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    Plenarprotokoll 11/141 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 141. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. April 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Untersagung des Fusionsantrages Daimler-Benz/Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB) durch das Bundeskartellamt Roth SPD 10439 B Doss CDU/CSU 10440 A Frau Vennegerts GRÜNE . . . 10441B, 10449 B Dr. Solms FDP 10442 B Dr. Jens SPD 10443 A Dr. Sprung CDU/CSU 10444 A Grünbeck FDP 10445 A Frau Bulmahn SPD 10446 C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 10447 C Dr. Friedrich CDU/CSU 10449 B Müller (Pleisweiler) SPD 10450 D Dr. Schwörer CDU/CSU 10451 D Dr. Abelein CDU/CSU 10452 D Tagesordnungspunkt 27: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Forderungen an ein abrüstungspolitisches Gesamtkonzept (Drucksache 11/4053) b) Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Fortsetzung des atomaren Abrüstungsprozesses (Drucksachen 11/2438, 11/4404) Dr. Scheer SPD 10454 A Lamers CDU/CSU 10457 A Frau Beer GRÜNE 10458 C Dr. Feldmann FDP 10459D Genscher, Bundesminister AA 10461 B Voigt (Frankfurt) SPD 10462 D Graf Huyn CDU/CSU 10466 B Dr. Mechtersheimer GRÜNE 10469 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . 10470A Petersen CDU/CSU 10471 C Frau Beer GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 10472 C Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes (Drucksache 11/4306) Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . 10473 A Wartenberg (Berlin) SPD 10474 D Dr. Blens CDU/CSU 10476D Such GRÜNE 10480A Dr. Hirsch FDP 10481 C Dr. Emmerlich SPD 10483 B Lüder FDP 10485 C Überweisung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes — Drucksache 11/4445 — an Ausschüsse 10486 C Nächste Sitzung 10486 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1989 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10487 * A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Punkt 26 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) 10487 * C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 10488 * C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1989 10439 141. Sitzung Bonn, den 28. April 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 28. 04. 89 Dr. Apel SPD 28. 04. 89 Dr. Briefs GRÜNE 28. 04. 89 Brück SPD 28. 04. 89 Buschbom CDU/CSU 28. 04. 89 Buschfort SPD 28. 04. 89 Daweke CDU/CSU 28. 04. 89 Duve SPD 28. 04. 89 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 28. 04. 89 Gattermann FDP 28. 04. 89 Dr. Gautier SPD 28. 04. 89 Dr. von Geldern CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Glotz SPD 28. 04. 89 Dr. Götz CDU/CSU 28. 04. 89 Großmann SPD 28. 04. 89 Dr. Hauff SPD 28. 04. 89 Haungs CDU/CSU 28. 04. 89 Hauser (Krefeld) CDU/CSU 28. 04. 89 Hedrich CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Hitschler FDP 28. 04. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 28. 04. 89 Höffkes CDU/CSU 28. 04. 89 * Huonker SPD 28. 04. 89 Frau Hürland-Büning CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 28. 04. 89 Ibrügger SPD 28. 04. 89 *** Jungmann SPD 28. 04. 89 Kittelmann CDU/CSU 28. 04. 89 ** Dr. Klejdzinski SPD 28. 04. 89 ** Klose SPD 28. 04. 89 Koschnick SPD 28. 04. 89 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 28. 04. 89 Leidinger SPD 28. 04. 89 Louven CDU/CSU 28. 04. 89 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 28. 04. 89 Menzel SPD 28. 04. 89 Mischnick FDP 28. 04. 89 Dr. Mitzscherling SPD 28. 04. 89 Dr. Müller CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Neuling CDU/CSU 28. 04. 89 Niegel CDU/CSU 28. 04. 89 * Oostergetelo SPD 28. 04. 89 Dr. Osswald SPD 28. 04. 89 Frau Pack CDU/CSU 28. 04. 89 ** Paintner FDP 28. 04. 89 Reddemann CDU/CSU 28. 04. 89 Reuschenbach SPD 28. 04. 89 Rind FDP 28. 04. 89 von Schmude CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 28. 04. 89 Schröer (Mülheim) SPD 28. 04. 89 Stiegler SPD 28. 04. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Stobbe SPD 28. 04. 