesem Punkt sind wir radikal; und das wird nicht ohne Streit mit der NATO abgehen. Wir wollen in der Innenpolitik mehr demokratische Freiheiten und mehr Rechte für Minderheiten. Das wird Reibungen geben, aber das wird auch eine ganz neue Perspektive eröffnen.
    Der grüne Weg ist notwendigerweise ein Weg mit Unsicherheiten. Ich denke aber, angesichts der bedrohlichen Sicherheit, welche die Regierung verspricht, ist das allemal der bessere Weg.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU: War es das? Sind Sie schon fertig?)