Rede:
ID1115502000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 53
    1. in: 4
    2. und: 2
    3. haben: 2
    4. Ich: 2
    5. aus: 2
    6. Meine: 1
    7. Damen: 1
    8. Herren,: 1
    9. darf: 1
    10. ich: 1
    11. für: 1
    12. einen: 1
    13. Moment: 1
    14. um: 1
    15. Aufmerksamkeit: 1
    16. bitten.: 1
    17. Wir: 1
    18. besondere: 1
    19. Gäste: 1
    20. unserem: 1
    21. Hause.: 1
    22. erlaube: 1
    23. mir,: 1
    24. sie: 1
    25. sehr: 1
    26. herzlich: 1
    27. zu: 1
    28. begrüßen.: 1
    29. Es: 1
    30. ist: 1
    31. eine: 1
    32. Gymnasiumsklasse: 1
    33. Pécs: 1
    34. Ungarn,: 1
    35. einem: 1
    36. deutsch-ungarischen: 1
    37. Gymnasium.: 1
    38. wünsche: 1
    39. Ihnenhier: 1
    40. der: 1
    41. Bundesrepublik: 1
    42. alles: 1
    43. Gute: 1
    44. hoffe,: 1
    45. daß: 1
    46. wir: 1
    47. Zukunft: 1
    48. noch: 1
    49. viele: 1
    50. Schüleraustausche: 1
    51. werden.: 1
    52. Vielen: 1
    53. Dank.\n: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/155 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 155. Sitzung Bonn, Montag, den 4. September 1989 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Becker (Nienberge) 11655 A Wahl der Abg. Frau Schätzle zur Schriftführerin als Nachfolgerin der Abg. Frau Pack 11655B Wahl der Abg. Frau Hoffmann (Soltau) als stellvertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an Stelle der ausscheidenden Abg. Frau Pack 11655 B Begrüßung einer ungarischen Gymnasiumsklasse 11674 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1990 (Haushaltsgesetz 1990) (Drucksache 11/5000) b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1989 bis 1993 (Drucksache 11/5001) Dr. Waigel, Bundesminister BMF 11655C, 11705 B Frau Matthäus-Maier SPD 11666 A Borchert CDU/CSU 11674 C Frau Rust GRÜNE 11680A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 11682C Wieczorek (Duisburg) SPD 11688D Dr. Friedmann CDU/CSU 11692 B Frau Vennegerts GRÜNE 11696 B Glos CDU/CSU 11699A Esters SPD 11702 A Wüppesahl fraktionslos 11709B Cronenberg (Arnsberg) FDP 11711 C Tagesordnungspunkt 2: Einspruch des Abgeordneten Volmer gegen den am 23. Juni 1989 erteilten Ordnungsruf 11712 C Nächste Sitzung 11712 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11713* A Anlage 2 Einspruch gemäß § 39 GO des Abg. Volmer (DIE GRÜNEN) 11713* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Montag, den 4. September 1989 11655 155. Sitzung Bonn, den 4. September 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 07. 09. 89 * Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 07. 09. 89 Büchner (Speyer) SPD 07. 09. 89 * Frau Conrad SPD 4. 09. 89 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 5. 09. 89 Duve SPD 04. 09. 89 Egert SPD 04. 09. 89 Eich GRÜNE 07. 09. 89 Frau Eid GRÜNE 07. 09. 89 *** * Frau Fischer CDU/CSU 07. 09. 89 *** Frau Garbe GRÜNE 05. 09. 89 Frau Geiger CDU/CSU 07. 09. 89 *** Dr. Geißler CDU/CSU 4. 09. 89 Genscher FDP 07. 09. 89 Graf SPD 04. 09. 89 Gröbl CDU/CSU 04. 09. 89 Haack (Extertal) SPD 5. 09. 89 Hauser (Krefeld) CDU/CSU 04. 09. 89 Heimann SPD 05. 09. 89 Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 4. 09. 89 Frau Hensel GRÜNE 5. 09. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 4. 09. 89 Dr. Holtz SPD 07. 09. 89 *** Frau Hürland-Büning CDU/CSU 07. 09. 89 Hüser GRÜNE 05.09.89 Ibrügger SPD 5. 09. 89 ** Jaunich SPD 05. 09. 89 Klein (Dieburg) SPD 07. 09. 89 Dr. Klejdzinski SPD 07. 09. 89 *** Kossendey CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 07. 09. 89 Kretkowski SPD 04. 09. 89 Kreuzeder GRÜNE 05. 09. 89 Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 07. 09. 89 Frau Luuk SPD 07. 09. 89 *** Lüder FDP 07. 09. 89 Magin CDU/CSU 07. 09. 89 Meyer SPD 05. 09. 89 Dr. Müller CDU/CSU 07. 09. 89 * Frau Nickels GRÜNE 05. 09. 89 Niegel CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Nöbel SPD 07. 09. 89 Rappe (Hildesheim) SPD 4. 09. 89 Rauen CDU/CSU 04. 09. 89 Reddemann CDU/CSU 04. 09. 89 Regenspurger CDU/CSU 07. 09. 89 Repnik CDU/CSU 04. 09. 89 Reuschenbach SPD 07. 09. 89 Frau Saibold GRÜNE 5. 09. 89 Schartz CDU/CSU 04. 09. 89 Schäfer (Mainz) FDP 04. 09. 89 Frau Schätzle CDU/CSU 04. 09. 89 Dr. Scheer SPD 07. 09. 89 Frau Schilling GRÜNE 04. 09. 89 Schröer (Mülheim) SPD 04. 09. 89 Dr. Stercken CDU/CSU 07. 09. 89 *** Stratmann GRÜNE 05. 09. 89 Such GRÜNE 05. 09. 89 Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Tietjen SPD 07. 09. 89 Frau Dr. Vollmer GRÜNE 05. 09. 89 Vosen SPD 04. 09. 89 Westphal SPD 07. 09. 89 Wimmer (Neuötting) SPD 04. 09. 89 Wolfgramm (Göttingen) FDP 07. 09. 89 *** Dr. Wulff CDU/CSU 07. 09. 89 *** Zander SPD 04. 09. 89 Dr. Zimmermann CDU/CSU 04. 09. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung *** für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlage 2 Einspruch gemäß § 39 GO des Abgeordneten Volmer (GRÜNE) vom 26. Juni 1989 In der Debatte am Freitag, dem 23. Juni 1989, zum Tagesordnungspunkt 27 bekam ich von der Frau Vizepräsidentin Renger einen Ordnungsruf. Gerügt wurde meine Aussage: Ausgerechnet der Vertreter einer Bundestagsfraktion, die öfter nachgewiesen hat, daß sie nur über ein vordemokratisches Bewußtsein verfügt, deren Mitglieder hier durch rassistische Zwischenrufe aufgefallen sind, will Nachhilfeunterricht in Demokratie geben (Plenarprotokoll 11/153, S. 11601D). Ich möchte nach § 39 der Geschäftsordnung Einspruch gegen den Ordnungsruf einlegen. Begründung: Es scheint mir durchaus „vordemokratisch" zu sein, wenn etwa der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion der CDU/CSU, Dr. Bötsch, in einer Debatte dem Begehren meiner Fraktion nach einem Sitz im Bundestagspräsidium entgegenhält, die Abgeordneten der Fraktion DIE GRÜNEN übten ihr Mandat in einer Art und Weise aus, wie er, Dr. Bötsch, es nicht akzeptieren könne, weshalb der Fraktion DIE GRÜNEN auch jenseits der formalen Hindernisse aus grundsätzlichen Überlegungen ein Platz im Präsidium zu verwehren sei. Hier wird von einem Mitglied des Deutschen Bundestages ein Meta-Standpunkt zur Ausübung des Mandats eingenommen, von dem aus der Vertreter der Mehrheitsfraktion Vertretern einer Minderheitsfraktion die Art ihrer Mandatsausübung vorschreiben will. Dies ist ein eklatanter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit der Abgeordneten. Herr Dr. Bötsch hat faktisch einen obrigkeitlichen Standpunkt über den freien Willen der Abgeordneten gesetzt. Der Vorwurf „rassistischer Zwischenrufe" scheint mir hinreichend gerechtfertigt mit Verweis auf die protokollierten Anwürfe der Herren Fellner (CSU) und Straßmeir (CDU) gegen meinen Fraktionskollegen Meneses Vogl. Nun möchte ich einräumen, daß mir in der frei gehaltenen Rede eine Verallgemeinerung unterlaufen ist, die suggeriert, daß alle Unionsabgeordneten dieselbe Geisteshaltung verträten wie die drei genannten Herren. Die Verallgemeinerung bitte ich als lapsus linguae zu verstehen, der selbst aber noch seine Rechtfertigung dadurch erfährt, daß sich die Fraktion der CDU/CSU von den Entgleisungen ihrer Mitglieder bisher nicht distanziert hat.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Matthäus-Maier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Gattermann, dies hängt ganz davon ab, für welches technische Modell man sich entscheidet. Das haben wir nicht getan. Sie können sicher sein, daß es sich um Hoch- und Höchstverdiener handelt, sonst hätte doch der verehrte Kollege Dregger diesen Vorschlag nicht gemacht, Herr Gattermann. Da werden Sie mir recht geben.

