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ID1114412300

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    Plenarprotokoll 11/144 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 144. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum § 218 StGB nach dem Memminger Urteil Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 10681B, 10689D Geis CDU/CSU 10682 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 10684 A Frau Würfel FDP 10685 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10686 B Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 10687 B Frau Limbach CDU/CSU 10688 D Kleinert (Hannover) FDP 10690 C Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10691 C Singer SPD 10692 C Dr. Hüsch CDU/CSU 10693 C Wüppesahl fraktionslos 10694 D Frau Dempwolf CDU/CSU 10695 C Frau Conrad SPD 10696 C Werner (Ulm) CDU/CSU 10697 D Präsidentin Dr. Süssmuth . . . 10682C, 10690A Tagesordnungspunkt 18: Zweite und Dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe (Drucksachen 11/474, 11/3878) Dr. de With SPD 10699 A Eylmann CDU/CSU 10701 B Frau Nickels GRÜNE 10703 C Kleinert (Hannover) FDP 10705 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10707 B Frau Becker-Inglau SPD 10708 D Frau Männle CDU/CSU 10710A Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10711A Tagesordnungspunkt 19: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (Drucksache 11/4268) b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Wartenberg (Berlin), Dr. Penner, Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit (Drucksache 11/2795) Wartenberg (Berlin) SPD 10713 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 10715 A Frau Trenz GRÜNE 10717 C Dr. Hirsch FDP 10719A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 10720A Schröer (Mülheim) SPD 10721 B Lüder FDP 19723 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 Zusatztagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten (Drucksache 11/4507) Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 10724 C Poß SPD 10726A Dr. Solms FDP 10728 C Hüser GRÜNE 10730 B Glos CDU/CSU 10732 A Huonker SPD 10734 A Dr. Daniels (Bonn) CDU/CSU 10736D Nächste Sitzung 10737 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 10739* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 10739* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 10681 144. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Adler SPD 12. 05. 89 Dr. Ahrens SPD 12. 05. 89 * Amling SPD 12. 05. 89 Antretter SPD 12. 05. 89 ** Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 12. 05. 89 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 12. 05. 89 Bindig SPD 12. 05. 89 * Frau Blunck SPD 12. 05. 89 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 12. 05. 89 ** Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Briefs GRÜNE 12. 05. 89 Buschbom CDU/CSU 12. 05. 89 Büchner (Speyer) SPD 12. 05. 89 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 12. 05. 89 * Carstens (Emstek) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Conrad SPD 12. 05. 89 Cronenberg (Arnsberg) FDP 12. 05. 89 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 12. 05. 89 Dr. Ehrenberg SPD 12. 05. 89 Eich GRÜNE 12. 05. 89 * Feilcke CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Feldmann FDP 12. 05. 89 ** Frau Fischer CDU/CSU 12. 05. 89 * Francke (Hamburg) CDU/CSU 12. 05. 89 Funk (Gutenzell) CDU/CSU 12. 05. 89 Gallus FDP 12. 05. 89 Gattermann FDP 12. 05. 89 Dr. Gautier SPD 12. 05. 89 Frau Geiger CDU/CSU 12. 05. 89 Genscher FDP 12. 05. 89 Dr. Glotz SPD 12. 05. 89 Günther CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Haack SPD 12. 05. 89 Dr. Hauff SPD 12. 05. 89 Frhr. Heereman von CDU/CSU 12. 05. 89 Zuydtwyck Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Hensel GRÜNE 12. 05. 89 Heyenn SPD 12. 05. 89 Hiller (Lübeck) SPD 12. 05. 89 Höffkes CDU/CSU 12. 05. 89 * Irmer FDP 12. 05. 89 Jungmann (Wittmoldt) SPD 12. 05. 89 Kalisch CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Kelly GRÜNE 12. 05. 89 Kittelmann CDU/CSU 12. 05. 89 ** Klein (Dieburg) SPD 12. 05. 89 Dr. Klejdzinski SPD 12. 05. 89 ** Dr. Kreile CDU/CSU 12. 05. 89 Kroll-Schlüter CDU/CSU 12. 05. 89 Dr.-Ing. Laermann FDP 12. 05. 89 Leidinger SPD 12. 05. 89 Lenzer CDU/CSU 12. 05. 89 * Link (Frankfurt) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Luuk SPD 12. 05. 89 * Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 12. 05. 89 Dr. Müller CDU/CSU 12. 05. 89 * Niegel CDU/CSU 12. 05. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Pack CDU/CSU 12. 05. 89 * Paintner FDP 12. 05. 89 Pfeifer CDU/CSU 12. 05. 89 Pfuhl SPD 12. 05. 89 * Rappe (Hildesheim) SPD 12. 05. 89 Reddemann CDU/CSU 12. 05. 89 * Frau Renger SPD 12. 05. 89 Reuschenbach SPD 12. 05. 89 Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 12. 05. 89 Rühe CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Schäuble CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Scheer SPD 12. 05. 89 * Schemken CDU/CSU 12. 05. 89 Schmidt (München) SPD 12. 05. 89 * von Schmude CDU/CSU 12. 05. 89 * Schütz SPD 12. 05. 89 Dr. Soell SPD 12. 05. 89 * Spilker CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 12. 05. 89 Voigt (Frankfurt) SPD 12. 05. 89 Vosen SPD 12. 05. 89 Dr. Warrikoff CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Dr. Wilms CDU/CSU 12. 05. 89 Windelen CDU/CSU 12. 05. 89 Wissmann CDU/CSU 12. 05. 89 Wittich SPD 12. 05. 89 Dr. Wulff CDU/CSU 12. 05. 89 * Würzbach CDU/CSU 12. 05. 89 Zander SPD 12. 05. 89 Zierer CDU/CSU 12. 05. 89 ** Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/3196 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/4161 Nr. 2.4-2.7, 2.9, 2.10 Drucksache 11/4238 Nr. 2,2, 2.3 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/3831 Nr. 12-19 Drucksache 11/3882 Nr. 3.22-3.27, 3.29-3.40 Drucksache 11/3927 Nr. 3.5-3.8 Drucksache 11/4019 Nr. 2.18-2.25, 2.27-2.30 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2465 Nr. 2.22 Drucksache 11/4238 Nr. 2.13 Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache 11/2724 Nr. 28 Drucksache 11/2841 Nr. 15, 16, 17 Drucksache 11/3703 Nr. 2.29 Drucksache 11/4019 Nr. 2.40 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/3117 Nr. 2.14 Drucksache 11/3703 Nr. 2.30, 2.31
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich bei allen, die zur Beratung dieses wichtigen Gesetzentwurfs noch da sind und werde mir jeden persönlich dankbar im Herzen vermerken.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das muß natürlich auch ins Protokoll!)

