Rede:
ID1114411500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Schröer.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/144 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 144. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum § 218 StGB nach dem Memminger Urteil Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 10681B, 10689D Geis CDU/CSU 10682 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 10684 A Frau Würfel FDP 10685 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10686 B Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 10687 B Frau Limbach CDU/CSU 10688 D Kleinert (Hannover) FDP 10690 C Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10691 C Singer SPD 10692 C Dr. Hüsch CDU/CSU 10693 C Wüppesahl fraktionslos 10694 D Frau Dempwolf CDU/CSU 10695 C Frau Conrad SPD 10696 C Werner (Ulm) CDU/CSU 10697 D Präsidentin Dr. Süssmuth . . . 10682C, 10690A Tagesordnungspunkt 18: Zweite und Dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe (Drucksachen 11/474, 11/3878) Dr. de With SPD 10699 A Eylmann CDU/CSU 10701 B Frau Nickels GRÜNE 10703 C Kleinert (Hannover) FDP 10705 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10707 B Frau Becker-Inglau SPD 10708 D Frau Männle CDU/CSU 10710A Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10711A Tagesordnungspunkt 19: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (Drucksache 11/4268) b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Wartenberg (Berlin), Dr. Penner, Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit (Drucksache 11/2795) Wartenberg (Berlin) SPD 10713 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 10715 A Frau Trenz GRÜNE 10717 C Dr. Hirsch FDP 10719A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 10720A Schröer (Mülheim) SPD 10721 B Lüder FDP 19723 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 Zusatztagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten (Drucksache 11/4507) Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 10724 C Poß SPD 10726A Dr. Solms FDP 10728 C Hüser GRÜNE 10730 B Glos CDU/CSU 10732 A Huonker SPD 10734 A Dr. Daniels (Bonn) CDU/CSU 10736D Nächste Sitzung 10737 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 10739* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 10739* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 10681 144. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1989 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Adler SPD 12. 05. 89 Dr. Ahrens SPD 12. 05. 89 * Amling SPD 12. 05. 89 Antretter SPD 12. 05. 89 ** Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 12. 05. 89 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 12. 05. 89 Bindig SPD 12. 05. 89 * Frau Blunck SPD 12. 05. 89 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 12. 05. 89 ** Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Briefs GRÜNE 12. 05. 89 Buschbom CDU/CSU 12. 05. 89 Büchner (Speyer) SPD 12. 05. 89 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 12. 05. 89 * Carstens (Emstek) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Conrad SPD 12. 05. 89 Cronenberg (Arnsberg) FDP 12. 05. 89 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 12. 05. 89 Dr. Ehrenberg SPD 12. 05. 89 Eich GRÜNE 12. 05. 89 * Feilcke CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Feldmann FDP 12. 05. 89 ** Frau Fischer CDU/CSU 12. 05. 89 * Francke (Hamburg) CDU/CSU 12. 05. 89 Funk (Gutenzell) CDU/CSU 12. 05. 89 Gallus FDP 12. 05. 89 Gattermann FDP 12. 05. 89 Dr. Gautier SPD 12. 05. 89 Frau Geiger CDU/CSU 12. 05. 89 Genscher FDP 12. 05. 89 Dr. Glotz SPD 12. 05. 89 Günther CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Haack SPD 12. 05. 89 Dr. Hauff SPD 12. 05. 89 Frhr. Heereman von CDU/CSU 12. 05. 89 Zuydtwyck Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Hensel GRÜNE 12. 05. 89 Heyenn SPD 12. 05. 89 Hiller (Lübeck) SPD 12. 05. 89 Höffkes CDU/CSU 12. 05. 89 * Irmer FDP 12. 05. 89 Jungmann (Wittmoldt) SPD 12. 05. 89 Kalisch CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Kelly GRÜNE 12. 05. 89 Kittelmann CDU/CSU 12. 05. 89 ** Klein (Dieburg) SPD 12. 05. 89 Dr. Klejdzinski SPD 12. 05. 89 ** Dr. Kreile CDU/CSU 12. 05. 89 Kroll-Schlüter CDU/CSU 12. 05. 89 Dr.-Ing. Laermann FDP 12. 05. 89 Leidinger SPD 12. 05. 89 Lenzer CDU/CSU 12. 05. 89 * Link (Frankfurt) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Luuk SPD 12. 05. 89 * Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 12. 05. 89 Dr. Müller CDU/CSU 12. 05. 89 * Niegel CDU/CSU 12. 05. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Pack CDU/CSU 12. 05. 89 * Paintner FDP 12. 05. 89 Pfeifer CDU/CSU 12. 05. 89 Pfuhl SPD 12. 05. 89 * Rappe (Hildesheim) SPD 12. 05. 89 Reddemann CDU/CSU 12. 05. 89 * Frau Renger SPD 12. 05. 89 Reuschenbach SPD 12. 05. 89 Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 12. 