    (Beifall bei der SPD)

    Ihre Politik des Aussitzens, Abwartens und Abwehrens wird am deutlichsten im Bereich der Umweltpolitik. Die SPD hat ihr Konzept für eine ökologische Weiterentwicklung des Steuer- und Abgabensystems vorgelegt, das, was die Menschen kurz „Ökosteuer" nennen. Daraufhin ist bei den anderen Parteien eine hektische Betriebsamkeit ausgebrochen. Das ist schon ein erster Erfolg unseres Konzepts. Bedauerlich aber ist, daß der für die Steuerpolitik zuständige Finanzminister es ablehnt, beim Kampf gegen die Umweltzerstörung stärker als bisher auch die Instrumente des Steuersystems ernsthaft einzusetzen. Das ist es gerade, Herr Waigel, was wir an Ihrer Finanzpolitik kritisieren: Ihr Verharren in alten Denkschablonen; bloß nicht einen Zentimeter heraus aus den ausgetretenen Wegen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Erfolgreiche Schablonen!)

    bloß nicht neue Gedanken aufgreifen! — Herr Bundesfinanzminister, Sie haben offenbar immer noch nicht erkannt, daß die Erhaltung der natürlichen Umwelt die größte Herausforderung der 90er Jahre ist. Sie verstehen immer noch nicht, daß man die traditionellen Instrumente des Umweltschutzes durch zusätzliche marktwirtschaftliche Anreize ergänzen muß.
    Wir Sozialdemokraten wollen unsere Industriegesellschaft ökologisch modernisieren. Wir wollen eine Form des Produzierens und Konsumierens, die die Umwelt nicht länger zerstört. Wir wollen für uns und unsere Kinder saubere Luft, sauberes Wasser und sauberen Boden. Dann dürfen aber nicht länger zum Null-Tarif unsere Luft verpestet, unser Trinkwasser vergiftet und unsere Böden verseucht werden.

    (Dr. Warrikoff [CDU/CSU]: Den Katalysator haben wir eingeführt!)

    Deshalb wollen wir mit unserem Konzept über marktwirtschaftliche Preissignale für Wirtschaft und Verbraucher wirksame Anreize für umweltverträglicheres Verhalten geben.

    (Dr. Faltlhauser [CDU/CSU]: Wem soll man glauben, Ihnen oder dem Herrn Vorgänger, Herrn Apel?)

    Selbstverständlich beschränkt sich unser Konzept nicht auf die Steuerpolitik. Man darf der Steuer nicht mehr aufbürden, als sie leisten kann.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Unser ökologisches Gesamtkonzept besteht deshalb aus drei Säulen:
    Erstens. Wir wollen klare Gebote und Verbote. Dazu gehören z. B. die obligatorische Einführung des Katalysators für alle Autos und ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf den Autobahnen und von 30 Stundenkilometern in Wohngebieten. Dazu gehören auch die Änderung der heutigen verbrauchsfördernden Stromtarife und ein Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffen.



    Frau Matthäus-Maier
    Zweitens. Wir wollen eine Handvoll gezielter Umweltabgaben. Dazu gehört z. B. eine Luftschadstoffabgabe, die auch das Kohlendioxid umfaßt.

    (Glos [CDU/CSU]: Auch aus Kohlekraftwerken?)

    — Selbstverständlich umfaßt sie CO2 aus Kohlekraftwerken, Herr Glos. Da sind wir ganz konsequent. — Dazu gehören auch eine Massentierhaltungsabgabe, eine Abgabe auf Einwegverpackungen und die Erweiterung der bewährten Abwasserabgabe. Das Aufkommen aus diesen Abgaben soll gezielt für private und öffentliche Umweltinvestitionen eingesetzt werden. Dies schafft zugleich neue Arbeitsplätze. Wir verwirklichen damit das von uns entwickelte Konzpet „Arbeit und Umwelt" . Wir beweisen damit: Ökonomie und Ökologie sind keine Gegensätze, im Gegenteil: Umweltschutz schafft mehr Arbeitsplätze.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Drittens. Wir wollen eine ökologische Weiterentwicklung des Steuersystems, mit der wir die bewährten Instrumente des Ordnungsrechts durch zusätzliche marktwirtschaftliche Anreize ergänzen.
    Eine der Hauptursachen für die Umweltzerstörung und die drohende Klimakatastrophe ist der hohe Verbrauch von Energie. Deshalb müssen wir den Energieverbrauch vermindern. Das geht, ohne daß wir unseren Wohlstand einschränken müssen, wenn wir die Energieproduktivität erhöhen. Wir müssen den technischen Fortschritt nutzen, die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft und den Erfindungsreichtum unserer Ingenieure und Techniker, um Energie rationeller zu verwenden als bisher.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir wissen z. B., meine Damen und Herren, daß in der Automobilindustrie Pläne für sogenannte Ökoautos in der Schublade liegen, die drei bis vier Liter Benzin pro 100 km verbrauchen. Aber diese werden heute nicht gebaut, weil heute noch die Nachfrage fehlt. Diese Autos werden erst auf den Markt kommen, wenn es sich für die Autofahrer auszahlt, verstärkt Benzin zu sparen.
    Wir sagen den Bürgern ganz offen, daß Benzin und Dieselkraftstoff teurer werden müssen, damit jeder einzelne einen Anreiz hat, weniger Energie zu verbrauchen. Wir denken an etwa 45 Pf für bleifreies und etwa 50 Pf für verbleites Benzin.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Dies bedeutet eine Anhebung des Benzinpreises auf das obere Drittel des europäischen Preisniveaus. Unser Benzinpreis würde übrigens auch danach noch unter dem von Frankreich und Italien liegen.
    Meine Damen und Herren, bei dieser ökologischen Weiterentwicklung des Steuersystems geht es uns um Umweltschutz und nicht darum, den Staatssäckel zu füllen. Deshalb werden wir im Gegenzug für die ökologisch wirksamen Energiesteuern in der Größenordnung von rund 30 Milliarden DM Bürger und Wirtschaft in gleichem Umfang und zum gleichen Zeitpunkt entlasten.

