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    Plenarprotokoll 11/140 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 140. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Folketing des Königreichs Dänemark, Herrn Erik Ninn-Hansen, und der Mitglieder seiner Delegation 10291 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Hoss 10291 B Erweiterung der Tagesordnung . . . 10291 B Absetzung des Punktes 18 — Regelung des Geschäftswertes bei land- oder forstwirtschaftlichen Betriebsübergaben — und der Aktuellen Stunde — Chancen der Deeskalation infolge der Unterbrechung des Hungerstreiks durch zwei RAF-Mitglieder — von der Tagesordnung 10291 C Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur künftigen Regierungsarbeit Dr. Kohl, Bundeskanzler 10291 D Dr. Vogel SPD 10304 D Dr. Dregger CDU/CSU 10316B Genscher, Bundesminister AA 10322 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 10326 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 10329 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . 10332 C Frau Matthäus-Maier SPD 10339 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 10342 B Frau Trenz GRÜNE 10348A Dr. Penner SPD 10349 B Frau Traupe SPD (zur GO) 10351 D Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI (zur GO) 10352 A Bohl CDU/CSU (zur GO) 10352 B Dr. Vogel SPD (zur GO) 10353 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg 10354 A Schäfer (Offenburg) SPD 10356 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . 10359A Frau Wollny GRÜNE 10360A Dreßler SPD 10361A Cronenberg (Arnsberg) FDP 10363 C Eich GRÜNE 10364 C Jahn (Marburg) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 10365 C Namentliche Abstimmungen . . . 10366A, B, C Ergebnisse 10372A, 10373C, 10375A Tagesordnungspunkt 4: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Gesundheitsgefährdung durch Kosmetika — Verbot von Natriumlaurylsulfat in Zahncremes und Deklarationspflicht für alle Inhaltsstoffe von Kosmetika (Drucksachen 11/871, 11/2978) 10366D Tagesordnungspunkt 5: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Rust und der Fraktion DIE GRÜNEN: Stopp der Atomexporte (Drucksachen 11/1169, 11/3001) 10366D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Saibold, Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN: Kennzeichnung von Milch, Milchprodukten und Säuglingsnahrung mit Werten radioaktiver Belastung und Ausweitung des Meßstellennetzes (Drucksachen 11/486, 11/3925) . . . 10366D Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Massendemonstrationen in den baltischen Staaten (Drucksachen 11/2729, 11/4004) 10367 A Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Menschenrechten in der Sowjetunion (Drucksachen 11/255, 11/4005) . . . 10367 A Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zur Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Errichtung einer europäischen Stiftung für Osteuropa-Forschung (Drucksachen 10/6274, 11/883 Nr. 9, 11/4029) . . . 10367 B Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1986 — (Drucksachen 11/1508, 11/4157) 10367 B Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in Düsseldorf gem. § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksachen 11/3797, 11/4162) 10367 C Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung a) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2727/75 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide b) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates mit Grundregeln für die Prämie zur Verwertung von Getreide als Futtermittel im Wirtschaftsjahr 1989/90 (Drucksachen 11/3882 Nr. 3.5, 11/4167) 10367 C Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses: Übersicht 11 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 11/4207) . 10367 D Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über das LINGUA-Programm zur Förderung der fremdsprachlichen Ausbildung in der Europäischen Gemeinschaft Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Förderung des Fremdsprachenunterrichts in der Europäischen Gemeinschaft als Bestandteil des LINGUA-Programms (Drucksachen 11/4019 Nr. 2.43, 11/4240) 10367 D Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Änderung von Anhang A der Richtlinie 85/397/EWG bezüglich des Gefrierpunktes der Milch (Drucksachen 11/3927 Nr. 3.9, 11/4243) 10368 A Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für die 12. Gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (Drucksachen 11/2724 Nr. 1, 11/2766, 11/4346) 10368A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 III Tagesordnungspunkt 17: Beratung der Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 107 und 108 zu Petitionen (Drucksachen 11/4382, 11/4383) 10386A Tagesordnungspunkt 19: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Europäischen Übereinkommen vom 16. Mai 1972 über Staatenimmunität (Drucksache 11/4307) b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Drucksache 11/985) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Eid, Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Bezuschussung von bundesdeutschem Managementpersonal in der Dritten Welt aus der Entwicklungshilfe (Drucksache 11/1667) d) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Steuerrechtliche Behandlung von Entschädigungszahlungen für HIV-infizierte Hämophile (Drucksache 11/4140) e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Toetemeyer, Westphal, Dr. Ehmke (Bonn), Bahr, Bindig, Brück, Duve, Gansel, Dr. Glotz, Großmann, Dr. Hauchler, Dr. Holtz, Koschnick, Luuk, Dr. Niehuis, Dr. Osswald, Renger, Schanz, Dr. Scheer, Schluckebier, Dr. Soell, Stobbe, Dr. Timm, Verheugen, Voigt (Frankfurt), Wieczorek-Zeul, Wischnewski, Würtz, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Mitbestimmung im Deutschen Entwicklungsdienst (Drucksache 11/4170) f) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Änderung des Berichtszeitraums für die Halbjahresberichte der Bundesregierung über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, des Europarats und der Westeuropäischen Union (Drucksache 11/4241) g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerster (Worms), Horn, Erler, Frau Fuchs (Verl), Heistermann, Dr. Klejdzinski, Kolbow, Koschnick, Leonhart, Steiner, Zumkley, Leidinger, Opel, Ibrügger, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Auszahlung der Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz an wehrübende Reservisten (Drucksache 11/3712) h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hoss, Frau Schoppe, Frau Unruh, Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Anrechnung nicht durchsetzbarer Unterhaltsansprüche auf die Arbeitslosenhilfe (Drucksache 11/4180) 10369 B Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von den Abgeordneten Horn, Frau Fuchs (Verl), Gerster (Worms), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Verlängerung von Grundwehrdienst und Zivildienst und zur Neuregelung der Dauer des Zivildienstes (Drucksache 11/4379) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Abgeordneten Hauser (Esslingen), Breuer, Kossendey, Dr. Uelhoff und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ronneburger, Dr. Hoyer, Nolting, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aussetzung der Verlängerung des Grundwehrdienstes (Drucksache 11/4436) Gerster (Worms) SPD 10370 C Hauser (Esslingen) CDU/CSU 10376 C Frau Schilling GRÜNE 10377 C Dr. Hoyer FDP 10378 B Tagesordnungspunkt 21: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 26. Oktober 1979 über den physischen Schutz von Kernmaterial (Drucksache 11/3990) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN: Atommüllendlager „Schacht Konrad" in Salzgitter-Blekkenstedt (Drucksache 11/2002) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Garbe, Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN: Leukämiemorbidität in der Umgebung des AKW Würgassen (Drucksache 11/2353) d) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Unterrichtung der Bevölkerung über die im Hanauer ALKEM-Bunker gelagerten Spaltstoffe (Drucksache 11/1682) IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 e) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Entsorgung der Kernkraftwerke und anderer kerntechnischer Einrichtungen (Drucksache 11/1632) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Brauer, Dr. Daniels (Regensburg), Frau Flinner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortige Stillegung und sicherer Einschluß des THTR 300 (Drucksache 11/4418) Harries CDU/CSU 10380 A Schütz SPD 10382 A Baum FDP 10384 B Frau Wollny GRÜNE 10385 C Dr. Friedrich CDU/CSU 10387 B Schmidt (Salzgitter) SPD 10389 C Dr.-Ing. Laermann FDP 10390 D Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . 10391 D Reuter SPD 10393 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . 10396 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 10399 A Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen (Drucksachen 11/4085, 11/4390) Müntefering SPD 10399 D Pesch CDU/CSU 10401 A Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE . . . 10401D Zywietz FDP 10402 C Echternach, Parl. Staatssekretär BMBau 10403 C Vizepräsident Cronenberg 10404 D Tagesordnungspunkt 23: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Schmidbauer, Carstensen (Nordstrand), Dörflinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Kleinert (Hannover), Frau Dr. Segall, Dr. Weng (Gerlingen), Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP: Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffoxidemissionen aus Kraftfahrzeugen zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein, Bachmaier, Frau Blunck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Abgasentgiftung der Kraftfahrzeuge (Drucksachen 11/3598, 11/2009, 11/4402) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags des Abgeordneten Brauer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Maßnahmen gegen überhöhte Geschwindigkeiten durch Lastkraftwagen (Drucksache 11/4419) Schmidbauer CDU/CSU 10405 B Frau Dr. Hartenstein SPD 10408 B Baum FDP 10412A Brauer GRÜNE 10413 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . 10414 D Brauer GRÜNE (zur GO) 10416D Bohl CDU/CSU 10417 A Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des KriegsdienstverweigerungsNeuordnungsgesetzes (Drucksachen 11/1942, 11/4388, 11/4409) Sauer (Stuttgart) CDU/CSU 10417 D Gilges SPD 10419 A Eimer (Fürth) FDP 10420 D Frau Schilling GRÜNE 10421 D Pfeifer, Parl. Staatssekretär BMJFFG . 10422 D Tagesordnungspunkt 25: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Forderungen zur Situation der Polizeien in Bund und Ländern (Drucksachen 11/2243, 11/4056) Graf SPD 10424 B Kalisch CDU/CSU 10426 A Such GRÜNE 10428 A Dr. Hirsch FDP 10429 B Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 10430 C Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD . . . . 10431 D Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsver- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 V mittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) (Zu Protokoll gegebene Reden siehe Anlage 2) 10434 C Nächste Sitzung 10434 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10435* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 26 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) 10435* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 10291 140. Sitzung Bonn, den 27. April 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 2 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 28. 04. 89** Dr. Apel SPD 28.04.89 Dr. Blens CDU/CSU 27.04.89 Buschbom CDU/CSU 28.04.89 Büchner (Speyer) SPD 27.04.89 Clemens CDU/CSU 27.04.89 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 27. 04.89 Daweke CDU/CSU 28.04.89 Gattermann FDP 28.04.89 Großmann SPD 28.04.89 Dr. Hauff SPD 28. 04.89 Dr. Hitschler FDP 28.04.89 Dr. Holtz SPD 27. 04.89 Höffkes CDU/CSU 28. 04.89 Frau Hürland-Büning CDU/CSU 28.04.89 Ibrügger SPD 28.04.89*** Kittelmann CDU/CSU 28.04.89 Koschnick SPD 28.04.89 Dr. Kreile CDU/CSU 28.04.89 Lamers CDU/CSU 27.04.89 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 28.04.89 Menzel SPD 28.04.89 Meyer SPD 27.04.89 Mischnick FDP 28.04.89 Dr. Mitzscherling SPD 28.04.89 Dr. Neuling CDU/CSU 28.04.89 Niegel CDU/CSU 28.04.89 * Dr. Osswald SPD 28.04.89 Frau Pack CDU/CSU 28.04.89 Paintner FDP 28.04.89 Poß SPD 27.04.89 Reddemann CDU/CSU 28.04.89 Reschke SPD 27.04.89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 28.04.89 Schröer (Mülheim) SPD 28.04.89 Spranger CDU/CSU 27.04.89 Stiegler SPD 28.04.89 Stobbe SPD 28.04.89 Frau Teubner GRÜNE 28.04.89 Dr. Unland CDU/CSU 28.04.89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 28.04.89 Wischnewski SPD 28.04.89 Wüppesahl fraktionslos 27.04.