05. 89 Rühe CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Schäuble CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Scheer SPD 12. 05. 89 * Schemken CDU/CSU 12. 05. 89 Schmidt (München) SPD 12. 05. 89 * von Schmude CDU/CSU 12. 05. 89 * Schütz SPD 12. 05. 89 Dr. Soell SPD 12. 05. 89 * Spilker CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 12. 05. 89 Voigt (Frankfurt) SPD 12. 05. 89 Vosen SPD 12. 05. 89 Dr. Warrikoff CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Dr. Wilms CDU/CSU 12. 05. 89 Windelen CDU/CSU 12. 05. 89 Wissmann CDU/CSU 12. 05. 89 Wittich SPD 12. 05. 89 Dr. Wulff CDU/CSU 12. 05. 89 * Würzbach CDU/CSU 12. 05. 89 Zander SPD 12. 05. 89 Zierer CDU/CSU 12. 05. 89 ** Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/3196 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/4161 Nr. 2.4-2.7, 2.9, 2.10 Drucksache 11/4238 Nr. 2,2, 2.3 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/3831 Nr. 12-19 Drucksache 11/3882 Nr. 3.22-3.27, 3.29-3.40 Drucksache 11/3927 Nr. 3.5-3.8 Drucksache 11/4019 Nr. 2.18-2.25, 2.27-2.30 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2465 Nr. 2.22 Drucksache 11/4238 Nr. 2.13 Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache 11/2724 Nr. 28 Drucksache 11/2841 Nr. 15, 16, 17 Drucksache 11/3703 Nr. 2.29 Drucksache 11/4019 Nr. 2.40 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/3117 Nr. 2.14 Drucksache 11/3703 Nr. 2.30, 2.31
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Horst Waffenschmidt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung begrüßt die hier von den Kollegen Gerster und Hirsch vorgetragenen Absichten der Koalitionsfraktionen zur Neufassung des Ausländerrechts. Die Bundesregierung selbst setzt sich nach wie vor für eine Integration der Ausländer ein. Sie befürwortet eine Erleichterung der Einbürgerung vor allem derjenigen Ausländer, die hier geboren und aufgewachsen sind und die sich selbst um eine Aufnahme in den deutschen Staatsverband bewerben. Wir sind der Auffassung, daß ihnen unter der Voraussetzung eines mindestens achtjährigen Inlandsaufenthalts, sozialer Integration und gesicherten Lebensunterhalts die Einbürgerung gewährleistet werden soll.
    Ich will ganz bewußt auch die Einbürgerungsgebühren ansprechen. In der Debatte sind oft hohe Gebühren ins Gespräch gekommen. Wir haben seitens der Bundesregierung mit den Ländern, die die Empfänger dieser Gebühren sind, darüber gesprochen. Wir haben in diesem Punkt schon eine weitgehende Einigung erzielt. Die Zielvorstellung könnte sein, daß man die unterste Grenze, nämlich 100 DM, nimmt und nicht mehr von Beträgen von mehreren tausend Mark sprechen muß.
    Mehrstaatigkeit soll hingenommen werden, wenn eine Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit entweder nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
    Wir finden, daß diese Regelungen sachgerecht sind. Sie können im übrigen im Einvernehmen mit den Ländern im wesentlichen durch eine Änderung der Einbürgerungsrichtlinien kurzfristig herbeigeführt werden.
    Soweit die Ausländer auf Dauer hierbleiben wollen, ist — das ist hier von mehreren Sprechern mit Nachdruck und zu Recht betont worden — ihre möglichst vollständige Integration in Staat und Gesellschaft im allseitigen Interesse erwünscht. Aber wir sollten auch deutlich machen: Die Einbürgerung läßt sich nicht dekretieren. Ich will hier aus der Erfahrung zahlreicher Diskussionen auch mit Ausländern sagen, daß die Ausländer darüber schon selbst entscheiden wollen. Es bedarf schon der Einsicht der unmittelbar Betroffenen sowie der entsprechenden Bemühungen. Die Ausländer müssen den abschließenden Schritt selbst tun und ihre Einbürgerung beantragen. Eine automatische Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an hier geborene Ausländerkinder, wenn bereits ein Elternteil im Bundesgebiet geboren worden ist, würde trotz der Möglichkeit der Ausschlagung wahrscheinlich— meine Damen und Herren, wir sol-ten auf diesem Gebiet ein wenig sensibel sein — als ein Akt der Fremdbestimmung empfunden werden.
    Ich will einen dritten Aspekt ansprechen. Auch die vorgesehene Einräumung eines Einbürgerungsanspruchs an hier aufgewachsene Ausländer, die diskutiert wird, begegnet Bedenken. Sie läßt im Grunde keinen realen rechtspolitischen Mehrwert erwarten, da ein Einbürgerungsanspruch eine fehlende Einbürgerungsbereitschaft letztlich nicht ersetzen kann. Andererseits muß ich hier gerade auch für das Innenministerium sagen: Es ist rechtssystematisch ein Stück weit fragwürdig, ob man einen Einbürgerungsanspruch überhaupt in der Weise, wie er in den Vorlagen diskutiert wird, einführen sollte, da in dem, was wir als gesicherte Rechtsgrundlage unserer heutigen Einbürgerungspraxis haben, und auch in dem, was international vorhanden ist, Anspruchstatbestände kaum gegeben sind.

