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ID1115507800

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    Plenarprotokoll 11/155 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 155. Sitzung Bonn, Montag, den 4. September 1989 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Becker (Nienberge) 11655 A Wahl der Abg. Frau Schätzle zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Pack 11655B Wahl der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) als stellvertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an Stelle der ausscheidenden Abg. Frau Pack 11655 B Begrüßung einer ungarischen Gymnasiumsklasse 11674 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Waigel, Bundesminister BMF 11655C, 11705 B Frau Matthäus-Maier SPD 11666 A Borchert CDU/CSU 11674 C Frau Rust GRÜNE 11680A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 11682C Wieczorek (Duisburg) SPD 11688D Dr. Friedmann CDU/CSU 11692 B Frau Vennegerts GRÜNE 11696 B Glos CDU/CSU 11699A Esters SPD 11702 A Wüppesahl fraktionslos 11709B Cronenberg (Arnsberg) FDP 11711 C Tagesordnungspunkt 2: Einspruch des Abgeordneten Volmer gegen den am 23. Juni 1989 erteilten Ordnungsruf 11712 C Nächste Sitzung 11712 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11713* A Anlage 2 Einspruch gemäß § 39 GO des Abg. Volmer (DIE GRÜNEN) 11713* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Montag, den 4. September 1989 11655 155. Sitzung Bonn, den 4. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89 * Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89 * Frau Conrad SPD 4. 09. 89 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 5. 09. 89 Duve SPD 04. 09. 89 Egert SPD 04. 09. 89 Eich GRÜNE 07. 09. 89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 *** * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89 *** Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89 *** Dr. Geißler CDU/CSU 4. 09. 89 Genscher FDP 07. 09. 89 Graf SPD 04. 09. 89 Gröbl CDU/CSU 04. 09. 89 Haack (Extertal) SPD 5. 09. 89 Hauser (Krefeld) CDU/CSU 04. 09. 89 Heimann SPD 05. 09. 89 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 4. 09. 89 Frau Hensel GRÜNE 5. 09. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 4. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89 *** Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 5. 09. 89 ** Jaunich SPD 05. 09. 89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 *** Kossendey CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kretkowski SPD 04. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89 *** Lüder FDP 07. 09. 89 Magin CDU/CSU 07. 09. 89 Meyer SPD 05. 09. 89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Niegel CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Rappe (Hildesheim) SPD 4. 09. 89 Rauen CDU/CSU 04. 09. 89 Reddemann CDU/CSU 04. 09. 89 Regenspurger CDU/CSU 07. 09. 89 Repnik CDU/CSU 04. 09. 89 Reuschenbach SPD 07. 09. 89 Frau Saibold GRÜNE 5. 09. 89 Schartz CDU/CSU 04. 09. 89 Schäfer (Mainz) FDP 04. 09. 89 Frau Schätzle CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Frau Schilling GRÜNE 04. 09. 89 Schröer (Mülheim) SPD 04. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 *** Stratmann GRÜNE 05. 09. 89 Such GRÜNE 05. 09. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Tietjen SPD 07. 09. 89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Vosen SPD 04. 09. 89 Westphal SPD 07. 09. 89 Wimmer (Neuötting) SPD 04. 09. 89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89 *** Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89 *** Zander SPD 04. 09. 89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 04. 09. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Einspruch gemäß § 39 GO des Abgeordneten Volmer (GRÜNE) vom 26. Juni 1989 In der Debatte am Freitag, dem 23. Juni 1989, zum Tagesordnungspunkt 27 bekam ich von der Frau Vizepräsidentin Renger einen Ordnungsruf. Gerügt wurde meine Aussage: Ausgerechnet der Vertreter einer Bundestagsfraktion, die öfter nachgewiesen hat, daß sie nur über ein vordemokratisches Bewußtsein verfügt, deren Mitglieder hier durch rassistische Zwischenrufe aufgefallen sind, will Nachhilfeunterricht in Demokratie geben (Plenarprotokoll 11/153, S. 11601D). Ich möchte nach § 39 der Geschäftsordnung Einspruch gegen den Ordnungsruf einlegen. Begründung: Es scheint mir durchaus „vordemokratisch" zu sein, wenn etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion der CDU/CSU, Dr. Bötsch, in einer Debatte dem Begehren meiner Fraktion nach einem Sitz im Bundestagspräsidium entgegenhält, die Abgeordneten der Fraktion DIE GRÜNEN übten ihr Mandat in einer Art und Weise aus, wie er, Dr. Bötsch, es nicht akzeptieren könne, weshalb der Fraktion DIE GRÜNEN auch jenseits der formalen Hindernisse aus grundsätzlichen Überlegungen ein Platz im Präsidium zu verwehren sei. Hier wird von einem Mitglied des Deutschen Bundestages ein Meta-Standpunkt zur Ausübung des Mandats eingenommen, von dem aus der Vertreter der Mehrheitsfraktion Vertretern einer Minderheitsfraktion die Art ihrer Mandatsausübung vorschreiben will. Dies ist ein eklatanter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit der Abgeordneten. Herr Dr. Bötsch hat faktisch einen obrigkeitlichen Standpunkt über den freien Willen der Abgeordneten gesetzt. Der Vorwurf „rassistischer Zwischenrufe" scheint mir hinreichend gerechtfertigt mit Verweis auf die protokollierten Anwürfe der Herren Fellner (CSU) und Straßmeir (CDU) gegen meinen Fraktionskollegen Meneses Vogl. Nun möchte ich einräumen, daß mir in der frei gehaltenen Rede eine Verallgemeinerung unterlaufen ist, die suggeriert, daß alle Unionsabgeordneten dieselbe Geisteshaltung verträten wie die drei genannten Herren. Die Verallgemeinerung bitte ich als lapsus linguae zu verstehen, der selbst aber noch seine Rechtfertigung dadurch erfährt, daß sich die Fraktion der CDU/CSU von den Entgleisungen ihrer Mitglieder bisher nicht distanziert hat.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Christa Vennegerts