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 26 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) Frau Dr. Lehr, Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit: Lassen Sie mich kurz den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes begründen, der heute in erster Lesung hier behandelt wird. Wir haben uns heute abend mit einem Gesetzentwurf zu beschäftigen, der auf einem schweren menschlichen Problem beruht. In unserem Land wird häufig vergessen, daß es eine große Gruppe von Ehepaaren gibt, die keine Kinder bekommen können, obwohl sie Kinder wollen. Dies ist keine kleine Gruppe; die Schätzungen schwanken zwischen 10 und 15 %. Und, meine Damen und Herren: Ich kann diesen Wunsch gut verstehen, denn Kinder machen Freude, Kinder bereichern das Leben, Kinder gehören einfach zum Leben dazu. Es gibt viele Wege, diesen Paaren zu helfen. Hierzu gehören neben der Verbesserung der medizinischen Diagnostik und Therapie ein Ausbau der Erforschung von Ursachen der Unfruchtbarkeit sowie verbesserte Beratungsmöglichkeiten für betroffene Paare. Hierzu bereitet die Bundesregierung einen Forschungsschwerpunkt vor. Doch mit den medizinischen Möglichkeiten, aber auch mit der engeren weltweiten Verflechtung haben sich auch neue Möglichkeiten für gewissenlose Geschäftemacher ergeben, die den Wunsch nach Kindern in nicht zu verantwortender Weise kommerziell ausnutzen. Mit dem heute in erster Lesung zu beratenden Entwurf zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes sollen zwei Wege verbaut werden, bei denen Kinder auf ethisch nicht vertretbare Weise vermittelt werden. Dies ist zum ersten die Vermittlung von Leihmüttern, wie sie in Frankfurt und anderen Städten versucht worden ist. Hier gibt das geltende Recht schon Eingriffsmöglichkeiten, doch wir müssen hier mit größerer Härte vorgehen können. Wir müssen Umgehungspraktiken - bis hin zum Kinderhandel - unterbinden. Dies soll dieser Gesetzentwurf erreichen. Zum zweiten gibt es Vermittler, die kinderlosen Ehepaaren gegen Geld schwangere Frauen - meist aus der dritten Welt - zuführen und den Ehemann nach der Geburt des Kindes zu einer wahrheitswidrigen Vaterschaftsanerkennung veranlassen, um auf dem Wege einer anschließenden Ehelichkeitserklärung zu einem Kind zu kommen. Eine solche Vermittlung und Umgehung des Adoptionsvermittlungsgesetzes ist im besonderen Maße verwerflich. Wir können doch nicht zulassen, daß Frauen aus der Dritten Welt aus materieller Not von Geschäftemachern dazu gebracht werden, ihre Kinder zu verkaufen. Ich sage hier mit aller Entschiedenheit: Wer den Wunsch von Frauen und Männern, ein Kind zu bekommen, mit der materiellen Not anderer Frauen verbindet, um daraus Kapital zu schlagen, dem muß das Handwerk gelegt werden. 10436* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 Der Gesetzentwurf stellt jedoch jede Form der Vermittlung von Ersatzmüttern unter Strafe — auch die unentgeltliche. Eine Strafverschärfung ist vorgesehen, wenn der Vermittler gegen Entgelt oder geschäftsmäßig handelt. Die Suche oder das Angebot von Bestelleltern oder Ersatzmüttern in Zeitungsanzeigen und sonstigen öffentlichen Erklärungen sollen mit Bußgeld bedroht werden. Auch wird der angesprochene zweite Fall mit Bußgeld belegt, nämlich derjenige, in dem schwangere Frauen an Männer vermittelt werden, die wahrheitswidrig die Vaterschaft für das Kind anerkennen. Diese Änderungen des Adoptionsvermittlungsgesetzes sind nur ein erster, allerdings dringlicher Schritt zur Klärung der rechtlichen Fragen, die sich durch den medizinischen Fortschritt in der Fortpflanzungsmedizin ergeben. Ich bitte Sie, dieses Gesetz zügig zu beraten, damit wir den Mißständen entgegentreten können. Die Bundesregierung wird ihrerseits bald den Entwurf eines Embryonenschutzgesetzes vorlegen, das die sonstigen auf Bundesebene zu regelnden Fragen der Fortpflanzungsmedizin abdeckt. Schmidt (Salzgitter) (SPD): Mit der vorgelegten Novelle zum Adoptionsvermittlungsgesetz soll dem Unwesen des Kinderhandels über den Adoptionsmißbrauch Einhalt geboten werden. Es waren zwar vor einer Reihe von Monaten nicht sehr viele Fälle von mißbräuchlicher Form der Auslandsadoptionen, sie waren jedoch — siehe die Meldungen aus Frankfurt — außerordentlich spektakulär. Ein besonderer Teil des Adoptionsmißbrauchs ist die Ersatzmutterschaft. Sie ist spezieller Inhalt der vorliegenden Novelle. Die SPD-Fraktion begrüßt diesen Gesetzesvorschlag, weil er die Not von Frauen einzugrenzen hilft und zugleich der Geschäftemacherei mit Kindern einen Riegel vorschiebt. Schon seit Jahren tritt die SPD für eine Beendigung der Ersatzoder Leih-Mutterschaft ein. Der Körper einer Frau darf — auch nicht zum Zwecke neu entstehenden Lebens — nicht zum Handelsobjekt und zum käuflichen Organ werden. Insofern gibt es auch mit der SPD hier keine Probleme, wenngleich wir feststellen, daß die Regelung mehr als überfällig ist; schließlich reden wir alle schon seit Beginn der Legislaturperiode von einer konkreten Umsetzung dieses Ansatzes. Kritik üben wir aber mit allem Nachdruck an der Unvollständigkeit des Gesetzeswerks, das wir als Stückwerk bezeichnen müssen. Immerhin fehlen die übrigen wichtigen Vorschriften gegen den Adoptionsmißbrauch, vor allem aber — wie es auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme ausgedrückt hat — die Vorschläge der Bundesregierung für ein Gesamtkonzept der Fortpflanzungsmedizin. Leider besteht trotz interessanter Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Fortpflanzungsmedizin" keine Kraft auf der Regierungsseite, die ebenfalls überfällige Initiative zu unternehmen. Der vorgesehenen Überweisung des Gesetzes-Entwurfs an die Ausschüsse stimmen wir zu. Frau Männle (CDU/CSU): „Babys auf Bestellung, Mütter à la carte zu Preisen ab 30 000 S." Mit diesem Angebot löste ein amerikanischer Babymakler im Oktober 1987 eine Welle öffentlicher Empörung angesichts moderner Formen der Vermarktung menschlichen Lebens im zivilisierten Westen aus, provozierte viele zum Nachdenken über die moralischen Grundlagen unseres Rechtssystems und zwang die politisch Verantwortlichen zum Handeln. Zeigt sich darin übertriebene Entrüstung einer fortschrittsskeptischen neuen Generation, die die Segnungen einer erfolgversprechenden Dienstleistungsbranche mit unbegründeter Verachtung straft? Ignorieren wir durch Verbote die berechtigten Interessen vieler Ehepaare, deren Wunsch nach einem eigenen Kind unerfüllt blieb? Leihmutterschaft ist keineswegs — wie einige meinen — eine Chance für selbstbestimmte Geschäfte, eine legitime und lukrative Einnahmequelle für Frauen, das Ende individuellen Leides für viele Ehepaare. Leihmutterschaft und Leihmuttervermittlung, eine schönfärberische Umschreibung für freiwilligunfreiwilligen Verkauf des eigenen Körpers bzw. für organisierte Vermarktung der Gebärfähigkeit von Frauen, für Degradierung menschlichen Lebens zur Handelsware, sind Ausdruck gesellschaftlich-kulturellen Rückschritts, erschreckende Beispiele einer totalen Entkopplung von Ethik und Kommerz. Für die Unionsparteien ist die Antwort eindeutig und vorbehaltlos: Nein zur Leihmutterschaft. Die Werteordnung des Grundgesetzes gilt auch für das Privatrecht; sie gebietet staatliche Einschränkungen des Selbstbestimmungsrechts von Frauen. Bei der Abwägung der legitimen Interessen von Ehepaaren auf Erfüllung ihres Kindeswunsches und dem gesellschaftlichen Interesse am Schutz des historisch gewachsenen Wertekodex müssen die langfristigen Folgen für die möglichen Verschiebungen unseres ethisch-moralischen Koordinatensystems, die negativen Wirkungen auf die gesellschaftliche