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    Plenarprotokoll 11/140 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 140. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Folketing des Königreichs Dänemark, Herrn Erik Ninn-Hansen, und der Mitglieder seiner Delegation 10291 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Hoss 10291 B Erweiterung der Tagesordnung . . . 10291 B Absetzung des Punktes 18 — Regelung des Geschäftswertes bei land- oder forstwirtschaftlichen Betriebsübergaben — und der Aktuellen Stunde — Chancen der Deeskalation infolge der Unterbrechung des Hungerstreiks durch zwei RAF-Mitglieder — von der Tagesordnung 10291 C Tagesordnungspunkt 3: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zur künftigen Regierungsarbeit Dr. Kohl, Bundeskanzler 10291 D Dr. Vogel SPD 10304 D Dr. Dregger CDU/CSU 10316B Genscher, Bundesminister AA 10322 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 10326 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 10329 C Dr. Waigel, Bundesminister BMF . . 10332 C Frau Matthäus-Maier SPD 10339 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 10342 B Frau Trenz GRÜNE 10348A Dr. Penner SPD 10349 B Frau Traupe SPD (zur GO) 10351 D Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI (zur GO) 10352 A Bohl CDU/CSU (zur GO) 10352 B Dr. Vogel SPD (zur GO) 10353 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMVg 10354 A Schäfer (Offenburg) SPD 10356 A Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . 10359A Frau Wollny GRÜNE 10360A Dreßler SPD 10361A Cronenberg (Arnsberg) FDP 10363 C Eich GRÜNE 10364 C Jahn (Marburg) SPD (Erklärung nach § 31 GO) 10365 C Namentliche Abstimmungen . . . 10366A, B, C Ergebnisse 10372A, 10373C, 10375A Tagesordnungspunkt 4: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Gesundheitsgefährdung durch Kosmetika — Verbot von Natriumlaurylsulfat in Zahncremes und Deklarationspflicht für alle Inhaltsstoffe von Kosmetika (Drucksachen 11/871, 11/2978) 10366D Tagesordnungspunkt 5: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Rust und der Fraktion DIE GRÜNEN: Stopp der Atomexporte (Drucksachen 11/1169, 11/3001) 10366D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Saibold, Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN: Kennzeichnung von Milch, Milchprodukten und Säuglingsnahrung mit Werten radioaktiver Belastung und Ausweitung des Meßstellennetzes (Drucksachen 11/486, 11/3925) . . . 10366D Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Massendemonstrationen in den baltischen Staaten (Drucksachen 11/2729, 11/4004) 10367 A Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zu den Menschenrechten in der Sowjetunion (Drucksachen 11/255, 11/4005) . . . 10367 A Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zur Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Errichtung einer europäischen Stiftung für Osteuropa-Forschung (Drucksachen 10/6274, 11/883 Nr. 9, 11/4029) . . . 10367 B Tagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" — Wirtschaftsjahr 1986 — (Drucksachen 11/1508, 11/4157) 10367 B Tagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen: Einwilligung in die Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in Düsseldorf gem. § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksachen 11/3797, 11/4162) 10367 C Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung a) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2727/75 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide b) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates mit Grundregeln für die Prämie zur Verwertung von Getreide als Futtermittel im Wirtschaftsjahr 1989/90 (Drucksachen 11/3882 Nr. 3.5, 11/4167) 10367 C Tagesordnungspunkt 13: Beratung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses: Übersicht 11 über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 11/4207) . 10367 D Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über das LINGUA-Programm zur Förderung der fremdsprachlichen Ausbildung in der Europäischen Gemeinschaft Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Förderung des Fremdsprachenunterrichts in der Europäischen Gemeinschaft als Bestandteil des LINGUA-Programms (Drucksachen 11/4019 Nr. 2.43, 11/4240) 10367 D Tagesordnungspunkt 15: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Änderung von Anhang A der Richtlinie 85/397/EWG bezüglich des Gefrierpunktes der Milch (Drucksachen 11/3927 Nr. 3.9, 11/4243) 10368 A Tagesordnungspunkt 16: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für die 12. Gesellschaftsrechtliche Richtlinie des Rates betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (Drucksachen 11/2724 Nr. 1, 11/2766, 11/4346) 10368A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 III Tagesordnungspunkt 17: Beratung der Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 107 und 108 zu Petitionen (Drucksachen 11/4382, 11/4383) 10386A Tagesordnungspunkt 19: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Europäischen Übereinkommen vom 16. Mai 1972 über Staatenimmunität (Drucksache 11/4307) b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (Drucksache 11/985) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Eid, Volmer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Bezuschussung von bundesdeutschem Managementpersonal in der Dritten Welt aus der Entwicklungshilfe (Drucksache 11/1667) d) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Steuerrechtliche Behandlung von Entschädigungszahlungen für HIV-infizierte Hämophile (Drucksache 11/4140) e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Toetemeyer, Westphal, Dr. Ehmke (Bonn), Bahr, Bindig, Brück, Duve, Gansel, Dr. Glotz, Großmann, Dr. Hauchler, Dr. Holtz, Koschnick, Luuk, Dr. Niehuis, Dr. Osswald, Renger, Schanz, Dr. Scheer, Schluckebier, Dr. Soell, Stobbe, Dr. Timm, Verheugen, Voigt (Frankfurt), Wieczorek-Zeul, Wischnewski, Würtz, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Mitbestimmung im Deutschen Entwicklungsdienst (Drucksache 11/4170) f) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Änderung des Berichtszeitraums für die Halbjahresberichte der Bundesregierung über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, des Europarats und der Westeuropäischen Union (Drucksache 11/4241) g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerster (Worms), Horn, Erler, Frau Fuchs (Verl), Heistermann, Dr. Klejdzinski, Kolbow, Koschnick, Leonhart, Steiner, Zumkley, Leidinger, Opel, Ibrügger, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Auszahlung der Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz an wehrübende Reservisten (Drucksache 11/3712) h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hoss, Frau Schoppe, Frau Unruh, Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion DIE GRÜNEN: Keine Anrechnung nicht durchsetzbarer Unterhaltsansprüche auf die Arbeitslosenhilfe (Drucksache 11/4180) 10369 B Tagesordnungspunkt 20: Erste Beratung des von den Abgeordneten Horn, Frau Fuchs (Verl), Gerster (Worms), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung der Verlängerung von Grundwehrdienst und Zivildienst und zur Neuregelung der Dauer des Zivildienstes (Drucksache 11/4379) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Abgeordneten Hauser (Esslingen), Breuer, Kossendey, Dr. Uelhoff und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Ronneburger, Dr. Hoyer, Nolting, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aussetzung der Verlängerung des Grundwehrdienstes (Drucksache 11/4436) Gerster (Worms) SPD 10370 C Hauser (Esslingen) CDU/CSU 10376 C Frau Schilling GRÜNE 10377 C Dr. Hoyer FDP 10378 B Tagesordnungspunkt 21: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 26. Oktober 1979 über den physischen Schutz von Kernmaterial (Drucksache 11/3990) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN: Atommüllendlager „Schacht Konrad" in Salzgitter-Blekkenstedt (Drucksache 11/2002) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Garbe, Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN: Leukämiemorbidität in der Umgebung des AKW Würgassen (Drucksache 11/2353) d) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Unterrichtung der Bevölkerung über die im Hanauer ALKEM-Bunker gelagerten Spaltstoffe (Drucksache 11/1682) IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 e) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Entsorgung der Kernkraftwerke und anderer kerntechnischer Einrichtungen (Drucksache 11/1632) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Brauer, Dr. Daniels (Regensburg), Frau Flinner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortige Stillegung und sicherer Einschluß des THTR 300 (Drucksache 11/4418) Harries CDU/CSU 10380 A Schütz SPD 10382 A Baum FDP 10384 B Frau Wollny GRÜNE 10385 C Dr. Friedrich CDU/CSU 10387 B Schmidt (Salzgitter) SPD 10389 C Dr.-Ing. Laermann FDP 10390 D Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . 10391 D Reuter SPD 10393 D Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . 10396 B Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 10399 A Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen (Drucksachen 11/4085, 11/4390) Müntefering SPD 10399 D Pesch CDU/CSU 10401 A Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE . . . 10401D Zywietz FDP 10402 C Echternach, Parl. Staatssekretär BMBau 10403 C Vizepräsident Cronenberg 10404 D Tagesordnungspunkt 23: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Schmidbauer, Carstensen (Nordstrand), Dörflinger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Kleinert (Hannover), Frau Dr. Segall, Dr. Weng (Gerlingen), Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP: Weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffoxidemissionen aus Kraftfahrzeugen zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein, Bachmaier, Frau Blunck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Abgasentgiftung der Kraftfahrzeuge (Drucksachen 11/3598, 11/2009, 11/4402) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags des Abgeordneten Brauer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Maßnahmen gegen überhöhte Geschwindigkeiten durch Lastkraftwagen (Drucksache 11/4419) Schmidbauer CDU/CSU 10405 B Frau Dr. Hartenstein SPD 10408 B Baum FDP 10412A Brauer GRÜNE 10413 B Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . 10414 D Brauer GRÜNE (zur GO) 10416D Bohl CDU/CSU 10417 A Tagesordnungspunkt 24: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des KriegsdienstverweigerungsNeuordnungsgesetzes (Drucksachen 11/1942, 11/4388, 11/4409) Sauer (Stuttgart) CDU/CSU 10417 D Gilges SPD 10419 A Eimer (Fürth) FDP 10420 D Frau Schilling GRÜNE 10421 D Pfeifer, Parl. Staatssekretär BMJFFG . 10422 D Tagesordnungspunkt 25: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Forderungen zur Situation der Polizeien in Bund und Ländern (Drucksachen 11/2243, 11/4056) Graf SPD 10424 B Kalisch CDU/CSU 10426 A Such GRÜNE 10428 A Dr. Hirsch FDP 10429 B Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 10430 C Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD . . . . 10431 D Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsver- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 V mittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) (Zu Protokoll gegebene Reden siehe Anlage 2) 10434 C Nächste Sitzung 10434 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 10435* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 26 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) 10435* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 10291 140. Sitzung Bonn, den 27. April 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    *) Anlage 2 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) Fraktion entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens SPD 28. 04. 89** Dr. Apel SPD 28.04.89 Dr. Blens CDU/CSU 27.04.89 Buschbom CDU/CSU 28.04.89 Büchner (Speyer) SPD 27.04.89 Clemens CDU/CSU 27.04.89 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 27. 04.89 Daweke CDU/CSU 28.04.89 Gattermann FDP 28.04.89 Großmann SPD 28.04.89 Dr. Hauff SPD 28. 04.89 Dr. Hitschler FDP 28.04.89 Dr. Holtz SPD 27. 04.89 Höffkes CDU/CSU 28. 