89 Frau Teubner GRÜNE 28. 04. 89 Dr. Unland CDU/CSU 28. 04. 89 Vahlberg SPD 28. 04. 89 Dr. Vondran CDU/CSU 28. 04. 89 Vosen SPD 28. 04. 89 Dr. Waigel CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Wieczorek SPD 28. 04. 89 Frau Wieczorek-Zeul SPD 28. 04. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 28. 04. 89 Wischnewski SPD 28. 04. 89 Wissmann CDU/CSU 28. 04. 89 Würtz SPD 28. 04. 89 Zander SPD 28. 04. 89 Zeitlmann CDU/CSU 28. 04. 89 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Punkt 26 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) * ) Frau Schmidt (Hamburg) (GRÜNE): Der Gesetzentwurf zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes kann nur als Stückwerk bezeichnet werden. Offenbar wegen der Eröffnung einer sogenannten „Leihmütteragentur" in Frankfurt hat die Bundesregierung in aller Eile eine Handhabe gegen die Praktiken solcher Vermittler schaffen wollen. So begrüßenswert dies auch sein mag: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist es ihr aber nicht gelungen, den gesamten Komplex der Adoptionsvermittlung zu erfassen. So gehört die Frage der sogenannten Leihmütterschaft nicht in das Adoptionsvermittlungsgesetz, sondern in ein gesondertes Gesetz, das die komplexen Fragen der Reproduktionsmedizin und des Embryonenschutzes insgesamt erfaßt. Verräterisch z. B. ist die Verwendung des Begriffes „Ersatzmutter". Die Frau, die ein Kind austrägt, ist die Mutter und nicht eine Ersatzmutter. Nach dem vorliegenden Entwurf aber hat ein Kind, das mit Hilfe der Reproduktionstechniken von einer Frau für „Bestelleltern" geboren wird, keine Mutter. Es hat lediglich eine Ersatzmutter und Bestelleltern. Der Gesetzentwurf ist jedenfalls - einmal abgesehen von Definitionsfragen - nicht geeignet, die Vermittlungspraktiken, die jetzt bereits üblich sind, zu unterbinden. Er wird lediglich eine Verlagerung des „Geschäftes" ins Ausland bewirken, wie dies ja schon bei „normalen" Adoptionen der Fall ist. Im vorliegenden Gesetzentwurf fehlt ebenfalls eine Antwort auf die Überlegungen der bayerischen Staatsregierung. Sie will nämlich Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch erwägen, durch Adoptionsgarantie dazu bewegen, die Schwangerschaft *) Vgl. 140. Sitzung Seite 10434 C 10488* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1989 auszutragen. Im Gesetzentwurf ist nichts darüber gesagt, wie mit solchen Adoptionsvermittlern „von Staats wegen" umgegangen werden soll. Hier würde ein Staat das Strafrecht des § 218 benutzen, um Frauen zum Austragen der Schwangerschaft zu bringen, um dann die ungewollten Kinder zur Adoption zu vermitteln. Behinderte Kinder, die ja bekanntlich schwer zu vermitteln sind, adoptiert dann der Freistaat selbst, als „Staatsmündel". Wollen wir denn wirklich den Staat als „Bestellvater" ? Man muß sich schon fragen, um wen es hier eigentlich geht: um das vielbeschworene Kind, um die schon nicht mehr so vielbeschworene Mutter? Oder nicht vielleicht doch bloß um eine verquaste Moralvorstellung, die auf dem Rücken beider verwirklicht werden soll. Mit sinnvoller Politik für Kinder und in Not geratene Mütter hat dies wahrlich nichts mehr zu tun! Wir hätten uns gewünscht, daß die Bundesregierung die Problematik von sogenannten Leihmüttern, Bestelleltern und gewinnsüchtigen Vermittlern im Bereich der Reproduktionstechnik regelt, und zwar mit einem eigenständigen Gesetzentwurf. Sie hätte sich bei der Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes viel mehr darum kümmern sollen, was auf dem internationalen Kindermarkt und im privaten, illegalen oder kriminellen Adoptionssektor vor sich geht. Hier hätte sie Gelegenheit gehabt, zu beweisen, daß es ihr wirklich um die Mütter und Kinder geht. Sie hätte nur die Forderungen der anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen, wie z. B. der GZA in Hamburg oder von terre des hommes, erfüllen müssen — die im übrigen schon lange bekannt sind. Es wäre ein leichtes gewesen, im Änderungsentwurf festzuschreiben, daß sämtliche Bestimmungen des Adoptionsvermittlungsgesetzes