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    Plenarprotokoll 11/141 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 141. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. April 1989 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 6: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Untersagung des Fusionsantrages Daimler-Benz/Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB) durch das Bundeskartellamt Roth SPD 10439 B Doss CDU/CSU 10440 A Frau Vennegerts GRÜNE . . . 10441B, 10449 B Dr. Solms FDP 10442 B Dr. Jens SPD 10443 A Dr. Sprung CDU/CSU 10444 A Grünbeck FDP 10445 A Frau Bulmahn SPD 10446 C Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 10447 C Dr. Friedrich CDU/CSU 10449 B Müller (Pleisweiler) SPD 10450 D Dr. Schwörer CDU/CSU 10451 D Dr. Abelein CDU/CSU 10452 D Tagesordnungspunkt 27: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Forderungen an ein abrüstungspolitisches Gesamtkonzept (Drucksache 11/4053) b) Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Fortsetzung des atomaren Abrüstungsprozesses (Drucksachen 11/2438, 11/4404) Dr. Scheer SPD 10454 A Lamers CDU/CSU 10457 A Frau Beer GRÜNE 10458 C Dr. Feldmann FDP 10459D Genscher, Bundesminister AA 10461 B Voigt (Frankfurt) SPD 10462 D Graf Huyn CDU/CSU 10466 B Dr. Mechtersheimer GRÜNE 10469 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg . 10470A Petersen CDU/CSU 10471 C Frau Beer GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 10472 C Tagesordnungspunkt 28: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes (Drucksache 11/4306) Dr. Schäuble, Bundesminister BMI . . . 10473 A Wartenberg (Berlin) SPD 10474 D Dr. Blens CDU/CSU 10476D Such GRÜNE 10480A Dr. Hirsch FDP 10481 C Dr. Emmerlich SPD 10483 B Lüder FDP 10485 C Überweisung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes — Drucksache 11/4445 — an Ausschüsse 10486 C Nächste Sitzung 10486 C II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1989 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10487 * A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Punkt 26 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) 10487 * C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 10488 * C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1989 10439 141. Sitzung Bonn, den 28. April 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 28. 04. 89 Dr. Apel SPD 28. 04. 89 Dr. Briefs GRÜNE 28. 04. 89 Brück SPD 28. 04. 89 Buschbom CDU/CSU 28. 04. 89 Buschfort SPD 28. 04. 89 Daweke CDU/CSU 28. 04. 89 Duve SPD 28. 04. 89 Dr. Faltlhauser CDU/CSU 28. 04. 89 Gattermann FDP 28. 04. 89 Dr. Gautier SPD 28. 04. 89 Dr. von Geldern CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Glotz SPD 28. 04. 89 Dr. Götz CDU/CSU 28. 04. 89 Großmann SPD 28. 04. 89 Dr. Hauff SPD 28. 04. 89 Haungs CDU/CSU 28. 04. 89 Hauser (Krefeld) CDU/CSU 28. 04. 89 Hedrich CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Hitschler FDP 28. 04. 89 Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU 28. 04. 89 Höffkes CDU/CSU 28. 04. 89 * Huonker SPD 28. 04. 89 Frau Hürland-Büning CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Hüsch CDU/CSU 28. 04. 89 Ibrügger SPD 28. 04. 89 *** Jungmann SPD 28. 04. 89 Kittelmann CDU/CSU 28. 04. 89 ** Dr. Klejdzinski SPD 28. 04. 89 ** Klose SPD 28. 04. 89 Koschnick SPD 28. 04. 89 Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Kreile CDU/CSU 28. 04. 89 Leidinger SPD 28. 04. 89 Louven CDU/CSU 28. 04. 89 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 28. 04. 89 Menzel SPD 28. 04. 89 Mischnick FDP 28. 04. 89 Dr. Mitzscherling SPD 28. 04. 89 Dr. Müller CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Neuling CDU/CSU 28. 04. 89 Niegel CDU/CSU 28. 04. 89 * Oostergetelo SPD 28. 04. 89 Dr. Osswald SPD 28. 04. 89 Frau Pack CDU/CSU 28. 04. 89 ** Paintner FDP 28. 04. 89 Reddemann CDU/CSU 28. 04. 89 Reuschenbach SPD 28. 04. 89 Rind FDP 28. 04. 89 von Schmude CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 28. 04. 89 Schröer (Mülheim) SPD 28. 04. 89 Stiegler SPD 28. 04. 89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Stobbe SPD 28. 04. 89 Frau Teubner GRÜNE 28. 04. 89 Dr. Unland CDU/CSU 28. 04. 89 Vahlberg SPD 28. 04. 89 Dr. Vondran CDU/CSU 28. 04. 89 Vosen SPD 28. 04. 89 Dr. Waigel CDU/CSU 28. 04. 89 Dr. Wieczorek SPD 28. 04. 89 Frau Wieczorek-Zeul SPD 28. 04. 89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 28. 04. 89 Wischnewski SPD 28. 04. 89 Wissmann CDU/CSU 28. 04. 89 Würtz SPD 28. 04. 89 Zander SPD 28. 04. 89 Zeitlmann CDU/CSU 28. 04. 89 Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Rede zu Punkt 26 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) * ) Frau Schmidt (Hamburg) (GRÜNE): Der Gesetzentwurf zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes kann nur als Stückwerk bezeichnet werden. Offenbar wegen der Eröffnung einer sogenannten „Leihmütteragentur" in Frankfurt hat die Bundesregierung in aller Eile eine Handhabe gegen die Praktiken solcher Vermittler schaffen wollen. So begrüßenswert dies auch sein mag: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ist es ihr aber nicht gelungen, den gesamten Komplex der Adoptionsvermittlung zu erfassen. So gehört die Frage der sogenannten Leihmütterschaft nicht in das Adoptionsvermittlungsgesetz, sondern in ein gesondertes Gesetz, das die komplexen Fragen der Reproduktionsmedizin und des Embryonenschutzes insgesamt erfaßt. Verräterisch z. B. ist die Verwendung des Begriffes „Ersatzmutter". Die Frau, die ein Kind austrägt, ist die Mutter und nicht eine Ersatzmutter. Nach dem vorliegenden Entwurf aber hat ein Kind, das mit Hilfe der Reproduktionstechniken von einer Frau für „Bestelleltern" geboren wird, keine Mutter. Es hat lediglich eine Ersatzmutter und Bestelleltern. Der Gesetzentwurf ist jedenfalls - einmal abgesehen von Definitionsfragen - nicht geeignet, die Vermittlungspraktiken, die jetzt bereits üblich sind, zu unterbinden. Er wird lediglich eine Verlagerung des „Geschäftes" ins Ausland bewirken, wie dies ja schon bei „normalen" Adoptionen der Fall ist. Im vorliegenden Gesetzentwurf fehlt ebenfalls eine Antwort auf die Überlegungen der bayerischen Staatsregierung. Sie will nämlich Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch erwägen, durch Adoptionsgarantie dazu bewegen, die Schwangerschaft *) Vgl. 140. Sitzung Seite 10434 C 10488* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 141. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1989 auszutragen. Im Gesetzentwurf ist nichts darüber gesagt, wie mit solchen Adoptionsvermittlern „von Staats wegen" umgegangen werden soll. Hier würde ein Staat das Strafrecht des § 218 benutzen, um Frauen zum Austragen der Schwangerschaft zu bringen, um dann die ungewollten Kinder zur Adoption zu vermitteln. Behinderte Kinder, die ja bekanntlich schwer zu vermitteln sind, adoptiert dann der Freistaat selbst, als „Staatsmündel". Wollen wir denn wirklich den Staat als „Bestellvater" ? Man muß sich schon fragen, um wen es hier eigentlich geht: um das vielbeschworene Kind, um die schon nicht mehr so vielbeschworene Mutter? Oder nicht vielleicht doch bloß um eine verquaste Moralvorstellung, die auf dem Rücken beider verwirklicht werden soll. Mit sinnvoller Politik für Kinder und in Not geratene Mütter hat dies wahrlich nichts mehr zu tun! Wir hätten uns gewünscht, daß die Bundesregierung die Problematik von sogenannten Leihmüttern, Bestelleltern und gewinnsüchtigen Vermittlern im Bereich der Reproduktionstechnik regelt, und zwar mit einem eigenständigen Gesetzentwurf. Sie hätte sich bei der Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes viel mehr darum kümmern sollen, was auf dem internationalen Kindermarkt und im privaten, illegalen oder kriminellen Adoptionssektor vor sich geht. Hier hätte sie Gelegenheit gehabt, zu beweisen, daß es ihr wirklich um die Mütter und Kinder geht. Sie hätte nur die Forderungen der anerkannten Adoptionsvermittlungsstellen, wie z. B. der GZA in Hamburg oder von terre des hommes, erfüllen müssen — die im übrigen schon lange bekannt sind. Es wäre ein leichtes gewesen, im Änderungsentwurf festzuschreiben, daß sämtliche Bestimmungen des Adoptionsvermittlungsgesetzes auch und besonders für ausländische Kinder gelten. Es wäre ein leichtes gewesen, festzuschreiben, daß von Jugendämtern erstellte Berichte über die Eignung von Adoptionsbewerbern auf keinen Fall in deren Hände gelangen dürfen. Bekanntlich reisen diese dann nämlich oft genug mit dem Bericht ins Ausland und kaufen sich dort ein Kind — wobei diese Kinder häufig von skrupellosen Kinderhändlern geraubt werden. Es wäre ein leichtes gewesen, das Augenmerk endlich einmal wirklich auf die betroffenen Kinder und ihre abgebenden Mütter — wie sie so schön euphemistisch genannt werden — zu richten, seien sie nun sogenannte Leihmütter oder nicht. Das hätte aber auch bedeutet, die Strafvorschriften des § 14 nicht in diesen Entwurf hineinzunehmen. Statt dessen müßten die §§ 234 ff. des Strafgesetzbuches ausgeweitet werden: Menschenhandel und Kindesentziehung gegen Geldleistung oder Versprechen einer solchen müssen unter Strafe gestellt werden (auch dies übrigens eine der dringenden Forderungen von terre des hommes, einer Organisation, der man ja wahrlich nicht nachsagen kann, daß sie nicht weiß, wovon sie spricht). So können wir nur sagen: Das Anliegen, die kriminellen Geschäftspraktiken mit sogenannten Leihmüttern zu bestrafen, finden wir richtig, jedoch halten wir es nach wie vor für notwendig, diesen Bereich der Reproduktionsmedizin gesondert aufzugreifen. Die Chance, mit einer Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes eine Antwort auf die schon lange bekannten Methoden internationaler Kinderhändler zu geben und so tatsächlich Kindern und Müttern zu helfen, hat die Bundesregierung ohne Not vertan. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 21. April 1989 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung Im Jahre 1989 Erstes Gesetz zur Änderung des Seefischereigesetzes Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten Gesetz zu dem IAEO-Übereinkommen vom 26. September 1986 über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen sowie über Hilfeleistungen bei nuklearen Unfällen oder radiologischen Notfällen (Gesetz zu dem IAEO-Benachrichtigungsübereinkommen und zu dem IAEO-Hilfeleistungsübereinkommen) Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/3406 Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/595 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Ausschuß für Forschung und Technologie Drucksache 11/3831 Nr. 27 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/4238 Nr. 2.15
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    Rede von Graf Hans Huyn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Voigt hat eine bemerkenswerte Rede gehalten. Ich kann nur sagen: Herr Kollege Voigt, wir haben unterschiedliche Auffassungen, das wissen Sie. Wir haben uns aber immer sachlich unterhalten. Aber was Sie über die Notwendigkeit einer klaren Position sagen, das kann ich nur voll unterstreichen. Wir Deutschen in einem geteilten Land, in der Mitte Europas und an der Nahtstelle zwischen Ost und West, haben ein besonderes Interesse — ich glaube, da sind wir uns alle einig —, eine Abrüstungspolitik mit Erfolg zu betreiben. Allerdings — ich mache diesen Hinweis — sollten wir nicht das Wort des großen spanischen Philosophen — der übrigens auch Abrüstungsexperte beim Völkerbund war — Salvador de Madariaga vergessen, der einmal sagte: „Die Nationen mißtrauen einander nicht, weil sie gerüstet sind, sondern sie rüsten, weil sie einander mißtrauen. " Den Menschen zu sagen, man könne durch Abrüstung Fragen lösen und eine Beseitigung der Spannungen herbeiführen, das wäre genauso, so sagte Madariaga, als wenn man den Menschen sagte: „Geht nackt hinaus auf die Straße, damit der Winter aufhört! "