    Der Deutsche Bundestag berät heute in erster Lesung über zwei Änderungen des Steuerreformgesetzes 1990 sowie über zwei Gesetzesinitiativen zur verbesserten steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten.
    Die Vorschläge zur Korrektur des Steuerreformgesetzes 1990 sind das Ergebnis intensiver Diskussionen und Beratungen, die wir in den letzten Wochen hier bereits geführt haben.
    Wir wollen die kleine Kapitalertragsteuer zum 1. Juli 1989 abschafffen. Bereits gezahlte Steuern auch auf die Zinserträge aus Lebensversicherungen werden erstattet oder bei der nächsten Einkommensteuerveranlagung bzw. beim nächsten Lohnsteuerjahresausgleich verrechnet. Mit der Einführung der kleinen Kapitalertragsteuer sollte mehr Steuergerechtigkeit durch die gleichmäßigere Erfassung aller Einkommensarten erreicht werden. Im Ergebnis wurden jedoch viele Sparer zu Unrecht belastet, weil sie vor dem bürokratischen Nichtveranlagungs- oder Erstattungsverfahren zurückschreckten. Kritik und Verärgerung gab es vor allem auch bei denjenigen, die bisher schon ihre Zinseinkünfte ordnungsgemäß angegeben hatten. Im Zusammenhang mit der Ankündigung und Einführung der kleinen Kapitalertragsteuer hat sich auch der Kapitalexport in einem nicht vorhersehbaren Umfang verstärkt. Zugleich gingen die Kapitalanlagen von Ausländern in der Bundesrepublik spürbar zurück. Auf die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das deutsche Zinsniveau und die Stabilität der Deutschen Mark hat vor allem die Deutsche Bundesbank wiederholt hingewiesen.