auch und besonders für ausländische Kinder gelten. Es wäre ein leichtes gewesen, festzuschreiben, daß von Jugendämtern erstellte Berichte über die Eignung von Adoptionsbewerbern auf keinen Fall in deren Hände gelangen dürfen. Bekanntlich reisen diese dann nämlich oft genug mit dem Bericht ins Ausland und kaufen sich dort ein Kind — wobei diese Kinder häufig von skrupellosen Kinderhändlern geraubt werden. Es wäre ein leichtes gewesen, das Augenmerk endlich einmal wirklich auf die betroffenen Kinder und ihre abgebenden Mütter — wie sie so schön euphemistisch genannt werden — zu richten, seien sie nun sogenannte Leihmütter oder nicht. Das hätte aber auch bedeutet, die Strafvorschriften des § 14 nicht in diesen Entwurf hineinzunehmen. Statt dessen müßten die §§ 234 ff. des Strafgesetzbuches ausgeweitet werden: Menschenhandel und Kindesentziehung gegen Geldleistung oder Versprechen einer solchen müssen unter Strafe gestellt werden (auch dies übrigens eine der dringenden Forderungen von terre des hommes, einer Organisation, der man ja wahrlich nicht nachsagen kann, daß sie nicht weiß, wovon sie spricht). So können wir nur sagen: Das Anliegen, die kriminellen Geschäftspraktiken mit sogenannten Leihmüttern zu bestrafen, finden wir richtig, jedoch halten wir es nach wie vor für notwendig, diesen Bereich der Reproduktionsmedizin gesondert aufzugreifen. Die Chance, mit einer Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes eine Antwort auf die schon lange bekannten Methoden internationaler Kinderhändler zu geben und so tatsächlich Kindern und Müttern zu helfen, hat die Bundesregierung ohne Not vertan. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 21. April 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung Im Jahre 1989 Erstes Gesetz zur Änderung des Seefischereigesetzes Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten Gesetz zu dem IAEO-Übereinkommen vom 26. September 1986 über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen sowie über Hilfeleistungen bei nuklearen Unfällen oder radiologischen Notfällen (Gesetz zu dem IAEO-Benachrichtigungsübereinkommen und zu dem IAEO-Hilfeleistungsübereinkommen) Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/3406 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/595 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/3831 Nr. 27 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/4238 Nr. 2.15
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Emmerlich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche zu den Art. 3, 4 und 5, also zu den Gesetzen über die Aufgaben und die Befugnisse der Nachrichtendienste, Verfassungsschutz, MAD und BND.
    Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum informationellen Selbstbestimmungsrecht muß die Tätigkeit der Nachrichtendienste durch Gesetz geregelt werden. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist 1983 ergangen, die Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes und die Gesetze über den MAD und den BND hätten längst vorgelegt werden müssen. Wenn die Bundesregierung diese Gesetze erst jetzt einbringt, zeigt sie erneut, wie unterentwickelt ihre gerade von ihr selbst, Herr Blens, so viel beschworene Handlungsfähigkeit in Wahrheit ist.
    In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß die Bundesregierung nach wie vor außerstande ist, das nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch erforderliche Gesetz über Sicherheitsüberprüfungen vorzulegen. Nach vorherrschender Meinung läuft der vom Bundesverfassungsgericht für die Schaffung datenschutzgerechter gesetzlicher Vorschriften eingeräumte Übergangsbonus spätestens mit dem Ende dieser Legislaturperiode aus. Die Bundesregierung handelt unverantwortlich, wenn sie nicht dafür sorgt, daß die Sicherheitsüberprüfungen endlich auf eine den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht werdende Grundlage gestellt werden.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wissen Sie, wie viele Fristen Ihre Regierung in den 70er Jahren verletzt hat?)