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht also primär nicht um Abrüstung — so wichtig sie auch ist —, sondern um Entspannung durch Beseitigung der Spannungsursachen.
    Sehr verehrter Herr Bundesaußenminister: Ihre Interpretation des Harmel-Berichtes, die Sie seit Jahren und heute wieder bringen, ist falsch.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Sie ist die einzig richtige!)

    — Nein, ich werde es zitieren, Herr Feldmann. Es steht dort nichts drin von einer Friedensordnung vom Atlantik bis zum Ural, sondern — ich zitiere wörtlich — :
    Eine endgültige und stabile Regelung der Spannungen in Europa ist jedoch nicht möglich ohne eine Lösung der Deutschlandfrage, die den Kern der gegenwärtigen Spannungen bildet. Jede derartige Regelung muß die unnatürlichen Schranken zwischen Ost- und Westeuropa beseitigen, die sich in der Teilung Deutschlands am deutlichsten und grausamsten offenbaren.
    So weit der Harmel-Bericht. Es geht also darum, das Selbstbestimmungsrecht und die Menschenrechte für unser ganzes deutsches Vaterland und für den Bereich der Völker im Warschauer Pakt einzufordern. Wenn Glasnost Offenheit heißen sollte — es heißt eigentlich Öffentlichkeit — , dann müssen auch Mauer und Stacheldraht endlich geöffnet und niedergerissen werden. Das ist die Politik, die wir brauchen.
    Daneben wollen wir natürlich auch Abrüstung. Da sind wir uns alle einig. Sie muß kontrollierbar und ausgewogen sein. Nur, wir haben heute die längste Friedensepoche seit Menschengedenken in Europa, und zwar deswegen, weil wir die Atlantische Allianz — die nicht nur ein militärisches Verteidigungsbündnis, sondern eine Wertegemeinschaft ist — haben, die vor vierzig Jahren gegründet wurde und die wir in ihrem Bestreben und ihrem Erfolg, unsere Sicherheit und den Frieden zu gewährleisten, nicht beschädigen dürfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Graf Huyn
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies verdanken wir der Abschreckung, nämlich — durch die Möglichkeit des Verbundes — einer konventionellen und nuklearen abgestuften, flexiblen Antwort.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Öffentlichkeit werden immer grauenhafte Szenarien von atomarer Zerstörung verbreitet.