Rolle und das Selbstverständnis von Frauen, die Beeinträchtigung der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder, die Achtung des Rechts des Kindes auf einheitliche Elternschaft sowie die rechtlichen Probleme bei Vertragsstörungen stärker gewichtet werden. Aber auch die sozialen und psychischen Probleme, die in Leihfamilien entstehen könnten, müssen berücksichtigt werden. Durch eine Auftragsschwangerschaft, die vom Partner der Leihmutter, von ihren in der eigenen Familie lebenden Kindern einen erheblichen Rollenwechsel, ein zeitlich befristetes emotionales Sicheinstellen auf das werdende Leben fordern, könnten diese in unerträgliche Konfliktsituationen verstrickt werden. Mit dem heute in erster Lesung zu beratenden Gesetzentwurf zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes löst die Bundesregierung ihr Versprechen ein, auf die perfiden Praktiken von Babyvermittlern mit klaren Verbotsnormen zu reagieren. Unter Strafe gestellt werden alle Formen der Ersatzmuttervermittlung, werden sie unentgeltlich, gegen Entgelt, Bewerbs- oder geschäftsmäßig betrieben. Darüber hinaus wird das Suchen — besser gesagt — Anheuern von sowie das Anbieten von bzw. Werben mit Leih- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 10437* müttern, z. B. durch Anzeigen oder Berichte in Zeitungen, verboten und mit einem Bußgeld belegt. Auch dubiose Geschäftspraktiken wie die des Grafen Adelmann von Adelmannsfelden werden durch den heute vorliegenden Gesetzentwurf rechtlich untersagt. Das Adoptionsvermittlungsgesetz wurde dadurch zu umgehen versucht, daß Adoptionswillige wahrheitswidrig die Vaterschaft für ein nichteheliches Kind zum Zwecke der Ehelicherklärung anerkennen. In den Ausschußberatungen müssen eingehend die Bedenken des Bundesrates, der gehörten Verbände sowie einiger Organisationen erörtert werden, insbesondere die Frage der Plazierung des Verbots der Ersatzmuttervermittlung im bestehenden Rechtssystem, die Koordinierung der einzelnen Gesetzesmaßnahmen im Bereich Fortpflanzungstechnologie, das Problem der Einstufung von Tatbeständen als Straftat oder Ordnungswidrigkeit. Ferner muß überprüft werden, inwieweit das Adoptionsvermittlungsgesetz in der ergänzten Fassung ein effektives Instrumentarium zur Bekämpfung von Privatadoptionen und Kinderhandel aus der Dritten Welt, die unter dem Deckmantel der Legalität betrieben werden, darstellt. Über die Notwendigkeit gesetzgeberischen Handelns, die Bestrafung der Ersatzmuttervermittlung, besteht weitgehend Konsens unter den Parteien. Mit einem enggeschnürten Gesetzespaket gegen alle Formen der Ersatzmuttervermittlung, gegen Mißbrauch bzw. Umgehungsversuche der Adoptionsvermittlung sind aber keineswegs die gesellschaftlichen Probleme gelöst. Die Motive von Bestelleltern und Leihmüttern müssen erforscht, die psychischen Folgekosten des vermeintlich technisch-medizinischen Fortschritts für Familien analysiert und den betroffenen Familien durch ein breit angelegtes Beratungsnetz wirksam geholfen werden. Die moralische Entrüstung über die Mißbrauchspraktiken in Ländern der Dritten Welt, Rufe nach Strafverschärfung, laufen ins Leere, wenn wir an Symptomen kurieren statt Ursachen zu bekämpfen. Korruption, Elend und Verzweiflung in den Ländern der Dritten Welt sind durch wohlklingende Absprachen auf höchster Regierungsebene nicht zu beheben. Trotz der vielen Fragezeichen sollten wir unverzüglich ein Signal setzen. Es geht um mehr als um die Bekämpfung unlauterer Geschäfte, es geht um die Achtung des Gebots unserer Verfassung: „Die Meschenwürde ist unantastbar" . Leihmutterschaft ist kein befristetes Beschäftigungsverhältnis auf Honorarbasis, Leihmutterschaft ist Pervertierung unseres kulturellen Erbes. „Rent an uterus" muß ein Fremdwort im deutschen Sprachgebrauch bleiben. Eimer (Fürth) (FDP): Die moderne Fortpflanzungsmedizin hat unsere Welt verändert. Die Medizin kann heute in vielen Fällen helfen, daß Ehepaare sich ihren Wunsch nach Kindern erfüllen können, der vorher nicht erfüllbar war. Die Fortpflanzungsmedizin hat aber auch viel Verunsicherung gebracht, weil die genetische Mutter nicht mehr automatisch mit der Mutter übereinstimmen muß, die das Kind austrägt. Daran schließen sich viele Fragen und Probleme juristischer vor allem aber ethischer Art. So muß man fragen, was passiert, wenn ein Kind behindert ist, wenn es von den Bestelleltern nicht abgenommen wird oder wenn die Leihmutter ihr Kind, das sie ausgetragen hat, nicht mehr abgeben will. Daneben gibt es eine Reihe von Fragen zu den überzähligen Embryonen, die bei dieser Technik entstehen und zur Zeit eingefroren sind. Nur einen Teil dieser auftretenden Probleme kann und will dieses Gesetz regeln. So soll die Vermittlung von Leihmüttern verboten werden, ganz gleich ob dies kommerziell oder unentgeltlich geschieht, desgleichen die Werbung in Anzeigen, die Ersatzmütter entweder sucht oder anbietet. Nicht bestraft werden sollen nach diesem Gesetz die Ersatzmutter und die Bestelleltern. Daneben bleiben eine Reihe von Fragen offen, die ich zum Teil bereits angesprochen habe, aber auch solche nach der Beurteilung der Ärzte, die solche Handlungen an Leihmüttern vornehmen, die, wie gesagt, in diesem Gesetz nicht geregelt werden können, sondern einem vorgesehenen Embryonenschutzgesetz vorbehalten bleiben sollen. Ich muß gestehen, daß ich mich bei der Regelung dieser Probleme schwertue, daß ich mir meiner Sache nicht sehr sicher bin. Ich glaube, es besteht Einigkeit, daß keine großen Sympathien für den kommerziellen Handel mit Ersatzmüttern und Kindern in unserem Volk bestehen. Aber die Probleme sind vielschichtig, und wir werden dieses Gesetz sehr eingehend beraten müssen, gerade unter ethischen Gesichtspunkten. Ich hoffe, daß gerade dieses Gesetz in den Ausschüssen mit sehr viel Ernsthaftigkeit beraten wird, daß wir uns im klaren sind über die Tragweite unserer Beschlüsse, ganz gleich, in welche Richtung wir tendieren, und ich halte es für wichtig, daß wir uns alle darüber im klaren sind, daß wir möglicherweise etwas beraten, das sich einer perfekten Regelung und einem menschlichen Richterspruch entzieht. Die FDP ist sich ihrer Verantwortung gerade bei dieser Diskussion bewußt, und wir hoffen auf eine entsprechende ernsthafte Beratung.
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    Rede von Dr. Liesel Hartenstein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zwei Vorbemerkungen machen:
    Erstens. Herr Kollege Schmidbauer, nachdem ich mir Ihren Antrag vom 30. November 1988 angeguckt habe, muß ich sagen, daß ich eigentlich nicht so recht verstehe, warum Sie sich im Brustton der Überzeugung darauf berufen können. Er besteht nämlich nur aus Appellen, Prüfaufträgen, Absichtserklärungen und Aufforderungen an die Bundesregierung,