    Sicherheitüberprüfungen finden in weiten Teilen des öffentlichen Dienstes und in der Rüstungsindustrie statt. Sie werden auch bei lebens- und verteidigungswichtigen Einrichtungen durchgeführt und mehr und mehr auf Betriebe mit einem außerordentlichen Gefährdungspotential erstreckt. Der Bundesumweltminister hat z. B. Richtlinien über Sicherheitüberprüfungen in Nuklearbetrieben erlassen, und er versucht, sich dafür mit dem Gesetzentwurf über die Errichtung eines Bundesamtes für Strahlenschutz eine gesetzliche Rechtsgrundlage in einer Weise zu verschaffen, die der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eklatant widerspricht.
    Die Gewerkschaften und wir Sozialdemokraten beobachten mit zunehmender Sorge, wie ein immer größerer Teil der Arbeitnehmer einer Sicherheitsüberprüfung ausgesetzt und dadurch zum gläsernen Menschen gemacht werden kann. Wir wollen nicht, daß unser demokratisches Gemeinwesen zum Überwachungsstaat wird. Wir wollen den freien, vom Staat nicht geprüften und nicht kontrollierten Bürger. Nur er, nicht der überwachte Untertan, ist der Garant für unsere Demokratie und für die Zukunft unseres Landes.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Überfällig sind auch datenschutzgerechte gesetzliche Vorschriften im Strafverfahrens- und im Polizeirecht. Auch insoweit ist die Bundesregierung seit langem in Verzug. Die Bundesregierung darf sich nicht wundern, wenn befürchtet wird, sie wolle den derzeitigen Zustand unzureichenden Datenschutzes möglichst lange aufrechterhalten.
    Meine Damen und Herren, die nunmehr vorgelegten Gesetzentwürfe zum Verfassungsschutz, zum MAD und zum BND entsprechen nur den formalen, nicht aber den materiellen Anforderungen, die sich nach dem Bundesverfassungsgericht aus unserer Verfassung ergeben, daß sich nämlich aus dem Gesetz für die Bürger, für die Mitarbeiter der Nachrichtendienste, für die Dienstaufsicht und nicht zuletzt für die gerichtliche Kontrolle mit hinreichender Bestimmtheit entnehmen lassen muß, zu welchen Zwecken und unter welchen Voraussetzungen Daten erhoben, gespeichert, verarbeitet und weitergegeben werden dürfen.
    Herr Bundesinnenminister, den verfassungsrechtlichen Anforderungen ist eben nicht genügt, wenn im Gesetz nur Grundsatzentscheidungen in bezug auf diese Dinge enthalten sind und wenn sich das Gesetz mit Generalklauseln begnügt. Sie haben mit dieser Formulierung das, was Ihre Gesetzesvorlage tatsächlich enthält, zutreffend beschrieben, aber ich füge hinzu: Das ist der Kern unserer Kritik, daß solche globalen Formulierungen den Anforderungen, die für Eingriffe in den Grundrechtsbereich gelten müssen, nicht gerecht werden.

    (Dr. Penner [SPD]: Das ist kosmoglobal, was Sie machen!)

    Über den Datenschutzaspekt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hinaus kann nicht geleugnet werden, daß es insbesondere beim Verfassungsschutz und beim MAD in der Vergangenheit zu Fehlentwicklungen gekommen ist. Es sind Informa-



    Dr. Emmerlich
    tionen über Gruppierungen und Personen erhoben, gespeichert und weitergegeben worden, die keine verfassungswidrigen Bestrebungen verfolgen. Davon waren auch Betriebsräte, Gewerkschaften und politische Parteien betroffen. Das Recht zur Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel ist dahin fehlinterpretiert worden, daß damit die Befugnis gegeben sei, sich über Gesetze, ja, sogar über Vorschriften des Strafrechts hinwegzusetzen. Auf diese Weise ist z. B. der Celler Sprengstoffanschlag gerechtfertigt worden.
    Diese Fehlentwicklungen beruhen darauf, daß die Regelungen über den Auftrag und die Befugnisse der Dienste zu unbestimmt sind und infolgedessen rechtliche Grauzonen bestehen, ferner darauf, daß keine ausreichende Kontrolle stattfindet.
    Diese Umstände hat die Bundesregierung bei ihrem Gesetzentwurf unberücksichtigt gelassen. Notwendig ist es daher, daß die Aufgaben und die Befugnisse der Dienste präziser als bisher beschrieben werden. Es muß eindeutig klargestellt werden, unter welchen Voraussetzungen eine politische Gruppierung vom Verfassungsschutz beobachet werden darf. Das gleiche gilt für den MAD.
