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ID1114408400

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    Plenarprotokoll 11/144 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 144. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum § 218 StGB nach dem Memminger Urteil Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 10681B, 10689D Geis CDU/CSU 10682 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 10684 A Frau Würfel FDP 10685 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10686 B Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 10687 B Frau Limbach CDU/CSU 10688 D Kleinert (Hannover) FDP 10690 C Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10691 C Singer SPD 10692 C Dr. Hüsch CDU/CSU 10693 C Wüppesahl fraktionslos 10694 D Frau Dempwolf CDU/CSU 10695 C Frau Conrad SPD 10696 C Werner (Ulm) CDU/CSU 10697 D Präsidentin Dr. Süssmuth . . . 10682C, 10690A Tagesordnungspunkt 18: Zweite und Dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe (Drucksachen 11/474, 11/3878) Dr. de With SPD 10699 A Eylmann CDU/CSU 10701 B Frau Nickels GRÜNE 10703 C Kleinert (Hannover) FDP 10705 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10707 B Frau Becker-Inglau SPD 10708 D Frau Männle CDU/CSU 10710A Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10711A Tagesordnungspunkt 19: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (Drucksache 11/4268) b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Wartenberg (Berlin), Dr. Penner, Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit (Drucksache 11/2795) Wartenberg (Berlin) SPD 10713 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 10715 A Frau Trenz GRÜNE 10717 C Dr. Hirsch FDP 10719A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 10720A Schröer (Mülheim) SPD 10721 B Lüder FDP 19723 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 Zusatztagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten (Drucksache 11/4507) Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 10724 C Poß SPD 10726A Dr. Solms FDP 10728 C Hüser GRÜNE 10730 B Glos CDU/CSU 10732 A Huonker SPD 10734 A Dr. Daniels (Bonn) CDU/CSU 10736D Nächste Sitzung 10737 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 10739* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 10739* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 10681 144. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Adler SPD 12. 05. 89 Dr. Ahrens SPD 12. 05. 89 * Amling SPD 12. 05. 89 Antretter SPD 12. 05. 89 ** Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 12. 05. 89 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 12. 05. 89 Bindig SPD 12. 05. 89 * Frau Blunck SPD 12. 05. 89 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 12. 05. 89 ** Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Briefs GRÜNE 12. 05. 89 Buschbom CDU/CSU 12. 05. 89 Büchner (Speyer) SPD 12. 05. 89 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 12. 05. 89 * Carstens (Emstek) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Conrad SPD 12. 05. 89 Cronenberg (Arnsberg) FDP 12. 05. 89 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 12. 05. 89 Dr. Ehrenberg SPD 12. 05. 89 Eich GRÜNE 12. 05. 89 * Feilcke CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Feldmann FDP 12. 05. 89 ** Frau Fischer CDU/CSU 12. 05. 89 * Francke (Hamburg) CDU/CSU 12. 05. 89 Funk (Gutenzell) CDU/CSU 12. 05. 89 Gallus FDP 12. 05. 89 Gattermann FDP 12. 05. 89 Dr. Gautier SPD 12. 05. 89 Frau Geiger CDU/CSU 12. 05. 89 Genscher FDP 12. 05. 89 Dr. Glotz SPD 12. 05. 89 Günther CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Haack SPD 12. 05. 89 Dr. Hauff SPD 12. 05. 89 Frhr. Heereman von CDU/CSU 12. 05. 89 Zuydtwyck Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Hensel GRÜNE 12. 05. 89 Heyenn SPD 12. 05. 89 Hiller (Lübeck) SPD 12. 05. 89 Höffkes CDU/CSU 12. 05. 89 * Irmer FDP 12. 05. 89 Jungmann (Wittmoldt) SPD 12. 05. 89 Kalisch CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Kelly GRÜNE 12. 05. 89 Kittelmann CDU/CSU 12. 05. 89 ** Klein (Dieburg) SPD 12. 05. 89 Dr. Klejdzinski SPD 12. 05. 89 ** Dr. Kreile CDU/CSU 12. 05. 89 Kroll-Schlüter CDU/CSU 12. 05. 89 Dr.-Ing. Laermann FDP 12. 05. 89 Leidinger SPD 12. 05. 89 Lenzer CDU/CSU 12. 05. 89 * Link (Frankfurt) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Luuk SPD 12. 05. 89 * Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 12. 05. 89 Dr. Müller CDU/CSU 12. 05. 89 * Niegel CDU/CSU 12. 05. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Pack CDU/CSU 12. 05. 89 * Paintner FDP 12. 05. 89 Pfeifer CDU/CSU 12. 05. 89 Pfuhl SPD 12. 05. 89 * Rappe (Hildesheim) SPD 12. 05. 89 Reddemann CDU/CSU 12. 05. 89 * Frau Renger SPD 12. 05. 89 Reuschenbach SPD 12. 05. 89 Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 12. 05. 89 Rühe CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Schäuble CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Scheer SPD 12. 05. 89 * Schemken CDU/CSU 12. 05. 89 Schmidt (München) SPD 12. 05. 89 * von Schmude CDU/CSU 12. 05. 89 * Schütz SPD 12. 05. 89 Dr. Soell SPD 12. 05. 89 * Spilker CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 12. 05. 89 Voigt (Frankfurt) SPD 12. 05. 89 Vosen SPD 12. 05. 89 Dr. Warrikoff CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Dr. Wilms CDU/CSU 12. 05. 89 Windelen CDU/CSU 12. 05. 89 Wissmann CDU/CSU 12. 05. 89 Wittich SPD 12. 05. 89 Dr. Wulff CDU/CSU 12. 05. 89 * Würzbach CDU/CSU 12. 05. 89 Zander SPD 12. 05. 89 Zierer CDU/CSU 12. 05. 89 ** Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/3196 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/4161 Nr. 2.4-2.7, 2.9, 2.10 Drucksache 11/4238 Nr. 2,2, 2.3 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/3831 Nr. 12-19 Drucksache 11/3882 Nr. 3.22-3.27, 3.29-3.40 Drucksache 11/3927 Nr. 3.5-3.8 Drucksache 11/4019 Nr. 2.18-2.25, 2.27-2.30 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2465 Nr. 2.22 Drucksache 11/4238 Nr. 2.13 Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache 11/2724 Nr. 28 Drucksache 11/2841 Nr. 15, 16, 17 Drucksache 11/3703 Nr. 2.29 Drucksache 11/4019 Nr. 2.40 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/3117 Nr. 2.14 Drucksache 11/3703 Nr. 2.30, 2.31
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ingrid Becker-Inglau


