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ID1114403000

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    Plenarprotokoll 11/144 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 144. Sitzung Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 9: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum § 218 StGB nach dem Memminger Urteil Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 10681B, 10689D Geis CDU/CSU 10682 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 10684 A Frau Würfel FDP 10685 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10686 B Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 10687 B Frau Limbach CDU/CSU 10688 D Kleinert (Hannover) FDP 10690 C Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10691 C Singer SPD 10692 C Dr. Hüsch CDU/CSU 10693 C Wüppesahl fraktionslos 10694 D Frau Dempwolf CDU/CSU 10695 C Frau Conrad SPD 10696 C Werner (Ulm) CDU/CSU 10697 D Präsidentin Dr. Süssmuth . . . 10682C, 10690A Tagesordnungspunkt 18: Zweite und Dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. de With, Frau Dr. Däubler-Gmelin, Frau Schmidt (Nürnberg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Strafbarkeit der Vergewaltigung, der sexuellen Nötigung und des sexuellen Mißbrauchs in der Ehe (Drucksachen 11/474, 11/3878) Dr. de With SPD 10699 A Eylmann CDU/CSU 10701 B Frau Nickels GRÜNE 10703 C Kleinert (Hannover) FDP 10705 B Engelhard, Bundesminister BMJ 10707 B Frau Becker-Inglau SPD 10708 D Frau Männle CDU/CSU 10710A Frau Dr. Lehr, Bundesminister BMJFFG 10711A Tagesordnungspunkt 19: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (Drucksache 11/4268) b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Wartenberg (Berlin), Dr. Penner, Bernrath, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erleichterung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit (Drucksache 11/2795) Wartenberg (Berlin) SPD 10713 A Gerster (Mainz) CDU/CSU 10715 A Frau Trenz GRÜNE 10717 C Dr. Hirsch FDP 10719A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 10720A Schröer (Mülheim) SPD 10721 B Lüder FDP 19723 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 Zusatztagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten (Drucksache 11/4507) Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . . 10724 C Poß SPD 10726A Dr. Solms FDP 10728 C Hüser GRÜNE 10730 B Glos CDU/CSU 10732 A Huonker SPD 10734 A Dr. Daniels (Bonn) CDU/CSU 10736D Nächste Sitzung 10737 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 10739* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 10739* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 144. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Mai 1989 10681 144. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Adler SPD 12. 05. 89 Dr. Ahrens SPD 12. 05. 89 * Amling SPD 12. 05. 89 Antretter SPD 12. 05. 89 ** Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 12. 05. 89 Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Berger (Berlin) CDU/CSU 12. 05. 89 Bindig SPD 12. 05. 89 * Frau Blunck SPD 12. 05. 89 * Böhm (Melsungen) CDU/CSU 12. 05. 89 ** Börnsen (Bönstrup) CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Briefs GRÜNE 12. 05. 89 Buschbom CDU/CSU 12. 05. 89 Büchner (Speyer) SPD 12. 05. 89 * Bühler (Bruchsal) CDU/CSU 12. 05. 89 * Carstens (Emstek) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Conrad SPD 12. 05. 89 Cronenberg (Arnsberg) FDP 12. 05. 89 Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD 12. 05. 89 Dr. Ehrenberg SPD 12. 05. 89 Eich GRÜNE 12. 05. 89 * Feilcke CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Feldmann FDP 12. 05. 89 ** Frau Fischer CDU/CSU 12. 05. 89 * Francke (Hamburg) CDU/CSU 12. 05. 89 Funk (Gutenzell) CDU/CSU 12. 05. 89 Gallus FDP 12. 05. 89 Gattermann FDP 12. 05. 89 Dr. Gautier SPD 12. 05. 89 Frau Geiger CDU/CSU 12. 05. 89 Genscher FDP 12. 05. 89 Dr. Glotz SPD 12. 