    (Frau Beer [GRÜNE]: War war denn mit Wintex/Cimex?)

    Aber diese Waffen sind doch gerade dafür da, nicht eingesetzt zu werden und den Frieden zu sichern. Das haben sie 40 Jahre lang bewiesen. Deshalb brauchen wir diese Möglichkeit der abgestuften Abschreckung von, wenn Sie so wollen, den Verbänden des Bundesgrenzschutzes an der innerdeutschen Grenze bis hin zu den Interkontinentalraketen. Wenn aus dieser Leiter Stufen herausgebrochen werden, dann allerdings sind die Abschreckung und der Frieden gefährdet.

    (Abg. Horn [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    Deswegen ist es so wichtig, daß wir die Einheit der Sicherheit des Bündnisgebietes gewährleisten. Deswegen ist es auch immer das Hauptziel der sowjetischen Politik gewesen, aus dieser Stufenleiter der Abschreckung Stufen herauszubrechen, um Europa politisch und psychologisch zu isolieren und von Amerika abzukoppeln.


Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
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    Rede von Graf Hans Huyn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Nein, im Moment nicht, Herr Präsident. Es tut mir leid; ich habe leider nur eine begrenzte Redezeit. Aber wir können uns gern nachher unterhalten, Herr Kollege Horn.
    Es darf ein Konflikt nicht wieder denkbar werden. Daher kommt es darauf an, daß diese Stufen der Abschreckung intakt gehalten werden.