    Wer selbst keine verfassungswidrigen Ziele verfolgt, darf kein Beobachtungsobjekt sein. Bei Gelegenheit der Beobachtung einer verfassungswidrigen Gruppierung anfallende Erkenntnisse über Personen und Gruppen, die keine verfassungswidrigen Ziele verfolgen, dürfen weder gespeichert noch weitergegeben werden.
    Eine Beobachtung darf nicht schon deshalb stattfinden, weil sich in Gruppen, Verbänden und Parteien Extremisten betätigen, Einfluß gewinnen wollen oder Einfluß haben. Eine Beobachtung ist erst dann gerechtfertigt, wenn die Organisation, die Objekt der Beeinflussungsversuche ist, selbst verfassungswidrige Ziele verfolgt.
    Nachrichtendienste haben die Befugnis zur heimlichen Informationsbeschaffung. Daran bestehen keine Zweifel. Soweit sie darüber hinausreichende nachrichtendienstliche Mittel einsetzen wollen, müssen diese durch Gesetz oder durch Normen mit Gesetzesrang beschrieben werden. Bloße Verwaltungsvorschriften reichen nicht aus.
    Der Einwand, es gehe nicht an, bei jeder Neuentwicklung eines nachrichtendienstlichen Mittels das Gesetz zu ändern, ist nicht stichhaltig. Das Verfassungsgebot der Gesetzesbindung erfordert eine exakte Beschreibung der Eingriffsbefugnisse staatlicher Behörden. Das gilt für im Geheimen arbeitende Nachrichtendienste in besonderem Maße.

    (Dr. Penner [SPD]: Das steht auch in der Verfassung!)

    Im übrigen ergeben die bisherigen Erfahrungen, daß mit einer permanenten Entwicklung neuer nachrichtendienstlicher Mittel nicht gerechnet zu werden braucht.
    Weil es auch insoweit zu Fehldeutungen gekommen ist, muß ferner klargestellt werden, daß die allgemeine strafrechtliche Notstandsklausel keine Norm ist, aus der Nachrichtendienste oder andere Behörden Handlungsbefugnisse herleiten können.
    Meine Damen und Herren, das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Zweckbindung muß beim Datenaustausch strikt beachtet werden. Daraus folgt, daß Erkenntnisse der Nachrichtendienste nicht zu Zwecken verwandt werden dürfen, die außerhalb ihres Aufgabenfeldes liegen. Daraus ergibt sich ferner, daß Erkenntnisse anderer Behörden, die ausschließlich zur Erfüllung ihrer spezifischen Aufgaben und Befugnisse erhoben worden sind und erhoben werden durften, ohne eine der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gerecht werdende gesetzliche Erlaubnisnorm nicht an den Verfassungsschutz weitergegeben werden dürfen.
    Bei der Amtshilfe und auch beim Datenaustausch muß das von Herrn Blens erfreulicherweise schon erwähnte Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizei beachtet werden. Dieses Trennungsgebot besagt dreierlei:
    Erstens: keine polizeilichen Befugnisse für den Verfassungsschutz und die anderen Nachrichtendienste. Zweitens: keine nachrichtendienstlichen Mittel für die Polizei. Drittens: organisatorische Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten.
    Das Trennungsgebot wird unterlaufen, Herr Blens, wenn sich der Verfassungsschutz zur Erfüllung seiner Aufgaben der Vollzugsbefugnisse anderer Behörden bedient oder wenn sich umgekehrt andere Behörden Erkenntnisse der Nachrichtendienste verschaffen können, die diese nur auf Grund ihres besonderen Auftrages und ihrer besonderen Befugnisse erlangt haben.
    Diese für den Datenaustausch und die Amtshilfe zwischen Verfassungsschutz und anderen Behörden sowie Dritten geltenden Grundsätze werden von dem Regierungsentwurf in mannigfacher Weise verletzt.
    Einige Beispiele dazu:
    Erstens. Jede Behörde oder öffentliche Stelle soll den Nachrichtendiensten Erkenntnisse übermitteln dürfen, wenn nach ihrer Auffassung Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Nachrichtendienste erforderlich ist.