04.89 Frau Hürland-Büning CDU/CSU 28.04.89 Ibrügger SPD 28.04.89*** Kittelmann CDU/CSU 28.04.89 Koschnick SPD 28.04.89 Dr. Kreile CDU/CSU 28.04.89 Lamers CDU/CSU 27.04.89 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD 28.04.89 Menzel SPD 28.04.89 Meyer SPD 27.04.89 Mischnick FDP 28.04.89 Dr. Mitzscherling SPD 28.04.89 Dr. Neuling CDU/CSU 28.04.89 Niegel CDU/CSU 28.04.89 * Dr. Osswald SPD 28.04.89 Frau Pack CDU/CSU 28.04.89 Paintner FDP 28.04.89 Poß SPD 27.04.89 Reddemann CDU/CSU 28.04.89 Reschke SPD 27.04.89 Dr. Schneider (Nürnberg) CDU/CSU 28.04.89 Schröer (Mülheim) SPD 28.04.89 Spranger CDU/CSU 27.04.89 Stiegler SPD 28.04.89 Stobbe SPD 28.04.89 Frau Teubner GRÜNE 28.04.89 Dr. Unland CDU/CSU 28.04.89 Frau Wilms-Kegel GRÜNE 28.04.89 Wischnewski SPD 28.04.89 Wüppesahl fraktionslos 27.04.89 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zu Punkt 26 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes (Drucksache 11/4154) Frau Dr. Lehr, Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit: Lassen Sie mich kurz den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes begründen, der heute in erster Lesung hier behandelt wird. Wir haben uns heute abend mit einem Gesetzentwurf zu beschäftigen, der auf einem schweren menschlichen Problem beruht. In unserem Land wird häufig vergessen, daß es eine große Gruppe von Ehepaaren gibt, die keine Kinder bekommen können, obwohl sie Kinder wollen. Dies ist keine kleine Gruppe; die Schätzungen schwanken zwischen 10 und 15 %. Und, meine Damen und Herren: Ich kann diesen Wunsch gut verstehen, denn Kinder machen Freude, Kinder bereichern das Leben, Kinder gehören einfach zum Leben dazu. Es gibt viele Wege, diesen Paaren zu helfen. Hierzu gehören neben der Verbesserung der medizinischen Diagnostik und Therapie ein Ausbau der Erforschung von Ursachen der Unfruchtbarkeit sowie verbesserte Beratungsmöglichkeiten für betroffene Paare. Hierzu bereitet die Bundesregierung einen Forschungsschwerpunkt vor. Doch mit den medizinischen Möglichkeiten, aber auch mit der engeren weltweiten Verflechtung haben sich auch neue Möglichkeiten für gewissenlose Geschäftemacher ergeben, die den Wunsch nach Kindern in nicht zu verantwortender Weise kommerziell ausnutzen. Mit dem heute in erster Lesung zu beratenden Entwurf zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes sollen zwei Wege verbaut werden, bei denen Kinder auf ethisch nicht vertretbare Weise vermittelt werden. Dies ist zum ersten die Vermittlung von Leihmüttern, wie sie in Frankfurt und anderen Städten versucht worden ist. Hier gibt das geltende Recht schon Eingriffsmöglichkeiten, doch wir müssen hier mit größerer Härte vorgehen können. Wir müssen Umgehungspraktiken - bis hin zum Kinderhandel - unterbinden. Dies soll dieser Gesetzentwurf erreichen. Zum zweiten gibt es Vermittler, die kinderlosen Ehepaaren gegen Geld schwangere Frauen - meist aus der dritten Welt - zuführen und den Ehemann nach der Geburt des Kindes zu einer wahrheitswidrigen Vaterschaftsanerkennung veranlassen, um auf dem Wege einer anschließenden Ehelichkeitserklärung zu einem Kind zu kommen. Eine solche Vermittlung und Umgehung des Adoptionsvermittlungsgesetzes ist im besonderen Maße verwerflich. Wir können doch nicht zulassen, daß Frauen aus der Dritten Welt aus materieller Not von Geschäftemachern dazu gebracht werden, ihre Kinder zu verkaufen. Ich sage hier mit aller Entschiedenheit: Wer den Wunsch von Frauen und Männern, ein Kind zu bekommen, mit der materiellen Not anderer Frauen verbindet, um daraus Kapital zu schlagen, dem muß das Handwerk gelegt werden. 10436* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 Der Gesetzentwurf stellt jedoch jede Form der Vermittlung von Ersatzmüttern unter Strafe — auch die unentgeltliche. Eine Strafverschärfung ist vorgesehen, wenn der Vermittler gegen Entgelt oder geschäftsmäßig handelt. Die Suche oder das Angebot von Bestelleltern oder Ersatzmüttern in Zeitungsanzeigen und sonstigen öffentlichen Erklärungen sollen mit Bußgeld bedroht werden. Auch wird der angesprochene zweite Fall mit Bußgeld belegt, nämlich derjenige, in dem schwangere Frauen an Männer vermittelt werden, die wahrheitswidrig die Vaterschaft für das Kind anerkennen. Diese Änderungen des Adoptionsvermittlungsgesetzes sind nur ein erster, allerdings dringlicher Schritt zur Klärung der rechtlichen Fragen, die sich durch den medizinischen Fortschritt in der Fortpflanzungsmedizin ergeben. Ich bitte Sie, dieses Gesetz zügig zu beraten, damit wir den Mißständen entgegentreten können. Die Bundesregierung wird ihrerseits bald den Entwurf eines Embryonenschutzgesetzes vorlegen, das die sonstigen auf Bundesebene zu regelnden Fragen der Fortpflanzungsmedizin abdeckt. Schmidt (Salzgitter) (SPD): Mit der vorgelegten Novelle zum Adoptionsvermittlungsgesetz soll dem Unwesen des Kinderhandels über den Adoptionsmißbrauch Einhalt geboten werden. Es waren zwar vor einer Reihe von Monaten nicht sehr viele Fälle von mißbräuchlicher Form der Auslandsadoptionen, sie waren jedoch — siehe die Meldungen aus Frankfurt — außerordentlich spektakulär. Ein besonderer Teil des Adoptionsmißbrauchs ist die Ersatzmutterschaft. Sie ist spezieller Inhalt der vorliegenden Novelle. Die SPD-Fraktion begrüßt diesen Gesetzesvorschlag, weil er die Not von Frauen einzugrenzen hilft und zugleich der Geschäftemacherei mit Kindern einen Riegel vorschiebt. Schon seit Jahren tritt die SPD für eine Beendigung der Ersatzoder Leih-Mutterschaft ein. Der Körper einer Frau darf — auch nicht zum Zwecke neu entstehenden Lebens — nicht zum Handelsobjekt und zum käuflichen Organ werden. Insofern gibt es auch mit der SPD hier keine Probleme, wenngleich wir feststellen, daß die Regelung mehr als überfällig ist; schließlich reden wir alle schon seit Beginn der Legislaturperiode von einer konkreten Umsetzung dieses Ansatzes. Kritik üben wir aber mit allem Nachdruck an der Unvollständigkeit des Gesetzeswerks, das wir als Stückwerk bezeichnen müssen. Immerhin fehlen die übrigen wichtigen Vorschriften gegen den Adoptionsmißbrauch, vor allem aber — wie es auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme ausgedrückt hat — die Vorschläge der Bundesregierung für ein Gesamtkonzept der Fortpflanzungsmedizin. Leider besteht trotz interessanter Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Fortpflanzungsmedizin" keine Kraft auf der Regierungsseite, die ebenfalls überfällige Initiative zu unternehmen. Der vorgesehenen Überweisung des Gesetzes-Entwurfs an die Ausschüsse stimmen wir zu. Frau Männle (CDU/CSU): „Babys auf Bestellung, Mütter à la carte zu Preisen ab 30 000 S." Mit diesem Angebot löste ein amerikanischer Babymakler im Oktober 1987 eine Welle öffentlicher Empörung angesichts moderner Formen der Vermarktung menschlichen Lebens im zivilisierten Westen aus, provozierte viele zum Nachdenken über die moralischen Grundlagen unseres Rechtssystems und zwang die politisch Verantwortlichen zum Handeln. Zeigt sich darin übertriebene Entrüstung einer fortschrittsskeptischen neuen Generation, die die Segnungen einer erfolgversprechenden Dienstleistungsbranche mit unbegründeter Verachtung straft? Ignorieren wir durch Verbote die berechtigten Interessen vieler Ehepaare, deren Wunsch nach einem eigenen Kind unerfüllt blieb? Leihmutterschaft ist keineswegs — wie einige meinen — eine Chance für selbstbestimmte Geschäfte, eine legitime und lukrative Einnahmequelle für Frauen, das Ende individuellen Leides für viele Ehepaare. Leihmutterschaft und Leihmuttervermittlung, eine schönfärberische Umschreibung für freiwilligunfreiwilligen Verkauf des eigenen Körpers bzw. für organisierte Vermarktung der Gebärfähigkeit von Frauen, für Degradierung menschlichen Lebens zur Handelsware, sind Ausdruck gesellschaftlich-kulturellen Rückschritts, erschreckende Beispiele einer totalen Entkopplung von Ethik und Kommerz. Für die Unionsparteien ist die Antwort eindeutig und vorbehaltlos: Nein zur Leihmutterschaft. Die Werteordnung des Grundgesetzes gilt auch für das Privatrecht; sie gebietet staatliche Einschränkungen des Selbstbestimmungsrechts von Frauen. Bei der Abwägung der legitimen Interessen von Ehepaaren auf Erfüllung ihres Kindeswunsches und dem gesellschaftlichen Interesse am Schutz des historisch gewachsenen Wertekodex müssen die langfristigen Folgen für die möglichen Verschiebungen unseres ethisch-moralischen Koordinatensystems, die negativen Wirkungen auf die gesellschaftliche Rolle und das Selbstverständnis von Frauen, die Beeinträchtigung der Persönlichkeitsentwicklung der Kinder, die Achtung des Rechts des Kindes auf einheitliche Elternschaft sowie die rechtlichen Probleme bei Vertragsstörungen stärker gewichtet werden. Aber auch die sozialen und psychischen Probleme, die in Leihfamilien entstehen könnten, müssen berücksichtigt werden. Durch eine Auftragsschwangerschaft, die vom Partner der Leihmutter, von ihren in der eigenen Familie lebenden Kindern einen erheblichen Rollenwechsel, ein zeitlich befristetes emotionales Sicheinstellen auf das werdende Leben fordern, könnten diese in unerträgliche Konfliktsituationen verstrickt werden. Mit dem heute in erster Lesung zu beratenden Gesetzentwurf zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes löst die Bundesregierung ihr Versprechen ein, auf die perfiden Praktiken von Babyvermittlern mit klaren Verbotsnormen zu reagieren. Unter Strafe gestellt werden alle Formen der Ersatzmuttervermittlung, werden sie unentgeltlich, gegen Entgelt, Bewerbs- oder geschäftsmäßig betrieben. Darüber hinaus wird das Suchen — besser gesagt — Anheuern von sowie das Anbieten von bzw. Werben mit Leih- Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 140. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. April 1989 10437* müttern, z. B. durch Anzeigen oder Berichte in Zeitungen, verboten und mit einem Bußgeld belegt. Auch dubiose Geschäftspraktiken wie die des Grafen Adelmann von Adelmannsfelden werden durch den heute vorliegenden Gesetzentwurf rechtlich untersagt. Das Adoptionsvermittlungsgesetz wurde dadurch zu umgehen versucht, daß Adoptionswillige wahrheitswidrig die Vaterschaft für ein nichteheliches Kind zum Zwecke der Ehelicherklärung anerkennen. In den Ausschußberatungen müssen eingehend die Bedenken des Bundesrates, der gehörten Verbände sowie einiger Organisationen erörtert werden, insbesondere die Frage der Plazierung des Verbots der Ersatzmuttervermittlung im bestehenden Rechtssystem, die Koordinierung der einzelnen Gesetzesmaßnahmen im Bereich Fortpflanzungstechnologie, das Problem der Einstufung von Tatbeständen als Straftat oder Ordnungswidrigkeit. Ferner muß überprüft werden, inwieweit das Adoptionsvermittlungsgesetz in der ergänzten Fassung ein effektives Instrumentarium zur Bekämpfung von Privatadoptionen und Kinderhandel aus der Dritten Welt, die unter dem Deckmantel der Legalität betrieben werden, darstellt. Über die Notwendigkeit gesetzgeberischen Handelns, die Bestrafung der Ersatzmuttervermittlung, besteht weitgehend Konsens unter den Parteien. Mit einem enggeschnürten Gesetzespaket gegen alle Formen der Ersatzmuttervermittlung, gegen Mißbrauch bzw. Umgehungsversuche der Adoptionsvermittlung sind aber keineswegs die gesellschaftlichen Probleme gelöst. Die Motive von Bestelleltern und Leihmüttern müssen erforscht, die psychischen Folgekosten des vermeintlich technisch-medizinischen Fortschritts für Familien analysiert und den betroffenen Familien durch ein breit angelegtes Beratungsnetz wirksam geholfen werden. Die moralische Entrüstung über die Mißbrauchspraktiken in Ländern der Dritten Welt, Rufe nach Strafverschärfung, laufen ins Leere, wenn wir an Symptomen kurieren statt Ursachen zu bekämpfen. Korruption, Elend und Verzweiflung in den Ländern der Dritten Welt sind durch wohlklingende Absprachen auf höchster Regierungsebene nicht zu beheben. Trotz der vielen Fragezeichen sollten wir unverzüglich ein Signal setzen. Es geht um mehr als um die Bekämpfung unlauterer Geschäfte, es geht um die Achtung des Gebots unserer Verfassung: „Die Meschenwürde ist unantastbar" . Leihmutterschaft ist kein befristetes Beschäftigungsverhältnis auf Honorarbasis, Leihmutterschaft ist Pervertierung unseres kulturellen Erbes. „Rent an uterus" muß ein Fremdwort im deutschen Sprachgebrauch bleiben. Eimer (Fürth) (FDP): Die moderne Fortpflanzungsmedizin hat unsere Welt verändert. Die Medizin kann heute in vielen Fällen helfen, daß Ehepaare sich ihren Wunsch nach Kindern erfüllen können, der vorher nicht erfüllbar war. Die Fortpflanzungsmedizin hat aber auch viel Verunsicherung gebracht, weil die genetische Mutter nicht mehr automatisch mit der Mutter übereinstimmen muß, die das Kind austrägt. Daran schließen sich viele Fragen und Probleme juristischer vor allem aber ethischer Art. So muß man fragen, was passiert, wenn ein Kind behindert ist, wenn es von den Bestelleltern nicht abgenommen wird oder wenn die Leihmutter ihr Kind, das sie ausgetragen hat, nicht mehr abgeben will. Daneben gibt es eine Reihe von Fragen zu den überzähligen Embryonen, die bei dieser Technik entstehen und zur Zeit eingefroren sind. Nur einen Teil dieser auftretenden Probleme kann und will dieses Gesetz regeln. So soll die Vermittlung von Leihmüttern verboten werden, ganz gleich ob dies kommerziell oder unentgeltlich geschieht, desgleichen die Werbung in Anzeigen, die Ersatzmütter entweder sucht oder anbietet. Nicht bestraft werden sollen nach diesem Gesetz die Ersatzmutter und die Bestelleltern. Daneben bleiben eine Reihe von Fragen offen, die ich zum Teil bereits angesprochen habe, aber auch solche nach der Beurteilung der Ärzte, die solche Handlungen an Leihmüttern vornehmen, die, wie gesagt, in diesem Gesetz nicht geregelt werden können, sondern einem vorgesehenen Embryonenschutzgesetz vorbehalten bleiben sollen. Ich muß gestehen, daß ich mich bei der Regelung dieser Probleme schwertue, daß ich mir meiner Sache nicht sehr sicher bin. Ich glaube, es besteht Einigkeit, daß keine großen Sympathien für den kommerziellen Handel mit Ersatzmüttern und Kindern in unserem Volk bestehen. Aber die Probleme sind vielschichtig, und wir werden dieses Gesetz sehr eingehend beraten müssen, gerade unter ethischen Gesichtspunkten. Ich hoffe, daß gerade dieses Gesetz in den Ausschüssen mit sehr viel Ernsthaftigkeit beraten wird, daß wir uns im klaren sind über die Tragweite unserer Beschlüsse, ganz gleich, in welche Richtung wir tendieren, und ich halte es für wichtig, daß wir uns alle darüber im klaren sind, daß wir möglicherweise etwas beraten, das sich einer perfekten Regelung und einem menschlichen Richterspruch entzieht. Die FDP ist sich ihrer Verantwortung gerade bei dieser Diskussion bewußt, und wir hoffen auf eine entsprechende ernsthafte Beratung.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans-Jochen Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein. Ich bitte um Verständnis. Der Herr Bundeskanzler hat seine Regierungserklärung im Zusammenhang vorgetragen. Ich möchte das auch tun.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Sie sind doch nicht Bundeskanzler! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich muß sagen, womit Sie neuerdings zufriedenzustellen sind, das ist so bescheiden, daß es über Ihren gegenwärtigen Zustand deutlich Aufschluß gibt.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Und Sie vertragen keine Zwischenfragen mehr!)