    (Frau Beer [GRÜNE]: Sie sind ein Sicherheitsrisiko!)

    — Ich bin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein ebenso überzeugter Anhänger einer ausgewogenen und kontrollierten Abrüstung, die wir alle wollen,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    wie ich ein überzeugter Anhänger und Verfechter der Erhaltung aller dieser Sprossen der Leiter bin.
    Ich habe Ihnen daher, Herr Bundesaußenminister, vor der gesamten deutschen Öffentlichkeit namens der CSU in der großen außenpolitischen Fernsehrunde im letzten Wahlkampf am 11. September 1986 gesagt, daß wir gegen die INF-Null-Lösung sind, und Ihnen vorausgesagt — Sie können das im Protokoll nachlesen — , daß wir vor der Frage der Modernisierung der Kurzstreckenraketen stehen würden, wenn wir einer Null-Lösung bei den Mittelstreckenraketen zustimmten. Genau diese Situation ist jetzt eingetreten.
    Als es vor anderthalb Jahren hierzu kam, verabschiedete die CSU unter Vorsitz von Franz Josef Strauß eine Erklärung zur Sicherheitspolitik, in der sie hiervor gewarnt hat. Sie hat gesagt, die Null-Lösung I
    sei problematisch, die Null-Lösung II mit der unmittelbaren Einbeziehung der Pershing-I a durch den Bundeskanzler sei falsch, weil die Lage nach Vollzug wesentlich schlechter sein werde, noch kritischer als vor der Nachrüstung sein werde.

    (Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Gilt das noch?)

    Weiter heißt es in dieser Erklärung:
    Diese Lösung II führt dazu,
    — genau das ist heute die Situation —
    daß im Bereich von 0 bis 500 km der Westen nur 88 Lance mit 120 km Reichweite und im Bereich von 120 bis 500 km nichts hat, während die Sowjetunion in diesen beiden Bereichen zusammen 1 300
    — inzwischen hat sie zugegeben: 1 600 — Atomraketensysteme ... hat.
    Dann heißt es in dem Papier der CSU:
    Entscheidungen dürfen nicht vom Grade der Popularität, sondern nach dem Ernst der Situation erfolgen.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist sehr richtig!)

    Für uns geht es um die unteilbare Sicherheit und Freiheit der Menschen!
    Seither hat sich die Lage noch mehr zu unseren Lasten verschoben. Trotz aller immer wiederholten Abrüstungsvorschläge des sowjetischen Generalsekretärs Gorbatschow ist die Rote Armee seit dem Tode Breschnews von 3,6 auf 5,1 Millionen Mann erhöht worden, sind zwar die SS-20 abgezogen, dafür aber moderne SS-24 und SS-25 installiert worden, die auch auf uns gerichtet werden können, und sind die Kurzstreckenraketen — nach eigener sowjetischer Angabe 1 600 — laufend modernisiert worden und werden weiter modernisiert.
    So ist die entscheidende Sprosse dieser Sicherheitsleiter der nuklearen Abschreckung im Bereich der Koppelung mit Amerika damals bei dem INF-Abkommen herausgebrochen worden. Das war ein Fehler. Nicht daß wir abgerüstet haben, war ein Fehler, sondern daß wir am falschen Ende angefangen haben. Ebenso war die Null-Lösung auf diesem Gebiet ein Fehler. Deswegen stehen wir jetzt vor der Situation, daß wir die Sprosse darunter, also die Kurzstreckenraketen, eben etwas höher setzen müssen, soweit es mit der Sowjetunion vertraglich vereinbart ist. Wir müssen also das erreichen, was die Sowjetunion schon längst hat, und müssen die Glaubwürdigkeit der Friedenssicherung wiederherstellen.
    Und jetzt möchte ich noch etwas sagen: Wir dürfen nicht vergessen, daß im Herbst 1983 in Montebello die Grundsatzentscheidung über die Notwendigkeit dieser Modernisierung gefallen ist.