    Bundesminister Dr. Waigel
    Entsprechend der schon bisher geltenden gesetzlichen Regelung bleiben Zinseinkommen grundsätzlich steuerpflichtig. Wir werden das in der Öffentlichkeit immer wieder deutlich machen. Darüber hinaus werden die Kreditinstitute auch in Zukunft ihre Kunden auf die Steuerpflicht der Kapitalerträge hinweisen. Jeder Steuerpflichtige muß bei Steuererklärungen und Anträgen auf Lohnsteuerjahresausgleich die ordnungsgemäße Angabe der Kapitalerträge durch seine Unterschrift bestätigen. Schließlich besteht durch das Gesetz über strafbefreiende Erklärungen weiterhin ein Anreiz, den Weg in die Steuerehrlichkeit zu gehen. Zinseinkünfte werden durch diese Maßnahmen trotz des Verzichts auf die kleine Kapitalertragsteuer künftig besser als bisher erfaßt werden. Der Einnahmeverlust für die öffentlichen Haushalte wird sich damit in Grenzen halten.
    Im übrigen können wir bei deutlich verstärktem Wachstum mit Steuermehreinnahmen der öffentlichen Haushalte rechnen. Nach der jüngsten Steuerschätzung werden die bisherigen Erwartungen 1989 insgesamt um 6,1 Milliarden DM und 1990 um 17,8 Milliarden DM übertroffen. Zu diesen günstigen Ergebnissen hat die Finanz- und Steuerpolitik der Bundesregierung erheblich beigetragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    In der Europäischen Gemeinschaft werden wir mit unseren Partnern in den jetzt beginnenden Konsultationen darüber beraten, wie die steuerliche Behandlung von Zinseinkünften im künftig gemeinsamen europäischen Kapitalmarkt geregelt werden kann. Die Prüfung alternativer Lösungen muß der zunehmenden Internationalisierung der Kapitalmärkte Rechnung tragen. Für die Einführung einer Quellensteuer auf europäischer Ebene ist die erforderliche Einstimmigkeit nicht gegeben. Auch wir wollen keine für alle Staaten verbindliche europäische Quellensteuer. Eine solche Abgabe würde mit großer Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Kapitalverlagerungen in Drittstaaten führen. Unsere eigenen Erfahrungen lassen kaum eine andere Prognose zu. Auf diese Konsequenzen haben Präsident Pöhl und Vizepräsident Schlesinger von der Deutschen Bundesbank deutlich hingewiesen. Ein Kontrollmitteilungsverfahren kommt für uns als Alternative nicht in Frage.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Huonker [SPD]: Was dann?)

    Der jetzt gesetzlich verankerte Bankenerlaß, der Schutz der Vertrauensverhältnisse zwischen den Banken und ihren Kunden, bleibt in Kraft. Die Einführung von Kontrollmitteilungen würde darüber hinaus die Kapitalmärkte erneut belasten und noch mehr bürokratischen Aufwand verursachen als die kleine Kapitalertragsteuer.

    (Hüser [GRÜNE]: Schaffen Sie doch die Steuerpflicht für Zinserträge ab!)

    Über andere Möglichkeiten einer Gemeinschaftsregelung wird zur Zeit auf europäischer Ebene gesprochen. Ausgangspunkt einer Lösung müssen die bestehenden nationalen Bestimmungen sein. Die notwendige Zustimmung aller Mitgliedstaaten wird nur zu erreichen sein, wenn ausreichender Spielraum für unterschiedliche nationale Systeme gewährleistet wird.
    Ich möchte hier auf eines eingehen, was ich heute in einer Meldung als Aussage von Frau Matthäus-Maier von der SPD gelesen habe. Ich weiß nicht, ob sie es gesagt hat, aber in der Überschrift stand es so.

    (Poß [SPD]: Sie kommt gleich!)

    — Ich will es auch sagen, wenn sie nicht kommt, weil ich nicht so lange warten kann.
    Dort ist vom Wählerbetrug die Rede. Ich weise diese Unterstellung, diesen Vorwurf in aller Schärfe und Klarheit zurück. Frau Matthäus-Maier gehört der SPD noch nicht allzu lange an. Wenn sie sich an 1976 und 1980 erinnert, sollte sie mit dem Wort Wählerbetrug im Auftrag der SPD sehr vorsichtig umgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Huonker [SPD]: Das ist eine billige Retourkutsche!)