    Warum verzehnfachen Sie nicht die Sparerfreibeträge, und warum haben Sie nicht die Kraft, die hohen Kapitalerträge durch ein Mitteilungsverfahren zu erfassen — wie z. B. in den USA und in mehreren EG- Ländern — , um ihre Besteuerung sicherzustellen?

    (Dr. Solms [FDP]: Schnüffelstaat!)

    Nur so schaffen Sie Steuergerechtigkeit. Es darf doch nicht wahr sein, daß der Bezieher von Zinseinkommen in Millionenhöhe besser dasteht als jeder normale Arbeitnehmer, der sein Einkommen auf Heller und Pfennig versteuern muß; denn er bekommt das Geld erst gar nicht, bevor es versteuert wurde.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Lieber Graf, auch hier empfiehlt sich übrigens für die FDP wieder starke Zurückhaltung. Auch diesen Unsinn haben Sie mitbeschlossen. Sie haben sogar noch vor wenigen Tagen verkündet — aber die Zeiten für Wechsel werden bei Ihnen auch immer knapper — , es werde keine Abschaffung oder Aussetzung der Quellensteuer geben, mit Ihnen sei die Quellensteuer nicht zu kassieren. — Heute soll es aber doch geschehen.
    In bezug auf die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf ist die Richtung, in der Sie sich absetzen wollen, noch nicht ganz klar. Mit Rücksicht auf die CSU wird noch Nebel geworfen. Aber es ist jetzt schon klar, daß Sie sich absetzen werden und daß die Wiederaufarbeitungsanlage nicht zu Ende gebaut wird. Wenn selbst ein so erfahrener Exponent der Stromwirtschaft wie Herr von Bennigsen-Foerder, der ja bei aller Skepsis gegenüber der Kernkraft weiß Gott kein



    Dr. Vogel
    Kernkraftgegner ist, die Anlage für überflüssig hält und die Milliarden für ihre Fertigstellung als sinnlos verschwendet erklärt, dann ist das Todesurteil über die Anlage gesprochen, ganz gleich, welche Briefe Sie und Herr Streibl in den nächsten Tagen noch wechseln werden, die dann von Herrn Teltschik in den Reißwolf gegeben werden.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Immerhin warnt ja inzwischen sogar Herr Streibl den Bundeskanzler, er könne nicht auch diese Frage aussitzen. Deshalb ist es nicht voreilig, wenn ich sage: Das Beispiel Wackersdorf zeigt, daß sich auch in unserem Staat — und das ist ermutigend für die Menschen — die Politik auf Dauer nicht über den hunderttausendfachen oder millionenfachen Widerspruch aus unserem Volk hinwegsetzen kann, daß sich die Politik ihm fügen muß.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Das ist bei allem, was auf diesem Feld noch zu tun bleibt — und die Auseinandersetzung mit der Atomkraft wird nicht einfacher, wenn sie auf der Ebene einer deutsch-französischen Kooperation und auf der europäischen Ebene geführt werden muß —, ein Anlaß für alle Demokratinnen und Demokraten, Mut zu schöpfen.
    Gerne richte ich in diesem Zusammenhang von dieser Stelle aus einen herzlichen Gruß an unseren Freund, den Landrat Hans Schuierer, der durch sein beharrliches Engagement zum Symbol des Widerstandes gegen die Wiederaufbereitungsanlage geworden ist.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Auch hier wären vielfache Entschuldigungen am Platze. Bei Landrat Schuierer und den vielen, die man wegen ihres Widerstandes diffamiert hat. Aber, Herr Bundeskanzler — und Sie haben lobende Worte für die Polizeibeamten gefunden, denen ich mich gerne anschließe — , Sie — und auch die Bayerische Staatsregierung — hätten allen Anlaß, sich bei den Polizeibeamten zu entschuldigen, die sich in der Oberpfalz jetzt laut fragen werden, warum sie eigentlich immer wieder in diese Einsätze geschickt worden sind.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    — An der Stelle klatscht sogar der freundliche Zwischenrufer.
    Ich würde auch Entschuldigungen anregen, bei den örtlichen CSU-Politikern, die man jahrelang angehalten hat, das Projekt, zum Teil gegen ihre eigene Überzeugung, zu vertreten.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Was ist mit den SPD-Kommunalpolitikern?)

    — Kümmern Sie sich um Ihre Leute. Dann sind Sie voll ausgelastet, Herr Bundesfinanzminister. Machen Sie erst einmal Ihre Schularbeiten.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU] : Wie ist es denn mit der Mehrheit im Schwandorfer Gemeinderat?)

    — Ich freue mich, daß Sie jetzt auch sozialdemokratische Mehrheiten in Gemeinderäten so ernst nehmen. Davon werden Sie noch viel mehr bekommen, um sie ernst zu nehmen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Die wollen von Ihnen nichts wissen, Herr Vogel!)

    — Von Ihnen vielleicht? (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Ja!)

    — Schaut: Der CSU-Landesvorsitzende ist froh, daß er die Zuwendung von fünf sozialdemokratischen Gemeinderäten hat. Wieviel muß er sonst entbehren?

    (Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/ CSU]: Jawohl, das sind vernünftige Leute! Ohne weiteres! Sie sollten sich der Leute nicht schämen!)

    — Ich hatte eigentlich den Eindruck, die Präsidentin hätte mir das Wort erteilt. Aber vielleicht ist das die Form, in der der Bundesfinanzminister seine Erklärungen äußert.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Ich komme aber trotzdem noch!)

    Nun zum Problem der Wohnungsnot. Diese haben Sie persönlich, Herr Bundeskanzler, noch bis Ende vergangenen Jahres hartnäckig in Abrede gestellt. Sie haben unsere Warnungen vor der Wohnungsnot, insbesondere die des Kollegen Jahn als des Präsidenten des Deutschen Mieterbundes, als Panikmache abgetan.

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Ja, das war richtig!)

    Heute klang das anders. Ich kann nur hoffen, daß Ihren Worten Taten folgen. Wenn etwas die Aussiedlerproblematik verschärft und emotionalisiert hat, wenn etwas den rechtsextremen Parteien Proteststimmen zugetrieben hat, dann sind es der Wohnungsmangel und die Entwicklung der Mietpreise, und zwar nicht nur in Berlin.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Um dem entgegenzuwirken, bedarf es einer umfassenden Förderung des Wohnungsbaus, und zwar für alle, nicht nur für Aussiedler. Es bedarf aber auch
    — sonst sind das wieder Halbheiten — gesetzlicher Regelungen, die der Aushöhlung des Mieterschutzes und dem Mietwucher wieder einen wirksamen Riegel vorschieben.
    Die Situation der Hochschulen ist ein weiteres Beispiel. Auch sie ist von Ihrer Regierung erst zur Kenntnis genommen worden, als sich die Studenten unüberhörbar zu Wort gemeldet haben. Die gleichen Studenten und Studentinnen werden sehr sorgfältig registriert haben, daß Sie heute zur Lage an den Hochschulen nicht ein einziges Wort gefunden haben.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Herr Bundeskanzler, ich habe mich zunächst einmal mit dem auseinandergesetzt, was Sie ändern wollen. Nicht weniger wichtig ist die Auseinandersetzung mit



    Dr. Vogel
    dem, was Sie nicht ändern wollen, worüber Sie geschwiegen oder was Sie nur am Rande erwähnt haben.

    (V o r sitz : Vizepräsidentin Renger)

    Sie haben vor allem geschwiegen von denen, die in unserer Gesellschaft im Schatten leben, die an dem gewachsenen Wohlstand nicht teilhaben, die zu Opfern der Zweidrittelgesellschaft geworden sind und von denen einer aus Ihren Reihen, dem wir auch da Respekt entgegenbringen, wo er uns kritisiert — ich meine Kurt Biedenkopf — nüchtern feststellt: Das knappe Drittel der Bevölkerung, in dem sich Arme, Alte, Kinderreiche, Arbeitslose, Behinderte und andere versammeln, die ihre Interessen nicht in organisierter Form wahrnehmen können, bleibt hinter der Entwicklung zurück.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Daß dieses Drittel zurückbleibt, daß die allgemeine Arbeitslosigkeit, insbesondere aber die Langzeitarbeitslosigkeit im neunten Jahre andauert, daß wir bis heute keinen Weg gefunden haben, um diesen gesellschaftlichen Skandal gemeinsam zu überwinden, das ist ein Vorwurf, der uns alle in diesem Hause trifft, vor allem aber Sie als die Regierenden. Denn Sie müßten vorangehen und dürfen nicht darauf warten, bis Sie auf diesem Felde getrieben und gezwungen werden. Das, was Sie heute hinsichtlich der Langzeitarbeitslosen ankündigen, das haben wir doch schon seit Jahren immer und immer wieder mit den Kirchen zusammen gefordert.

    (Beifall bei der SPD)

    Was ist das für ein Schlag für die politische Kultur, daß zutiefst berechtigte Forderungen der sozialen Gerechtigkeit und der Nächstenliebe immer erst erfüllt werden, wenn Wahlniederlagen Sie endlich dazu zwingen!

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Was Sie jetzt ankündigen, bleibt hinter unseren Forderungen zurück. Einmal mehr gilt für Ihr Agieren: zuwenig und zu spät, und das eben auch nur unter äußerstem Druck.
    Außerdem darf es ja wohl nicht wahr sein, daß Sie ausgerechnet die Verlängerung des sogenannten Beschäftigungsförderungsgesetzes, gegen das alle, die etwas davon verstehen, Sturm laufen, als Maßnahme zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit verkaufen wollen. Das darf doch nicht wahr sein!