    Zweitens. Die Nachrichtendienste sollen grundsätzlich alle Informationen an andere Behörden, selbst an private Stellen und an das Ausland übermitteln dürfen. Die als Ausnahme von diesem Grundsatz festgelegten Übermittlungsverbote sind keine Barrieren, die den notwendigen Datenschutz sicherstellen.
    Drittens. Innerhalb des Verfassungsschutzes soll jede Information, unabhängig von ihrer Herkunft, für jede der unterschiedlichen Aufgaben des Verfassungsschutzes verwendet werden dürfen. Bei Sicheheitsüberprüfungen zum Zwecke des Geheimschutzes gewonnene Erkenntnisse dürfen aber nach unserer Überzeugung nicht für andere, mit der Spionageabwehr in keinem Zusammenhang stehende Aufgaben wie z. B. für die Extremismusbeobachtung verwandt werden.
    Viertens. Der im Regierungsentwurf zugelassene generelle Zugriff der Dienste auf personenbezogene Dateien anderer Behörden ist nicht akzeptabel.



    Dr. Emmerlich
    Fünftens. Die Voraussetzungen, unter denen elektronische Dateien angelegt werden können, müssen gesetzlich festgelegt werden. Insbesondere ist klarzustellen, daß in Dateien nur solche Personen aufzunehmen sind, bei denen ein durch Tatsachen begründeter Verdacht besteht, daß sie Aktivitäten entfaltet haben, die der Beobachtung durch die Nachrichtendienste unterliegen.
    Sechstens. Soweit durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel Erkenntnisse anfallen, die außerhalb des Beobachtungsauftrages der Dienste liegen, müssen in Anlehnung an das G-10-Gesetz Verwertungsverbote normiert werden.
    Meine Damen und Herren, die Intensivierung der Kontrolle der Dienste muß im innerdienstlichen Bereich und durch Verdichtung der Dienstaufsicht erfolgen. Aber auch die Möglichkeiten der parlamentarischen und — ich füge bewußt hinzu — der öffentlichen Kontrolle sollten verbessert werden. Ein besonders geeignetes Mittel dazu ist der Abbau überflüssigen Geheimschutzes. Wir alle wissen, wovon wir jetzt reden.
    Die parlamentarische Kontrollfähigkeit würde zunehmen, wenn die Parlamente entschlossener als bisher auch in bezug auf die Nachrichtendienste auf ihrem Auskunfts- und Kontrollrecht bestehen würden. Ich gebe auch zu bedenken, ob es dabei bleiben kann, daß jede, auch eine offensichtlich unberechtigte VS-Klassifizierung unbesehen übernommen wird.
    Verstärkt werden müßte auch die Kontrollfähigkeit der Parlamentarischen Kontrollkommission. Sie muß aus der Rolle eines die Informationen der Bundesregierung bloß entgegennehmenden Gremiums herauskommen und in den Stand gesetzt werden, eine eigenständige aktive Kontrolltätigkeit zu entfalten.
    Eine unverzichtbare Hilfe bei der öffentlichen und parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste sind die Datenschutzbeauftragten. Die durch sie erfolgende datenschutzrechtliche Kontrolle der Nachrichtendienste würde aber unerträglich eingeschränkt, wenn ihnen, so wie der Regierungsentwurf dies vorsieht, bei ihrer Kontrolltätigkeit der Zugriff auf Akten der Nachrichtendienste weitgehend verwehrt werden würde.
    Wir Sozialdemokraten, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind der Auffassung, daß über die Rechtsgrundlagen für die Nachrichtendienste ein parteiübergreifender Grundkonsens erforderlich ist. Davon habe ich weder bei Ihnen, Herr Blens, noch bei Ihnen, Herr Hirsch, etwas verspürt. Sie haben immer nur von der Einigung in der Koalition geredet.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wir lassen Sie nicht verkommen, keine Sorge!)

    — Also, Kollege Gerster, ich kenne Ihre generöse Haltung und weiß sie in jeder Lage des Verfahrens zu schätzen.