    (Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

    Mit unserem Konzept sollen der ökologisch schädliche Verbrauch von Energie stärker belastet, die Arbeit aber steuerlich entlastet werden. Deshalb steht im Mittelpunkt der von uns vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen eine Senkung der Lohn- und Einkommensteuer um rund 15 Milliarden DM.

    (Zuruf von den GRÜNEN)

    Durch eine Verbesserung des steuerlichen Grundfreibetrages wollen wir eine Steuersenkung von jährlich 500 DM für Ledige und von 1 000 DM für Verheiratete erreichen. Mit dieser kräftigen Verbesserung des Grundfreibetrages wird der seit der Wende von Ihnen betriebene Marsch in den Lohnsteuerstaat gestoppt, meine Damen und Herren,

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Na, na, na!)

    und wird endlich das Existenzminimum von der Steuer völlig freigestellt. Dadurch werden Millionen Bürger ganz von der Lohnsteuer befreit. Dies ist nicht nur ein Beitrag zur Steuergerechtigkeit, sondern auch ein wesentlicher Beitrag zur Steuervereinfachung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Dann können die Leute wieder Auto fahren!)

    Die Rentner, meine Damen und Herren, werden an dieser Steuersenkung voll teilhaben; denn die Steuerentlastung führt bei den Arbeitnehmern zu einem Anstieg des Nettolohns und damit nach der nettolohnbezogenen Rentenanpassungsformel zu einer entsprechenden Erhöhung der Rente. Hierfür haben wir 4,5 Milliarden DM vorgesehen.
    Wir wollen auch die Kraftfahrzeugsteuer völlig abschaffen; denn nicht das Halten eines Autos verpestet die Luft, sondern das Fahren.

    (Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)

    Die Abschaffung dieser Steuer bedeutet eine Steuerentlastung für Bürger und Wirtschaft um rund 9 Milliarden DM.
    Meine Damen und Herren, die von Bundesumweltminister Töpfer geplante Abgassteuer ist ökologisch nur ein halbherziger Schritt. Wir wollen, daß der Katalysator Pflicht wird. Dann, so sagt uns die Automobilindustrie, gibt es beim Schadstoffausstoß zwischen den einzelnen Autotypen keine wesentlichen Unterschiede mehr. Dann hat eine emissionsorientierte Steuer aber praktisch keine ökologische Lenkungswirkung. Sie würde die Kraftfahrzeugsteuer übrigens noch viel komplizierter machen, als diese heute schon ist.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Ganz schön auf den Leim gegangen, wenn Sie sich auf die Autoindustrie verlassen!)

    Ökologisch, umweltpolitisch sinnvoller ist es auf jeden Fall, den Kraftstoffverbrauch zu verringern und damit die Schadstoffbelastung direkt zu reduzieren. Ich freue mich, daß Herr Cronenberg mit dem Kopf nickt.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Mit was denn sonst?)

    Aus diesem Grunde — das betone ich am Schluß —
    stimmen der SPD bei ihrer Forderung nach der Umle-



    Frau Matthäus-Maier
    gung der Kraftfahrzeugsteuer die Automobilindustrie zu, das Umweltbundesamt, das Bundeswirtschaftsministerium, die Deutsche Steuergewerkschaft, der Bund der Steuerzahler und, jedenfalls bisher, Graf Lambsdorff, auch die FDP. Mal gucken, ob Sie dabei stehenbleiben.

    (Mischnick [FDP]: Seit 15 Jahren sind wir dafür! — Beifall bei der SPD)

    — Herr Mischnick, wir sind uns dann einig. — Die vollständige Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer wäre im übrigen auch ein wesentlicher Beitrag zur Steuervereinfachung und zur Entbürokratisierung.
    Die Interessen der bisher von der Kraftfahrzeugsteuer befreiten Schwerbehinderten werden wir durch direkte Zahlungen in Höhe von jährlich insgesamt 150 Millionen DM berücksichtigen.
    Unser Konzept bedeutet auch keine unzumutbare Belastung von Fernpendlern und von Menschen im ländlichen Raum. Meine Damen und Herren, ich komme aus einem ländlichen Wahlkreis. Ich muß mir von Ihnen nicht erzählen lassen, wie das im ländlichen Raum ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Na, na, na!) Ich vertrete das da, und die Leute sind dafür.


    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Zum einen gehören zu unserem Konzept selbstverständlich auch der Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs und die Stärkung der Bundesbahn;

    (Zuruf von den GRÜNEN: Wie finanziert?)

    zum anderen zeigen verkehrsstatistische Erhebungen, daß die Arbeitswege auf dem Lande nicht von vornherein immer länger sind als in den Ballungsregionen. Wichtig ist auch, daß der Verkehr im ländlichen Raum hinsichtlich des Energieverbrauchs wesentlich günstiger abgewickelt werden kann als in den Ballungsräumen. Jeder weiß, daß man in der Stadt häufiger vor Ampeln oder im Stau steht. Gleichwohl sehen wir als SPD ausdrücklich eine besondere Fernpendlerpauschale vor. Damit sollen die Arbeitnehmer berücksichtigt werden,

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die keine Steuern mehr bezahlen? Was bringt's denn dann?)

    die einen überdurchschnittlich weiten Weg zur Arbeit zurücklegen müssen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Die zahlen doch keine Steuern mehr! Was bringt das denn?)

    Außerdem werden wir die bisherige Kilometerpauschale in eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale umwandeln. Das bietet nicht nur den Anreiz, bei der Fahrt zur Arbeit auf das eigene Auto möglichst zu verzichten, sondern fördert auch steuerlich die Bildung von Fahrgemeinschaften.
    Darüber hinaus werden wir sicherstellen, daß alle sozialen Gruppen an den geplanten Entlastungen teilhaben.

    (Glos [CDU/CSU]: Frau Kollegin, warum klatschen die nicht?)

    Auch Arbeitslose, Studenten und Auszubildende sowie Sozialhilfeempfänger werden zusätzliche Leistungen erhalten. Unser Konzept bedeutet, meine Damen und Herren — und das unterscheidet es von allen anderen — , eine ausgewogene Kombination ökologischer und sozialer Maßnahmen. Die Bürger können sicher sein, daß die soziale Gerechtigkeit bei der SPD immer eine zentrale Rolle spielen wird.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Rose [CDU/CSU]: Bei Ihnen erst seit dem 35. Lebensjahr!)