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Auf dem Hintergrund der günstigen Konjunktur wiegt der biedenkopfsche Vorwurf übrigens schwerer, nicht leichter. Wenn Ihre ständige Berufung auf die christlichen Wurzeln Ihrer Politik noch einen Pfifferling wert ist, dann dürften Sie allein dieser Menschen, dieses Drittels unserer Gesellschaft, wegen keine ruhige Stunde haben, Herr Bundeskanzler.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Geschwiegen haben Sie aber auch von dem sozialen Unrecht, für das Sie allein verantwortlich sind. Ich meine das aufreizende Unrecht im Rahmen der von Ihnen heute wieder gepriesenen sogenannten Steuer- und Gesundheitsreform.
    Bei der sogenannten Gesundheitsreform haben Sie die Anbieter und vor allem die Pharmaindustrie geschont,

    (Dr. Waigel [CDU/CSU]: Das stimmt doch nicht!)

    ihr ja noch nicht einmal die von Ihnen angekündigten 1,3 Milliarden DM abgenommen und den Kranken in Gestalt vielfacher Selbstbeteiligungen einen zweiten Beitrag auferlegt, den die Arbeitnehmer ganz allein, ohne Beteiligung der Arbeitgeber, aufzubringen haben. Darüber können Sie, Herr Blüm, mit dem Gerede von der einen Flasche Piccolo, auf die es zu verzichten gelte, nicht hinwegtäuschen. Das heißt, dem Schaden noch den Spott und dem Unrecht noch den Hohn hinzuzufügen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Bei der sogenannten Steuerreform ist und bleibt es ein Skandal, daß Sie im voraus die Verbrauchsteuern um 10 Milliarden DM erhöht haben, um die gleichen 10 Milliarden DM, die Sie am 1. Januar nächsten Jahres denen mit Jahreseinkommen von 100 000 DM und mehr durch Senkung der Einkommensteuer zukommen lassen wollen. Dies ist die deutlichste und klarste Umverteilung, die man sich überhaupt denken kann.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist doch schlichtweg falsch!)

    Um dem Skandal noch die Provokation hinzuzufügen, soll den Beziehern hoher und höchster Einkommen künftig zudem ein weiterer Steuerbetrag bis zu 6 360 DM jährlich erlassen werden, wenn sie sich unter bestimmten Voraussetzungen eine Haushaltshilfe leisten und dafür 12 000 DM zuzüglich Sozialversicherung und Lohnsteuer aufwenden, während das Kindergeld für die Erstkinder auf unzureichend niedrigem Niveau bleibt und der Normalverdiener noch nicht einmal die Kindergartenbeiträge von der Steuer absetzen kann.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Solche Regelungen meine ich, wenn ich von Arroganz der Macht rede.
    Auch heute beschränken wir uns nicht auf Kritik. Wir sagen auch, was wir anders und besser machen wollen, und werden das im einzelnen noch erläutern. Ich beschränke mich deshalb auf die konzentrierte Beschreibung der zwölf wichtigsten Elemente unseres Alternativkonzeptes. Sie lauten:
    Erstens weiterer Abbau der wechselseitigen Feindbilder im Ost-West-Verhältnis, friedlicher Wettbewerb und Zusammenarbeit der unterschiedlichen Gesellschaftssysteme, Sicherung der individuellen und der sozialen Menschenrechte.

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens Entmilitarisierung der Beziehungen zwischen den Bündnissen, Dynamisierung des Abrü-



    Dr. Vogel
    stungsprozesses bis hin zu einem Zustand, der bei drastisch reduziertem Gesamtniveau volle Verteidigungsfähigkeit mit der endgültigen Unfähigkeit zum raumgreifenden Angriff auf beiden Seiten verbindet.

    (Beifall bei der SPD)

    Keine neuen Atomraketen, keine Verlängerung der Wehrpflicht, Umstrukturierung der Bundeswehr unter Anpassung der Präsenzstärke an die wirkliche, nämlich verminderte Bedrohungslage, Einstellung der Tiefflüge.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Drittens Umlenkung der Ressourcen, die weltweit noch immer für unmäßige Rüstungen verschwendet werden, auf die Bewältigung der Herausforderungen, die die Menschheit insgesamt bedrohen und die Gefahren unserer Tage darstellen, insbesondere auf die Abwendung der Klimakatastrophe und die Überwindung des sich verschärfenden Nord-Süd-Gefälles.
    Viertens Überwindung der Teilung Europas und damit auch der deutschen Teilung und der Teilung Berlins durch eine europäische Friedensordnung, die den Grenzen das Trennende nimmt und die Menschenrechte sichert. Das, Herr Bundeskanzler, ist nicht nur im Einklang mit der Verfassung, das ist der Auftrag der Präambel unseres Grundgesetzes.

    (Beifall bei der SPD)

    Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union als Teilbereich des gemeinsamen europäischen Hauses.
    Fünftens humane, ökologische und ökonomische Optimierung unseres Sozialprodukts und zu diesem Zweck auch unserer technologischen Entwicklung und unserer Produktionsverfahren, Hilfe für die mittleren und die kleineren Unternehmen, fortschreitende Demokratisierung auch in diesem Bereich, breite Bürgerbeteiligung, auch vor wissenschaftlich-technologischen Entscheidungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Graf Lambsdorff [FDP]: Was wollen Sie unternehmen?)

    Es darf uns nicht ein zweites Mal passieren — das gilt auch für alle hier in diesem Hause —, daß die Weichen für Entwicklungen bereits gestellt sind, die die Menschheit insgesamt betreffen, bevor die Politik das überhaupt wahrnimmt.

    (Beifall bei der SPD — Beifall der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Der Fehler, der auch uns in der Frage der Kernenergie unterlaufen ist, darf uns beispielsweise in der Frage der Gentechnologie nicht ein zweites Mal unterlaufen. Ich fordere gerade deswegen zur Zusammenarbeit auf.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Sechstens zügiger Übergang zu einer sicheren Energieversorgung ohne Atomkraft, sofortiger Baustopp für die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf, endgültiger Verzicht auf Kalkar und auf HammUentrop. Offenbar sind Sie ja jetzt auch so weit.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Erhaltung der nationalen Kohlebasis, konsequente Absenkung des Energieverbrauchs, vor allem durch sparsamen Umgang mit der Energie und durch Steigerung des Wirkungsgrades, Förderung alternativer Energien, Lösung der Entsorgungsfrage ohne Wiederaufarbeitung.

    (Beifall bei der SPD)

    Siebtens ökologische Weiterentwicklung unseres Steuersystems, Gewinnung zusätzlicher öffentlicher Mittel insbesondere durch Korrektur der ungerechten Steuergeschenke an die Bezieher hoher und höchster Einkommen, sofortigen Stopp der Wiederaufbereitungsanlage und sofortige Beendigung unserer Beteiligung am Bau des Jäger 90.
    Achtens Konzentration unseres nationalen Potentials auf die Sicherung unserer natürlichen Lebensgrundlagen, den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit, die Überwindung der Wohnungsnot, die Beseitigung sozialen Unrechts und konkrete Hilfen für die Schwächeren, die nicht nur von der Regierung, sondern — das sage ich ganz deutlich — auch von vielen von uns, denen es gutgeht, allzuoft übersehen und am Wege liegengelassen werden.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Neuntens Sicherung und Weiterentwicklung unserer Sozialsysteme, einheitliches Kindergeld für alle Kinder in Höhe von mindestens 200 DM, unter Beseitigung aller verwirrenden und ungerechten einkommensbezogenen Kinderregelungen, die gegenwärtig existieren,

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    und unter Reform des Ehegattensplittings zugunsten der Familien mit Kindern.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Zehntens quantitative und qualitative Steigerung der Leistungsfähigkeit der Hochschulen und Demokratisierung ihrer Selbstverwaltung.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Abbau der Demokratisierung hat die Lage der Hochschulen nicht einfacher, sondern, wie sich jetzt fast täglich zeigt, schwieriger gemacht.
    Elftens Eingliederung der Ausländer, der anerkannten Asylbewerber und der Aussiedler durch eine Politik der sozialen Integration. Keine Änderung des Grundgesetzes.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Kommunales Wahlrecht für Ausländer, wie es viele von der Union im Europäischen Parlament mit Ihrer Zustimmung gefordert haben. Eintreten für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Deutschstämmigen in ihren Heimatländern, Heimführung abgelehnter Asylbewerber, denen — dieser Zusatz muß erwähnt werden — in ihren Herkunftsländern keine Gefahren drohen. Weil das klar ausgesprochen wer-



    Dr. Vogel
    den soll, sage ich: Ich kann nicht erkennen, daß einem Polen oder einer Polin im Heimatland heute Gefahren oder Verfolgung drohen, wie das vielleicht vor zehn oder 15 Jahren der Fall gewesen sein mag.

    (Beifall bei der SPD — Beifall des Abg. Cronenberg [Arnsberg] [FDP])

    Zwölftens konsequente Gleichstellung von Männern und Frauen, vor allem auch durch konsequente und verstärkte Frauenförderung.

    (Beifall bei der SPD)

    Auf der Grundlage dieser Konzeption sind wir jederzeit zur Übernahme der Regierungsverantwortung in der Bundesrepublik bereit.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Dregger [CDU/ CSU]: Aber nicht in der Lage! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Was Sie alles erst schreien könnten, wenn Sie in der Opposition wären. Da könnten Sie sich mal richtig ausleben.

    (Dr. Blank [CDU/CSU]: Das Vergnügen wollen wir Ihnen noch lange lassen!)

    Es ist eine Gesamtkonzeption, deren Elemente nicht beziehungslos nebeneinander stehen, sondern in unseren programmatischen Vorstellungen wurzeln. Als gegenwärtig einzige politische Partei in der Bundesrepublik verfügen wir in dem Entwurf unseres neuen Grundsatzprogramms über eine Analyse sowie über Perspektiven und Orientierungen, die bis ins zweite Jahrzehnt des nächsten Jahrhunderts reichen. Ich fordere alle Parteien, die im Bundestag vertreten sind, zu einem Wettbewerb um den zukunftsträchtigsten und realistischsten Entwurf für die nächste Generation heraus.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen — und zwar nicht erst im Augenblick des Regierungswechsels, sondern schon als Opposition —

    (Dr. Blank [CDU/CSU]: Sie sollten sich nicht übernehmen!)

    durch Kritik, durch die Vorlage von Alternativen, aber auch durch die Mitwirkung an Konzepten, die über die Grenzen von Koalition und Opposition hinweg gemeinsam erarbeitet werden — und dies aus grundsätzlichen und nicht aus taktischen Erwägungen heraus.
    Auch in der Opposition wollen wir Sozialdemokraten nicht, daß alles schlecht und schlechter wird, damit wir daraus parteipolitische Vorteile ziehen können. Das war Ihre Philosophie, die Philosophie von Sonthofen. Unsere ist das nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Daran halten wir auch in Zeiten fest, in denen sich Ihre Schwierigkeiten von Tag zu Tag vermehren und in denen sich Ihr Abstieg beschleunigt. Denn auch in diesen Zeiten wollen wir, soweit das in unseren Kräften steht, verhindern, daß Ihr Niedergang Schaden für unser Volk mit sich bringt.

    (Beifall bei der SPD)

    Darum haben wir an der Reform der Alterssicherungssysteme mitgewirkt,

    (Frau Unruh [GRÜNE]: Traurig!)

    obwohl es leichter gewesen wäre, uns auf Kritik zu beschränken und uns von Mitverantwortung freizuhalten. Das wäre taktisch leichter gewesen. Denjenigen — das muß ich auch in bezug auf Ihre Bemerkung sagen, Frau Kollegin Unruh — , die als Rentner oder als Beitragzahler betroffen sind, dienen unsere Mitwirkung und das, was wir an Korrekturen erreicht haben, besser als ein Kritisieren ohne Verantwortung aus einer Seitenposition heraus.