    (Dr. Penner [SPD]: Was heißt denn das?)

    — Lieber Kollege Penner, lassen Sie mich das, was ich sagte, in einigen Grundsätzen zusammenfassen. Die Bundesrepublik Deutschland ist und bleibt — wir schließen da an das an, was schon frühere Bundesregierungen festgelegt haben, was auch das Kabinett Schmidt beschlossen hat —

    (Dr. Penner [SPD]: Genscher/Schmidt!)

    — auch Genscher/Schmidt, Schmidt/Genscher, genauso wie Helmut Kohl mit seiner heutigen Koalition —

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: „Schmidt/ Penner" muß das heißen!)

    — Penner hat damals in der Regierung mitgewirkt, allerdings nicht in diesem Bereich —,

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ja, nicht so maßgeblich!)

    die Bundesrepublik Deutschland also war schon nach der Erkenntnis jener Bundesregierungen und ist auch für die heutige Bundesregierung kein Einwanderungsland und kann es auch nicht sein. Wir sind kein Einwanderungsland, und wir können es nicht werden! Aber alle Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen sowie in den gesellschaftlichen Gruppen haben — das sage ich deutlich — eine Mitverantwortung für die Ausländer, die wir einmal eingeladen haben, bei uns zu leben und zu arbeiten,

    (Zuruf des Abg. Bernrath [SPD])

    und für die Ausländer, die hier geboren sind, Herr
    Kollege Bernrath. Wir haben Mitverantwortung. Des-



    Parl. Staatssekretär Dr. Waffenschmidt
    halb haben wir deutlich auszusprechen: Ausländerfeindlichkeit darf bei uns keinen Raum haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir sollten dies deutlich sagen, weil es da ja manche Irreführung in der Öffentlichkeit gibt.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Da klatschen die GRÜNEN nicht!)

    — Es ist interessant, zu sehen, wer hier geklatscht hat. Ich freue mich über die nachdrückliche Zustimmung bei den Koalitionsparteien.
    Meine Damen und Herren, die dauerhafte Eingliederung bei uns lebender Ausländer kann nur im Zusammenwirken der einheimischen Bevölkerung und der Ausländer selbst Erfolg haben.

    (Dr. Penner [SPD]: Wahlrecht!)

    Ich sage für die Bundesregierung mit Nachdruck, daß wir uns um die Integration dieser Ausländer weiterhin verantwortungsvoll und unter Berücksichtigung der Orientierungspunkte, die ich vorgetragen habe und die auch in dem deutlich werden, was die Koalitionsparteien vorgelegt haben, bemühen wollen. Wir werden nicht nachlassen. Ich bin der Meinung, wir können und werden gemeinsam Erfolg haben.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Der Penner hat keinen Erfolg!)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Schröer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thomas Schröer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh, daß diese Debatte am Freitag vor Pfingsten stattfindet, weil ich daran die Hoffnung knüpfen darf, daß über die Pfingsttage der Geist der Wahrhaftigkeit auch über Herrn Gerster kommt.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Warum nur über ihn, Herr Kollege? Erbitten wir ihn für uns alle!)

    — Immer, aber für ihn speziell. Denn er hat so gut wie alles vergessen, was die SPD an Anträgen im Deutschen Bundestag zum Thema „Ausländer und Ausländerpolitik" in der letzten Zeit eingebracht hat.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ein Sammelsurium!)