    Es ist klar, daß die Umschichtung für den Staat durch die vollständige Rückgabe der höheren Energiebesteuerung an Bürger und Wirtschaft aufkommensneutral, also plus/minus Null, ausgeht.

    (Zuruf von der FDP)

    Das bedeutet aber — das zu Ihnen, Herr Mischnick — selbstverständlich keinen individuellen Ausgleich für jeden einzelnen Bürger.

    (Glos [CDU/CSU]: Eben, das ist der Punkt! Was ist mit dem Rentner, der Auto fährt?)

    Das kann nicht so sein, und das soll auch nicht so sein; denn dann bestünde ja kein Sparanreiz.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Vielmehr hat es jeder einzelne Bürger mehr oder weniger selbst in der Hand, wie die Rechnung bei ihm unter dem Strich aussieht:

    (Glos [CDU/CSU]: Wie sieht es beim Rentner aus?)

    Spart er Energie, wird er bei der Umschichtung gewinnen. Verbraucht er sehr viel Energie, dann muß er mehr zahlen. Das ist aber auch genau das Grundprinzip: Umweltbelastung und Umweltzerstörung darf es nicht länger zum Nulltarif geben. Der Preis ist ein wirksamer Anreiz, sich künftig umweltgerechter zu verhalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir sind gefragt worden, wie wir denn die Entlastungen finanzieren wollen, wenn die Steuereinnahmen durch Energieeinsparungen zurückgehen.

    (Frau Rust [GRÜNE]: Genau!)

    — Ich lasse hier nichts unbeantwortet, Frau Rust, keine Sorge! Wir haben das nämlich durchaus vorher durchdacht. — Wir gehen davon aus, daß wir den Trend zu einem steigenden Energieverbrauch

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Der Trend ist gar nicht mehr vorhanden!)

    durch eine ökologisch wirksame Energiebesteuerung stoppen können. Das wäre übrigens schon ein enormer ökologischer Erfolg, den wir nicht unterschätzen sollten.

    (Beifall bei der SPD)

    Mittel- und langfristig erwarten wir eine Verringerung des Energieverbrauchs; dafür machen wir das ja.
    Probleme bei der Finanzierung der vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen gibt es aber auch dann nicht. Das vorgesehene Volumen für eine ökologische Ener-



    Frau Matthäus-Maier
    giebesteuerung von insgesamt ca. 30 Milliarden DM ist nur etwa 5 % des gesamten Steueraufkommens, das in der nächsten Legislaturperiode etwa 600 Milliarden DM im Jahr betragen wird. Unterstellt man z. B. einen Einsparerfolg von 10 % — und das wäre nun wirklich schon was — , dann bedeutet das einen Ausfall von nur 1 % des gesamten Steueraufkommens.
    Das wäre dann die Belohnung dafür, daß die Bürger Energie gespart haben. Und diese Belohnung wäre auch haushaltsmäßig zu verkraften. Denn nach Ihren eigenen Steuerschätzungen, Herr Waigel, wäre das nur ein Bruchteil der jährlich automatisch anfallenden Steuerzuwächse. Deshalb ist unser Konzept auch finanzpolitisch absolut solide.

    (Beifall bei der SPD)

    Das SPD-Konzept ist hinsichtlich seiner ökologischen Wirksamkeit und seiner politischen Durchsetzbarkeit den anderen Diskussionsmodellen deutlich überlegen. Das von Herrn Töpfer, dem Bundesumweltminister, vorgelegte Papier, besteht nur — es tut mir leid — aus nebulösen und halbherzigen Ankündigungen. — Im übrigen meine Frage — Sie sind doch eine ganze Weile dran — : Wenn Sie das wollen, warum haben Sie das nicht schon längst gemacht? —

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Das Umbauprogramm der GRÜNEN mit einem Volumen von 83 Milliarden DM

    (Zuruf von der CDU/CSU: 100 Milliarden!)

    ohne Rückgabe der Mittel ist dagegen völlig überzogen. Es wird nicht die politische Zustimmung der Bürger finden. Damit ist es zum Scheitern verurteilt und deshalb im Ergebnis für die Umwelt völlig wirkungslos.

    (Beifall bei der SPD — Frau Rust [GRÜNE]: Das wollen wir einmal abwarten!)

    Meine Damen und Herren, die FDP hat bisher leider überhaupt noch kein eigenes Konzept vorgelegt. Sie sieht ihre Hauptaufgabe offensichtlich

    (Zuruf von der SPD: Im Mitlaufen!)

    darin, sich um Steuerentlastungen für Spitzenverdiener zu kümmern.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, drei Vorwürfe haben Sie gegen unseren Vorschlag erhoben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mehr!)

    Vorwurf 1: Das sei ein Steuererhöhungsprogramm. Diese Behauptung ist lächerlich. Sie haben die falsche Platte aufgelegt und haben sie dann nicht mehr so schnell wieder in die Schublade packen können.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn das, was bei der Energiebesteuerung eingenommen wird, wird gleichzeitig in vollem Umfang an Bürger und Wirtschaft zurückgegeben. Lassen Sie also diese falschen Behauptungen!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die Rechnung stimmt nicht!)

    Zweiter Vorwurf: Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft werde abnehmen. Auch das ist falsch. Von den vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen entfallen rund 5,5 Milliarden DM direkt auf die Wirtschaft.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ich dachte, auf die Bürger!)

    — Wenn wir die Kraftfahrzeugsteuer abschaffen, werden natürlich auch Betriebs-Lkw betroffen. Dies zu Ihrem etwas einfallslosen Zwischenruf, Herr Kollege.
    Ich stelle hier aber zusätzlich fest: Unser marktwirtschaftliches Umweltschutzkonzept gefährdet nicht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft; denn die Wirtschaft wird durch Preissignale zu umweltfreundlichen und damit auch zu volkswirtschaftlich kostengünstigen Lösungen gebracht,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Richtig!)

    und dadurch wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf Dauer eher noch zunehmen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Friedmann [CDU/ CSU]: Liegt denn Karl Schiller falsch?)

    Dritter Vorwurf: Wir hätten etwas gegen das Autofahren. Das ist nun wirklich Unsinn. Wir alle sind doch selbst Autofahrer. Das Auto ist für jeden von uns auch ein Stück persönlicher Freiheit. Aber wir sind dabei, uns dieses Stück Freiheit durch unsere Art des Umgangs mit dem Automobil selbst zu zerstören.