    (Frau Beer [GRÜNE]: Ja, eben!)

    — Sie haben recht, sie ist gefallen. — Dies war Voraussetzung dafür, daß das INF-Abkommen überhaupt abgeschlossen worden ist.

    (Lowack [CDU/CSU]: Sehr wahr!)




    Graf Huyn
    Wir können doch jetzt nicht die Voraussetzungen der Abrüstung, die wir vollzogen haben, nicht vollziehen oder in Frage stellen.

    (Frau Beer [GRÜNE]: Sie bewegen sich langsamer als ein Gletscher!)

    Deswegen kann ich hier nur sagen, daß dieser Beschluß jetzt hier im Grundsatz bekräftigt werden muß.
    Das gemeinsame Koalitionspapier, das meine Kollegen und ich aus den zuständigen Ausschüssen für Verteidigung und Auswärtiges am vergangenen Wochenende aus der Zeitung erfahren haben, wird diesen Anforderungen in keiner Weise gerecht. Die erste positive Reaktion darauf habe ich von Egon Bahr gehört, der erklärt hat, die Regierung habe sich SPD-Positionen zu eigen gemacht.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Was zu einem großen Teil ja stimmt!)

    — Herr Voigt bestätigt das ja hier.

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Ja, zu einem großen Teil stimmt das! — Gegenruf des Abg. Lamers [CDU/CSU]: Das hättet ihr gern!)

    Daß heißt: Wir brauchen eine Bekräftigung des Beschlusses von Montebello und ein klares Signal, und das aus vier Gründen:
    Wir brauchen ein Signal nach Osten, weil die Systeme dort bereits modernisiert sind und wir klar zeigen müssen: Wir stehen zum Bündnis.
    Wir brauchen aber auch ein Signal nach Westen, um deutlich zu machen, daß wir ein berechenbarer Partner bleiben.
    Wir brauchen aber insbesondere auch ein klares Signal für unser eigenes Land, um deutlich zu machen, daß wir die Sicherheit erhalten wollen. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir dürfen uns nicht dem Argument aussetzen, wir drückten uns um eine Entscheidung herum, weil sie vielleicht unpopulär sein könnte. Mut, Führung und Entschlossenheit, nicht aber Zögern, Wechselbäder und ZickzackKurs erwarten die Menschen in unserem Lande von der politischen Führung.

    (Frau Beer [GRÜNE]: Aber genau das machen Sie doch die ganze Zeit!)

    Mut wird vom Wähler honoriert. Den Mut, mit dem diese Koalition zum NATO-Doppelbeschluß gestanden hat, dann die Wahlen gewonnen, den NATO-Doppelbeschluß durchgeführt und die Abrüstung erreicht hat, brauchen wir auch heute.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Jetzt sind Sie aber anderer Meinung als Herr Voigt!)

    — Ja, jetzt sind wir unterschiedlicher Meinung.

    (Heiterkeit — Dr. Mechtersheimer [GRÜNE]: Aber der Adressat ist derselbe!)

    Ein Signal müssen wir schließlich auch für die Abrüstung geben. Denn die nukleare Artillerie können wir natürlich nur abrüsten, wenn auch die konventionellen Abrüstungen vorangehen.
    Ich möchte deswegen allen danken, die mit Nachdruck für eine klare Haltung eingetreten sind — in der
    Politik, in der Führung der Bundeswehr und im Atlantischen Bündnis — , an ihrer Spitze Professor Rupert Scholz.
    Soviel zum materiellen Inhalt des entscheidenden deutschen Beitrags zum Gesamtkonzept.
    Aber ebenso wichtig ist der prozedurale Teil, das richtige Vorgehen. Die Lehre aus dem NATO-Doppelbeschluß war: Nur dadurch, daß Bundeskanzler Schmidt und — nachher — Bundeskanzler Kohl entschlossen waren, dies durchzuführen und auch die Pershing II und die Cruise Missiles aufzustellen, konnte Abrüstung erreicht werden. Soll das jetzt plötzlich nicht mehr stimmen? Soll es heute im Gegenteil heißen, man müsse Herrn Gorbatschow erst Gelegenheit geben, abzurüsten, und dürfe deswegen keine Entscheidung treffen? Das kann doch wohl nicht wahr sein, nachdem sich gerade das Gegenteil bewährt hat.
    Jetzt beginnen die Verhandlungen über die konventionelle Abrüstung. Wir wollen sie vorantreiben und beschleunigen. Aber wenn wir jetzt parallel über ein einziges Waffensystem, nämlich die Kurzstreckenraketen, verhandeln,