05. 89 Günther CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Haack SPD 12. 05. 89 Dr. Hauff SPD 12. 05. 89 Frhr. Heereman von CDU/CSU 12. 05. 89 Zuydtwyck Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Hennig CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Hensel GRÜNE 12. 05. 89 Heyenn SPD 12. 05. 89 Hiller (Lübeck) SPD 12. 05. 89 Höffkes CDU/CSU 12. 05. 89 * Irmer FDP 12. 05. 89 Jungmann (Wittmoldt) SPD 12. 05. 89 Kalisch CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Kelly GRÜNE 12. 05. 89 Kittelmann CDU/CSU 12. 05. 89 ** Klein (Dieburg) SPD 12. 05. 89 Dr. Klejdzinski SPD 12. 05. 89 ** Dr. Kreile CDU/CSU 12. 05. 89 Kroll-Schlüter CDU/CSU 12. 05. 89 Dr.-Ing. Laermann FDP 12. 05. 89 Leidinger SPD 12. 05. 89 Lenzer CDU/CSU 12. 05. 89 * Link (Frankfurt) CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Luuk SPD 12. 05. 89 * Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 12. 05. 89 Dr. Müller CDU/CSU 12. 05. 89 * Niegel CDU/CSU 12. 05. 89 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Frau Pack CDU/CSU 12. 05. 89 * Paintner FDP 12. 05. 89 Pfeifer CDU/CSU 12. 05. 89 Pfuhl SPD 12. 05. 89 * Rappe (Hildesheim) SPD 12. 05. 89 Reddemann CDU/CSU 12. 05. 89 * Frau Renger SPD 12. 05. 89 Reuschenbach SPD 12. 05. 89 Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 12. 05. 89 Rühe CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Schäuble CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Scheer SPD 12. 05. 89 * Schemken CDU/CSU 12. 05. 89 Schmidt (München) SPD 12. 05. 89 * von Schmude CDU/CSU 12. 05. 89 * Schütz SPD 12. 05. 89 Dr. Soell SPD 12. 05. 89 * Spilker CDU/CSU 12. 05. 89 Dr. Todenhöfer CDU/CSU 12. 05. 89 Voigt (Frankfurt) SPD 12. 05. 89 Vosen SPD 12. 05. 89 Dr. Warrikoff CDU/CSU 12. 05. 89 Frau Dr. Wilms CDU/CSU 12. 05. 89 Windelen CDU/CSU 12. 05. 89 Wissmann CDU/CSU 12. 05. 89 Wittich SPD 12. 05. 89 Dr. Wulff CDU/CSU 12. 05. 89 * Würzbach CDU/CSU 12. 05. 89 Zander SPD 12. 05. 89 Zierer CDU/CSU 12. 05. 89 ** Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Auswärtiger Ausschuß Drucksache 11/3196 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/4161 Nr. 2.4-2.7, 2.9, 2.10 Drucksache 11/4238 Nr. 2,2, 2.3 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 11/3831 Nr. 12-19 Drucksache 11/3882 Nr. 3.22-3.27, 3.29-3.40 Drucksache 11/3927 Nr. 3.5-3.8 Drucksache 11/4019 Nr. 2.18-2.25, 2.27-2.30 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2465 Nr. 2.22 Drucksache 11/4238 Nr. 2.13 Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache 11/2724 Nr. 28 Drucksache 11/2841 Nr. 15, 16, 17 Drucksache 11/3703 Nr. 2.29 Drucksache 11/4019 Nr. 2.40 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/3117 Nr. 2.14 Drucksache 11/3703 Nr. 2.30, 2.31
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Günther Hüsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! In einer so gewichtigen Debatte wird man erneut daran erinnern dürfen, daß an Gottes Schöpfung teilzunehmen und als Mann und Frau Leben zu schaffen zum höchsten Lebensglück gehört. Dieses Leben zu schützen — und dazu gehört auch das ungeborene Leben — ist Primat der Ethik und — das sage ich hier erneut — unverbrüchlicher politischer Wille von CDU und CSU.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das deutsche Volk hat vor etwa 40 Jahren bei seinem Ja zum Grundgesetz dieser Republik den Schutz des geborenen und des ungeborenen Lebens mit Verfassungsrang ausgestattet. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Schutz gegen alle Angriffe, insbesondere aus den Reihen der SPD bei der Freigabe der Abtreibung in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft, rückhaltlos bestätigt. Das bedeutet: Die Tötung ungeborenen Lebens ist ein Verstoß gegen die Rechtsordnung. Sie ist rechtswidrig und strafbar, sofern nicht im Einzelfall und unter engen gesetzlichen Voraussetzungen Ausnahmen bestehen.