    Wir befürchten, daß die Koalition — damit überstrapaziert, zwischen den Koalitionsparteien einen Kompromiß zu finden — nicht mehr die Fähigkeit und nicht mehr den Willen hat, eine Übereinstimmung mit der SPD zu suchen. Wir warnen davor, die Gesetze über die Nachrichtendienste — das gilt auch für Gesetze über andere Sicherheitsbehörden, die Polizei, die Staatsanwaltschaft usw. — nach dem Motto Mehrheit ist Mehrheit gegen die Sozialdemokraten durchzupauken. Das könnte zu unabsehbaren Belastungen unseres demokratischen Gemeinwesens führen und den erforderlichen Grundkonsens zwischen den demokratischen Parteien in Frage stellen.
    Die SPD, meine sehr geehrten Damen und Herren, bekennt sich auch in der Opposition zu ihrer Verantwortung.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Was sollen denn diese düsteren Andeutungen? Sie sind herzlich eingeladen mitzumachen!)

    Ich hoffe, daß die Regierung und die Koalition die sich daraus ergebende Chance und ihre, verehrter Herr Gerster, daraus folgende Verpflichtung erkennen.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/ CSU]: Das ist Karfreitagsmystik!)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lüder.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Lüder


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Emmerlich, ich glaube, wenn wir uns der Tatsache bewußt bleiben, daß wir es hier mit einer Materie zu tun haben, die wir nicht nach freiem Belieben gestalten können, je nachdem, wie lax Datenschutz von den einen gehandhabt und als wie lästig er empfunden wird oder wie sorgfältig, seriös und solide Datenschutz von den anderen verankert werden soll, wenn wir uns also dessen bewußt bleiben und wenn wir weiterhin aufmerksam zuhören — vielleicht lesen Sie das, was der Kollege Hirsch gesagt hat, noch einmal nach —, werden Sie auch sehen, daß wir hier den Konsens suchen, und zwar, wie ich betone, den breiten Konsens. Wir brauchen wie in jeder Koalition die Einigung auch in dieser Koalition, aber wir wollen sie darüber hinaus; wir wollen den Konsens darüber erreichen, hier ein Optimum an Datenschutz zu schaffen.
    Herr Minister Schäuble, wir sind Ihnen dafür dankbar, daß Sie mit dieser irrigen Vorstellung aufgeräumt haben, daß es sich hier um „Sicherheitsgesetze" handeln könnte. Es ist gut, daß das jetzt auch von Regierungsseite deutlich gemacht worden ist. Wir sind Ihnen auch dafür dankbar, daß Sie noch einmal auf den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts hingewiesen haben. Wir stehen ja hier vor der Aufgabe, eine Verfassungspflicht zu erfüllen, nämlich Datenschutz gesetzlich zu verankern.
    Wir sind auch bereit, durch die von Ihnen geöffnete Tür zu gehen. Sie haben ja gesagt, daß wir in den Ausschüssen und damit auch nach der Anhörung den Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen, die es gegeneinander abzuwägen gilt, suchen müssen, wobei wir an dem Stellenwert des Grundrechts auf Privatheit, an dem Stellenwert der Verfassungspflicht zum Datenschutz nicht rütteln lassen. Wir sind zuversichtlich, daß wir am Ende einen Weg finden werden, der noch in dieser Legislaturperiode — ich greife das auf, was der Kollege Blens gesagt hat — zu



    Lüder
    einem Gesetzgebungsverfahren führt, das sich dann auch sehen lassen kann.
    Gestern haben wir ja in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers dadurch eine Vorgabe bekommen, daß er sagte, daß wir die freiheitsstiftende Funktion des Rechts sehen und beachten müssen. Für mich geht es hier darum, der freiheitsstiftenden Funktion des Rechts Geltung zu verschaffen, und dies können wir, wenn wir hier noch Nachbesserungen vornehmen.
    Das Recht kann seine friedensstiftende Funktion nur dann wirksam erfüllen, wenn es im Zweifel für die Freiheit ausgestaltet wird. Deswegen gilt für die Beratungen unser Grundsatz: Wir schützen unsere Verf as-sung am besten, wenn wir die Verfassungsrechte wahren und die Verfassungspflichten umfassend erfüllen. Deshalb sage ich: Umfassender Datenschutz ist zugleich der beste Verfassungsschutz. Davon wollen wir uns leiten lassen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)