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach diesen versöhnlichen Schlußworten des Kollegen Friedmann muß ich mich nun leider wieder den Niederungen des Haushaltsentwurfs zuwenden. Ich wünsche Ihnen aber, Herr Friedmann, auch von dieser Stelle alles Gute für Brüssel und hoffe, daß Ihr Einfluß in Bonn in Ihrer Fraktion trotzdem noch wirksam bleibt.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Borchert [CDU/CSU])

    Herr Waigel, Sie haben vorhin in Ihrer Rede so große Worte gebraucht — Sie werden ja nachher noch einmal sprechen; da bin ich schon sehr gespannt —, dieser Haushalt habe einen großen Gestaltungsspielraum, er gestalte Zukunftsaufgaben; dieser Haushalt sei ein Kennzeichen von Solidität, dieser Haushalt bewege sich in einer Kontinuität. Bei der Kontinuität kann ich Ihnen zustimmen, nämlich die Kontinuität im Machen hoher Schulden. Das ist aber auch das einzige, wo ich Ihnen zustimmen kann.
    Der Bundesfinanzminister agiert als Finanzminister normalerweise geschickter als sein Vorgänger Stoltenberg. Heute fand ich das allerdings nicht;

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    heute war es sehr offensichtlich und sehr plump, Herr
    Waigel. Kaum im Amt haben Sie etwas aus meiner
    Sicht Geschickteres als Herr Stoltenberg gemacht, Sie
    haben nämlich eines der Kernstücke der sogenannten großen Steuerreform zurückgenommen: die in der Öffentlichkeit so viel gescholtene Quellensteuer. Allein dadurch entsteht in diesem Jahr ein Einnahmeausfall von ca. 4 Milliarden DM. Ziel dieser Maßnahme war nicht etwa die Herbeiführung von mehr Steuergerechtigkeit, vielmehr ging es Ihnen darum, bestimmten populistischen Stimmungen nachzugeben und vermeintlich aus der Bundesrepublik ins Ausland verschreckte Kapitalanleger zur Rücktransferierung ihres Kapitals in die Bundesrepublik zu bewegen. Deshalb haben Sie die Quellensteuer zurückgenommen.
    Die Bundesregierung — und Sie allen in dieser Bundesregierung voran — hat sich dadurch zum Helfershelfer von Steuerhinterziehern und der von Großbanken organisierten Steuerflucht gemacht. Das ist eine Tatsache. Wenn Sie wie heute sagen, Herr Waigel, Sie appellierten an die Steuerehrlichkeit der Leute, das solle alles angegeben werden usw., dann weiß ich gar nicht, wo es einen Widerspruch zu den Kontrollmitteilungen gibt. Wenn Sie wollen, daß das alles angegeben wird, haben wir hier doch ein hervorragendes Instrument. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich da verweigern. Es gibt hier unter den Kollegen der CDU ehemalige Chefs von Finanzämtern, die es doch eigentlich begrüßen müßten, daß es endlich Kontrollmitteilungen gibt, daß die Dinge entsprechend angegeben werden.
    Wenn auch Finanzminister Waigel an dieser Stelle von der Politik seines Vorgängers abgewichen ist, so ist er in den Kernbereichen doch ein würdiger Nachfolger von Herrn Stoltenberg. Wie Stoltenberg verspricht er, die Nettoneuverschuldung zurückzuführen. Tatsache ist jedoch, daß er die Kreditaufnahme gegenüber dem Vorjahr um nahezu 6 Milliarden DM erhöht. Das ist ihm gar nicht peinlich. Der SPD hat er früher vorgeworfen, daß sie hier sozialistische Mißwirtschaft veranstalte.