    (Jäger [CDU/CSU]: So ist es!)

    Mit gutem Grund hat der Gesetzgeber bei der Abtreibung aus sozialer Notlage die Beratung als Voraussetzung für die Nichtstrafbarkeit der Tötung festgesetzt. Diese Gesetze gelten für jedermann. Sie gelten auch für den Arzt in Memmingen.

    (Frau Oesterle-Schwerin [GRÜNE]: Das sind Männergesetze!)

    Die Durchsetzung des Gesetzes sicherzustellen ist Aufgabe der Bundesregierung und der Landesregierungen. Sie liegt aus guten Verfassungsgründen in der Hand der unabhängigen Rechtsprechung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Dr. Hüsch
    In Memmingen haben fünf unabhängige deutsche Richter den angeklagten Arzt in 79 Fällen für schuldig befunden. Man mag zum Verfahren stehen, wie man will: Die Überprüfung dieses Verfahrens ist ebenfalls ausschließlich Sache der unabhängigen Rechtsprechung.
    Die maßlose Kritik, die namentlich SPD-Abgeordnete und auch GRÜNE gegen das Urteil geäußert haben, ist in dieser Form unbegründet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das gilt auch für das Verfahren. Es ist Verfassungsrecht, daß Strafverfahren öffentlich sind. Es ist ein in vielen Jahren und Jahrhunderten erkämpftes Recht eines jeden Staatsbürgers, daß er nur dann für schuldig befunden wird, wenn seine Schuld bewiesen ist. Das setzt aber Beweisaufnahme und auch Zeugenvernehmungen voraus.
    Ich will einräumen: Aus den Lehren des Verfahrens von Memmingen wird man, wenn das Urteil rechtskräftig ist, abwägen müssen, ob das Prinzip der Öffentlichkeit bei vergleichbarer ernsthafter Situation vor dem Schutz der Persönlichkeit und der Intimsphäre zurücktreten sollte.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn sich Richter und Staatsanwälte durch Wortäußerungen unangemessen verhalten haben, ist das keine Frage des Gesetzes;

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Was?)

    das Gesetz kann das nie erlauben. Es ist eine Frage des Taktes und der Bildung; daran darf erinnert werden.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Nein, nein! — Zurufe von der SPD)

    Was aber zu ändern sein wird, muß mit kühlem Kopf und engagiertem Herzen und nicht mit wirren Gedanken und lautem Geschrei in diesem Hause erörtert werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und des Abg. Kleinert [Hannover] [FDP])

    Es ist aber unerträglich, was die SPD-Abgeordnete Schmidt in einer Pressemeldung zu dem Urteil sagte,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

    daß es nämlich an die Rechtsprechung vor mehr als 40 Jahren erinnere.

    (Jäger [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    Damit sucht sie das Urteil von Memmingen mit nationalsozialistischem Unrecht gleichzusetzen.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU]: Diese Heuchlerin! — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    Diese Abgeordnete kennt den Nationalsozialismus und die deutsche Justiz nicht. Was noch schlimmer ist: Wer so kritisiert, rüttelt an den Grundfesten des deutschen Rechtes.

    (Beifall bei der CDU/CSU und des Abg. Kleinert [Hannover] [FDP])

    Er rüttelt daran, daß der Schutz des Lebens für die Gesetzgebung und die Rechtsprechung oberstes Gebot ist.
    Thema der Aktuellen Stunde ist die Frage, wie die Bundesregierung dazu steht. Die Bundesregierung sollte nach meiner Auffassung besonnen handeln.

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Die kommt ja weg!)

    Sie muß sich bewußt bleiben, daß es ihre Aufgabe ist, das Recht und das Leben zu schützen, und daß es ebenso ihre Aufgabe ist, sensibel für Notlagen und Zwangslagen und für die Notwendigkeit zu sein, solche Notlagen nach Möglichkeit vorbeugend unmöglich zu machen. Aber sie muß sich mit dem gleichen Nachdruck vor die Unabhängigkeit der deutschen Rechtsprechung stellen; sie muß deshalb die Angriffe darauf abwehren.
    Verehrte Kollegen, wer vordergründig das Urteil kritisiert, in Wirklichkeit aber die Abtreibung einer anderen gesetzlichen Regelung zuführen will, dem will ich sagen: Kehren Sie zurück in den Kreis derer, die das ungeborene Leben rückhaltlos schützen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Rita Süssmuth
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Wüppesahl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Thomas Wüppesahl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eingangs möchte ich doch noch auf die Bemerkung von Justizminister Engelhard eingehen, der in seiner Eigenschaft als Spitze der Exekutive das Parlament auffordert, sich zurückzuhalten. Ich bin froh, daß sich daran kaum jemand gehalten hat, auch nicht die Redner der FDP-Fraktion. Ich denke, daß wir uns gerade hier keine Meinungsfreiheitsbeschränkung aufdrücken lassen sollten.
    Auch ein Gericht unterliegt der öffentlichen Meinungsbildung und natürlich der Kritik. Bei allem Respekt vor einer unabhängigen Justiz geht es hier wirklich nicht um unabhängige Rechtsprechung. Hier geht es nicht um Klassenjustiz — das würde sofort gerügt werden —, sondern hier wurde klassische Männerjustiz vollzogen, weil die Frage, ob Frauen abtreiben dürfen oder nicht, keine Frage ethisch-moralischer Grundsätze, wie eben mein Vorredner mit seinem vielbeklatschten Beitrag ausgeführt hat, sondern eine Frage der wirtschaftlichen Situation in der Bundesrepublik ist. Davon wird ständig abhängig gemacht, wie der § 218 ausgelegt wird. Die Verfügbarkeit der Frau steht im Vordergrund, nichts anderes.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Nein, die Verfügbarkeit von Leben!)