    (Beifall bei der SPD)

    Daß sich der Entwurf zur Rentenreform unter den Kriterien sozialer Gerechtigkeit deutlich von Ihrer sogenannten Gesundheitsreform unterscheidet und daß die Rentner und die Beitragzahler mit größerer Stabilität und Sicherheit rechnen können, ist eine Folge unserer Mitwirkung. Wenn Sie uns das nicht glauben wollen, dann vergleichen Sie bitte die Begutachtung durch die Sachverständigen bei der Anhörung zur Rentenreform, die einen positiven Grundton aufweist, mit den vernichtenden Äußerungen bei der Anhörung zur sogenannten Gesundheitsreform. Daran wird der ganze Unterschied deutlich.
    Ich sehe weitere Felder, auf denen eine solche Zusammenarbeit selbst in der gegenwärtigen Phase im Interesse unseres Volkes läge und deshalb versucht werden sollte. Das gilt etwa für das Gebiet des Ausländerrechts sowie hinsichtlich der Situation der Aussiedler und der Asylbewerber. Mein Vorschlag für ein Allparteiengespräch — ich betone: Allparteiengespräch; alle, die im Bundestag vertreten sind — liegt Ihnen seit mehreren Wochen vor. Ich wiederhole ihn.
    Was über die neuen Vorstellungen der Koalitionsarbeitsgruppe zum Ausländerrecht bekanntgeworden ist, bedeutet einen gewissen Fortschritt gegenüber den inakzeptablen und allseits abgelehnten Positionen des Herrn Zimmermann. Da stimme ich insbesondere der Bewertung der FDP zu.
    Daß mit uns keine Grundgesetzänderung zu machen ist, habe ich schon gesagt. Ich höre zu meiner Freude: mit der FDP auch nicht.
    Sie haben sich übrigens in jüngster Zeit und auch hier wieder gegen Ausländerfeindlichkeit ausgesprochen

    (Carstens [Emstek] [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    und damit wohl auch die Konsequenz aus dem Echo gezogen, das der beschämende Wahlkampf Ihrer Partei in Frankfurt selbst in Ihren eigenen Reihen ausgelöst hat.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Mit Respekt zitiere ich die Äußerungen des Vorsitzenden der Jungen Union in Ihrem eigenen Landesverband, in Rheinland-Pfalz, der gesagt hat, er schäme sich als Mitglied der Union für Flugblätter, Äußerungen und Texte, die in diesem Zusammenhang von der Union in Frankfurt verbreitet worden



    Dr. Vogel
    sind. Es liegt jetzt an Ihnen die Initiative zu ergreif en.
    Ähnliches gilt für die Erarbeitung eines Entsorgungskonzepts für atomare Abfälle. Wir haben seinerzeit — und wir bestreiten das nicht — dem Bau und der Inbetriebnahme von Kernkraftwerken zugestimmt. Deshalb wissen wir uns auch in der Pflicht, an einer Lösung des Entsorgungsproblems, die auf Wiederaufarbeitung verzichtet, mitzuwirken. Wir sind dazu bereit.
    Im Zusammenhang damit könnten — ich drücke mich so vorsichtig wie realistisch aus — auch Sondierungen darüber sinnvoll sein, ob ein neuer energiepolitischer Konsens wenigstens in Teilbereichen — in der vollen Breite wird es nicht möglich sein, fürchte ich — möglich ist.
    Schließlich sollten wir sehr bald auch über die Probleme miteinander sprechen, die mit dem Hungerstreik von Strafgefangenen zusammenhängen. Wenn es ein Thema gibt, bei dem die Bürgerinnen und Bürger zu Recht erwarten, daß die Verantwortlichen einen gemeinsamen Weg finden, um Gefahren im Rahmen des geltenden Rechts abzuwenden, dann ist es dieses Thema.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Vorschlag, der sich — und das vermisse ich immer bei Ihren polemischen Äußerungen in diesem Zusammenhang — zu Recht mit dem Namen des Staatssekretärs in Ihrem Bundesjustizministerium verbindet, bietet dazu einen Ansatz. Das ist kein Kniefall, wie Sie leider in demagogischer Weise behauptet haben. Wenn Sie das meinen, dann sagen Sie, daß der Vorwurf des Kniefalls dem Bundesjustizminister und seinem Staatssekretär gilt, und dann werfen Sie keine Nebel! Aber ich hoffe noch, daß Sie das nicht gemeint haben. Das ist kein Kniefall, sondern ein Versuch, der Vernunft Geltung zu verschaffen, Gefahren zu vermindern und Leben zu retten, und zwar vor allem auch das Leben Unbeteiligter. Diese Gefahrendimension haben doch die Verantwortlichen vor Augen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Helmut Schmidt und Willy Brandt haben in vergleichbaren Fällen zu Beratungen eingeladen. Sie sollten es ebenfalls tun.
    Wenn Sie — wer wüßte das besser als die, die damals immer wieder an einem Tisch saßen — von den Opfern der Gewalttaten und ihren Angehörigen gesprochen und gesagt haben, daß sie stets im Blick behalten werden müssen, dann stimme ich zu. Aber dann bitte ich, in diesem Zusammenhang gerade auch das zu bedenken, was die Witwe und die Geschwister eines der Ermordeten, nämlich die Witwe und die Geschwister des ermordeten Ministerialdirektors von Braunmühl, zu dieser Debatte beitragen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Ich möchte hier an dieser Stelle diesen Gedanken meinen Respekt bekunden.
    Sie haben noch andere Themen in einer Weise angesprochen, von denen zwei eine Antwort erfordern. Das ist einmal das Thema Europa. Dazu stelle ich fest — das ist eine historische Wahrheit — : Wir haben uns
    schon für die Vereinigten Staaten von Europa eingesetzt, als Ihre politischen Vorfahren noch in sehr engen nationalstaatlichen Vorstellungen befangen waren.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Der Vorwurf des Internationalismus stammte ja doch wohl nicht von den Sozialdemokraten frührer Generationen.

    (Rühe [CDU/CSU]: Geschichtsklitterung! — Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Wer war denn das?)

    Wir sind ohne Einschränkung für die Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft zur Europäischen Union. — Herr Bundeskanzler, wenn Sie schon einen originellen Zwischenruf machen, lassen Sie mich doch teilhaben, damit ich auch etwas höre!

    (Bundeskanzler Dr. Kohl: Soweit kommt es noch!)

    Anders als diejenigen, die ständig über angebliche Standortnachteile der Bundesrepublik jammern, fürchten wir auch nicht den fairen Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes. Aber diese Europäische Union muß eine Union der sozialen Gerechtigkeit, der gemeinsamen Verantwortung für die natürlichen Lebensgrundlagen und des friedlichen Einflusses auf die Entwicklung unseres Kontinents und der Welt sein. Und eben die, die soziale Gerechtigkeit, zu schaffen, das trauen wir Ihnen trotz all Ihrer schönen Reden nicht zu. Wer die soziale Gerechtigkeit auf der nationalen Ebene so mit Füßen getreten hat wie Sie,

    (Beifall bei der SPD)

    von dem kann man nicht erwarten, daß er auf europäischer Ebene der große Vorkämpfer der sozialen Gerechtigkeit ist.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Notwendig ist deshalb, daß diejenigen Europas Einigung gestalten, die etwas von sozialer Gerechtigkeit verstehen, daß die Sozialdemokraten der EG-Mitgliedstaaten, die Sie ja zu Recht ständig rühmen, so stark wie möglich in das neue Europäische Parlament einziehen, und dafür werden wir bis zum 18. Juni mit Gerd Walter an der Spitze mit aller Kraft eintreten und mit aller Kraft kämpfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das andere Thema, das Sie — allerdings nur undeutlich und ohne Nennung klarer Adressen — behandelt haben, ist das Anwachsen rechtsradikaler Parteien, nämlich der sogenannten Republikaner und der NPD. Herr Bundeskanzler, wir stimmen zu: Dieses Anwachsen ist besorgniserregend. Wir werden alles tun, um diejenigen für die Demokratie zurückzugewinnen, die den Verführern an der Spitze dieser Parteien auf den Leim gegangen sind. Wir wissen, da drücken sich bei vielen auch Protest und Angst aus, Protest gegen bedrückende Lebensumstände und gegen manche Erscheinung des politischen Betriebs, Angst vor der Deklassierung und der Überfremdung und Verdrängung zumal. Diesen Menschen gegenüber müssen wir Verständnis und Geduld zeigen. Wir müssen sie zu überzeugen versuchen, und es wäre



    Dr. Vogel
    gut, wenn es einen friedlichen Wettbewerb um die Rückgewinnung dieser Menschen unter den hier vorhandenen Parteien und Fraktionen gäbe.

    (Beifall bei der SPD und der Abg. Frau Unruh [GRÜNE])

    Keine Geduld hingegen, sondern schärfste Auseinandersetzung ist mit den Anführern und Verführern geboten. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wer die Beseitigung der Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau fordert, weil der Besuch von Hunderttausenden den Bürgerinnen und Bürgern von Dachau nicht mehr zuzumuten sei und es genüge, wenn dort neben der Kirche eine Gedenktafel stehe, wer wörtlich oder sinngemäß mit Parolen wie „Ausländer raus" oder „Die Ausländer sind unser Unglück" agitiert, der appelliert — um ein Wort Kurt Schumachers aus dem Jahre 1932, gesprochen im Reichstag, aufzugreifen — genauso an den inneren Schweinehund wie diejenigen, die vor zwei Generationen mit den Parolen „Juden raus" und „Die Juden sind unser Unglück" hetzten und damit die ersten Meter auf dem Wege zum Holocaust zurücklegten.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und den GRÜNEN)

    Da hilft es nicht, wenn sich diese Verführer als Wölfe im Schafspelz geben und auf ihre früheren Lebensstationen auch in der jüngsten Zeit verweisen.
    Wir haben gehört, daß Sie das heute ähnlich sehen, daß Sie keinesfalls mit der NPD oder den sogenannten Republikanern zusammenarbeiten wollen.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Auch nicht mit den GRÜNEN und Alternativen! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sehen Sie einmal auf die linke Seite!)

    — Ach, haben Sie doch Geduld!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Auch nicht mit Herrn Ströbele!)

    Das ist gut, aber um uns vollständig zu überzeugen, Herr Bundeskanzler, müssen Sie diejenigen in Ihren eigenen Reihen zum Schweigen bringen,

    (Duve [SPD]: Herrn Kiechle!)

    die — und nun kommen lauter wörtliche Zitate — sagen, die sogenannten Republikaner hätten in ihrem Programm nichts Neues erfunden, sondern das meiste bei Ihnen abgeschrieben — ein Wort, Kollege Dregger, das aus Ihrem Munde zu hören ich sehr bedauert habe —,

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Ihnen fällt nichts Neues ein!)

    oder die sagen, die sogenannten Republikaner seien zumindest grundsätzlich koalitionsfähig; Herr Lummer hat ja auf Ihrem Parteitag diesen Gedankengang neuerdings entwickelt, und zu meinem Erstaunen hat sich nach der Rückkehr von den Agrarpreisverhandlungen auch Herr Kiechle an dieser Diskussion beteiligt.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Reden Sie einmal von Herrn Momper!)

    Sie werden auch die zum Schweigen bringen müssen, die selber von einer „durchraßten Gesellschaft"
    — ich meine Herrn Stoiber — oder einem „Bevölkerungsgulasch" — ich meine den europäischen Parlamentsabgeordneten Herrn Alber — sprechen und auf diese Weise diesen Parteien den Boden bereitet haben.
    Es spricht auch Bände, daß sich in Frankfurt am Main — Herr Bundeskanzler, ich würde an diesem Punkt wirklich zuhören — der Vorsitzende der NPD bei der örtlichen CDU für den dortigen Wahlkampfstil
    — wörtlich — „bedankt" hat, weil er — wieder wörtlich — einen „Seriositätsbonus" für die NPD beinhalte und deren Wahlkampfparolen dadurch glaubwürdiger geworden seien.
    Herr Bundeskanzler, wir glauben Ihnen das, was sie hier gesagt haben, als Ihre Absicht und Ihren guten Willen. Aber die Verwirklichung dessen, was Sie sagen, wird an Hand solcher Ereignise von uns weiter sorgfältig verfolgt werden.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Was geht uns denn an, was die NPD sagt? Unsinn ist das!)

    — Herr Bötsch, es genügt das, was einige aus Ihren Reihen gesagt haben. Das genügt, und das deckt sich damit.
    Außerdem sollten Sie noch einmal überdenken, ob Sie DIE GRÜNEN und die sogenannten Republikaner sowie die NPD einander wirklich so gleichstellen wollen, wie Sie das getan haben.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Aha! Jetzt kommt es!)

    Wenn das Ihre Absicht ist, dann sagen Sie es mit voller Nennung der Adresse. Sie wissen doch selbst und haben das in den Jahren der parlamentarischen Arbeit gelernt — bei allem, was an Widersprüchlichem, an Gegensätzen und Trennungen vorhanden ist, auch mit uns — , daß das in dieser undifferenzierten Weise keineswegs den Tatsachen entspricht. Sonst würde doch nicht beispielsweise auch die Präsidentin angekündigt haben, daß im nächsten Bundestag selbstverständlich — was wir schon immer fordern — den GRÜNEN ein Vizepräsident eingeräumt werden soll.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Das entscheidet nicht die Präsidentin! Damit das klar ist!)

    Wenn die „Bild"-Zeitung mit solchen Klischees arbeitet, dann verwundert das nicht. Ein Bundeskanzler sollte sich selbst in der Lage, in der Sie sich befinden, für derartige undifferenzierte Vereinfachungen zu schade sein.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Bötsch [CDU/ CSU]: Plumpes Ablenkungsmanöver!)