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht mir nicht an, in der Mottenkiste der letzten 16 Jahre zu kramen, da ich erst zwei Jahre hier bin. Aber als ich mir die Diskussion um das leidige Thema unseres Gesetzentwurfes heute und ganz besonders bei den Worten des Ministers anhörte, habe ich den Eindruck gewonnen, daß hier im Hohen Hause einerseits Kräfte am Werk sind, die einfach nicht wahrhaben wollen, daß Frauen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung auch dann für sich sollen beanspruchen können, wenn sie den Trauschein in der Tasche haben. Auf der anderen Seite haben wir hier sehr moderate Töne wie bereits bei der Einbringung unseres Gesetzentwurfes im November 1987 gehört.
    Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, Sie verpassen eine der wenigen Chancen, die Sie in dieser Legislaturperiode wahrnehmen könnten, nämlich einen von der Bundesregierung seit fast zwei Jahren angekündigten Gesetzentwurf zu realisieren. Sie bleiben bei Ankündigungen. Was Sie tun wollen, steht, jedenfalls in Ansätzen, schon in unserem Gesetzentwurf. Aber bleiben Sie bei Ihren Ankündigungen! Handeln tun Sie jedenfalls nicht. Sie hätten die



    Frau Becker-Inglau
    Chance, Frauen ein mögliches Leiden schon jetzt zu ersparen. Sie gäben damit den Frauen ein Stück mehr die Chance, in ihrer Ehe und Familie als gleichwertige Partnerin wie in einer eheähnlichen Partnerschaft zu leben; denn in einer eheähnlichen Gemeinschaft wird die Vergewaltigung einer Partnerin immer noch höher bestraft.

    (Dr. Schmude [SPD]: Sehr richtig!)