    (Borchert [CDU/CSU]: Da haben Sie recht!)

    Was wird man eigentlich Ihnen heute sagen? Sie müssen sich wirklich einmal vor Augen halten, Herr Waigel, was Sie hier machen; und Sie sagen noch, Ihre Finanzen seien wunderbar in Ordnung.
    Wie Minister Stoltenberg bekennt sich jetzt auch sein Nachfolger, Herr Waigel, zu dem Prinzip, Steuerentlastungen nicht durch die Streichung von Steuervorteilen oder durch die Kürzung der Ausgaben, sondern durch eine Erhöhung der Kreditaufnahme zu finanzieren.

    (Vor s i t z : Vizepräsidentin Renger)

    Mit anderen Worten: Die Neuverschuldung wird dazu verwendet, den privaten Konsum zu beleben, was in Zeiten einer schwachen Konjunktur Sinn machen kann — kann! — , nicht jedoch dann, wenn wie gegenwärtig die Kapazitäten nahezu beständig ausgelastet sind und mit einem Wachstum von 3,5 % gerechnet wird. Das ist nicht nur konjunkturpolitisch widersinnig, sondern droht über kurz oder lang, inflationäre Gefahren heraufzubeschwören. Da sagen Sie, Sie machten eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, wie sie



    Frau Vennegerts
    im Lehrbuch stehe. Dieses Lehrbuch müssen Sie erst noch schreiben.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sie handeln gegen jegliche Lehrbuchtheorie der ganz normalen Volks- und Wirtschaftspolitik. Das wissen Sie auch. Das ist es ja: Sie wissen das auch.

    (Glos [CDU/CSU]: Horrorgemälde!)

    — Es sind keine Horrorgemälde, Herr Glos. Sie wissen ganz genau, daß Sie sich, statt sich hier antizyklisch zu verhalten, prozyklisch verhalten.

    (Borchert [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)

    Ganz normale volkswirtschaftliche Erkenntnisse treten Sie mit Füßen, weil es Ihnen nicht paßt, weil Sie in der Finanz- und Wirtschaftspolitik versagt haben und die normalen Gesetzmäßigkeiten schon gar nicht mehr beachten, von anderen ganz zu schweigen.
    Die vorgesehene Finanzierung von Steuerentlastungen durch die Anhebung der Neuverschuldung ist auch deshalb abzulehnen, weil ein Teil der durch die Steuerentlastung Begünstigten überhaupt gar keiner Entlastung bedarf. Ich nenne hier Beispiele:

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Sie selber, Frau Kollegin!)

    die Rückführung des Körperschaftsteuersatzes von 56 auf 50 %, was allein in diesem Haushaltsentwurf zu einem Steuerausfall von ca. 2,5 Milliarden DM führen wird.

    (Glos [CDU/CSU]: Im nächsten Jahr!)