    Mitleid ist in der Politik eine Kategorie, die nur selten praktiziert wird. Sie haben anderen, zumal Menschen, die Sie für Ihre Gegner hielten, die Ihnen im Wege standen oder deren Sie sich entledigen wollten, Mitleid nur selten zuteil werden lassen. Allerdings könnte ich Ihre Enttäuschung darüber verstehen und auch Ihre Bitterkeit darüber nachempfinden, daß jetzt auch in Ihren Reihen viele mit dem Finger auf Sie zei-



    Dr. Vogel
    gen und Sie allein für Dinge und Entscheidungen verantwortlich machen, denen die Betreffenden seinerzeit mit Begeisterung zugestimmt, ja, die sie selber initiiert und erst beim Bundeskanzler durchgedrückt haben. Aber das entschuldigt Sie nicht.
    Außerdem, Herr Bundeskanzler — auch das muß hier ausgesprochen werden — : Sie sind nicht mehr ein Teil der Lösung der Probleme, Sie sind ein Teil des Problems und wahrscheinlich ein Kernelement des Problems, das es zu lösen gilt.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Frau Roitzsch [Quickborn] [CDU/CSU]: Widerlich!)

    Wir kennen unsere Verantwortung. Wir wissen, unsere Republik, unser Volk, gibt sich nicht mit opportunistischen Korrekturen einer gescheiterten Politik zufrieden. Unser Volk will keine Regierung, die ihre Agonie mit lähmender Hektik hinauszuzögern versucht. Unser Volk will eine neue Politik und eine andere Regierung.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD — Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dregger.

(Unruhe)

Herr Abgeordneter Dr. Dregger, warten Sie bitte einen Moment! — Meine Damen und Herren, ich finde das nicht sehr schön. Vielleicht warten wir einen Moment bis Ruhe hergestellt ist, damit der nächste Redner sprechen kann.

(Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich schneller hinauszubegeben, wenn Sie nicht im Saal bleiben wollen, und hier nicht Unterhaltungen zu pflegen. Bitte, Herr Dr. Dregger, Sie haben das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ihre Rede, Herr Kollege Vogel, war so, wie Sie sind:

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Ein Beckmesser!)

    selbstgefällig — davon sprachen Sie — , selbstgerecht, in weiten Passagen anmaßend — ich denke an Ihre europapolitischen Ausführungen — und vor allem ohne den menschlichen Respekt,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    den sich auch politische Gegner in diesem Hause entgegenbringen sollten.

    (Zuruf von der SPD: Das sagen Sie!)

    Meine Damen und Herren, das hat uns nicht beeindruckt. Ein Oppositionsführer sollte mehr können, als Schmähreden auf die Regierung zu halten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Er kann nicht mehr!)

    Er sollte in der Lage sein, intelligent und konstruktiv Alternativen zur Regierungspolitik zu entwickeln.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Das hat er gemacht!)

    — Nein! Er hat zwölf Überschriften hintereinandergefügt, ohne eine einzige Überschrift näher darzulegen und zu begründen. Das waren keine Alternativen, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Er hat sein Gefieder verloren!)

    Noch eines, Herr Kollege Vogel: Sie waren einmal Regierungsmitglied. Wer einmal Regierungsmitglied war, sollte nie die Fehlleistungen vergessen, für die er, seine damalige Regierung und seine Partei verantwortlich sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich wundere mich, daß Sie so wenig von dem Argument Gebrauch machen, das wir in der Opposition immer verwandt haben. Wir haben in den 13 Jahren unserer Opposition immer auf die 20 Jahre glanzvoller CDU/CSU-Politik — in der Regel mit der FDP — hingewiesen, in der Deutschland aus den Trümmern des Krieges nach oben in die Spitze der Weltrangliste vorgerückt ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das kann die SPD nicht!)

    Sie reden nie von Ihrer Regierungszeit. Warum nicht?
    — Offenbar schämen Sie sich Ihrer Regierungszeit.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU — Lachen und Zurufe von der SPD)

    Am liebsten würden Sie ein Redeverbot verhängen, und Sie nehmen es uns übel, wenn wir diese Fehlleistungen in Erinnerung rufen. Ich muß Ihnen den Spiegel vorhalten, und zwar nicht nur Ihrer Worte, die flüchtig sind, sondern auch Ihrer Taten, als Sie in der Regierungsverantwortung standen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren von der SPD, 1969 übernahmen Sie ein glänzendes Erbe. Ich brauche nur den damaligen Oppositionsführer Rainer Barzel mit zwei Sätzen zu zitieren.

    (Dr. Vogel [SPD]: Es freut den Bundeskanzler aber, daß Sie Barzel zitieren!)

    Er sagte damals ohne Ihren Widerspruch: Sie
    — gemeint war Herr Brandt —
    treten Ihr Amt an bei Vollbeschäftigung, stabilem Geld und wohlgeordneten Finanzen. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland stand kein Bundeskanzler bei seinem Amtsantritt in einer vergleichbaren Situation.
    In der Tat, so war es 1969, bevor Sie die Regierung übernahmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Brück [SPD]: Weltwirtschaft!)

    — Reden Sie nur von der Weltwirtschaft! Auch heute sind wir in der Weltwirtschaft und müssen uns in ihr bewähren!



    Dr. Dregger
    Als Sie, meine Damen und Herren, 1982 nach 13 Jahren das Steuer des Staates wieder an uns abgeben mußten, hatte sich die Lage unseres Landes grundlegend verändert, und zwar grundlegend verschlechtert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aus Vollbeschäftigung war Massenarbeitslosigkeit geworden,

    (Zuruf von der SPD: Und was haben Sie jetzt?)

    aus weitreichender Schuldenfreiheit ein hoch verschuldeter Staat, dessen Zinslast heute noch unsere Handlungsfähigkeit einschränkt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist doch gewiß bemerkenswert, daß die jetzige Nettoneuverschuldung im wesentlichen zur Abdeckung der Zinslast für Ihre Altschulden in Anspruch genommen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau MatthäusMaier [SPD]: Lächerlich!)

    1982, als Sie mit Ihrem Regierungslatein am Ende waren, schien auch unser Land am Ende zu sein. Man sprach im Ausland schon von der „deutschen Krankheit" . Man glaubte, die Deutschen gehörten nicht mehr zur ersten Garnitur der Industrienationen.
    Der wirtschaftliche Abstieg unter Ihrer Verantwortung hatte schwerwiegende soziale Folgen. Die Verbraucherpreise stiegen damals im Jahresdurchschnitt um 5,3 %, mehr als jemals zuvor und mehr als jemals danach. Das blieb Ihrer Regierungszeit vorbehalten.
    Die Reallöhne der Arbeitnehmer und Rentner gingen zurück. Jetzt steigen sie wieder wie in der Zeit, bevor Sie die Regierungsverantwortung übernahmen.

    (Bohl [CDU/CSU]: So ist es! — Zuruf von der SPD: Wo?)

    Es ist wahr: Sie, meine Damen und Herren von der SPD, sind nicht nur die Partei der Geldentwertung und der Massenarbeitslosigkeit, Sie sind auch die Partei der sinkenden Reallöhne für Lohnempfänger und auch für Rentner.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Sie sind auf der falschen Veranstaltung!)

    Aber nicht nur das, Frau Matthäus-Maier — damals waren Sie noch nicht dabei — : Die SPD ist auch die Partei der massiven Steuererhöhungen. Sozialdemokraten haben in ihrer kurzen Regierungszeit von 1969 bis 1982 die Umsatzsteuer gleich dreimal erhöht, nämlich 1978, 1979 und 1981. Sozialdemokraten haben die Mineralölsteuer dreimal erhöht, nämlich 1972, 1973 und 1981. Am liebsten-würden Sie sie jetzt noch einmal ganz kräftig erhöhen. Das haben Sie doch auch angekündigt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Sozialdemokraten haben die Heizölsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und die Schaumweinsteuer je einmal erhöht, nämlich 1972, 1981 und 1982. Sozialdemokraten haben die Tabaksteuer dreimal erhöht, nämlich 1972, 1977 und 1982. Sozialdemokraten ha-
    ben die Branntweinsteuer gleich fünfmal erhöht, nämlich 1972, 1976, 1977, 1981 und 1982. Sie haben dem kleinen Mann nicht sein Schnäpschen gegönnt. Das ist die innere Einstellung der Sozialdemokraten.

    (Kühbacher [SPD]: Bei Ihnen sind Entzugserscheinungen festzustellen!)

    Sie erwarben sich in Ihrer Regierungszeit eben auch dieses Markenzeichen: Sie sind die Partei der massiven Steuererhöhungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP — Opel [SPD]: Herr Dregger, das nimmt Ihnen doch kein Mensch mehr ab!)

    Seit 1976 brachte jeder Ihrer Haushalte Einsparungen zu Lasten der sozial Schwachen, gekoppelt mit Strohfeuermilliarden für Investitionsprogramme, die ihre Wirkung nicht erzielten, sondern nur die Schulden erhöhten.
    Wie katastrophal Sie selbst die Lage beurteilt haben, wurde durch die Spargesetze vom 12. November 1981 deutlich, mit denen Sie dem kleinen Mann die Rechnung präsentierten. Über dreißigmal haben Sie damals zugegriffen, über dreißigmal haben Sie abkassiert, über dreißigmal haben Sie umverteilt.

    (Opel [SPD]: Sie sollten keine Geschichtsbücher schreiben!)

    Und wo? Sie haben gekürzt, gestrichen, verteuert bei der Krankenversicherung, bei der Rentenversicherung, beim Mutterschaftsgeld, beim Wohngeld, beim Schlechtwettergeld.

    (Kühbacher [SPD]: Und das ist im Bundesrat _ alles einstimmig verabschiedet worden!)

    Diese hektischen Reparaturversuche kurz vor dem Ende Ihrer Regierungszeit machen mehr als alles andere das völlige Scheitern sozialdemokratischer Regierungspolitik deutlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da das so ist, reden Sie nie über Ihre eigene Regierungszeit. Die Ergebnisse waren zu miserabel. Ich kann das ja verstehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Bohl [CDU/ CSU]: Und der Herr Vogel war dabei!)

    Nach alldem ist es schon eine Frechheit, daß ausgerechnet die SPD sich jetzt in ihrer Propaganda als Anwalt der Armen und Entrechteten aufzuspielen versucht. Wer heute den sozialen Robin Hood spielen will, sollte nicht gestern im Steuer- und Sozialbereich die kleinen Leute so ausgenommen haben, wie Sie es in Ihrer Regierungsverantwortung getan haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Diese sozialdemokratische Panikpolitik


    (Müller [Pleisweiler] [SPD]: Das sind doch nur Unwahrheiten!)

    — das ist alles wahr; Sie können nichts bestreiten! — sollte nach Vorstellung der SPD mit dem Haushaltsentwurf 1983 und seinen Begleitgesetzen fortgesetzt werden. Es war gut für unsere Mitbürger und gut für



    Dr. Dregger
    Deutschland, daß Sie im Oktober 1982 aus der Regierungsverantwortung abgelöst wurden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Er träumt von der Vergangenheit, der besonnten Vergangenheit! Die Gegenwart tut es nicht!)

    Seit 1982 können wir mit der FDP wieder eine Politik der Stabilität, der Solidität, des Wirtschaftswachstums und der steigenden Realeinkommen für die breiten Schichten unseres Volkes verwirklichen.
    Dabei haben wir nicht nur, Herr Kollege Vogel, die Möglichkeiten der Europäischen Gemeinschaft, die wir ja vorangetrieben haben, und der weltwirtschaftlichen Entwicklung genutzt. Wir haben uns nicht nur in einem Geleitzug des Aufstiegs aufwärts bewegt.
    Wir sind seit 1986 die größte Exportnation der Erde, was wir vorher nicht gewesen sind. Wir sind seitdem auch Weltmeister in der Geldwertstabilität. Die Franzosen bezeichnen heute die D-Mark als die „force de frappe" der Deutschen. Deswegen werden wir zusammen mit der Bundesbank das Notwendige tun, um Auftriebstendenzen in Grenzen zu halten.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Weltmeister im Zickzack!)

    Ich weiß, ich weiß, das hören Sie nicht gern, und Sie hatten das offenbar auch nicht erwartet.

    (Dr. Vogel [SPD]: Ich hätte gedacht, Sie wählen einen zivilen Vergleich!)

    Seit Verlust Ihrer Regierungsverantwortung haben Sie mit Hilfe Ihnen genehmer Medien — leider nicht ohne Erfolg — versucht, ein Schweigegebot über Ihre Fehlleistungen zu verhängen. Wir durchbrechen dieses Schweigegebot, und wir durchbrechen es auch, wenn es um die Darstellung unserer großen Erfolge in den letzten sechseinhalb Jahren geht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Toll! — Stahl [Kempen] [SPD]: Reparaturbetrieb !)

    Sechseinhalb Jahre Bundeskanzler Helmut Kohl!

    (Dr. Vogel [SPD]: Bravo!)

    Wir haben in dieser kurzen Zeit nicht nur wirtschaftlich und sozial einen internationalen Status erreicht, um den uns die Welt beneidet. Fahren Sie doch ins Ausland — was Sie alle tun — und fragen Sie dort, wie die uns beurteilen.