    Wenn Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, soviel an dem Erhalt der Ehe und der Familie liegt, wie Sie es immer vorgeben, dann handeln Sie doch auch danach! Ich kann bei Ihrer augenblicklichen Situation verstehen, daß Sie unseren frauen- und familienpolitischen Vorstellungen, die Geld kosten, z. B. einer wirklich angemessenen Erhöhung des Kindergeldes oder einer Ausweitung des Erziehungsgeldes, nicht folgen; aber dieser Gesetzentwurf kostet gar nichts.
    Das Geld ist also gar nicht der Grund. Man muß fragen, was Sie dann treibt, die Vergewaltigung z. B. an der Nachbarin anders als die Vergewaltigung der eigenen Ehefrau zu bewerten. Ich bin immer davon ausgegangen, daß die Ehe und die Familie für Sie nicht nur nach außen schützens- und unterstützenswert seien, sondern auch für die Mitglieder einer Familie einen besonderen Schutz bieten sollten. Für mich gilt dies jedenfalls.
    Ihre ablehnende Haltung gegenüber unserem Gesetzentwurf konnte ich zwar schon vor sechs Jahren nicht verstehen, da Sie bereits zu dem damaligen Zeitpunkt nicht erst von der Tatsache aufgeschreckt wurden, daß es Vergewaltigungen in der Ehe gibt. Sie haben in Ihren Wortbeiträgen damals eingestanden, daß es den Tatbestand der Vergewaltigung in der Ehe wohl gebe. Aber Sie blieben dabei, ihn als ein minder schweres Delikt anzusehen und ihn weiterhin nicht nach § 177 StGB, sondern nach § 240 oder § 223 StGB zu beurteilen.
    Heute, nach Anhörungen im Rechtsausschuß, nach der Emnid-Studie, nach authentischen Berichten von Frauenhäusern, aus gynäkologischen Arztpraxen und aus Beratungsstellen, können Sie sich nicht mehr auf Ihre damalige Beurteilung zurückziehen. Sie haben Erkenntnisse gewonnen, die in der Debatte anläßlich der Einbringung unseres Gesetzentwurfs im November 1987 hoffen ließen, daß es zu einem für die Frauen positiven Konsens in dieser Legislaturperiode kommen könnte. Da stellte beispielsweise der Kollege Eylmann, wie er es auch heute wieder getan hat, fest, daß Ehefrauen in der Bundesrepublik täglich von ihren Ehemännern vergewaltigt werden. Er ist mit uns auch einig, daß der Tatbestand der Vergewaltigung das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der Frau schützt, daß dieses Recht unteilbar ist und — ich zitiere jetzt wörtlich — nicht ein Gramm seines Gewichts verliert, wenn eine Frau heiratet.
    Der Kollege Lüder erklärte sogar, daß sich die Freien Demokraten auf ihrem Bundesparteitag in Kiel für die Strafbarkeit sexueller Gewalt auch in bestehenden Ehen ausgesprochen haben

    (Lüder [FDP]: Wie Herr Kleinert heute auch gesagt hat!)