    Wir betreiben keinen Wählerbetrug. Sie soll sich das, was ich hier gesagt habe, genau durchlesen. Ich hoffe, daß sie dann den politischen Anstand besitzt, einen solchen Vorwurf nicht zu wiederholen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir verdoppeln den Sparerfreibetrag, der seit 1975 nicht mehr verändert worden ist. Die von der Opposition geforderte Verzehnfachung des Sparerfreibetrags ist haushaltspolitisch völlig unseriös. Wenn man sich an die sonstige Neidkampagne der SPD erinnert, bei der immer wieder auf die Hoch- und Höchstverdienenden hingewiesen wird, frage ich mich eigentlich, mit welcher moralischen Legitimation die SPD ihre Neidkampagne bei anderen Fragen noch fortsetzen möchte.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die nun gefundene Regelung zur Begünstigung von Veräußerungsgewinnen nach § 34 des Einkommensteuergesetzes entspricht unserer mittelstandspolitischen Philosophie und ist sachgerecht.
    Die verbesserten Abschreibungsbedingungen für den Mietwohnungsbau führen dazu, daß wir regionale Engpässe beseitigen können und daß wir vor allem zusätzliches privates Kapital mobilisieren und auch im sozialen Wohnungsbau den neuen Herausforderungen gerecht werden.
    Durch die vorgesehene steuerliche Begünstigung der Beschäftigung von Familien- und Pflegehilfen sollen zusätzliche Arbeitsplätze in Privathaushalten gefördert werden. Löhne und Sozialversicherungsbeiträge für Haushaltshilfen sollen künftig bis zur Höhe von 12 000 DM im Jahr steuerlich berücksichtigt werden, wenn zum Haushalt zwei Kinder unter zehn Jahren, bei Alleinstehenden ein Kind, oder ein Pflegebedürftiger gehören.
    Meine Damen und Herren, die vorgeschlagenen steuerlichen Maßnahmen sollten so rasch wie möglich in Kraft treten. Ich bitte Sie deshalb um Ihre Mitwirkung, damit das Gesetzgebungsverfahren bis zum 1. Juli dieses Jahres abgeschlossen werden kann und damit Klarheit für alle Betroffenen und Beteiligten hergestellt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Diese Maßnahmen sind Teil unserer Politik für mehr Wachstum, Beschäftigung und sozialen Ausgleich.



    Bundesminister Dr. Waigel
    Auf der Grundlage zusammenhängender finanzpolitischer, wirtschaftspolitischer und sozialpolitischer Entscheidungen haben wir in den letzten Jahren erhebliche Erfolge erzielt. Mehr als 1 Million zusätzlicher Arbeitsplätze sind seit 1983 geschaffen worden, und die Arbeitslosigkeit wird in diesem Jahr erstmals wieder unter die 2-Millionen-Grenze sinken. Jahr für Jahr nehmen die verfügbaren Realeinkommen deutlich zu.
    Auf der Grundlage der sichtbar werdenden und gewordenen Erfolge werden wir die Bürger unseres Landes von der Notwendigkeit und Richtigkeit unserer Entscheidungen noch besser überzeugen können.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Poß.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Joachim Poß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem neuen Bundesfinanzminister Dr. Waigel kann ich eigentlich nur empfehlen, aus der Geschichte seines Vorgängers Stoltenberg zu lernen und die Rechthaberattitüde, die er hier stellenweise an den Tag gelegt hat, für die nächsten Wochen oder Monate abzulegen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das Beispiel Stoltenberg sollte Sie warnen, Herr Dr. Waigel, anderen nicht die moralische Legitimation abzusprechen, angesichts der Steuergeschichte des letzten Jahres, speziell bei der Quellensteuer.
    Heute geht's in die nächste Runde dieses steuerpolitischen Zickzackkurses mit dem Namen „Quellensteuer". Den bisherigen Verlauf kann man wirklich nur als chaotische Gesetzgebung bezeichnen, die dem deutschen Volk viele Opfer abverlangt hat. Die Konzeptions- und Verantwortungslosigkeit der Regierung Kohl verursachten volkswirtschaftliche Verluste und Kosten in der Finanzverwaltung sowie in der Kredit- und Versicherungswirtschaft in Milliardenhöhe. Die Kosten sollten von der Bundesregierung möglichst bald in einer Schadensbilanz im einzelnen dargestellt werden. Einige der Betroffenen prüfen bereits, ob sie Schadenersatzansprüche geltend machen können.
    Nicht bezifferbar, meine Damen und Herren, sind der Streß, der Ärger und der Frust, die Minderung an Lebensqualität, die sich in unserem Lande breitgemacht hat, aber auch die schlaflosen Nächte unserer älteren Mitbürger, die vielfach überfordert waren, den Formularkrieg mit den Finanzämtern zu führen,