    Das haben die Richter in Memmingen überdeutlich werden lassen.
    Frau Limbach und Frau Lehr, die Ministerin für Familie, Jugend und Gesundheit

    (Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Und Frauen! — Aber das vergißt sie auch!)

    — Verzeihung — , Muttertag haben wir übermorgen,
    und Ihre Redebeiträge haben mehr den Charakter von



    Wüppesahl
    Reden für einen Muttertag gehabt als für das Problem, das wir heute diskutiert haben.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Unverschämtheit, was Sie sich da anmaßen!)

    Ein ganz anderer Aspekt in dieser Diskussion ist folgender: Die Schweigepflicht zwischen Patientinnen und Ärzten wird zur Farce gemacht, sie ist zur Farce gemacht worden. Ich verstehe nicht meine Vorrednerin, auch Sie, Frau Würfel, nicht, weshalb wir warten müssen, bis das Urteil Rechtskraft hat. Der politische Flurschaden für die Frauen in der Bundesrepublik Deutschland ist immens, auch wenn das Urteil aus Memmingen noch keine Rechtskraft hat. Wenn es möglich ist, auf Grund der bestehenden Rechtslage mit Frauen, auch mit Ärzten wie Herrn Theissen so umzugehen, dann ist der Gesetzgeber gefordert. Dann müssen wir Korrekturen durchführen.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Sie sind also gegen unsere Verfassung!)

    An dieser Stelle ist auch sehr merkwürdig, wie sich die Ärzte und die Standesorganisation verhalten haben. In Hamburg werden 200 Menschen zu Krüppeln operiert, und es schallt dem Arzt größte Solidarität aus den eigenen Reihen entgegen. Herr Theissen wird alleine gelassen. Herr Theissen wird für eine Indikationsregelung verurteilt, die lege artis ist,

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Nein, er hat Kinder getötet! — Weiterer Zuruf von der CDU/ CSU: Er hat die Gesetze nicht eingehalten!)

    die tatsächlich ständig so praktiziert wird.
    Kommen Sie mir nicht mit Ihrem Finanzamt; das ist so absurd. Wenn Sie die Situation draußen kennen, wissen Sie, daß praktisch jeder niedergelassene Arzt, der ambulant operiert, solche Operationen durchführt, auch solche Interruptionen durchführt. Ich bin diesen Ärzten wirklich ausdrücklich dankbar, daß sie so sensibel und verantwortungsvoll die problematische Situation für ihre Patientinnen umsetzen.

    (Frau Limbach [CDU/CSU]: Sie lassen ihre Patientinnen im Stich!)

    Es geht also nicht um diesen Herrn Dr. Theissen, sondern es geht um ganz grundsätzliche Fragen, nämlich um die Fragen der Herrschaft von Männern über Frauen. Die offizielle Politik, die Wendepolitik, der Wendegeist, schlägt hier voll zu. Wir wissen doch, was Sie als CDU/CSU-Fraktion familienpolitisch erreichen möchten, nämlich ein Zurück ins Heim und an den Herd.
    Die Vorbereitung für das Bundesberatungsgesetz ist, denke ich, offenkundig durch dieses Urteil herbeigeführt. Die Kirchen haben ihre Meinung inzwischen mehrfach geändert.
    Wenn ich höre, wie Sie zu der Frage des ungeborenen Lebens Stellung nehmen und gleichzeitig politische Verantwortung dafür mitzeichnen, daß täglich 50 000 Menschen, im wesentlichen Kinder, in der Welt an Hunger sterben, dann meine ich, daß das nicht ethisch-moralisch zu begründen ist, was Sie hier mit diesem Urteil verteidigen.

    (Dr. Hoffacker [CDU/CSU]: Das läßt uns auch nicht ruhen!)

    Vielmehr geht es um die Frage des Patriarchats in der Gesellschaft.