    (Zustimmung des Abg. Walther [SPD])

    Sie, Herr Waigel, versuchen, dies, was die Autofahrer betrifft, zu verschweigen, weil Sie meinen, damit kämen Sie besser über die Runden. Wir dagegen sagen dem Bürger offen und ehrlich: Wir alle müssen lernen, das Auto vernünftiger und umweltbewußter zu gebrauchen. Nur dann werden wir uns die mit dem Auto verbundene Freiheit auf Dauer erhalten können.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind mit unserem Konzept frühzeitig an die Öffentlichkeit gegangen, denn wir wollen, daß sich alle Bürger und alle gesellschaftlichen Kräfte an der breiten Diskussion über unsere Überlegungen beteiligen können. Dabei nehmen wir jedes Gesprächsangebot gerne an. Wir sind auch für jeden konstruktiven Vorschlag offen. Aber von einem werden wir uns nicht abbringen lassen: Wir wollen diese große Zukunftsaufgabe energisch anpacken. Wir wissen: Nur durch eine mutige Politik können wir die natürliche Umwelt für uns und unsere Kinder retten, nur durch eine gestaltende Politik können wir die Zukunft gewinnen.
    Genau das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen. Sie kapitulieren vor den großen Zukunftsaufgaben. Sie sitzen aus, Sie wursteln sich durch, Sie wollen über die Runden kommen. Sie denken, Sie können die Menschen wie Automaten behandeln: Oben stekken Sie ein paar Mark Steuersenkung hinein, und unten kommen dann auf den Wahlzetteln die Kreuzchen für Sie heraus.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Was machen denn Sie mit den Ökosteuern?)




    Frau Matthäus-Maier
    Ich sage Ihnen: Mit einer solchen kurzsichtigen Politik werden Sie die Menschen nicht gewinnen.
    Wir beklagen uns über die Politikverdrossenheit vieler Bürger. Diese Bundesregierung trägt zu ihr bei, indem sie den Menschen keine Ziele aufzeigt, für die einzusetzen sich lohnt. Es ist meine feste Überzeugung: Die Menschen wollen nicht immer nur mehr haben und immer mehr bekommen. Die Menschen wollen sich einsetzen. Die Menschen wollen mitmachen, und sie sollen es auch. Sie haben es satt, daß die Politik sie wie Unmündige behandelt. Wir trauen dem Bürger mehr zu, wir setzen auf den mündigen Bürger.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Wir zeigen den Menschen Perspektiven. Die Richtung ist klar: Wir wollen unsere Zukunft sichern und unseren Kindern eine lebenswerte Umwelt hinterlassen. Dann müssen wir Ernst machen mit der ökologischen Modernisierung unserer Industriegesellschaft. Wir zeigen, wie wir durch unser eigenes Handeln eine bessere Umwelt erreichen und dadurch unseren Wohlstand insgesamt erhöhen können.
    Eine saubere Umwelt für uns und unsere Kinder, das ist die Aufgabe der Zukunft. Ich bin sicher, die Menschen werden das verstehen und sich dafür genauso engagieren, wie sie es bei der neuen Ostpolitik gemacht haben, wie sie es bei unserem Einsatz für mehr soziale Gerechtigkeit gemacht haben und bei unserem Kampf um die Gleichberechtigung von Mann und Frau.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir brauchen eine Politik, die die Zukunftsaufgaben anpackt. Wir brauchen eine Politik, die mit dem Kampf gegen die Umweltzerstörung endlich ernst macht. Wir brauchen eine Steuerpolitik, die für mehr Gerechtigkeit sorgt und die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft stärkt. Wir brauchen eine solide Finanzpolitik, die die Staatsfinanzen in Ordnung hält. Sie, Herr Waigel, Sie sind ein Finanzminister von gestern. Die Regierung Kohl ist eine Bundesregierung von gestern.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der SPD: Von vorgestern!)

    Der Bundeskanzler hatte recht, als er über seine Partei sagte — ich zitiere —, sie sei verkrustet, sie sei verbonzt, sie sei veraltet, und sie sei verschuldet. Eine solche Partei und eine solche Bundesregierung können die Zukunft unseres Landes nicht gestalten.

    (Dr. Vogel [SPD]: Macht mal Pause!)

    Wir müssen die Zukunft für uns und unsere Kinder gewinnen. Dafür braucht unser Land eine neue Bundesregierung und eine neue Politik.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, darf ich für einen Moment um Aufmerksamkeit bitten. Wir haben besondere Gäste in unserem Hause. Ich erlaube mir, sie sehr herzlich zu begrüßen. Es ist eine Gymnasiumsklasse aus Pécs in Ungarn, aus einem deutsch-ungarischen Gymnasium. Ich wünsche Ihnen
hier in der Bundesrepublik alles Gute und hoffe, daß wir in Zukunft noch viele Schüleraustausche haben werden. Vielen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen) Das Wort hat Herr Abgeordneter Borchert.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den vergangenen Jahren hat die SPD ihre Haushaltsdebatte jeweils mit einem großen Krisengemälde begonnen. In diesem Jahr hat sie die Haushaltsdebatte mit hübsch formulierter heißer Luft begonnen.

    (Zurufe von der SPD)

    Es war schon bemerkenswert, daß es gerade bei den Vorschlägen der Frau Kollegin zur Steuererhöhung auf seiten der SPD ruhig blieb. Es ist sicher die Aufgabe der Opposition, die Politik der Regierung und der Koalitionsfraktionen kritisch zu überprüfen und eigene, bessere Vorschläge zu machen. Wenn Sie aber Jahr für Jahr Wirtschafts- und Haushaltskrisen prognostizieren — wie in diesem Jahr in einer Pressemitteilung der Haushaltsgruppe —, Krisen, die nichts, aber auch gar nichts mehr mit der Realität zu tun haben, dann zeigt das nur Ihren eigenen beklagenswerten politischen Zustand. Ihre Meldungen vermitteln den Eindruck, daß Sie nicht mehr in der Lage sind, sich mit der Realität auseinanderzusetzen, sondern die Wirklichkeit nur noch durch Ihre ideologische Brille sehen.

    (Zuruf von der SPD: Meine Güte!)

    Am 29. August stellt die SPD-Haushaltsgruppe in einer Pressemitteilung fest, die Schuldenpolitik der Bundesregierung gefährde die Stabilität des Preisniveaus und eine stetige Wirtschaftsentwicklung und drohe den Haushalt in eine Finanzkrise zu führen.

    (Purps [SPD]: Richtig!)

    Am 1. September erklärte der Bundesbankpräsident: Der Exportboom stellt alles in den Schatten, was wir seit Anfang der 70er Jahre erlebt haben. Das hat es seit sehr, sehr vielen Jahren nicht mehr gegeben.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wahrscheinlich wird jetzt die SPD die Ablösung von Herrn Pöhl fordern, vermutlich wegen fehlender fachlicher Qualifikation.

    (Dr. Vogel [SPD]: Wen? Lummer?)

    Die SPD sieht die Stabilität des Preisniveaus gefährdet, während der Bundesbankpräsident erklärt, trotz Hochkonjunktur gebe es keinen Inflationsdruck. Die Preisentwicklung sei alles andere als dramatisch.