    (Kraus [CDU/CSU]: Desinformation, Ihre Desinformation!)

    und die deshalb vor der Konsequenz standen, auf die Rückerstattung der ihnen zustehenden Quellensteuer zu verzichten. Der Lohnsteuer-Jahresausgleich verzögert sich.
    Wir denken an die vielen Menschen in den Wohn- und Amtsstuben, an den Schaltstellen in der Wirtschaft und der Verwaltung und an den Bankschaltern.
    Alle mußten sich mit unendlicher Geduld bemühen, des bürokratischen Monstrums Herr zu werden.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Genau! — Weiterer Zuruf von der SPD: So ist es!)

    Wir denken auch an die Beschäftigten des Quellensteueramtes in Trier und deren Familien, die ihre Lebensplanung nach wenigen Monaten nun schon wieder verändern müssen.

    (Scharrenbroich [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

    Der Bundesfinanzminister versucht, die negativen Wirkungen der Einführung und der Wiederabschaffung der Quellensteuer mit dem Nachweis zu verniedlichen, die knapp 4 Milliarden DM Steuerausfall jährlich, die damit verbunden seien, würden durch die
    — nach der neuen Steuerschätzung — konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen mehr als ausgeglichen. Aber was hat die neue Steuerschätzung ergeben?
    Erstens. In den höher geschätzten Steuereinnahmen schlagen sich die stärker werdenden Preissteigerungen nieder.
    Zweitens. Die Steuerschätzung weist nicht etwa
    — wie zu erwarten — für die Jahre ab 1990 NettoSteuersenkungen von rd. 11 Milliarden DM jährlich aus. Die jetzt errechneten Steuereinnahmen liegen 1990 um 18 Milliarden DM und 1991 um 23 Milliarden DM gewaltig darüber. Das heißt: Die Steuermehreinnahmen sind erheblich höher als die von Ihnen angekündigten Steuersenkungen.

    (Uldall [CDU/CSU]: Da sehen Sie mal, wie gut die Konjunktur läuft! So läuft die Konjunktur bei uns, das ist Kreislauf!)

    — Das ergibt keinen Sinn! Sie haben den Menschen Steuersenkungen versprochen, und diese Wirkung verpufft.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben nicht auf uns gehört. Wir haben vor dieser Quellensteuer gewarnt.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Genau! — Glos [CDU/CSU]: Das war doch Ihre alte Forderung! 25 % wollten Sie haben!)

    Jetzt heben Sie die Quellensteuer auf, aber die Steueramnestie soll bleiben. Wer sich amnestieren läßt, bleibt nicht nur straffrei, sondern braucht seine vor 1986 hinterzogenen Steuern nicht mehr nachzuzahlen.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Unglaublich!)

    Ein wirklich billiges Ruhekissen für Steuersünder, über dessen Zulässigkeit das Bundesverfassungsgericht allerdings erst noch entscheiden muß.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Amnestie ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nach Wegfall der Quellensteuer noch viel problematischer, da sie mit einer gewollten Verbesserung des Rechtszustandes nicht mehr gerechtfertigt werden kann. Auch der Bankenerlaß soll



    Pon
    im Gesetz weiter verankert bleiben, damit die großen Vermögen geschont werden können.

    (Glos [CDU/CSU]: So ein Unfug!)

    Wie wollen Sie, Herr Dr. Waigel, angesichts dieser Regelung den gegenseitigen Beistand der nationalen Steuerverwaltungen in Europa eigentlich noch möglich machen?
    Nun soll die ungeliebte Quellensteuer, wie der Kollege Glos formuliert hat, „mit Stumpf und Stiel" ausgerottet werden.

    (Glos [CDU/CSU]: Richtig!)

    Warum also jetzt noch trauern, wenn dieses Ungetüm nunmehr beerdigt werden soll? Die Antwort heißt: Die Hydra ist nicht tot, sie ist nicht einmal scheintot. Zunächst wollte der Bundesfinanzminister die Quellensteuer aussetzen, dann wollte er sie abschaffen, und nun soll sie für zwei bis drei Jahre bis zu der notwendigen europäischen Lösung ausgesetzt werden. So glänzend war Ihr Einstand nicht, Herr Dr. Waigel!