    — Besser ein Sammelsurium als nichts. (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Abwarten!)

    Es gibt in unserem Lande eine breite Koalition der Vernunft. Arbeitgeber und Gewerkschaften, Kirchen und Wohlfahrtsverbände, Parteien und vor allem zahllose Bürgerinitiativen fordern, daß wir den unter uns lebenden Ausländerinnen und Ausländern mehr Rechtssicherheit geben.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie fordern Gesetze, die der Tatsache Rechnung tragen, daß es 4,1 Millionen Ausländer in unserem Lande gibt, die hier zu Hause sind.

    (Dr. Penner [SPD]: Minimum!)

    Wir haben sechs Jahre lang, nämlich seit 1983, auf entsprechende Initiativen der Koalitionsfraktionen gewartet, leider vergebens. Nun wollen wir nicht länger warten, weil die Betroffenen nicht länger warten können.

    (Dr. Penner [SPD]: Das ist es! Sehr richtig!)

    Wir waren über mehr als ein Jahrzehnt, und zwar mit Zustimmung aller politischen Kräfte, was Sie heute nicht mehr wissen wollen, ein Einwanderungsland.

    (Fellner [CDU/CSU]: Die Frage ist, ob wir das gewollt haben!)

    — Sie haben das gewollt; das war zu Konrad Adenauers Zeit.

    (Dr. Penner [SPD]: Freizügigkeit innerhalb der EG! — Fellner [CDU/CSU]: Sie werden die Dinge doch wohl auseinanderhalten können! Noch gehört Ghana nicht zur EG!)

    Ausländerinnen und Ausländer sind aus unserer Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Wer „Deutschland den Deutschen" propagiert, hat nichts begriffen, hat nichts davon begriffen, was unsere Nation Ausländern, die bei uns eine Heimat fanden, über Jahrhunderte hinweg zu verdanken hat. Wir sind stolz darauf, eine multikulturelle Gesellschaft zu sein.

    (Zurufe von der CDU/CSU und Gegenrufe von der SPD)

    — Auch Sie sollten mir zuhören. — Kulturelle Vielfalt bedroht uns nicht, sie bereichert uns; dazu können natürlich auch Zwischenrufe gehören.
    Liebe Kolleginnen und Kollegen der Christdemokratischen/Christlich-Sozialen Union, was mich bedrückt, ist, daß sich manche auch aus Ihren Reihen aus opportunistischen Gründen dieser Tatsache verweigern. Realitätssinn und guter Wille — mehr nicht — sind gefordert, um Partner im „Bündnis der Vernunft" zu sein, von dem ich gesprochen habe. Ihr Beitritt ist herzlich erwünscht.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Ach du lieber Gott!)

    Nur, Ihre Beitrittsformulare gilben leider inzwischen vor sich hin.
    Meine Damen und Herren, wer über Einbürgerungserleichterung spricht, dem wird sofort vorgehalten, er denke an niemanden anders als an Türken und Marokkaner, was ja an sich nicht schlecht ist; denn man kann nicht oft genug über diese Menschen reden, denen wir viel zu verdanken haben. Aber ich will zwei Fälle anführen, mit denen ich in den letzten Wochen selbst befaßt war.
    Fall Nummer eins: Ein Oberarzt im Essener Klinikum, iranischer Staatsangehöriger, sollte nach dem Willen seines Arbeitgebers, des Landschaftsverbandes Rheinland, eine freigewordene Chefarztstelle übernehmen. Voraussetzung hierfür ist allerdings die deutsche Staatsangehörigkeit, weil man auch dem deutschen Beamtenrecht Genüge tun muß. Der Mann beantragt die Einbürgerung. „Leider" ist er mit einer britischen Staatsangehörigen verheiratet, die als freiberufliche Dolmetscherin tätig ist. Diese Ehefrau will ihre Staatsangehörigkeit nicht aufgeben, weil sie für ihren Beruf von Vorteil ist. Sie dolmetscht nämlich



    Schröer (Mülheim)

    deutsch/englisch, und da ist es besser, wenn man Britin ist statt Deutsche. Der Regierungspräsident lehnt den Einbürgerungsantrag nach einem halben Jahr ab. Begründung: die Einheitlichkeit der Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie sei nicht gegeben. Der Oberarzt wurde nicht Chefarzt. Aber dafür erhielt er einen Gebührenbescheid über 3 700 DM. Hätte der Mann sich rechtzeitig scheiden lassen, wäre ihm die Gnade der deutschen Staatsbürgerschaft zuteil geworden, und zwar ohne jedes Problem.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Unglaublich!) Ich frage, ob das die Alternative sein soll.