    (Beifall bei der SPD)

    sie möge sich doch bitte für dieses und jenes einsetzen.
    Zweitens. Sie haben hier wörtlich gesagt, die Forderungen seien voll umgesetzt. Ich denke, dies müßten Sie nicht nur mir, sondern auch anderen Anwesenden hier im Saal näher erklären. Vielleicht wird es Herr Bundesminister Töpfer tun können. Was bis jetzt vorliegt, ist nur eine Reihe von Presseerklärungen und Verlautbarungen, die durch die Zeitungen und durch die Reden einiger Unionspolitiker geistern.

    (Beifall bei der SPD)

    Wo es aber konkret wird, Herr Kollege Schmidbauer, da fordern Sie erneut Überprüfungen und nicht mehr.

    (Abg. Schmidbauer [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Ich komme schon noch zu meinen Fragen; vielleicht haben Sie noch ein paar Minuten Geduld.
    Lassen Sie mich zu Ihren Ausführungen vier Feststellungen machen:
    Erstens. Was vorliegt, sind Parteibeschlüsse oder, genauer gesagt, Leitlinien des CDU-Bundesvorstands. Es gibt keinen Gesetzentwurf.

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Waren Sie heute morgen nicht da?)

    — Es gibt keinen Kabinettsbeschluß. Den müßten Sie uns vorlegen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Gesetzentwurf! — Schmidbauer [CDU/CSU]: Oho!)

    Es gibt noch nicht einmal einen Entwurf zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe nicht vernommen, daß der Bundeskanzler diesen heute morgen vorgelegt oder eventuell angekündigt hätte. Es gibt bloße Absichtserklärungen, und die verbessern die dicke Luft in Europa nicht, auch nicht die in der Bundesrepublik.
    Zweiter Punkt. Mit den jetzigen, ich will sie freundlicherweise einmal „Vorschläge" nennen, wird doch die milliardenschwere Hypothek der Vergangenheit nicht getilgt.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie besteht weiter, und sie wird, wenn überhaupt, nur mit ungeheuren Anstrengungen und mit enormem Kostenaufwand wieder abgetragen werden können. Heute wissen wir — Sie wissen es genauso gut wie ich — , daß auch die Stickoxide nicht nur den Wald schädigen, sondern zudem den Treibhauseffekt anheizen. Das wäre zum Teil vermieden worden, wenn Sie rechtzeitig unseren Vorschlägen gefolgt wären.

    (Beifall bei der SPD — Schmidbauer [CDU/ CSU]: Welche?)

    — Die liegen auf dem Tisch. Ich war versucht, das gesamte Paket mitzubringen.
    Drittens. Bei den jetzigen Vorschlägen, Herr Kollege Schmidbauer, stelle ich fest, daß ein riesiger Be-



    Frau Dr. Hartenstein
    reich im Grunde völlig ausgespart bleibt, nämlich der Lkw-Verkehr.

    (Baum [FDP]: Na, na, na! Haben Sie nicht gelesen?)

    — Doch. — Angesichts der bedenklichen Perspektive, die der europäische Binnenmarkt in diesem Punkt eröffnet, müssen die Schadstoffemissionen des Lkw-Verkehrs schleunigst auf das technisch mögliche Minimum reduziert werden; alles andere wäre unvertretbar. Ich zeige Ihnen nachher gern Ihr eigenes Papier, falls Sie sich nicht genau daran erinnern sollten.
    Vierter Punkt. Auch ordnungspolitische Maßnahmen dürfen nicht tabu sein. Bereits heute sind die Umweltbelastungen aus dem Schwerlastverkehr so unerträglich geworden, daß sie nicht mehr ansteigen dürfen. Wenn aber die Prognosen des Binnenmarktes eintreffen, dann müssen wir mit einer Verdoppelung des Straßengüterverkehrs rechnen. Das wird zu heute noch unvorstellbaren Zuständen führen, übrigens nicht nur wegen der Schadstoffemissionen, die auf ca. 800 000 t Stickoxide plus 100 000 t Rußpartikel pro Jahr ansteigen werden, sondern auch wegen der Überlastung der Straßen, wegen der Lärmüberflutung und nicht zuletzt wegen der wachsenden Gefährdung von Menschenleben.
    Ich halte es für fahrlässig, daß der frühere Bundesverkehrsminister Warnke der Liberalisierung des Straßengütertransports zugestimmt hat, ohne daß eine drastische Schadstoffreduzierung bei schweren Nutzfahrzeugen gewährleistet ist und ohne daß eine verbindliche Konzeption für ein leistungsfähiges europäisches Schienennetz vorliegt, ohne daß überhaupt irgendwelche, geschweige denn ausreichende Vorkehrungen getroffen wären, um die mit der Laster-invasion zu erwartenden Negativeffekte in den Griff zu bekommen. Das gleiche gilt übrigens für den Luftverkehr.
    Im Grunde muß ich außerordentlich staunen, denn bei den seitherigen Debatten zum Thema Abgasentgiftung bei Kraftfahrzeugen haben die Sprecher der Koalition ständig ungeheure Mühe darauf verwandt, wortreich — wenngleich nicht sehr überzeugend — darzulegen, warum keine wirksameren Schritte pro Umwelt möglich seien, warum keine obligatorische Einführung des Katalysators möglich sei, warum keine US-Normen für Wagen aller Hubraumklassen vorgeschrieben werden, warum

    (Beifall bei der SPD)

    keine stärkeren steuerlichen Anreize eingeführt werden usw., vor allem warum kein nationaler Alleingang möglich sei. Der Schwarze Peter lag, laut Bundesregierung, stets in Brüssel.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Heute geht es plötzlich!)

    Dort hat sich inzwischen zwar nicht viel geändert, wohl aber hier.

    (Baum [FDP]: Doch, die Kommission! — Schäfer [Offenburg] [SPD]: Aber nichts an der rechtlichen Voraussetzung!)

    — Nun ja, mit Herrn Bangemann; aber Spaß beiseite.
    — Wenn jetzt die Phase zäher Stagnation tatsächlich zu Ende gehen sollte, dann wäre dies ein Gewinn für die Umwelt, das möchte ich ausdrücklich betonen. Allerdings steht zu vermuten, daß nicht unbedingt höhere Einsicht oder das übermächtige ökologische Engagement der Bundesregierung,

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Doch!)

    sondern eher die heillose Zwangssituation, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der sich diese Regierung befindet, zu der Erkenntnis geführt hat, zu erkennen, daß sich auch hier etwas bewegen muß.
    Gegenwärtig gleicht die Regierungszentrale so einer Art Schreinerwerkstatt. Und dort heißt es: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Es wurde schon einiges kräftig weggehobelt — wir haben heute im Laufe des Tages ja darüber gesprochen: Quellensteuer, Wehrdienstverlängerung — , aber beim Hobeln können manchmal auch einige brauchbare Späne abfallen, z. B. für den Umweltschutz. Dagegen ist nichts zu sagen, Teilreparaturen sind nicht verboten, im Gegenteil. Aber man sollte nicht so tun, als ob dies nun gleich der große Wurf wäre.
    Meine Damen und Herren, was beim Thema Kraftfahrzeugabgase in der Koalition derzeit hin und her gewälzt wird, ist in der Sache längst überfällig. Viel Schaden wäre vermieden worden, wenn Sie unseren Vorschlägen gefolgt wären.

    (Beifall bei der SPD)

    Bereits im April 1983 — hören Sie gut zu, Sie erinnern sich vielleicht nicht daran, Herr Kollege Schmidbauer — hat die SPD-Bundestagsfraktion ihren Antrag „Notprogramm gegen das Waldsterben" eingebracht. Seither haben wir mit Dutzenden von Initiativen unablässig darauf gedrängt, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um der immer bedrohlicher werdenden Luftverschmutzung durch den motorisierten Verkehr Einhalt zu gebieten.
    CDU/CSU und FDP haben alle Anträge und Gesetzentwürfe der SPD ausnahmslos abgeschmettert, und die Bundesregierung hat Anfragen ausweichend oder aber gar nicht beantwortet. Beispiel: unsere Große Anfrage „Volkswirtschaftliche Verluste durch Luftverschmutzung". Die Regierung mit Bundesumweltminister Wallmann hat sich nicht gescheut, diese Anfrage vom Mai 1985 anderthalb Jahre vor sich herzuschieben.

    (Frau Blunck [SPD]: Hört! Hört!)