    (Vorsitz: Vizepräsident Cronenberg)

    Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie sollten dringend unter Beteiligung von Fachleuten in einer Klausurtagung Ihre wirtschafts- und haushaltspolitischen Vorstellungen überprüfen. Entgegen allen Rotmalereien und aller Rotgrünseherei der SPD hält diese Bundesregierung Kurs. Dies zeigen auch der Etatentwurf 1990 und der Finanzplan bis 1993. Sparsame Haushaltsführung bleibt auch in Zukunft Richtschnur unseres finanz-



    Borchert
    politischen Handelns. Der Wechsel an der Spitze des Finanzministeriums bedeutet keine Kurskorrektur. Das Bewährte wird fortgesetzt. Wir werden die bisher bewährte, erfolgreiche Politik auch in Zukunft, auch nach 1990, fortsetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Zuwachsrate des Haushalts 1990 beträgt 3,4 %, 1991 3,3 % und in den Folgejahren 2,8 %. Dies ist verknüpft mit einem kontinuierlichen Abbau der Nettokreditaufnahme von 33,7 Milliarden DM auf 25,6 Milliarden DM und einem erwarteten jährlichen Wirtschaftswachstum von etwa 4 bis 4,5 %. Mit diesem Haushaltsentwurf wird sichergestellt, daß auch in den 90er Jahren die erfolgreiche Haushalts- und Finanzpolitik weitergeführt werden kann.
    Allerdings — lassen Sie mich das deutlich sagen —: Geringe Zuwachsraten auf der Ausgabenseite sind nicht immer populär. Die Wünsche, die an den Bundesminister der Finanzen, die an diese Bundesregierung und an die Koalitionsfraktionen herangetragen werden, übertreffen häufig bei weitem das Machbare. Ich meine, es bedarf schon erheblichen politischen Stehvermögens, diesen haushaltspolitischen Kurs seit 1982 konsequent Jahr für Jahr durchzuhalten. Sicher liegt in dieser Tatsache auch eine Ursache für manche Kritik; denn eine alte Lebenserfahrung lautet: Nein sagen ist schwerer als ja sagen.
    Aber ich meine, der lange Atem hat sich gelohnt: Ich möchte an die Zeiten erinnern, als Sie von der SPD die Regierungsverantwortung trugen. Von 1969 bis 1982 stiegen die Ausgaben im Durchschnitt um rund 9 %. Gleichzeitig stieg die Staatsquote von 39 % 1969 auf 50 % 1982.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Das sind die Fakten!)

    Für die Steuerquote ist das Ergebnis ähnlich. Mit 25 erreichte die Steuerquote im Jahre 1977 einen einsamen Höhepunkt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Bei den Schulden war die Entwicklung noch gravierender. Betrug der Schuldenstand 1969 45 Milliarden DM, so explodierten diese Schulden während der 70er Jahre auf sage und schreibe über 300 Milliarden DM. Sie mußten 1969 keine Lasten übernehmen; trotzdem schafften Sie es in zwölf Jahren, geordnete Finanzen in das Chaos zu stürzen. Mit anderen Worten: Unter dem Motto „Mehr Demokratie wagen" war staatlicher Dirigismus stetig auf dem Vormarsch.

    (Purps [SPD]: Was ein Quatsch!)

    Die Folge war, daß die in der Sozialen Marktwirtschaft dringend benötigte Entscheidungsfreiheit und Eigeninitiative immer stärker erlahmten, Arbeitnehmer und Arbeitgeber resignierten.

    (Roth [SPD]: Lesen Sie eigentlich die WaigelRede noch einmal vor? Kommt mir so ähnlich vor!)

    — Man kann Ihnen einige Tatsachen, Herr Roth, nicht häufig genug sagen, weil Sie natürlich immer wieder gern verdrängen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Roth [SPD]: Jetzt gucken Sie doch mal nach vorn! Sie haben doch jetzt neu angefangen! Haben Sie keine Ideen? Nichts Neues, keine Perspektiven!)

    — Ich verstehe ja, daß Sie an die Zahlen nicht gern erinnert werden wollen.
    Mehr Ausgaben, Herr Kollege, das klappte bei Ihnen hervorragend. Aber an der Rücknahme staatlicher Ausgabenprogramme sind Sie gescheitert, Herr Kollege Walther.

    (Walther [SPD]: Was macht denn der Waigel da?)

    Die damalige Bundesregierung und Sie, die SPD, sind doch mit Ihrer nachfrageorientierten Haushalts- und Steuerpolitik gescheitert.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Politisch waren Sie sich rasch einig bei der Beantwortung der Frage: Wie steuere ich einer Konjunkturschwäche entgegen? — Sie gaben mehr Geld aus. Sie waren dann aber politisch zu schwach, das Ausgabenwachstum zu bremsen, und in den nächsten Abschwung gingen Sie mit immer höheren Defiziten. 1982 kam das Aus mit 37,2 Milliarden DM Defizit im Bundeshaushalt bei 10,5 Milliarden DM Bundesbankgewinn, den Sie eingestellt hatten, trotz einer Erhöhung der Verbrauchsteuern, die noch einmal Einnahmen von 5,4 Milliarden DM brachten. Und genau an dieser Stelle trat 1982 die Wende ein.
    Lassen Sie mich dies an einigen Beispielen zeigen, weil man deutlicher als an der Haushaltspolitik die Wende kaum darstellen kann. Die Zuwachsrate der Ausgaben stieg im Bundesdurchschnitt von 1982 bis 1988 nur um 2 %, zu Ihrer Zeit waren es fast 9 %. Wenn wir die Haushalte 1989 und 1990 mitrechnen, so beträgt die Zuwachsrate 2,5 %. Dahinter steht aber nicht nur ein quantitativer Unterschied, hier wird auch eine unterschiedliche Qualität unserer Haushalts- und Finanzpolitik deutlich. Sie von der SPD wollten mit mehr Dirigismus, mit mehr staatlichem Einfluß auf die Wirtschaft, mit steigenden Staatsausgaben das Ziel erreichen. Wir sagen: Die für die Gesellschaft notwendigen Entscheidungen treffen letztlich die Millionen von Unternehmen und privaten Haushalten selbst am besten. Sie wollten mehr Staat; wir vertrauen der Wirtschaft und der Vernunft mündiger Bürger.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ende 1982 betrug die Staatsquote 49,6%; heute beträgt sie rund 464)/0. Um knapp 4 Prozentpunkte konnte die Staatsquote, d. h. der Anteil der in unserer Volkswirtschaft produzierten und erwirtschafteten Güter und Dienstleistungen, der durch staatliche Hände verteilt wird, reduziert werden. Dies sind Jahr für Jahr runde 70 Milliarden DM, die unmittelbar bei den Rentnern, bei den Arbeitnehmern und bei den Unternehmern verbleiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Borchert
    Das ist praktizierte Soziale Marktwirtschaft, das ist Dezentralisierung von wirtschaftlichen Entscheidungen.
    Ich nenne ein drittes Beispiel. Die Steuerbelastung — ich sprach es vorhin schon an — erreichte mit 25 % 1977 den höchsten Stand der Nachkriegszeit. Mit der Steuerreform der Jahre 1986, 1988 und 1990 haben wir die Steuerquote wieder auf unter 23 % gesenkt, und sie erreicht mit 22,5 % im nächsten Jahr Werte wie zuletzt Ende der 50er Jahre.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Entwicklung blieb nicht ohne Auswirkungen auf unsere Gesamtwirtschaft. Seit 1983 haben wir Jahr für Jahr reales Wirtschaftswachstum, einen Wachstumszyklus, der in seiner Länge in der Nachkriegszeit noch nie erreicht worden ist. Aus Schrumpfung zu Ihrer Zeit wurde Wachstum, aus konjunkturellem Auf und Ab angemessene, stetige wirtschaftliche Entwicklung. Die SPD-Haushaltsgruppe erklärt trotz dieser Fakten, unsere Politik würde eine stetige Wirtschaftsentwicklung gefährden.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Richtig!)

