Rede von
Hans A.
Engelhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die vertieften Überlegungen und speziell die Beratungen im Rechtsausschuß haben gezeigt, daß die gewünschte Einbeziehung des ehelichen Bereichs in die Straftatbestände der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung eine wirkliche Neuregelung dieser Vorschriften verlangt und daß es eben nicht genügt, jeweils das Tatbestandsmerkmal „außerehelich" zu streichen.
Mit dieser so einfach anmutenden Lösung läßt sich der dem Gesetzgeber aufgetragene besondere Schutz von Ehe und Familie nicht verwirklichen. Gerade im ehelichen Bereich dürfen staatliche Eingriffe nur mit größter Zurückhaltung erfolgen. Holzschnittartige, nicht genügend differenzierte Lösungen wie die des SPD-Entwurfs tragen nicht dazu bei, die Konfliktlösungsfähigkeit der Partner und damit die Ehe zu erhalten. Solche einfachen Lösungen bringen vielmehr die Gefahr mit sich, gerade durch die Folgen des staatlichen Eingriffs die Ehe zu zerstören. Gegen seinen Willen darf der verletzte Ehegatte, der auch an die in der Familie lebenden Kinder denken mag, auf diese Weise nicht selber zum Opfer werden.
Die künftige Regelung muß vielmehr, so meine ich, aus den vier Vorgaben entwickelt werden, die ich dem Rechtsausschuß bereits unterbreitet habe: erstens Gleichbehandlung von ehelichen und außerehelichen sexuellen Gewalthandlungen, zweitens Gleichbehandlung der verschiedenen Penetrations-formen, drittens gleicher Schutz von Frauen und Männern durch eine geschlechtsneutrale Tatbestandsfassung und schließlich viertens Widerspruchsrecht des verletzten Ehegatten bei grundsätzlicher Geltung des Offizialprinzips.
Nun haben Sie, Frau Nickels, vorhin sehr engagiert anzumerken gewußt, daß dies eine äußerst rückschrittliche Einstellung sei, die hier bei den Beratungen des Rechtsausschusses in dem Konzept des Bundesministeriums der Justiz zutage getreten sei.
Ich weiß nicht, wie man dies begründen will. Vielmehr meine ich, daß wir gerade nach den übrigens von gutem Willen und auch von Erfolg getragenen Gesprächen mit Frau Prof. Süssmuth auf der Grundlage jenes Konzeptes volle Einigung erzielt haben, das als etwas rückständig zu bezeichnen Sie für notwendig gehalten haben.
Meine Damen und Herren, einen auf diesen Prämissen beruhenden Gesetzentwurf der Bundesregierung vermag ich derzeit — ich sage dies ganz offen, wie es jedermann auch klar ist — noch nicht vorzulegen. Die Erstreckung der §§ 133 ff. des Strafgesetzbuchs auf den ehelichen Bereich hat hinsichtlich der Vergewaltigung die Anwendbarkeit der Indikationsregelung des § 218a StGB zur Folge. Es gibt Kollegen aus den Reihen der CDU/CSU, die mit dieser Konsequenz ihre Schwierigkeiten haben.