    und daß damit die gesetzespolitische Zielsetzung unseres Gesetzentwurfs zu bejahen sei. Dies wird von Ihnen dann auch in mehreren Punkten begründet. Ich hatte eigentlich gedacht, daß Sie, da Sie in der Koalition sind, auch in der Lage wären, uns jetzt schon, vielleicht parallel zu unserem Gesetzentwurf, einen Entwurf zu präsentieren, den wir ja vielleicht unterstützt hätten.
    Genauso positiv äußerte sich in dieser Debatte der Justizminister. Dem allerdings ging unser Gesetzentwurf ja nicht weit genug. Er hatte die Strafgleichheit erreichen und darüber hinaus den Straftatbestand der Vergewaltigung nicht nur beispielsweise bei der vaginalen Penetration enden lassen, sondern auch die anderen Penetrationsformen in eine neue Regelung einbeziehen wollen.
    Bei einem solchen Gesetzesänderungsvorhaben hätte er uns sicherlich auf seiner Seite, aber er kündigte eben nur an, ebenso wie Frau Süssmuth. Es bleibt nach wie vor bei der jetzigen Regelung, wenn heute nicht in der Weise abgestimmt wird, wie wir es uns bei unserem Antrag heute vorstellen.
    In den Ausschußberatungen im Rechtsausschuß und im Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit hatten wir eigentlich erwartet, daß wir auf Grund der in der Plenumsdebatte erfolgten positiven Beurteilungen zu einer konsensfähigen Regelung kommen könnten. Aber es ist bei diesen großspurigen Ankündigungen geblieben, und eine Verbesserung für die Frauen ist noch nicht in Sicht. Statt dessen konstruierte der Kollege Dr. Hoffacker in unserem Ausschuß eine nahezu abenteuerliche Begründung für die Ablehnung unseres Gesetzentwurfs, die durch den Kollegen Eylmann heute Gott sei Dank wieder entkräftet worden ist, daß nämlich die kriminologischen Indikationen vermehrt würden, wenn wir denn die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe stellten. Andere Zahlen sind Gott sei Dank in die andere Richtung gegangen. Daß dann Union und FDP dem Antrag aus Gewissensgründen nicht zustimmen konnten, fanden wir schon sehr eigenartig.
    Eigenartig finde ich auch, daß Sie bisher nicht berücksichtigt haben, daß uns die Steigerung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung viel mehr schrecken sollte. In der Kriminalstatistik, die im „Bulletin" vom 28. April dieses Jahres veröffentlicht wurde, ist zu lesen, daß allein die Straftaten dieses Straftatbestandes eine Steigerungsrate von 7,5 % aufgewiesen haben. Ich gehe davon aus, daß durch unseren Gesetzentwurf wenigstens ein kleiner Beitrag geleistet würde, die Zahl der Vergewaltigungen in der Ehe sinken zu lassen und damit auch die von Ihnen befürchteten Folgen zu mindern.
    Meine Damen und Herren, ich hoffe nicht, daß Sie durch Beharren auf dem Status quo die ausdrückliche Vermeidung der Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe manifestieren wollen, den Status Quo der Frau in der Familie weiterhin drücken wollen, daß die Ehefrau weiterhin vergewaltigt werden soll und dem Ehemann sozusagen das sexuelle Nutzungsrecht erhalten bleibt, wie es den Äußerungen des Kollegen Sauter in einem Interview in der Zeitschrift „Brigitte" im September letzten Jahres noch zu entnehmen war.