    Dafür soll dann die Verschuldung erhöht werden. Doch damit nicht genug. Die Regierung, besonders die FDP, verlangt weitere drastische Steuerkürzungen für Unternehmen. Sie schlagen nur einmal so lächerliche 27 Milliarden DM vor. Obwohl, meine Damen und Herren, die Gewinne der Unternehmen Rekordhöhen erreicht haben, sollen die Unternehmen noch entlastet werden. Wenn dann davon gesprochen wird, es sind keine Mittel für soziale und ökologische Maßnahmen da, so, muß ich sagen, ist das wirklich Hohn und Spott. Man muß die Mittel, die im Bundeshaushalt vorhanden sind, für die richtigen Dinge einsetzen. Das ist der springende Punkt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Sie haben, Herr Waigel — das habe ich auch schon Ihrem Vorgänger, Herrn Stoltenberg, gesagt — , Ihre eigenen Ziele verfehlt. Ich spreche nicht von unseren Zielen, sondern ich spreche von Ihren Zielen. Sie haben die Konsolidierung des Bundeshaushalts nicht einmal annähernd erreicht. Sie haben die Konsolidierung noch weiter verfehlt als je zuvor. Das sind die Tatsachen.
    Kontinuität zu Minister Stoltenberg haben Sie aber auch da nachgewiesen, wo Sie alle sozial ungerechten Teile der Steuerreform beibehalten haben: Streichung des Weihnachtsfreibetrags, Einführung der Besteuerung von Zuschlägen für Sonn- und Feiertagsarbeit, Streichung des steuerfreien Essenszuschusses. Diese unsoziale und unökologische Steuerreform muß zurückgenommen werden.
    Zu nennen wären auch die zum Teil drastischen Erhöhungen der Mineralölsteuer, z. B. beim leichten Heizöl um 300 % oder beim schweren Heizöl um 100 %. Nur damit hier jetzt kein Mißverständnis entsteht, meine Damen und Herren: Die GRÜNEN setzen sich für die Einführung einer Primärenergiesteuer ein, die auch zu einer deutlichen Erhöhung des Preises für fossile Brennstoffe führen würde, also auch bei Benzin, leichtem und schwerem Heizöl. Im Gegensatz zur Bundesregierung würden wir das Geld aber dazu verwenden, ökologische Vorsorgemaßnahmen z. B. im Bereich der Energie und des Verkehrs zu finanzieren und den Bürgerinnen und Bürgern echte Alternativen zu bieten.
    Demgegenüber benutzt die Bundesregierung die Energiesteuer, um ihre Haushaltslöcher zu stopfen. Das ist Ihre Politik, Herr Waigel. Das hat mit Ökologie überhaupt nichts zu tun. Das haben Sie hier heute mehr oder weniger nachgewiesen. Diese Steuerpolitik leistet keinen Beitrag zum Umbau der Industriegesellschaft.
    Meine Damen und Herren, hier geht es doch nicht um Erstgeburtsrecht. Kollege Weng führte an, die FDP habe das auch schon einmal gewollt.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Die Jungliberalen!)

    — Die Jungliberalen. Wo sind denn die Jungliberalen? Wo ist denn der Einfluß der Jungliberalen auf die Altliberalen in Ihrer Partei, muß ich Sie dann fragen, als Sie das wieder weggekipppt haben?

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Zunehmend!)

    Hier geht es doch gar nicht um das Erstgeburtsrecht, hier geht es darum, daß diese Debatte einmal geführt wird und — das ist entscheidend und wichtig
    — die richtigen Schlußfolgerungen gezogen werden. Nur — das bitte auch an die Adresse der SPD — : Ich hoffe sehr, daß die SPD ihr Konzept da noch korrigieren wird,

    (Bindig [SPD]: Na, Christa, das ist schwer!)

    und zwar dahin gehend, daß Sie, wenn Sie der Bevölkerung, was auch wir sagen, höhere Steuern im Energiebereich zumuten, dann gleichzeitig auch die Alternative aufbauen. Sie können nicht das Autofahren verteuern und nicht gleichzeitig die Mittel für den Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs einsetzen. Das ist eine falsche Politik, und das halte ich auch für nicht zumutbar.
    Für die Beurteilung des Haushalts kommt es aus der Sicht der GRÜNEN darauf an, welchen Beitrag zur Lösung der dringendsten Probleme unserer Gesellschaft die Haushaltspolitik leistet. Untersucht man den vorliegenden Haushalt unter dieser Prämisse, so kommt man zu einem erschreckenden Ergebnis: Er trägt nicht zur Lösung der Probleme bei, in weiten Teilen verschärft er sie sogar.
    Im Bereich der Friedens- und Abrüstungspolitik wird der Aufrüstungskurs fortgesetzt. Der Rüstungshaushalt 1990 soll um 1,7 Milliarden DM auf 54,4 Milliarden DM steigen. Das ist die Antwort der Bundesregierung auf die abrüstungspolitische Initiativen Gorbatschows. Herr Friedmann, ich muß Ihnen widersprechen: Es sind Fregatten angeschafft worden, und