    (Kühbacher [SPD]: Nur die in der Bundesrepublik nicht!)

    Wir haben vier große Reformen angepackt, die seit langem überfällig waren und die anzupacken Sie nicht die Kraft hatten.

    (Dr. Vogel [SPD]: Die heute zurückgepackt werden!)

    Es sind: die große Steuerreform,

    (Dr. Vogel [SPD]: Haha!) die Gesundheitsstrukturreform,


    (Dr. Vogel [SPD]: Quellensteuer!)

    die Rentenreform und die Postreform.

    (Dr. Vogel [SPD]: Flugbenzinsteuer!)

    Ich frage jetzt die Opposition konkret: Was davon wollen Sie rückgängig machen?

    (Dr. Vogel [SPD]: Das machen Sie doch schon selber!)

    Wollen Sie, daß die 500 000 Kleinverdiener, die dank unserer Steuerreform keine Lohn- und Einkommensteuer mehr zu zahlen brauchen, in Zukunft ihr Geld wieder beim Finanzamt abliefern sollen? Wollen Sie das?

    (Dr. Vogel [SPD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    Wollen Sie den durchgehenden Lohn- und Einkommensteuertarif rückgängig machen,

    (Kühbacher [SPD]: Bis ganz oben hin! — Dr. Vogel [SPD]: Durchgängig!)

    der zu einer Dauerentlastung unserer mittleren Leistungselite vom gut verdienenden Facharbeiter bis zum mittelständischen Unternehmer führt? Wollen Sie das rückgängig machen?

    (Zuruf von der SPD: Weiter! — Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt schweigen sie! — Gegenruf des Abg. Dr. Vogel [SPD]: „Schweigegebot"!)

    Wollen Sie das Ergebnis unserer Gesundheitsstrukturreform, nämlich Beitragssenkung und Beitragsstabilität und ambulante Hilfe für Schwerstpflegebedürftige bei sich zu Hause, rückgängig machen?

    (Dr. Penner [SPD]: Antworten Sie doch selber!)

    — Wir natürlich nicht. Denn das ist ja unsere Leistung.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das sagt ihr doch immer!)

    Wollen Sie den nun in das achte Jahr gehenden Aufschwung unserer wirtschaftlichen Leistungskraft stoppen? Wollen Sie den Anstieg der verfügbaren Arbeitnehmereinkommen um real 12 % seit 1982 kassieren, wie Sie es früher gemacht haben?

    (Dr. Vogel [SPD]: Warum muß der Finanzminister zurücktreten, wenn das alles so wunderbar ist?)

    Wollen Sie über 1 Million oder — wie die angesehene „Wirtschaftswoche" unter Bezugnahme auf die Volkszählung schreibt — 1,5 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze, die während unserer Regierungsverantwortung entstanden sind, gefährden?
    Wollen Sie unsere zusätzlichen jährlichen Leistungen an die Familien in Höhe von jetzt rund 16,5 Milliarden DM und, wie der Bundeskanzler heute morgen erklärt hat, ab 1990 von 18 Milliarden DM rückgängig machen?

    (Zuruf von der SPD: Die Familien wissen, wem Sie das zugeschustert haben!)

    Wollen Sie rückgängig machen, daß Europa an Dynamik gewonnen hat und den Durchbruch zum größten Markt der Erde vollzieht?



    Dr. Dregger
    Wollen Sie rückgängig machen, daß mehr Deutsche als jemals zuvor aus den beiden Staaten in Deutschland einander begegnet sind?
    Wollen Sie die von uns herbeigeführte Verminderung der Bleiemissionen von jährlich 2 000 t rückgängig machen? Wollen Sie also die Ausrüstung der Kraftfahrzeuge mit Katalysatoren rückgängig machen?
    Meine Damen und Herren der Opposition, keine unserer Leistungen und Erfolge werden Sie rückgängig machen können und in Wahrheit rückgängig machen wollen. Was Sie an Kritik äußern, ist nichts anderes als verzweifelte Pflichtübung und billige Effekthascherei. Meine Damen und Herren, daran kommen Sie nicht vorbei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kühbacher [SPD]: Fragen Sie doch einmal, ob wir statt Sonnenschein Regen haben wollen! Das ist doch dieses Niveau!)

    Ich könnte unsere Erfolgsbilanz fortsetzen. Ich will darauf verzichten und zugleich bekennen, daß es unter unserer Verantwortung Einzelentscheidungen gegeben hat, die sich inzwischen als falsch herausgestellt haben.

    (Dr. Vogel [SPD]: Hört! Hört!)

    — Ihnen passiert so etwas nicht. Sie machen nichts falsch; ich weiß das. Herrn Kollegen Vogel wäre das bestimmt nicht passiert; der macht keine Fehler,

    (Sehr gut! bei der SPD) zumindest räumt er sie nicht ein.

    Nun wäre die Selbstkorrektur für Sie, meine Damen und Herren der SPD, in den Jahren Ihrer Regierungsverantwortung auch schwieriger gewesen, weil Einzelkorrekturen nicht gereicht hätten, weil Sie das Steuer insgesamt hätten herumwerfen müssen, wie wir als Ihre Nachfolger es dann getan haben.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Kühbacher [SPD]: Und das immer mit der FDP!)

    Das brauchen wir jetzt nicht, denn unsere Politik ist richtig und außerordentlich erfolgreich.

    (Dr. Vogel [SPD]: Aha!) Aber Einzelkorrekturen sind notwendig.

    Das gilt zunächst — ich wiederhole, was der Bundeskanzler gesagt hat — für die Wehrpflichtdauer. Die Bundeswehr ist eine Bündnisarmee. Wir haben Verständnis, daß unsere Alliierten darauf achten, daß wir einen angemessenen Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit in der Allianz leisten.

    (Kühbacher [SPD]: Die Bundeswehr ist auch kein Verschiebebahnhof!)

    Zugesagt haben wir aber nicht die Dauer der Wehrpflicht, sondern eine bestimmte Truppenpräsenz.

    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    Nachdem sich herausgestellt hat, daß wir diese Truppenstärke in den nächsten Jahren auch ohne Wehrpflichtverlängerung zustande bringen können, setzen wir die Wehrpflichtverlängerung selbstverständlich aus.
    Meine Damen und Herren, es sind unsere Söhne, es sind die Söhne unseres Volkes, die in der Bundeswehr dienen. Wir fordern von unseren Söhnen, was für die Sicherheit unseres Landes notwendig ist, aber keinen Tag mehr.

    (Dr. Vogel [SPD]: Die haben Sie ganz schön schikaniert!)

    — Ich weiß nicht, ob Ihre Söhne auch in der Bundeswehr dienen.

    (Dr. Vogel [SPD]: In dem Alter nicht mehr! 38jährige brauchen wohl nicht mehr!)

    Wir korrigieren uns auch bei der Zinssteuer, einer Vorerhebungssteuer, die ja leider als Quellensteuer bezeichnet wurde und daher für die meisten unserer Mitbürger nicht begreifbar war. Es handelt sich um eine Vorerhebungssteuer, nicht um eine zusätzliche Steuer. Deswegen, Herr Kollege Vogel, kann auch nichts zurückgezahlt werden, denn die Steuerpflicht bestand vorher, und sie besteht auch in Zukunft, weil Zinseinkommen steuerpflichtig sind.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Irreführung!)

    Aber das Wort „Quellensteuer" zeigt, daß Fehler in der Semantik häufig größere Wirkungen haben, als sich sogenannte Fachleute selber eingestehen. Daß eine Zinssteuer von 10 %, die voll auf die Lohn- und Einkommensteuer anrechenbar ist, derartige Kapitalverlagerungen ins Ausland bewirken würde, haben wir, habe jedenfalls ich nicht erwartet.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Dilettantisch gemacht!)

    Die Harmonisierung im europäischen Bereich läßt auf sich warten. Es ist daher vernünftig, die sogenannte Quellensteuer abzuschaffen und bis zu einer europäischen Lösung, von der niemand weiß, wann und wie sie kommt, den alten Zustand wiederherzustellen.
    Schließlich überarbeiten wir das Fremdrentengesetz und das Sozialabkommen, das Bundeskanzler Helmut Schmidt 1975 mit der Volksrepublik Polen abgeschlossen hat und das zu Auswüchsen in einzelnen Fällen geführt hat, die wohl auch Bundeskanzler Helmut Schmidt nicht wollte, aber bewirkt hat.
    Wir wollen, daß diejenigen, die als Deutsche zu uns kommen, als unsere Mitbürger gleiche Rechte und gleiche Pflichten wie wir haben. Wir vergessen auch nicht, daß sie bei dem jüngeren Durchschnittsalter der Aussiedler im Vergleich zur Wohnbevölkerung hier keine zusätzliche Belastung, sondern eine Entlastung unserer Rentenversicherung bedeuten.
    Wie dem auch sei: Wir wollen vermeiden, daß auch nur der Anschein erweckt wird, als ob wir für irgend jemanden eine Vorzugsbehandlung haben wollten. Diejenigen, die als Deutsche zu uns kommen — die Aussiedler kommen als Deutsche zu uns — , haben eine solche Vorzugsbehandlung auch nie erwartet.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie sind glücklich, daß sie nach jahrzehntelanger nationaler Unterdrückung unter kommunistischer Herrschaft jetzt als Deutsche mit Deutschen hier bei uns



    Dr. Dregger
    frei leben können. Wir sollten sie herzlich empfangen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Meine Damen und Herren, Wehrpflichtdauer, Quellensteuer, Fremdrentengesetz, das sind die großen Korrekturen, die wir in der Mitte der Legislaturperiode vornehmen. Es treten weitere von geringerer Bedeutung hinzu.
    Parlamentarier und auch Regierungsmitglieder sind keine Götter; wir alle sind irrende Menschen. Wer handelt, macht Fehler. Wer sich selbst korrigiert, bleibt regierungsfähig. Wer an seinen alten Fehlern festhält, ist regierungsunfähig. Das war Ihre Lage am Ende Ihrer Regierungsperiode.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Ich frage die SPD: Was haben Sie eigentlich getan, um wenigstens in der Zeit der Opposition aus Ihren Fehlern in Ihrer Regierungszeit zu lernen? Wo sind Ihre Korrekturen? Alles, was Sie von sich geben, erweckt den Eindruck: Sie waren nicht nur sehr teure Studenten — Franz Josef Strauß hat Helmut Schmidt einmal als den teuersten Studenten der Volkswirtschaft in Deutschland bezeichnet —, Sie und Ihre Oppositionsklasse — Herr Kollege Vogel, Sie werden manchmal als Oberlehrer bezeichnet — haben auch nichts dazugelernt. Sie müssen noch sehr lange lernen, ehe Sie wieder regierungsfähig werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Meine Damen und Herren, das zeigt Ihre Oppositionspolitik. Sie müssen erst noch Opposition lernen. Dafür einige Beispiele:
    Am 10. September 1987 behauptete der Kollege Vogel allen Ernstes, daß „die breiten Schichten geschröpft" würden. Er sah in der angeblich ungerechten Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen ein „soziales Ärgernis". Tatsache ist, Herr Kollege Vogel: Die Realeinkommen der Arbeitnehmer sanken in den letzten Jahren Ihrer Regierungszeit.

    (Schluckebier [SPD]: In Ihrer doch auch!)

    Die Realeinkommen der Arbeitnehmer sind nicht wie in SPD-Zeiten gesunken; sie stiegen 1988 um etwa 3,5 bis 4,5 %. Zuvor von 1985 bis 1987 war es ein Realzuwachs von 8,5 %.
    Zweite Fehlprognose Vogels: Kollege Vogel sprach am 10. September 1987 von einer „Massenarbeitslosigkeit, die von neuem steigt" . Tatsache ist: Allein von November 1987 bis November 1988 sind 170 000 Arbeitsplätze hinzugekommen. Über eine Million zusätzliche Arbeitsplätze sind seit 1983 entstanden. Das ist mehr, als von der SPD in ihrer Regierungsverantwortung abgebaut wurden; das waren nämlich 820 000.
    Die „Wirtschaftswoche" spricht davon, daß die Zahl der Erwerbstätigen im ersten Quartal 1989 mit über 27 Millionen auf dem höchsten Stand seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland liegt. Darauf sind
    wir stolz, meine Damen und Herren. Das ist eine große Leistung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Zwei wichtige Aufgaben der Arbeitsmarktpolitik hat der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung hervorgehoben: ein Programm zur Eingliederung der Dauerarbeitslosen und die Förderung von Teilzeitarbeitsplätzen. Das letzte hat nicht nur Bedeutung für den Arbeitsmarkt, sondern es ist auch ein Weg, um Frauen zu ermöglichen, gleichzeitig für ihre Kinder da zu sein und an der beruflichen Arbeit weiterhin teilnehmen zu können. Deswegen muß alles mögliche geschehen, um Teilzeitarbeit in Deutschland zu vermehren.