    Wir hatten damals einen zentralen Punkt ins Blickfeld gerückt, nämlich die ökonomischen Kosten ökologischer Zerstörungen, und davon wollten Sie nichts wissen. Erst im Wahlkampf im Januar 1987 bekamen wir dann eine reichlich dünne Antwort präsentiert, mit Erledigungsvermerk „Zu den Akten". Erledigt war damit natürlich gar nichts. Die Schäden wuchsen un-gebremst weiter: Waldschäden, Gesundheitsschäden, Gebäudeschäden, und dafür tragen Sie die Verantwortung. Auch dies muß einmal deutlich ausgesprochen werden.
    Der CDU-Abgeordnete und Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Siegbert Alber, hat nach den Luxemburger Beschlüssen zum schadstoffarmen



    Frau Dr. Hartenstein
    Auto, das Sie so sehr feiern, 1985 erklärt: Wenn aus dem Auspuff unserer Kraftfahrzeuge so wenig herauskäme wie aus dem EG-Umweltministerrat, dann ginge es unserem Wald besser.

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Recht hat er!)

    — Jawohl. — Herr Alber war vielleicht nicht der einzige in Ihren Reihen, der den regierungsamtlich verbreiteten Optimismus über den Siegeszug des schadstoffarmen Autos nicht teilte. Aber er war vermutlich der einzige, der die Wahrheit ungeschminkt auszusprechen wagte — öffentlich — , und er hat leider recht behalten.

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Und wer ist denn Vorsitzender in diesem Ausschuß?)

    Frau Beate Weber. Die hat es aber sehr viel deutlicher gesagt.

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Ah so!)

    Der damalige Umweltminister Zimmermann hat sich für eine ganz andere Strategie entschieden. Er versuchte, den eklatanten Mißerfolg, den er im Reisegepäck mitbrachte, ohne Skrupel zu einem Erfolg umzumünzen. Flugs mußte der TÜV Rheinland eine Expertise anfertigen, die voraussagte, daß die NOx- Emissionen aus dem Straßenverkehr bis 1988 um 25 % und bis 1995 sogar um 57 % zurückgingen. Daraus wird nichts. Dies müssen selbst Sie heute eingestehen.
    Tatsache ist, daß wir heute nicht weniger, sondern mehr Schadstoffe in der Luft haben.

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Was? Wo haben Sie denn die Zahlen her?)

    — Aber ja. Das bestätigt Ihnen auch das Umweltbundesamt. Sie müssen die Untersuchung bloß lesen, bitte. — Tatsache ist auch, daß der in Sonntagsreden beschworene Druchbruch des Kat-Autos eben leider nicht stattgefunden hat. Nach dem Stand vom 1. April 1989 sind klägliche 8,6 % mit dem geregelten DreiWege-Katalysator ausgerüstet. In absoluten Zahlen sind das knapp 2,2 Millionen von 29 Millionen Pkw in unserem Land.

    (Schmidbauer [CDU/CSU]: Sollen wir die alten verschrotten lassen? — Kraus [CDU/ CSU]: Was wollen Sie mit den alten Autos machen?)

    — Nun mal langsam! — Tatsache ist, daß die Giftstoffkonzentrationen in der Luft unserer Städte eine Rekordmarke erreicht haben.

    (Kraus [CDU/CSU]: Was tun Sie denn mit den alten Autos?)

    Für Stuttgart meldet das Statistische Landesamt einen früher noch nie gemessenen Wert von 50 Tonnen NOx pro Quadratkilometer. Kein Wunder, daß der Stuttgarter Regierungspräsident die Innenstadt bei Smogwetterlagen für nicht entgiftete Autos rigoros sperren und auch die Lastwagen mit einem Fahrverbot belegen will.

    (Kalb [CDU/CSU]: Was haben Sie da dagegen? — Kraus [CDU/CSU]: Was möchten Sie mit den alten Autos tun? Sagen Sie es halt!)

    In unseren Wäldern sieht es auch nicht besser aus. Mittlerweile haben die Eichen mit 80 % Schadsymptomen die Tannen und Fichten beim Sterben überholt. Wir haben jetzt vier qualvolle Jahre hinter uns, in denen die Bundesregierung der staunenden Öffentlichkeit pausenlos getürkte Erfolgsmeldungen über den Vormarsch des schadstoffarmen Autos präsentiert hat. In Wahrheit hat sie einen faulen Kompromiß nach dem anderen geschlossen. Das Versagen der Politik geht voll zu Lasten der Natur und voll zu Lasten der menschlichen Gesundheit. Sie müssen erst noch unter Beweis stellen, daß Sie das vom heutigen Tage an ändern wollen.
    Tempolimit, Herr Kollege Schmidbauer. Seit dem bombastischen Großversuch von 1985 hat die Bundesregierung das einzige Instrument aus der Hand gegeben, das sofort Abhilfe hätte bringen können. Dieser Großversuch hatte außer der Tatsache, daß 15 Millionen DM Steuergelder unnütz verschwendet wurden, noch eine weitere bedauerliche Konsequenz. Er wirkte als Freibrief für die Raser auf unseren Straßen. Da ihnen auf diese Weise ein gutes Gewissen verschafft wurde, gaben sie wieder Gas wie nie zuvor. Die Entscheidung gegen ein Tempolimit war eine kapitale Fehlentscheidung. Das gilt heute noch.

    (Kalb [CDU/CSU]: Wissen, Sie, daß auf über 90 % der bundesdeutschen Straßen ein Tempolimit besteht?)

    — Das könnten wir ausdiskutieren, ganz gewiß. Sie müssen aber wissen — vielleicht wissen Sie es auch nicht — , daß sich auf den Autobahnen, die nicht limitiert sind, 27 % des Kraftfahrzeugverkehrs abwikkeln,

    (Beifall bei der SPD)

    aber dort 45 % der Stickoxidemissionen ausgestoßen werden. Das ist der Punkt.

    (Lennartz [SPD]: Das ist der Unterschied zwischen Blabla und Wissen!)

    Daß im übrigen hohe Geschwindigkeiten und Unfallzahlen korrelieren, wird niemand mehr bestreiten wollen.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Bei Lastwagen, die über 200 fahren!)

    Die Bundesregierung ignoriert bis heute

    (Kraus [CDU/CSU]: Was wollen Sie mit den alten Autos machen, Frau Kollegin?)

    — wenn Sie Fragen stellen wollen, dann würde ich Sie bitten, ans Mikrophon zu gehen —, daß nach Schätzungen von Experten nahezu eine Million Tonnen Stickoxide weniger in die Luft entlassen worden wären, wenn bereits 1983 oder 1984 ein Tempolimit eingeführt worden wäre. Diese Maßnahme hätte nicht nur eine sofortige Wirkung gehabt, meine Damen und Herren, sondern auch den unschätzbaren Vorteil der EG-Konformität. Denn in allen anderen EG-Staaten gibt es Tempolimits.

    (Beifall bei der SPD — Schmidbauer [CDU/ CSU]: Wie bitte? 100?)




    Frau Dr. Hartenstein
    — Hören Sie doch zu.

    (Beifall des Abg. Schäfer [Offenburg] [SPD])

    Wenn Sie unkonzentriert sind, kann ich nichts dafür. Ich habe keine Zahl genannt. Ich habe nicht von Tempo 100 geredet. Ich habe gesagt: In allen anderen EG-Staaten gibt es Tempolimits. Diese Aussage trifft zu.