    Vor einem Jahr, Herr Kollege, haben Sie eine Wirtschaftskrise vorhergesagt. Zu der Entwicklung in diesem Jahr ein Zitat aus der Presse zu der Stellungnahme des Bundesbankpräsidenten

    (Dr. Soell [SPD]: Da haben Sie in die falschen Tasten gegriffen!)

    — das waren nicht die falschen Tasten — :
    Die Konjunkturpropheten waren zu kleinmütig, um über 4,5 % schätzt der Bundesbankchef die Wachstumsrate, eine Traummarke, erreicht im siebten Jahr eines ununterbrochenen Aufschwungs, der sich 1990 verlangsamen, aber nicht abbrechen dürfte.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Aber macht doch endlich etwas daraus!)

    Dies ist der Erfolg unserer stetigen, konsequenten Wirtschafts- und Haushaltspolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben eine enorme Zunahme an Arbeitsplätzen zu verzeichnen. Noch nie waren in der Bundesrepublik so viele Arbeitsplätze vorhanden wie heute. Nach dem Verlust von fast 700 000 Arbeitsplätzen während Ihrer Regierungszeit wurden seit dem Tiefststand 1983 bis heute annähernd 1,5 Millionen Arbeitsplätze neu geschaffen, Arbeitsplätze auf Grund unternehmerischer Entscheidungen. Das bedeutet Arbeitsplätze in zukunftssicheren Branchen, z. B. in neuen Produktionsbereichen und im Dienstleistungssektor.
    Wir haben Preisstabilität erreicht, nachdem in den siebziger Jahren die Preise um bis zu 7 % gestiegen waren. Hohe Preissteigerungsraten sind aber die schlimmste Geißel für den Arbeitnehmer.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Unsozial!)

    Er ist es, den eine rasche Geldentwertung zuerst trifft.
    Er hat keine zusätzlichen Ersparnisse, die er, um seinen Lebensstandard aufrechtzuerhalten, einsetzen
    könnte. Ihn treffen Erhöhungen bei allen Preisen. Mit dieser Politik haben wir Schluß gemacht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Betrachten wir die Realverdienste, die in den Jahren 1979 bis 1983 erheblich geschrumpft waren, so stellen wir fest, daß auch hier eine Wende eingetreten ist. Seit 1984 steigen die Realverdienste wieder deutlich an. Heute liegen Realverdienste um gut 5,5 % über dem Niveau des Jahres 1980. Auch dies ist ein Stück mehr an wirtschaftlicher Sicherheit und ein Stück mehr an Wohlstand für alle.
    Auch Ihre ständige Miesmacherei, meine Damen und Herren von der Opposition, kann doch diese Fakten nicht umkehren. Diese Wahrheiten bleiben wahr, auch wenn Sie es in vielen Ihrer Stellungnahmen nicht wahrhaben wollen. Sie steigern mit Ihren maßlosen Vorwürfen doch höchstens den überall erkennbaren Parteienverdruß. Sie sollten einmal darüber nachdenken, wem dies am Ende am meisten nützen könnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir sind uns natürlich darüber im klaren, daß die Haushalts- und Finanzpolitik nicht die alleinige Ursache für diese positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik seit dem Regierungswechsel 1982 gewesen ist. Aber sie war Voraussetzung, und sie hat maßgeblichen Anteil daran. Die Bundesregierung hat den haushalts- und finanzpolitischen Kurs 1982 neu bestimmt. Sie hat das Schiff Bundesrepublik wieder in ruhige und erfolgreiche Gewässer geführt.
    Es konnte aber heute nicht ausbleiben, daß Sie bei der Einbringungsrede des Bundesfinanzministers natürlich die Frage nach der Neuverschuldung stellten. Auch an dieser Stelle bewundere ich eigentlich Ihren Mut. Auch wenn Sie heute in der Opposition über den Schuldenberg des Bundes lamentieren, sind und bleiben Sie die wahren Verursacher dieser hohen, zukünftige Generationen belastenden Hypothek.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Wir hatten eine Weltwirtschaftskrise! — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Die Erblast wird langweilig!)

    — Verehrte Kollegin, ich gehe gleich darauf ein.
    Wer über Jahre hinweg über seine Verhältnisse gelebt hat, ist ein schlechter Ratgeber in Sachen solider Haushaltspolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich meine, eine ganz einfache Rechnung macht deutlich, wie schwer der Bundeshaushalt auch heute an der 1982 vorgefundenen Last trägt. Ende 1982 mußte diese Bundesregierung 309 Milliarden DM an Schulden übernehmen. Allein diese 309 Milliarden DM verursachten bis einschließlich 1988 200 Milliarden DM an Zinsen. Im gleichen Zeitraum betrug die Neuverschuldung des Bundes 205 Milliarden DM. Hätten wir also 1982 einen geordneten Haushalt übernommen, so hätte der Bund seit der Wende 1982 keine neuen Schulden machen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Stahl [Kempen] [SPD]: Was ist das denn für eine dumme Milchmädchenrechnung! Das müssen Sie wohl doch zugeben, Herr Kollege!)

    Deutscher Bundestag — 1 i. Wahlperiode — 155. Sitzung. Bonn, Montag, den 4. September 1989 11677
    Borchert
    — Ich habe ja Verständnis dafür, daß Sie ungern daran erinnert werden wollen, weil damit natürlich Ihr Lamentieren unglaubwürdig wird. Wir können deshalb mit gutem Gewissen, Herr Kollege, die finanzpolitische Kompetenz und die haushaltspolitische Solidität für uns in Anspruch nehmen.

    (Dr. Soell [SPD]: Was ist mit dem Bundesbankgewinn?)

    Gleichzeitig ist bei dieser Rechnung zu bedenken, daß die Neuverschuldung ja eine Saldogröße ist;

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Lesen Sie doch mal in der Rede von Kohl vom September 1982 über den Bundesbankgewinn nach, was er da gesagt hat!)

    — Ich empfehle Ihnen, sie einmal nachzulesen.
    Ausgaben und Einnahmen werden gegenübergestellt. Ganz entscheidend für die Neuverschuldung ist also sowohl die Ausgaben- als auch die Einnahmenseite.

    (Walther [SPD]: Nein, das Haushaltsdefizit!)

    Die Hausaufgaben auf der Ausgabenseite haben wir hervorragend erledigt. Niedrige Zuwachsraten sind die erste Voraussetzung, um die Neuverschuldung in den Griff zu bekommen. Sie haben in den ersten Jahren lamentiert und vom Totsparen geredet. Heute erklären Sie, wir hätten stärker sparen müssen.
    Gleichzeitig haben wir jedoch — ich meine, das ist das Spezifische unserer Finanz- und Steuerpolitik — den Spielraum, den wir über geringe Ausgabenzuwachsraten erreicht haben, sowohl zur Reduzierung und Begrenzung der Neuverschuldung als auch zur Steuersenkung genutzt. Erinnern wir uns, welch enorme Steuerentlastungen diese Bundesregierung in den vergangenen Jahren beschlossen hat.

    (Zuruf von der SPD: Ja, Vermögensteuer!)