    (Beifall bei der SPD)

    Die Problematik hat der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung vom 27. April 1989 angesprochen, als er sagte:
    Wir werden uns in der Europäischen Gemeinschaft im Gespräch mit unseren Partnern dafür einsetzen, daß eine tragfähige Regelung der Besteuerung von Kapitalerträgen möglich wird, die zwingend notwendig ist, um den gemeinsamen Binnenmarkt zu erreichen.
    Der vorbereitete Redetext, der diese Wahrheit zu kaschieren versuchte, lautete bekanntlich anders. Und nach seiner Regierungserklärung hat der Bundeskanzler die Stenographen des Bundestages angewiesen, den Satz der Wahrheit im Protokoll zu korrigieren.

    (Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

    Noch abenteuerlicher ist die Interpretation des Kanzleramtsministers Stavenhagen, der hier im Bundestag vorgestern vergeblich versucht hat, den Bundeskanzler zu rechtfertigen. Nach dieser Interpretation gibt der klare Text der Regierungserklärung nicht etwa wieder, was die Auffassung der Bundesregierung ist, sondern was die französische Regierung gern möchte. Das ist eine beschämende Erklärung zur Aussage des Bundeskanzlers.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Aber ob man nun davon ausgeht, daß eine Besteuerung der Zinsen rechtlich oder politisch zwingend notwendig ist, oder nur davon, daß sich die Bundesregierung um eine tragfähige Regelung der Besteuerung von Kapitalerträgen bemühen wird, fest steht, daß CDU/CSU und FDP in wenigen Jahren, d. h. nach den nächsten Bundestagswahlen, die Quellensteuer wieder einführen werden, wenn sie dann tatsächlich noch Regierungsverantwortung tragen sollten.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das ist Wählerbetrug!)

    Das hat der neue Bundesfinanzminister am Mittwoch
    in der Pressekonferenz ausdrücklich bestätigt. Er
    rechnet mit einer europäisch harmonisierten Quellensteuer in zwei bis drei Jahren.

    (Zurufe von der FDP)

    Damit wird auch klar, was der Bundesfinanzminister gemeint hat, als er zunächst die Formulierung von der zeitweisen Aussetzung der Quellensteuer benutzte.

    (Glos [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen das alles aufgeschrieben? Das stimmt alles nicht!)

    — Ich habe gelesen, was er gesagt hat.
    Was er jetzt mit der Wiedereinführung der Quellensteuer in wenigen Jahren ankündigt, ist doch nichts anderes als eine differenzierte Ausdrucksform für seine frühere Ankündigung von der zeitweisen Aussetzung der Quellensteuer.

    (Kraus [CDU/CSU]: Reine Hetzkampagne!)

    Ich habe seine Aussagen genau nachgelesen; von daher ist das hier gedeckt.

    (Kraus [CDU/CSU]: Greuelpropaganda!)

    Wie soll die Liberalisierung und Harmonisierung des europäischen Kapitalmarktes nun weitergehen, welche Vorschläge will die Bundesregierung den anderen EG-Partnern dazu machen, oder will sie die Bestrebungen um den europäischen Kapital- und Binnenmarkt verzögern? Ich fordere den Bundesfinanzminister auf, klarzustellen, wie es aus deutscher Sicht mit dem europäischen Kapitalmarkt weitergehen soll. Heute haben Sie hierzu in der Substanz nichts gesagt, Herr Dr. Waigel, ohne daß man sich mit anderen Mitgliedsländern herausredet.
    Was sich mit der nur scheinbaren Beerdigung der Quellensteuer anbahnt, kann sich zum größten Wählerbetrug der Bundestagswahl 1990 ausweiten, und dieses Wort ist richtig.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Schon bei der letzten Bundestagswahl hatten CDU/ CSU und FDP den Bürgern die Fata Morgana einer großen Steuerreform vorgegaukelt, ohne zu sagen, daß sie eine Quellensteuer einführen und den Weihnachtsfreibetrag und den Arbeitnehmerfreibetrag abschaffen werden. Auch vor den Landtagswahlen in verschiedenen Bundesländern wurde den Wählern nur die Speckseite der Steuersenkung gezeigt. Die beabsichtigten Belastungen, die Verbrauchsteuererhöhungen und die Einführung der Quellensteuer, haben die Koalitionsparteien erst nach den Landtagswahlen beschlossen. Die Spekulation auf das kurze Gedächtnis des Wählers ist inzwischen zum Markenzeichen dieser Bundesregierung geworden, und daran ist Herr Stoltenberg gescheitert, und sein Nachfolger wird auch daran scheitern, wenn er, Herr Dr. Waigel, in diesem Stil Holzkopfpopulismus betreiben sollte.