    (Beifall bei der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/ CSU]: Warum sind Sie so streng zu uns? Seien Sie doch ein bißchen netter!)

    Das Auto wird vom Lieblingskind der Deutschen immer mehr zum Problemkind. Das haben auch Sie erkannt. Heute muß der motorisierte Straßenverkehr auch unter dem Gesichtspunkt der Klimabedrohung gesehen werden. Der Verkehr beansprucht ein Viertel unseres Energieverbrauchs. Der Wirkungsgrad der eingesetzten Energie ist jedoch mit 17 % extrem niedrig. Beim Verbrennungsvorgang

    (Zuruf des Abg. Kalb [CDU/CSU])

    — das hat auch etwas mit Tempolimit zu tun; Sie haben nur keine Geduld — wird neben Stickoxiden auch Kohlendioxid ausgestoßen. Beide verstärken den Treibhauseffekt. Allein durch das Einführen einer Geschwindigkeitsbeschränkung würden pro Jahr 26 Millionen Tonnen CO2 weniger in die Atmosphäre ausgestoßen.

    (Kalb [CDU/CSU]: Bei wieviel Stundenkilometern? — Schmidbauer [CDU/CSU]: Wo sind diese Zahlen her? — Schäfer [Offenburg] [SPD]: Vom Umweltbundesamt!)

    — Nein, vom Umweltinstitut in Heidelberg. Ich kann sie Ihnen gerne zusenden.
    Durch Nichthandeln, meine Damen und Herren, haben Sie sich hier eine schwere Erblast aufgeladen, die Jahr für Jahr drückender wird. Innerhalb der CDU ist im übrigen zum Thema Tempolimit ein sehr vielstimmiges Konzert zu hören. Der hessische Ministerpräsident Wallmann sagt — jetzt kommt die Zahl —, Tempo 100 dürfe nicht tabuisiert werden. Die badenwürttembergische CDU, der Sie angehören, Herr Schmidbauer, hat einen Beschluß zur Einführung eines gespaltenen Tempolimits gefaßt. Aber ausgerechnet der Bundesumweltminister, der solche Initiativen als willkommene Schützenhilfe aufgreifen müßte, lehnt eine Geschwindigkeitsbegrenzung ab. Das ist nicht zu verstehen. Das paßt irgendwie nicht zusammen.
    Meine Damen und Herren, ich will sehr gerne glauben, daß Sie im Begriff sind, einen Schritt in die richtige Richtung zu machen.

    (Frau Traupe [SPD]: Nein!)

    Aber es bleibt zu hoffen, daß Sie nicht wieder nach dem ersten zaghaften halben Schrittchen auf der Stelle treten oder gar in eine üble Springprozession verfallen. Das wäre nicht das erstemal. Jetzt tut eine schleunige Realisierung ohne erneute Abstriche und ohne Verzögerungen not.

    (Beifall bei der SPD)

    Solange Sie nicht das Gegenteil bewiesen haben, sind unsere Forderungen vom 6. April voll gültig; denn sie sind bis heute nicht realisiert.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Technik ist der Politik längst um Nasenlängen voraus. Das haben Sie selbst bestätigt. Meine Empfehlung ist: Übernehmen Sie unsere Vorschläge! Dann kommen wir am allerschnellsten voran.

    (Zuruf von der SPD: Das ist wahr!)

    Die SPD fordert seit langem die verbindliche Einführung der US-Norm für Neuwagen aller Hubraumklassen aus deutscher Produktion ab 1. Oktober 1990, verstärkte steuerliche Anreize für alle Wagen, wenn sie die US-Norm erfüllen, ein effektives Nachrüstprogramm, das die umweltbewußten Fahrer belohnt — hier kommen wir vielleicht auf die gleiche Schiene —, sowie ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen, befristet für vier Jahre, falls keine EG-einheitliche Regelung getroffen wird. — Das ist unsere Position.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Wie schnell müssen denn die Fahrer des Deutschen Bundestages zum Flughafen fahren, wenn die GRÜNEN zum Flughafen wollen? Sie müssen rasen!)

    Jetzt haben Sie Ihre so sehr gewünschte Zahl. Ferner fordert die SPD eine drastische Reduzierung der Schadstoffemissionen aus Lastkraftwagen und Bussen. Wir schließen uns dabei übrigens dem Bundesrat an, der schon im November 1987 klar gesagt hat, daß er die in der EG vorgesehenen Grenzwertabsenkungen für völlig indiskutabel hält. Er weist darauf hin, daß in USA ab 1990 Reduktionen um 44 % verlangt werden und daß dies technisch keine Probleme aufwirft. Ich empfehle Ihnen, diese Bundesratsdrucksache nachzulesen.
    Der Energieverbrauch der Kraftfahrzeuge muß konsequent verringert werden, um zu einer Begrenzung des Kraftstoffverbrauchs und damit der Kohlendioxidemissionen zu kommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Schließlich fordert die SPD — das ist eine uralte Forderung; aber sie gehört hier dazu —, den Schwerlastverkehr auf die Schiene zu verlagern. Auf diesem Gebiet sehe ich überhaupt noch keine Ansätze in Ihrem Regierungshandeln.
    Aus all dem folgt — jetzt bitte ich sehr um Ihre Aufmerksamkeit — , „daß unser gesamtes Verkehrssystem im Hinblick auf Energieeinsparung und Verminderung des Schadstoffausstoßes modernisiert werden muß". Das ist übrigens Originalton Bernd Schmidbauer MdB, Vorsitzender der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre". Wenn diese Forderung umgesetzt wird, könnte der Verkehrsbereich zum Testfall für die ökologische Erneuerung unserer Industriegesellschaft werden.

    (Beifall bei bei der SPD)

    Ich bin mir aber nicht sicher, ob das auch der neue Verkehrsminister weiß und ob er es ebenso sieht. Das muß erst abgewartet werden.