    Frau Becker-Inglau
    Ich hätte es sehr viel mehr begrüßt, Sie wären mit uns so fortschrittlich gewesen wie unsere österreichischen Nachbarn; die haben inzwischen die Gleichstellung der Vergewaltigung in und außerhalb der Ehe im Nationalrat beschlossen. Die Neuregelung tritt bereits am 1. Juli 1989 in Kraft.
    Nutzen Sie die Chance, stimmen Sie doch noch unserem Antrag zu. Es wäre ein guter Anfang gemacht, und vielen Frauen wäre vielleicht ein wirkliches Geschenk mit auf den Weg gegeben. — Vielen Dank.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Professor Männle.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Ursula Männle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Wer wie der Ehemann auf den Beischlaf ein vollkommenes Recht hat, macht sich durch die Erzwingung desselben keiner Notzucht schuldig. " Diese eben zitierte Rechtsauffassung stammt aus dem 19. Jahrhundert. Sie beschreibt ein Eheleitbild, das durch patriarchalisches Herrschaftsdenken über Frauen gekennzeichnet ist. Zwar haben sich glücklicherweise in den vergangenen Jahrzehnten die Vorstellungen über die Ehe und das Verhältnis der Geschlechter grundlegend gewandelt. Auch heute noch präsent und, wie eine im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz im Jahre 1986 durchgeführte Emnid-Untersuchung betätigte — Herr de With hat heute auch schon daraus zitiert, und ich darf einige andere Zahlen nennen — , sogar weit verbreitet ist die Anschauung, daß die eheliche Lebensgemeinschaft die Pflicht des Ehepartners beinhalte, jederzeit sexuell verfügbar zu sein. Nur 58 % der Befragten war bekannt, daß Ehemänner vor Gericht verurteilt werden können, wenn sie ihre Ehefrau gegen deren Willen durch Gewalt oder mittels Drohung zum Geschlechtsverkehr gezwungen haben.
    Ich bin überzeugt, daß die lebhaften und kontrovers, häufig jedoch leider zu emotional geführten Diskussionen und Beratungen über den heute in zweiter und dritter Lesung zu behandelnden Gesetzentwurf Problembewußtsein geschaffen sowie Umdenkungsprozesse eingeleitet haben. Dennoch lehnen wir — es ist bereits gesagt worden — diesen Gesetzentwurf ab, da er durch seine schematische Anpassung der besonderen Situation in der Ehe nicht gerecht wird. Ich freue mich aber, daß durch die langjährigen Appelle der Frauengruppe der Unionsfraktion innerhalb der Fraktion ein Umdenkungsprozeß eingesetzt hat. Wir wollen diese Diskussionen und diese Schwierigkeiten, Frau Nickels, nicht unter den Teppich kehren. Wir wollen offen darüber sprechen.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Aber es ist nicht nur die Unionsfraktion, die hier Schwierigkeiten hatte, sondern auch die FDP.
    Als Ergebnis des zähen Ringens um die geeignete strafrechtliche Lösung wird nun, wie Herr Kollege Eylmann dargelegt hat, ein Gesetzentwurf zur Ergänzung des Strafgesetzbuches vorbereitet. Wir Frauen tragen diesen Gesetzentwurf mit; denn er trägt dazu bei, dem Wesen der Ehe als engster Lebensgemeinschaft, die unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht, Rechnung zu tragen. Erzwungene sexuelle Handlungen in der Ehe — darüber dürfte zwischen Kollegen und Kolleginnen aller Fraktionen Konsens bestehen — sind nicht nur für das Opfer zutiefst entwürdigend, demütigend und verletzend, sie bedeuten auch einen Mißbrauch der ehelichen Lebensgemeinschaft, die auf Liebe, gemeinsame Verantwortung, Respekt, Toleranz und gegenseitige Rücksichtnahme der Partner aufgebaut ist. Die Ausnützung physischer Überlegenheit, um sexuelle Gefügigkeit zu erreichen, ist kein Kavaliersdelikt, sondern strafwürdiges Unrecht. Eine Sanktionierung derartigen Verhaltens dient dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Ehe.
    Allerdings — und das betone ich ausdrücklich — muß der staatliche Strafanspruch vor dem ernsthaften gemeinschaftlichen Willen der Ehepartner, sich zu versöhnen, zurücktreten. Das Selbstbestimmungsrecht des Opfers, das durch die neue Strafvorschrift geschützt werden soll, würde nämlich gerade mißachtet, wenn gegen dessen ausdrücklich erklärten Willen ein Strafverfahren durchgeführt oder fortgesetzt werden könnte. Persönliche Motive, der Wunsch, dem Partner in einer langjährigen menschlichen Verbindung zu verzeihen, sind zu respektieren. Ein Widerspruchsrecht des verletzten Ehepartners wird daher sicherstellen, daß der Charakter der Straftat als Offizialdelikt unberührt, das Opfer dennoch Herr oder Herrin des Verfahrens bleibt.
    Wir sind der Meinung, daß die bestehende Gesetzeslücke geschlossen werden muß. Der bisher praktizierte hilfsweise Rückgriff der Rechtsprechung auf den Auffangtatbestand des allgemeinen Nötigungsparagraphen wird dem Unrechtsgehalt einer ehelichen Vergewaltigungshandlung in keiner Weise gerecht. Wir Frauen werden deshalb gemeinsam mit zahlreichen Männern in unserer Fraktion dafür kämpfen, daß der Gesetzentwurf bald vorgelegt und in dieser Legislaturperiode letztlich auch verabschiedet werden kann. Wir setzen auf Zusammenarbeit. Wie wir gesehen haben, hat die Beschwörungsformel von Herrn Eylmann, es könnte eine Frauenkoalition geben, doch einiges bewirkt. Aber wir wollen auf die Einsicht der noch nicht überzeugten Männer hoffen.

    (Beifall der Abg. Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD])

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muß leider zum Schluß kommen: Im Zivilrecht ist das partnerschaftliche Eheverständnis mit dem Gleichberechtigungsgesetz von 1957 und dem Familienrechtsänderungsgesetz von 1961 umgesetzt worden.