    Durch die Steuerreform entstanden Steuerausfälle, die die öffentlichen Hände in den nächsten Jahren mit mehr als 50 Milliarden DM Steuermindereinnahmen belasten. Hätten wir die Steuerzahler nicht entlastet, so wäre im Bundeshaushalt Jahr für Jahr ein Überschuß entstanden.
    Es ist aber gerade ein Markenzeichen unseres Weges in der Haushalts- und Steuerpolitik, sowohl auf eine Reduzierung der Staatsquote als auch auf eine nachhaltige Senkung der steuerlichen Abgabenlast, verknüpft mit einer Neuordnung der steuerlichen Abgabenregelung, zu setzen.
    Allerdings — lassen Sie mich das ausdrücklich betonen — haben wir, anders als in den Vereinigten Staaten, in der Bundesrepublik den steuerpolitischen Wohltaten keinen Vorrang vor der Senkung der Staatsquote eingeräumt. Wir sind den umgekehrten Weg gegangen. Um der Solidität willen, also um der Nachhaltigkeit des Erfolges willen haben wir Fortschritte bei der Senkung der Staatsquote und der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zur Vorbedingung für die Initiativen auf dem Steuergebiet gemacht.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Zugegeben, diese Politik hat zu Beginn keine spektakulären beschäftigungspolitischen Erfolge gebracht. Die Faszination des frühen beschäftigungspolitischen Erfolges beispielsweise in den Vereinigten Staaten war groß. Heute zeigt sich allerdings: Dieser Erfolg wurde mit ungelösten Haushaltsproblemen erkauft. Heute zeigt sich, daß es richtig war, durch strikte Ausgabenbegrenzung die Voraussetzungen für Steuerentlastungen zu schaffen. Ich meine, diese Beharrlichkeit der deutschen Finanzpolitik hat sich gelohnt. Lesen Sie die OECD-Berichte; dort wird gerade dieser Weg gelobt.
    Diese Politik hat wesentlich dazu beigetragen, die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dauerhaft zu verbessern. Für Unternehmen sind heute Realinvestitionen wieder rentierlich, und die privaten Haushalte spüren das Mehr in der Haushaltskasse.
    Ich möchte an dieser Stelle wiederholen, da das der Eckpfeiler unserer erfolgreichen Haushalts- und Steuerpolitik ist: Über erheblich reduzierte Ausgabenzuwächse wurde der staatliche Einfluß kontinuierlich zurückgeschraubt und gleichzeitig der Spielraum gewonnen, um einmal die Steuern zu senken und zum anderen die Neuverschuldung zu begrenzen.
    Die Vorwürfe der SPD im Zusammenhang mit dem Haushalt 1990 und gegen die Haushalts- und Finanzpolitik entbehren jeder sachlichen Grundlage.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Stahl [Kempen] [SPD]: Nein, die sind vollkommen in Ordnung!)

    Diese Haushaltspolitik hat Wachstum und Beschäftigung nachhaltig gefördert. Sie hat es aber auch möglich gemacht, auf neue Herausforderungen angemessen zu reagieren.
    Der Bundeshaushalt konnte konsolidiert und damit stabilisiert werden. Ohne die Last von 300 Milliarden DM Altschulden wäre der Haushalt seit Jahren ausgeglichen.

    (Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    Auch der Etatentwurf 1990 erfüllt mit einer Steigerung von 3,4 % bei einem erwarteten wirtschaftlichen Wachstum von 4,5 % die Bedingungen, die wir in den vergangenen Jahren an die Haushaltspolitik gestellt haben.

    (Frau Schulte [Hameln] [SPD]: Wer hat das aufgeschrieben?)

    Mit diesem Etatentwurf wird der konsequente Sparkurs fortgesetzt.
    Der Haushalt 1990 ist aber kein Etat einer ausschließlich quantitativen Konsolidierung. Vielmehr sind im Haushaltsentwurf und im Finanzplan bis 1993 wichtige zusätzliche Maßnahmen zur Zukunftssicherung vorgesehen. Mit zusätzlichen Maßnahmen im Wohnungsbau, im Straßenbau, bei der Förderung von Familien mit Kindern, mit Maßnahmen zur Sicherung des Lebensstandards unserer älteren Mitbürger, mit Sondermaßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit,



    Borchert
    mit umfangreichen Hilfen für Aussiedler und mit Ausgaben zur Verbesserung der Attraktivität der Bundeswehr ist dieser Haushalt die richtige finanzpolitische Antwort auf neue und zusätzliche Anforderungen.
    In der mittelfristigen Prognose bleibt die Ausweitung des Ausgaberahmens deutlich hinter der Zunahme des prognostizierten gesamtwirtschaftlichen Wachstums zurück. Der Bund setzt damit Daten, die die Gewähr dafür bieten, daß die solide Finanzpolitik auch in den 90er Jahren fortgesetzt werden kann.
    Der Entwurf, der nunmehr in den Ausschüssen beraten wird, stellt für die CDU/CSU-Fraktion, was den Ausgaberahmen betrifft, die Obergrenze dar. Wir werden uns Bemühen, während der Haushaltsberatungen im Haushaltsausschuß in den nächsten Wochen die eine oder andere Korrektur nach unten anzubringen. Ziel unserer Bemühungen wird es sein, die Zuwachsrate von 3,4 % zu unterschreiten. Dabei werden wir hart, aber fair verhandeln. Jede Etatposition steht dabei auf dem Prüfstand. Es darf bei der Überprüfung des Haushalts keine Tabus geben.
    Auf eine Gefahr möchte ich aber gleich zu Beginn dieser Haushaltsberatungen hinweisen. Die guten Wirtschaftsdaten wirken auch auf den Bundeshaushalt. Gegenüber der Steuerschätzung vom Mai dieses Jahres ist aus heutiger Sicht mit Steuermehreinnahmen zu rechnen. Lassen Sie mich aber ganz deutlich sagen: Zusätzliche Steuereinnahmen können und müssen allein zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme eingesetzt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Steuermehreinnahmen dienen der Senkung der Neuverschuldung. Sie sind keine Finanzmasse zur Finanzierung zusätzlicher Aufgaben.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Wie wollen Sie denn die Armut in den Griff kriegen?)

    Wer im Herbst während der Beratungen zusätzliche Ausgabenwünsche an den Bundeshaushalt heranträgt, muß gleichzeitig einen soliden Finanzierungsvorschlag mitliefern. Dazu dient nicht die Einnahmenseite; dazu dient allein die Ausgabenseite. Ich richte diese Bemerkung an alle Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses. Es ist unsolide, nur Forderungen zu stellen. Wer Forderungen stellt, muß gleichzeitig sagen, wie die zusätzlichen Ausgaben finanziert werden sollen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Die pauschalen Finanzierungsvorschläge des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses sind für einen Mann, der von sich selbst sagt, Haushalts- und Finanzexperte zu sein, Herr Kollege Walther, unseriös. Sie wissen sehr genau, Herr Kollege Walther, Ausgaben werden heute beschlossen und belasten die Haushalte zukünftiger Jahre. Ihre Einsparvorschläge im Verteidigungsetat in einem Umfang von bis zu 10 Milliarden DM sind lediglich unverbindliche Absichtserklärungen. Sie tragen damit nicht zur Finanzierung der Ausgaben von heute bei.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)