    Frau Vennegerts
    die schlagen sich auch im Haushalt 1990 nieder. Es wird also weiter aufgerüstet.
    Im Bereich der Umweltpolitk sieht es nicht besser aus. Die Umweltausgaben verharren auf dem erschreckend niedrigen Niveau des Vorjahres. Nicht einmal 1 To des Gesamthaushalts wird dazu verwendet, auch nur die dringendsten Maßnahmen zur Verbesserung der Umwelt zu finanzieren, geschweige denn Vorsorge gegen weitere Umweltzerstörung zu treffen. Und Sie wagen es, Herr Waigel, hier von der Bewältigung der Zukunftsaufgaben zu sprechen. Das wagen Sie bei diesem Etat! Dabei sind Sie nicht einmal auf die ökologischen Steuern und Abgaben eingegangen, was Teile der FDP und der CDU getan haben. Sie lehnen dieses Instrument anscheinend in Bausch und Bogen ab oder haben noch keine Meinung dazu. Ich meine: Das ist doch der springende Punkt.
    Der von der Regierung vorgelegte Haushaltsentwurf ist ein Dokument des alten Denkens. Eine alternative Haushaltspolitik, wie sie die GRÜNEN fordern, muß dafür sorgen, daß der Schutz der Umwelt und die Schaffung von Arbeitsplätzen für alle übrigen Politikbereiche zum integralen Bestandteil der Planung wird. Ich kann nicht verstehen, Frau Matthäus-Maier, wenn Sie sagen, die insgesamt 83 Milliarden DM an ökologischen Steuern und Abgaben, die wir nach unserem Konzept dann als Einnahmen haben, seien ein Betrag, der zu hoch sei. Wenn Sie sich den Gesamthaushalt angucken, stellen Sie fest, daß es mehr als 300 Milliarden DM sind. Wenn angesichts dessen mehr als 80 Milliarden DM für ökologische Maßnahmen, Vorsorgemaßnahmen eingesetzt werden, die gleichzeitig auch noch Arbeitsplätze schaffen, dann ist das nicht zuviel, sondern dringend und bitter notwendig und auch finanzierbar.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Entscheidend aus haushaltspolitischer Sicht ist die Frage — das wissen wir auch — : Wieviel kosten die Maßnahmen? Wir wollen solide Finanzpolitik machen. Ist das also finanzierbar? Wir müssen diese Frage aber um die Fragen ergänzen — daran fehlt es bei Ihnen in der Politik — : Nützt es den Menschen und nicht nur einer bestimmten Klientel, Herr Waigel, und trägt es zur Verbesserung der Umwelt bei? Wir werden nachweisen, daß die Finanzierung eines alternativen rohstoffsparenden und umweltverträglichen Energiesystems möglich und umsetzbar ist, wenn der politische Wille vorhanden ist. Daran fehlt es dieser Bundesregierung aber gänzlich.
    Was jetzt not tut, ist eine neue, eine wirkliche Wende im gesamten Bereich der Ökologie, d. h. in den Bereichen Energie, Landwirtschaft und Verkehr. Notwendig ist eine Energiewende, die Ernst macht mit dem Abbau regenerativer Energien. Notwendig ist ein ökologischer Umbau der Landwirtschaft, eine Landwirtschaft ohne Massentierhaltung, Vergiftung durch Pestizide und Gülleseen. Notwendig ist eine drastische Einschränkung des Automobilverkehrs und ein Stopp der Straßenbaumanie.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir werden die anderen Parteien zwingen, Farbe zu
    bekennen, zu sagen, wie sie z. B. die selbstzerstörerische Verkehrslogik durchbrechen wollen, wenn sie gleichzeitig die Mittel für den Bundesfernstraßenbau in diesem Haushalt erhöhen. Das spricht doch eine eindeutige Sprache.

    (Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP] : Nicht zugehört!)

    — Das ist das, was Sie wollen, Herr Weng, das ist doch Augenwischerei. Gucken Sie doch in den Bundesverkehrswegeplan. Dann sehen Sie, wieviel neue Bundesfernstraßen und Autobahnen weiterhin geplant sind. Verkaufen Sie die Leute doch nicht für dumm!

    (Zuruf von den GRÜNEN: Richtig!)

    Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, der im Zusammenhang mit dem Gedenken an den 50. Jahrestag des Überfalls auf Polen auch für die Haushaltsberatung eine wichtige Rolle spielen wird. Es geht um die dringliche Bitte der demokratischen Kräfte in Polen, mit großzügiger Wirtschaftshilfe die ökonomische und soziale Umstrukturierung Polens zu unterstützen. Es ist beschämend, mit ansehen zu müssen, mit welch politischer Instinktlosigkeit die Bundesregierung auf diese von der polnischen Seite mit großem Nachdruck vorgebrachten Bitten bisher reagiert hat.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

    Ich möchte der Bundestagspräsidentin, Frau Süssmuth, ausdrücklich dafür danken, daß sie gestern die zaudernde Haltung der Bundesregierung kritisiert hat.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Wir GRÜNE fordern die Bundesregierung auf, das von der Gewerkschaft Solidarität vorgeschlagene Reformprogramm nachdrücklich zu unterstützen. Woran liegt es eigentlich, daß bis heute nichts geschehen ist? Vielleicht daran, daß der Schatten der Republikaner nach Niedersachsen nun auch auf Minister Waigels Schreibtisch gefallen ist?

    (Zuruf von den GRÜNEN: Schon lange!)

    Statt Grenzen in Frage zu stellen, Herr Waigel, sollten Sie finanzielle Mittel in Richtung Polen bewegen. Das wäre die richtige Antwort.
    Herr Waigel, Sie betreiben eine auf den Wahlkampf gerichtete Finanz- und Haushaltspolitik, indem Sie ihre Klientel schamlos bedienen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Dieser Haushalt ist eine ökologische Null-Nummer, sozial kaltherzig und stellt durch unterlassene Zukunftsinvestitionen besonders im Umweltbereich eine unverantwortliche Hypothek für die Zukunft dar. Die GRÜNEN werden es nicht bei der Kritik belassen, sondern einen konkreten Alternativhaushalt präsentieren.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat jetzt Herr Kollege Glos.

(Walther [SPD]: Der schon wieder!)





  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Glos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz des Jammergemäldes, das wir, wie z. B. soeben, von den Oppositionsrednerinnen und -rednern hinsichtlich dieses Haushalts gemalt bekommen haben, ist es eine Tatsache, daß die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung seit der Wende erfolgreich war.
    Seit 1982 wächst unsere Wirtschaft Jahr für Jahr. Wir haben andauernd niedrige Zinsen, eine stetige Zunahme der Beschäftigung und im historischen und internationalen Vergleich immer noch stabile Preise.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Obwohl ihr regiert, das stell dir mal vor!)

    Auch 1990 und danach wird unsere Wirtschaft nach Einschätzung nationaler und internationaler Einrichtungen wieder erfolgreich sein. Die Angst vor konjunktureller Überhitzung ist gegenwärtig größer als die Befürchtung eines nahen Konjunktureinbruchs. Diese gute Wirtschaftslage gibt uns auch die Möglichkeit, im Umweltschutz verstärkt tätig zu sein. Die Investitionsschwäche vergangener Jahre ist gottlob überwunden; die Politik des langen Atems und der Stetigkeit hat sich ausgezahlt.
    Der Aufschwung — und das ist ganz besonders wichtig — verlief fast inflationsfrei. Der Flächenbrand der Inflation während der letzten Jahre unter der Herrschaft der SPD — ich wiederhole noch einmal die Zahlen: 1980 5,4 %, 1981 6,3 %, 1982 5,3 % — ist gelöscht. 1986, 1987 und 1988 war die Inflation — und jetzt zitiere ich Herrn Professor Schiller — „so tot wie ein rostiger Nagel" . Die Beschleunigung des Preisanstiegs in den ersten Monaten dieses Jahres auf gut 3 % im Vergleich zum Vorjahr hatte vor allem externe Ursachen wie den Anstieg des Ölpreises und des Dollarkurses.
    Zugegeben: Auch — und damit komme ich zur Steuerpolitik — die maßvolle Anhebung einzelner Verbrauchsteuern hatte einen gewissen preissteigernden Einfluß.

    (Walther [SPD]: Maßlos war das!)

    — Herr Kollege Walther, ich nehme Ihren Zwischenruf jetzt sehr gerne auf: Es war sehr maßvoll. Und wenn Sie sich anschauen, was in dem Papier „Fortschritt '90", wie es sich nennt, an massiven Erhöhungen der Verbrauchsteuern geplant ist,

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Entlastungen!)

    dann wird klar, was dies allein für die Preissteigerungsrate, für die Inflation bedeuten würde. Es ist lohnenswert, auch das einmal zu untersuchen. —

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Trotzdem war der Weg — runter mit direkten, leistungsabhängigen Steuern, gewisser Teilausgleich bei indirekten Steuern — richtig. Diese Steuermaßnahmen dienen auch dem unvermeidlichen Harmonisierungsprozeß im Hinblick auf den europäischen Binnenmarkt. Und bei den Steuervorschlägen der SPD vermisse ich diesen europäischen Aspekt überhaupt.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Darauf bin ich doch eingegangen!)