    (Frau Beer [GRÜNE]: Nehmen Sie doch die seegestützten Raketen dazu, dann haben Sie zwei!)

    dann würde sich die Sowjetunion mit dem trügerischen Vorschlag einer wohlklingenden, aber gefährlichen Null-Lösung an die öffentliche Meinung des Westens wenden,

    (Dr. Feldmann [FDP]: Das ist doch gar nicht das Ziel der Verhandlungen!)

    dadurch die Abrüstung lähmen und auf der anderen Seite jegliches Interesse verlieren, ihre konventionelle Überlegenheit abzubauen.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Das ist doch gerade der Sinn der Verhandlungen!)

    Wir würden damit tatsächlich in eine lebensgefährliche Falle laufen. Das heißt: Wir brauchen erst konventionelle Abrüstung und erst danach gemeinsame Obergrenzen auch bei Kurzstreckenraketen.
    Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Null-Lösung kommt natürlich auch dann nicht in Frage. Bei einer Null-Lösung hätten wir nämlich ein entnuklearisiertes Europa mit ungefährem konventionellem Gleichgewicht, also genau die Situation, in der der Erste und Zweite Weltkrieg begonnen haben, und das müssen wir vermeiden.
    Daher ist die Forderung nach baldiger Aufnahme von Verhandlungen über die Kurzstreckenraketen mit der Gewährleistung des Friedens und unserer Sicherheit unvereinbar. Ich betrachte daher das Koalitionspapier zu den Kurzstreckenraketen als unvereinbar mit dem deutschen Interesse und mit den Interessen der westlichen Allianz. Es ist allenfalls, wie aus den Kreisen der Bundesregierung bereits zu verstehen gegeben wurde, ein deutscher Diskussionsbeitrag für die Willensbildung innerhalb des Bündnisses,

    (Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das muß jetzt von der Regierung geklärt werden!)




    Graf Huyn
    Aber auch als solcher wäre er besser unterblieben.
    Ich erspare mir hier die vielen Pressestimmen, möchte aber abschließend sagen: Ich halte es für empörend, daß nun Herbert Kremp in der „Welt am Sonntag" schreiben kann:
    Kanzler Kohl hat sich gegen besseres Wissen und Wollen auf die Richtlinie seines Außenministers begeben, der seit Jahren daran arbeitet, tragende Elemente der westlichen Sicherheitspolitik einem Arrangement mit der Sowjetunion Gorbatschows zu opfern. In Wirklichkeit steht hinter der deutschen Absage an moderne Waffensysteme ein grundlegend neues außenpolitisches Konzept, das eine Lockerung der Westbindung der Bundesrepublik einkalkuliert.
    Dies muß von der Bundesregierung dementiert werden, und nicht durch Worte, sondern durch Taten und natürlich durch eine Korrektur der Haltung.
    Das große Erbe Konrad Adenauers ist die Westbindung der deutschen Politik, die Berechenbarkeit der deutschen Haltung und der Mut, hierfür einzutreten. Deutschland darf nicht zur unberechenbaren Größe werden, nicht ein Signal der Unsicherheit und des Rückzugs darf gegeben werden. Das freie Deutschland darf nicht den Eindruck erwecken, als ob es zum drittenmal in diesem Jahrhundert eine Schaukelpolitik zwischen Ost und West vollführen wolle.
    Wir wollen gute Beziehungen zu unseren östlichen Nachbarn und einen Abbau von Spannungen. Dies ist nur mit einer klaren Einbindung in die westliche Wertegemeinschaft möglich, um Freiheit und Frieden für uns und unsere Kinder erhalten zu können.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)