    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Unsere nicht! Keine Sorge!)

    Fall Nummer zwei: Eine junge italienische Frau, deren Eltern 1951 in die BRD gekommen sind

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wohin?)

    — in die Bundesrepublik Deutschland; entschuldigen Sie diese kleine terminologische Schwierigkeit —, 1962 in Mülheim (Ruhr) geboren, seit 1984 mit einem Deutschen verheiratet, Abitur, führende Position in einem Industriebetrieb, kennt ihre Heimat Italien nur aus zwei Urlaubswochen am Gardasee. Sie beantragt die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Regierungspräsident bittet um Überweisung von 1 500 DM, damit der Antrag bearbeitet werden könne. Antwort der jungen Dame: Nein, danke, dafür lieber noch einmal zwei Wochen Gardasee.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Da hat sie recht!)

    — Eben.
    Meine Damen und Herren, es geht mir nicht um die Gebühren, obwohl sie tatsächlich ein Skandal sind. Die französische Staatsbürgerschaft kostet 100 Francs, die deutsche bis zu 5 000 DM.

    (Glos [CDU/CSU]: Die ist auch mehr wert! — Gegenruf von der SPD)

    — Das ist ein chauvinistischer Satz, den Sie da gerade von sich gegeben haben. — Dies macht die Absurdität unseres Staatsbürgerschaftsgesetzes deutlich. Man ist fast versucht zu sagen: „Es war schon immer etwas teurer, ein Deutscher zu sein. "
    Meine Damen und Herren, unsere Regelungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft tradieren den Nationalstaatsgedanken des 19. Jahrhunderts. Er hat sich überlebt, mehr noch — und das meine ich sehr ernsthaft — : Dieser Nationalstaatsgedanke hat uns an die Grenze zur kollektiven Selbstvernichtung geführt. Wer nach vorne schaut und möchte, daß das „Europäische Haus" für viele bewohnbar ist und zum Einzug einlädt, der weiß: „Heimat" ist kein geographischer, sondern ein sozialer Begriff; soll sagen, es geht nicht um den Raum, sondern um die Geborgenheit im vertrauten Sozialgefüge. Viele der Menschen, über die wir reden, leben in sozialen Verflechtungen hier und dort. Deshalb ist es notwendig, ihnen hier wie dort Heimatrecht zu geben; im Juristendeutsch heißt das Doppelstaatsangehörigkeit.

    (Frau Trenz [GRÜNE]: Bravo!)

    Ich vergesse nicht, daß ein hochqualifizierter türkischer Diplomingenieur, bei Siemens tätig, mir gesagt
    hat: Ich würde sofort die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen, aber dann darf ich mich nicht mehr bei meinen Tanten und Onkeln in der Türkei sehen lassen; die hielten mich für einen Verräter.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wie war das jetzt mit der Toleranz? Wo fehlt es daran? — Fellner [CDU/CSU]: Und daran sind wir schuld? — Dr. Penner [SPD]: Das sagt doch keiner!)

    — Es gibt Zwischenrufe, auf die man besser nicht antwortet.

    (Fellner [CDU/CSU]: Da würdest du dich auch schwertun!)

    — Da würde ich mich nicht schwertun; aber (Fellner [CDU/CSU]: Was Falsches sagen!)

    ich würde wahrscheinlich die Höflichkeit des Hauses verletzen.

    (Dr. Nöbel [SPD]: Das darfst du nicht! Um Gottes willen!)

    Ich sage: Es gibt kulturelle Hemmschwellen. Diese haben wir zu beachten und vor allen Dingen zu achten,

    (Frau Trenz [GRÜNE]: Genau!)

    und wir haben daraus Konsequenzen für unser eigenes Handeln zu ziehen.

    (Bernrath [SPD]: Sehr gut! — Frau Trenz [GRÜNE]: Ja!)

    Deshalb ist es infam, wenn Sprecher der Bundesregierung seit vielen Jahren die angeblich mangelnde Integrationsbereitschaft — —

    (Fellner [CDU/CSU]: Was heißt „infam"?)

    — Jetzt seien Sie mal ruhig, Herr Fellner; jetzt reicht es aber wirklich!

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist jetzt nicht der Geist der Heiligkeit, mit dem Sie angefangen haben, der aus Ihnen spricht!)