    (Frau Dr. Vollmer [GRÜNE]: Teilzeitarbeit für Männer, die für ihre Kinder da sind!)

    Ein letztes Mal Herr Kollege Vogel mit einer Falschmeldung. Am 7. September 1988 behauptete er — ich zitiere ihn — : „Länder und Gemeinden zahlen die Zeche für die Steuerreform." Tatsache ist: Obgleich 1988 die zweite Stufe der Steuerreform in Kraft getreten ist, verzeichneten die Kommunen im ersten Halbjahr 1988 eine Zunahme der Steuereinnahmen von 8,9 %,

    (Dr. Vogel [SPD]: Aber doch nicht durch die Steuerreform!)

    bei der Gewerbesteuer sogar um mehr als 11 %.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das hat doch mit der Steuerreform nichts zu tun!)

    — Sie haben im Hinblick auf die Gemeindefinanzen durch die Steuerreform doch eine Katastrophe vorausgesagt!

    (Zuruf des Abg. Dr. Vogel [SPD])

    — Ich lege gerade dar — Herr Vogel, Sie werden mich nicht daran hindern, das darlegen zu können —, daß diese Prognose absolut falsch war.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie wissen eben nicht, daß Steuersenkungen im Rahmen einer aktiven Wirtschaftspolitik auch zu höheren Steuereinnahmen führen können, und das ist bei den Gemeindesteuern in diesen Jahren der Fall gewesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kühbacher [SPD]: Fragen Sie doch einmal Herrn Rommel, Herr Dregger!)

    Es ist doch so: Das Haushaltsdefizit der Gemeinden lag 1988 bei 2 Milliarden DM. 1981 hatte es noch 10 Milliarden DM betragen. Und die kommunalen Spitzenverbände sagen für dieses Jahr insgesamt einen Überschuß in den Gemeindefinanzen voraus.
    Meine Damen und Herren, alle diese Fehlbeurteilungen der SPD machen klar: Wer die Wirklichkeit nicht beurteilen kann, ist unfähig, die Zukunft dieses Landes zu gestalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)




    Dr. Dregger
    Herr Vogel, durch Ihr Bündnis mit den GRÜNEN und Alternativen wird es gewiß nicht besser, wie Berlin zeigt.

    (Dr. Vogel [SPD]: Jetzt kommt etwas Neues! Zuhören!)

    Ein Wort zu Berlin. Die Nettoneuverschuldung im Berliner Haushalt soll in diesem Jahr gegenüber dem Haushalt, den die Regierung Diepgen vorgelegt hat, um 80 % auf 1,4 Milliarden DM erhöht werden. Eine vergleichbare hohe Verschuldung hat es in der Geschichte Berlins, der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Bundesländer noch nicht gegeben. Wofür dieses Schuldengeld ausgegeben werden soll, ist typisch: natürlich für eine Personalvermehrung im öffentlichen Dienst mit 2 250 Neueinstellungen. Was das wohl für Leute sind, die da neu eingestellt werden sollen, ist eine Frage, die man vielleicht einmal stellen kann.
    Die Erbärmlichkeit der rot-grünen Politik in Berlin wird schließlich auch durch die beabsichtigte Schließung der Akademie der Wissenschaften deutlich. Diese Institution wird beseitigt, weil sie — ich zitiere — „eine elitäre Einrichtung" des früheren Berliner Senats sei, so der heutige Regierende Bürgermeister Momper. Dabei ist nicht die Akademie als solche, sondern ihre Selbständigkeit den Rot-Grünen ein Dorn im Auge. Die Aufgaben der Akademie sollen nämlich in Einrichtungen verlagert werden, die der politischen Kontrolle leichter zugänglich sind. Wann in der Geschichte des demokratischen Deutschlands hat es das jemals gegeben,

    (Dr. Rüttgers [CDU/CSU]: Noch nie! — Heiterkeit bei der SPD)

    daß eine Wissenschaftseinrichtung, eine Forschungsförderungseinrichtung aus politischen Gründen geschlossen werden soll? Das ist wirklich das erstemal; schlimm.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber nicht nur Finanzen und Freiheit der Wissenschaft sind bei Sozialdemokraten in schlechten Händen. Auch bei der inneren Sicherheit, dem Schutz des Bürgers vor Gewalt, ist unser Land mit Sozialdemokraten schlecht beraten. In Hamburgs Hafenstraße und Düsseldorfs Kiefernstraße sieht die SPD tatenlos zu, wie der Rechtsstaat verhöhnt wird. Wenn, meine Damen und Herren, das gewalttätige Tollhaus Hafenstraße in Hamburg den Steuerzahler bereits rund 15 Millionen DM gekostet hat, so wirft das nicht nur ein bezeichnendes Licht auf den Umgang der SPD mit dem Geld der Steuerzahler. Was wirkt zerstörerischer — das ist das Entscheidende für den Rechtsfrieden — als die Erfahrung der Menschen, daß Gewalt und Rechtsbruch nicht nur toleriert, sondern vom demokratischen Rechtsstaat sogar noch subventioniert wird?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir, die CDU/CSU, wünschen, daß SPD-geführte Landesregierungen gegen linke Gewalttäter mit derselben Unnachsichtigkeit vorgehen, wie wir es auch gegenüber rechten Gewalttätern für unabdingbar halten!
    Meine Damen und Herren, was für die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik gilt, gilt auch für unsere AuBen- und Sicherheitspolitik: Sie ist erfolgreich.
    Wir haben die Europapolitik unter deutscher Präsidentschaft vorangebracht. Der gemeinsame Binnenmarkt 1992 hat die Gemeinschaft mit neuem Leben und neuen Hoffnungen erfüllt. Niemand im Ausland bestreitet, daß das der persönliche Erfolg des deutschen Bundeskanzlers gewesen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Wir haben durch Verläßlichkeit sowohl in der Nachrüstungsfrage 1982/83 als auch in der Abrüstungspolitik neues Vertrauen gewonnen — in Ost und West. Das ist ein Fundus, mit dem es uns gelingen wird, den Konflikt durchzustehen, den es in der Allianz in der Frage von Rüstung und Abrüstung im atomaren Kurzstreckenbereich zur Zeit gibt.
    Unsere Interessen stimmen zur Zeit nicht in jeder Hinsicht mit den Vorstellungen unseres Hauptverbündeten überein.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Aha!)

    Wenn wir diesen für unsere deutsche Position, die wir formuliert haben, gewinnen können, dann nur mit Hilfe des großen Vertrauensvorrats, den wir, die Koalition, der Außenminister und insbesondere Bundeskanzler Helmut Kohl, in den hinter uns liegenden Jahren erarbeitet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wer die Weltmacht USA als unbedingten Gegner ansieht, wie die GRÜNEN es tun, oder wer mit einem solchen Gegner unseres Hauptverbündeten ein Regierungsbündnis abschließt wie die SPD — zunächst in Hessen, jetzt in Berlin, und wenn das Wahlergebnis es möglich machen würde, auch in der Bundesrepublik Deutschland — , wer zu einer solchen Politik fähig und bereit ist, ist unfähig, die deutschen Interessen wahrzunehmen. Das ist unmöglich!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn in Berlin eine der Hauptfiguren des SPD/AL-
    gestützten Senats den Präsidenten der USA, ohne die es ein freies Berlin gar nicht gäbe, als in Berlin unerwünscht bezeichnet, dann benimmt sich dieser Koalitionspartner der SPD nicht nur wie ein Rüpel, der alle Gepflogenheiten der internationalen Politik, insbesondere Staatsoberhäuptern gegegnüber, verletzt, sondern er ist zugleich ein politischer Irrläufer, der Berlin und Deutschland schadet, meine Damen und Herren, und mit solchen Leuten koaliert man nicht!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir erwarten für Ende Mai — der Bundeskanzler berichtete es schon — den Besuch des amerikanischen Präsidenten Bush, dem wir seit langem durch Freundschaft verbunden sind. Im Juni kommt der sowjetische Generalsekretär Gorbatschow nach Bonn. Daß beide Besuche so kurz aufeinander folgen, zeigt, welches Ansehen der Bundeskanzler, die Bundesregierung hier und in der Welt besitzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)




    Dr. Dregger
    Ich habe an den Gesprächen des Bundeskanzlers in Moskau vom 24. bis 27. Oktober 1988 teilnehmen können.

    (Zuruf von der SPD: Wie schön für Sie!)

    Es waren gute Gespräche, die wir im Geist der Zusammenarbeit fortsetzen wollen. Wir sind fest entschlossen, auch in unseren Beziehungen zur Sowjetunion keine Chance ungenutzt zu lassen, die dem Frieden in Europa sowie den deutschen und den europäischen Interessen dient.
    Mit zusätzlichem politischen und ökonomischen Gewicht wächst auch unser Land in die Verantwortung für die Dritte Welt stärker hinein. Es gibt heute Probleme, die kein Staat mehr allein lösen kann, die aber Überlebensfragen der Menschheit sind. Dazu gehören die Abwehr der Gefährdung der Ozonschicht und die Einstellung des Raubbaus an den tropischen Regenwäldern. Der Bundeskanzler hat heute morgen dazu Stellung genommen. Wir begrüßen es, daß er gerade diese Frage zu seinem besonderen Anliegen gemacht hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir arbeiten in der Koalition von FDP, CSU und CDU gut und vertrauensvoll zusammen.

    (Schäfer [Offenburg] [SPD]: Na, na! — Dr. Vogel [SPD]: „Pfleglicher Untergang"!)

    Die deutsche Position für die Verhandlungen in der Allianz zum Gesamtkonzept, zur Abrüstungsinitiative, zur Stationierungsentscheidung sind von CDU, CSU und FDP gemeinsam erarbeitet worden. Alle Koalitionspartner tragen dieses Konzept ohne jeden Vorbehalt in gleicher Weise. Ich sage das, damit niemand auf die Idee kommt, er könne die deutsche Position dadurch schwächen, daß er unseren Regierungs- und Koalitionskonsens auflöst. Unsere deutsche Position ist ein Vorschlag an unsere Verbündeten, ein Vorschlag, kein Ultimatum. Unser Ziel ist es, zu einer gemeinsamen Position in der Allianz zu kommen, der alle 16 Allianzpartner zustimmen können.
    Ich bitte unsere Verbündeten heute auch von dieser Stelle aus, sich in die unvergleichbare Lage unseres Volkes hineinzuversetzen, das als einziges in Europa geteilt ist und durch dessen Mitte die Militärgrenze von Ost und West verläuft. Unser Volk ist von allen Gefährdungen und Belastungen im geteilten Europa am meisten betroffen. Wir sind daher in besonderer Weise daran interessiert, die seit 1945 erstarrte Kriegsordnung im Konsens mit unseren Nachbarn und mit beiden Weltmächten schrittweise in eine Friedensordnung zu verwandeln, die auf den Menschenrechten und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker beruht.
    Der Bundeskanzler hat seine Regierungsmannschaft umgegliedert.

    (Zuruf von der SPD: „Umgegliedert"!)

    Es sind gute und wohlüberlegte Entscheidungen, die wir voll mittragen. — Wenn Sie nur solche Leute hätten, wie wir sie in der Regierung besitzen!

    (Lachen bei der SPD)

    Was ist denn bei Ihnen? Gähnende Leere!

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Herrn Professor Scholz!)

    Daß der Vorsitzende der CSU, Theo Waigel, ein herausgehobenes Regierungsamt übernommen hat, zeigt, daß beide Unionsparteien fest entschlossen sind, ihr gemeinsames Programm zum Erfolg zu bringen und gemeinsam um den Sieg in Deutschland zu kämpfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Das habt ihr bisher nicht?)

    Wir haben nicht seit 1982 den Schutt Ihrer Regierungszeit weggeräumt,

    (Frau Traupe [SPD]: Ach, Herr Dregger!)

    wir haben nicht die ungeheuren Reformanstrengungen in den vier großen Reformwerken erfolgreich verwirklicht,

    (Dr. Vogel [SPD]: Genscher, Lambsdorff: Schutt, alles weggeräumt!)

    wir haben nicht unser Land in Ost und West, in Nord und Süd zu neuem Ansehen gebracht, um es 1990 einer rot-grünen Koalition zu überlassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Das wäre wirklich das Letzte. Deswegen können Sie sich fest darauf verlassen, daß wir um den Sieg kämpfen werden, weil Deutschland diesen Sieg braucht.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und Beifall bei der FDP — Zurufe von der SPD: Hurra! Hurra! Hurra! — Frau Matthäus-Maier [SPD]: Der Wirtschaftsminister lacht!)