    (Beifall bei der SPD)

    Damit werden Sie nicht das Vertrauen erwerben

    (Glos [CDU/CSU]: Das kann doch nicht von Ihnen stammen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — das ist doch Zimmermann — , um geflüchtetes Kapital zur Rückkehr zu bewegen. Ihnen geht es offen-



    Poß
    sichtlich nur noch um das politische Überleben, und das wollen Sie durch Reparaturen steuerlicher Mißbildungen erreichen. Das erste Reparaturgesetz, an das ich hier denke, war die teilweise Rückgängigmachung beim Flugbenzin. Auch da war Herr Waigel kräftig mit dabei.
    Die Lust an steuerlich ungerechten Regelungen ist Ihnen aber offensichtlich noch nicht vergangen; das zeigen Ihre Vorstellungen zur Einführung eines sogenannten Dienstmädchenprivilegs.
    Meine Damen und Herren, in der Begründung zum Gesetzentwurf, mit dem die Quellensteuer eingeführt wurde, konnte man folgendes lesen:
    Die verbesserte steuerliche Erfassung von Zinseinkünften dient nicht nur der Steuergerechtigkeit, sondern ist auch wirtschafts- und beschäftigungspolitisch geboten. Sie mildert eine steuerliche Benachteiligung von Anlagen in arbeitsplatzschaffendem Unternehmenskapital im Vergleich zu reinen Finanzanlagen. Die Maßnahme soll damit zugleich zur Belebung des Risikokapitalmarktes und zur Stärkung des unternehmerischen Eigenkapitals beitragen.
    Diese Erkenntnis war damals richtig und ist es auch heute noch. Ihre Quellensteuer war der falsche Weg, ihre Abschaffung ist richtig. Aber das ändert nichts daran, daß die Besteuerung von Kapitalerträgen nach Recht und Gesetz sichergestellt werden muß.

    (Beifall bei der SPD)

    Dafür tun Sie aber nichts. Im Gegenteil, Sie verhindern sogar noch durch Gesetz, daß die Finanzbeamten Steuerhinterziehung bei hohen Kapitalerträgen aufdecken können.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Skandalös!)

    Die SPD hat einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, wie das Problem gelöst werden kann. Wir Sozialdemokraten wollen durch eine Verzehnfachung der Sparerfreibeträge dafür sorgen, daß die Zinsen für Ersparnisse bis etwa 100 000 DM steuerfrei gestellt werden. Damit aber für hohe Kapitalerträge die Besteuerung nach Recht und Gesetz sichergestellt wird, wollen wir ein bürgerfreundliches und unbürokratisches Mitteilungsverfahren mit Stichproben. Das wird auch in anderen EG-Ländern und in den USA ohne Probleme praktiziert.
    Ich fasse zusammen, meine Damen und Herren. Die Abschaffung dieser Quellensteuer ist richtig. Sie war von Anfang ein bürokratisches und bürgerfeindliches Monstrum. Wenn Sie sich aber nicht der politischen Kumpanei mit großen Steuerhinterziehern schuldig machen wollen, dann müssen Sie sicherstellen, daß hohe Kapitalerträge tatsächlich nach Recht und Gesetz versteuert werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Den großen Steuerhinterziehern, die jedes Jahr Milliarden am Finanzamt vorbeischleusen, muß das Handwerk gelegt werden. Die Millionen Normalsparer dagegen müssen für die Zinsen auf ihre Ersparnisse völlig steuerfrei gestellt werden, wie wir das seit langem fordern.
    Das lehnt die Bundesregierung aber ab. Der Bundesfinanzminister hat vielmehr selbst deutlich zu erkennen gegeben, daß er daran denkt, nach der nächsten Bundestagswahl im EG-Rahmen die Quellensteuer wieder einzuführen. Deshalb ist der Gesetzentwurf, den Sie dem Deutschen Bundestag hier vorgelegt haben, nichts anderes als der Versuch einer großangelegten Wählertäuschung. Ich bin sicher, unsere Bürger lassen sich das nicht bieten. Sie haben Ihre unredliche Steuerpolitik schon lange satt.

    (Beifall bei der SPD)