    In den letzten Monaten ist der Preisauftrieb fast zum Stillstand gekommen; Gott sei Dank.

    (Walther [SPD]: Was, 3 % ist Stillstand? Was ist das denn?)

    Und wenn es weiter gut läuft und man im Inland vorsichtig ist, könnte es heuer wieder mit einer Zwei vor dem Komma abgehen. Inflation trifft vor allen Dingen den Geldbeutel des „kleinen Mannes" oder der „kleinen Frau" , wie Sie wollen. Unsere Stabilitätspolitik ist deshalb der wirksamste Beitrag zu einer erfolgreichen Sozialpolitik.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Eben nicht!)

    Die kostentreibenden SPD-Pläne für eine drastische Erhöhung der Energiesteuern sind dagegen sozialfeindliche Inflationspolitik. Das sollten wir bei aller Umwelteuphorie der letzten Wochen und Monate nicht übersehen.
    Es war vorhin ganz interessant — ich habe dem Herrn Kollegen Friedmann sehr aufmerksam zugehört — : Es ist sicher richtig und wertvoll, daß wir miteinander darüber debattieren, wie wir unserer Umwelt helfen. Es sind auch viele richtige Schritte über Abgaben eingeleitet worden. Aber wir hier müssen natürlich auch immer wieder auf die Kostensituation unserer Wirtschaft Rücksicht nehmen.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Aha!)

    Wir sind in die internationale Zusammenarbeit und ganz besonders in die europäische Zusammenarbeit eingebunden. Und wir möchten auch, daß auch unsere jungen Leute wieder konkurrenzfähige Arbeitsplätze haben.
    Überhaupt ist es mehr als fragwürdig, ob die ökologische Steuerreform à la Rot/Grün die gestreckten Umweltziele jemals erreichen kann, wenn auf der anderen Seite staatliche Transfers und Steuerentlastungen winken, wie es in diesem Papier drinsteht. Ich zitiere den Kölner Finanzwissenschaftler Gretschmann. Er hat den Verdacht, daß bei den SPD-Plänen zur kräftigen Verteuerung des Benzins nicht so sehr das Umweltziel, sondern — ich zitiere aus dem „Handelsblatt" vom 29. August — „zumindest unterschwellig das zu erzielende Mehraufkommen eine nicht unerhebliche Rolle spielt".

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Was sollen wir machen, wenn der das nicht versteht?)

    — Es ist ganz interessant, wenn Sie das sagen. Ich habe mir das auch überlegt. Ich hatte den Namen auch noch nicht oft gehört, aber das „Handelsblatt" beruft sich auf einen Artikel der WSI, und das ist doch die Monatsschrift des DGB. Da bin ich eigentlich davon überzeugt, daß Sie das alles sogar ganz ausführlich gelesen haben; das zählt ja zu Ihrer Pflichtlektüre.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Sicher haben wir das gelesen! Herr Gretschmann hat unser Programm nicht gelesen!)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zeigt vor allem: Die SPD hat nichts dazugelernt. Wie zu ihren Regierungszeiten in den 70er Jahren ist sie bereit, mit höheren Steuern und höheren Staatsleistungen den Leistungswillen unserer Bürger und Betriebe



    Glos
    zu schwächen und damit den wiedergewonnenen Wohlstand unseres Volkes zu gefährden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch unter dem Schafspelz des Umweltziels ist und bleibt die SPD die Steuererhöhungspartei Deutschlands.

    (Dr. Struck [SPD]: Das ist ja nun wirklich ein alter Hut! Das ist ja die Rede vom letzten Jahr! Hören Sie doch endlich einmal mit dem Mist auf!)

    Es ist sicher unsere Aufgabe, bis zu den Wahlen dem Steuerbürger klarzumachen, daß das Programm, das sich unter dem Tarnnamen „Fortschritt '90" verbirgt, im steuerpolitischen Teil in Wirklichkeit als „Rückschritt '92" oder möglicherweise noch besser als „Diebstahl 2000" bezeichnet werden muß.