    Frau Dr. Hartenstein
    Die Bundesregierung hat im Augenblick noch keinen Grund, einige gut formulierte Leitlinien zur Senkung der Luftverschmutzung schon als Jubelereignis zu verkaufen. Gefragt sind nicht Gedanken zur Zeit, sondern konkrete Maßnahmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die für Menschen, Tiere und Pflanzen schädliche dicke Luft wird nicht durch bloße Ankündigungen sauberer, auch nicht durch punktuelle, oft genug zaghafte Reparaturmaßnahmen. Es kann nur ein übergreifendes, überzeugendes und durchschlagendes Luftreinhaltekonzept helfen, das wir seit langem fordern und für das wir die Vorschläge auf den Tisch gelegt haben.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Baum.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerhart Rudolf Baum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Wir schlagen diese Schlachten schon seit langem. Es ist nur eine neue Situation entstanden. Die neue Situation ergibt sich aus der Regierungserklärung: klare Absichten in bezug auf die Reduzierung von Schadstoffen. Die Bundesregierung wird das vorlegen. Das Parlament wird die notwendigen Entscheidungen treffen. Die Koalitionsfraktionen stimmen dem zu.
    Wir haben eine andere Situation in Europa. Die Europäische Kommission akzeptiert jetzt Vorschläge, die sie vor einem halben Jahr noch abgelehnt hat. Das Europäische Parlament hat sehr deutlich seinen Willen erklärt. In den anderen europäischen Staaten sind die Regierungen aufgewacht. Frau Thatcher hat das Auto als Verursacher des Treibhauseffektes entdeckt. Herr Mitterrand hat im Februar eine Regierungserklärung über Umweltschutz abgegeben. Die Italiener haben im letzten Winter eine Smog-Situation gehabt, die sie sehr nachdenklich gemacht hat.
    Also, das beharrliche Bemühen auch der deutschen Regierung in Europa zahlt sich aus. Ich habe durchaus die Hoffnung, daß uns Europa künftig nicht mehr bremst, sondern daß wir gemeinsam mit den westeuropäischen Staaten Fortschritte in diesem Bereich erzielen. Wir müssen sie auch haben; denn die Situation hat sich verändert, verschlechtert. Nicht die Schadstoffe, Frau Hartenstein, an sich haben zugenommen, sondern die Rolle des Autos ist eine andere. Wir haben mehr Kraftfahrzeuge, höhere Kilometerleistungen, einen höheren Treibstoffverbrauch. Wir müssen mit einem höheren Nutzfahrzeugverkehr durch den Europäischen Binnenmarkt rechnen.
    Nachdem Herr Kollege Schmidbauer und ich das gelesen hatten — und ich möchte Ihnen gerne den Dank für die Zusammenarbeit aussprechen — , haben wir reagiert. Unmittelbar, nachdem wir die neuen Zahlen gelesen hatten, haben wir diesen Antrag konzipiert. Und er hat politisch etwas bewirkt; denn das, was Sie heute auf dem Tisch haben, ist nicht zuletzt eine Folge dieser gemeinsamen Willenserklärung der Umweltpolitiker der Koalition und ihrer Kollegen.

    (Brauer [GRÜNE]: Das glauben nur Sie!)

    Ich sehe hier überhaupt mal einen Punkt, wo man aus dem Parlament heraus auch die eigene Regierung beeinflussen und Dinge nach vorne bringen kann.

    (Beifall bei der FDP) Das ist geschehen.

    Ich möchte jetzt nicht all das wiederholen, was der Bundeskanzler gesagt hat, was Herr Schmidbauer hier zutreffend erläutert hat. Ich möchte etwas zu der Abgassteuer sagen. Ich bin mit Ihnen, Herr Schmidbauer, der Meinung: wenn Abgassteuer, dann natürlich auch auf Kohlendioxid; denn wir haben das Auto in diesem Antrag nur unter dem Gesichtspunkt der Stickoxide behandelt. Ein anderes Kapitel ist: Auto und Kohlendioxid, also: Auto und Treibhauseffekt. Die Enquete-Kommission wird sich in Kürze in einer Anhörung mit diesem Thema befassen. Wir müssen also diese Schadstoffe jetzt einbeziehen.
    Allerdings frage ich mich, ob wir nicht auch einen anderen Weg überlegen, ob wir nicht alles auf die Mineralölsteuer legen sollten.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Ja! Plus Grenzwerte! Sehr gut, der Baum!)

    — Ich kann heute noch nicht beurteilen, was besser ist. Das gemeinsame Ziel ist ja, die Leute zu veranlassen, weniger Mineralöl zu verbrauchen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ob wir das mit der Abgassteuer erreichen oder auf dem anderen Wege, was übrigens ein alter, sehr alter Vorschlag der FDP ist, lasse ich jetzt mal offen.
    Ich begrüße, daß auch die Automobilhersteller dazu übergehen, diesen Zielen gerecht zu werden. Es ist eben vieles möglich, was zunächst für unmöglich erklärt worden ist. Es kamen doch vor einem Jahr oder vor zwei Jahren x Leute zu uns, Herr Schmidbauer, die gesagt haben: Das geht alles nicht. — Ich erinnere mich noch an die ausländischen Anbieter, die gesagt haben: Das können wir nicht machen. — Sie können heute die ausländischen Wagen genauso ausgerüstet kaufen wie die unseren.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Opel 1984!)

    Wir brauchen zusätzliche Dinge: Benutzervorteile — das halte ich für ganz wichtig — , Nachrüstung der Altfahrzeuge, Geschwindigkeitskontrollen bei Lkw. Es ist aber mit diesen rechtlichen und technischen Maßnahmen an Fahrzeugen nicht getan. Notwendig ist in der Tat die Entwicklung mittelfristiger Verkehrskonzepte zur Verlagerung etwa bestimmter Gütertransporte auf die Schiene, zur Fortsetzung des Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrs und zur umweltgerechten Aufgabenverteilung auf die verschiedenen Verkehrsträger. Das wollten Sie ja zum Ausdruck bringen.
    Wir müssen also Verkehrs- und Umweltpolitik noch näher zusammenbringen. Das heißt, die Verkehrspolitik muß heute unter Umweltgesichtspunkten konzipiert werden. Die FDP — mein Kollege Kohn — hat ein Konzept zur künftigen Aufgabe der Bundesbahn vorgelegt. Es sind also Vorschläge auf dem Tisch, die in diese Richtung gehen und die einfach dazugehören, wenn man mit dem Thema Straßenverkehr, mit dem Thema Auto fertig werden will. Auf



    Baum
    unseren Straßen werden Situationen auftreten, die an die Situation heute im Flugverkehr, z. B. im Luftraum München, erinnern werden. Wir werden erhebliche Stauungen, Infarkte, auf unseren Straßen bekommen. Der Verkehr wird erheblich zunehmen. Das heißt, wir müssen verlagern.
    Die Automobilhersteller sind weiter gefordert, sparsamere Autos zu entwickeln. Wir müssen Überlegungen, Herr Schmidbauer, ob wir nicht den Flottenverbrauch durch verbindliche Festlegung der Hersteller verringern.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Flottenverbrauch einführen?)

    Herr Töpfer, ich meine, man muß der Automobilindustrie hier einen weiteren Rahmen setzen; denn es geht jetzt wieder verstärkt um die Verringerung des Mineralölverbrauchs. Es ist natürlich immer wieder ein Appell an die Mitbürger, sich zu überlegen, ob sie nicht doch in dem einen oder anderen Fall auf das Auto verzichten können.
    Hier sind also erhebliche Fortschritte angekündigt. Sie werden schnell umgesetzt werden. Wir werden sie, wenn es notwendig ist, eben auch national, alleine umsetzen. Wir machen also einen wichtigen Schritt nach vorne. Ich möchte Sie bitten, daß Sie diesem unserem Antrag zustimmen. Im Grunde hat die Wirklichkeit jetzt diesen Antrag eingeholt; das ist gut. Er ist weitgehend realisiert. In einigen Teilen sind wir sogar noch weiter gegangen. Wir tragen also der Situation voll Rechnung.
    Frau Hartenstein, es hat jetzt keinen Sinn, die Schlachten von gestern zu schlagen. Da wäre eine Menge zu sagen, auch zum Tempolimit. Sie können eigentlich von Ihrer Position her nichts anderes tun, als heute unseren ernstgemeinten Absichtserklärungen zuzustimmen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)