    (Zuruf von der SPD: Ist ja albern!)

    Da weiß ich mich auch mit der Deutschen SteuerGewerkschaft ebenso wie mit dem Bund der Steuerzahler einig, die sich beide entschieden gegen die Vorschläge von SPD und GRÜNEN zur Umgestaltung des Steuersystems gewandt haben. Das Steuersystem ist ein untaugliches Instrument, Umweltschutz zu betreiben. Das sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Erhard Geyer letzte Woche vor der Presse.

    (Zuruf von der SPD: Wer ist das denn?)

    Verbrauchsteuererhöhungen, wie sie die SPD z. B. für die Mineralölsteuer vorgeschlagen hat, treffen aus der Sicht der Steuer-Gewerkschaft Einkommenstarke und Einkommenschwache im gleichen Maße. Ich füge nur hinzu: Der sogenannte kleine Mann oder die kleine Frau gerade im ländlichen Raum können — ohne eine Alternative im öffentlichen Personennahverkehr — den teuren SPD-Sprit nicht verkraften,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau MatthäusMaier [SPD]: Wenn Sie schon von den kleinen Leuten reden!)

    auch dann nicht, wenn dieser teure SPD-Sprit grün gefärbt ist und als Öko-Super angepriesen wird.

    (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

    Ich bin überzeugt, spätestens dann, wenn der Motor unserer Volkswirtschaft stottert, wird dem Bürger klar, daß er nicht den Tiger in den Tank gepackt hat, sondern daß Sand ins Getriebe gestreut worden ist.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine vollständige ökologische Umstrukturierung

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Will doch gar keiner!)

    unseres Steuersystems nach den Vorstellungen der SPD und der GRÜNEN

    (Dr. Struck [SPD]: Sie haben das alles nicht verstanden!)

    ist nach meiner Meinung unrealistisch. Die Zerstörung von Umwelt und Natur hat einen Umfang erreicht,

    (Dr. Struck [SPD]: Dazu hat Herr Friedmann schon das Richtige gesagt! — Frau MatthäusMaier [SPD]: Ja, das war schon intelligenter!)

    der nicht nur das ökologische, sondern auch das ökonomische Gleichgewicht gefährdet. Auch deshalb sind — da sind wir alle uns sicher einig — weitere nachhaltige Umweltschutzmaßnahmen erforderlich. Über das Ziel, der Umwelt zu helfen, bestehen keine unterschiedlichen Auffassungen. Nach wie vor bin ich aber der Meinung, daß im Bereich der Umweltpolitik die Priorität der Ordnungspolitik, d. h. dem Arbeiten mit Geboten und Verboten, zukommt, nicht jedoch der Steuerpolitik. Leider nur früher maßgebende Leute in der SPD wie die ehemaligen Finanzminister Apel und Schiller sehen das in ihren Veröffentlichungen ebenso.
    Klar gesagt werden muß noch einmal, daß sich die vorgeschlagene drastische Verteuerung der Energie knallhart gegen die Bürgerinnen und Bürger richtet, die über ein nur geringes Einkommen verfügen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Ein anderer ganz wesentlicher Mangel ist, daß die SPD offensichtlich die Vorschläge der EG-Kommission zur Harmonisierung der Verbrauchsteuern nicht einmal gelesen hat, so, als gäbe es überhaupt keinen Binnenmarkt '93. Ihr Umbaupapier „Fortschritt '90", wie Sie es nennen — ich sage noch einmal: besser „Rückschritt '92" —, erwähnt mit keinem Wort die Steuerpläne der EG-Kommission. Das allein zeigt, wie unausgegoren und undurchdacht, aber auch wie unrealistisch die Absichten sind.
    Ich darf ein Beispiel bringen. Ab 1. Januar 1991 wird bei uns die Mineralölsteuer für verbleites Benzin 67 Pfennige pro Liter und für bleifreies Benzin 60 Pfennige pro Liter betragen, während die Kommission 70 bzw. 64 Pfennige pro Liter vorschlägt. Wir sind also in der Bandbreite. Eine Erhöhung um 50 Pfennige pro Liter, wie das die SPD will, ist europaweit schlicht und einfach nicht zu machen. Solche Pläne sind auch deshalb gefährlich, weil sie den Binnenmarkt-Prozeß empfindlich stören.

    (Abg. Frau Matthäus-Maier [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)