Rede von
Otto
Reschke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe sehr genau zugehört und habe versucht, herauszufiltern, wo und wie die CDU/CSU, die ja auch eine starke kommunalpolitische Vereinigung hat wie wir, eigentlich den Gemeinden vor Ort helfen will oder wo sie den Gemeinden vor Ort Hilfestellung leisten will.
Erstens. Sie handeln entgegen den Empfehlungen des Bundesrates, der auch ein bißchen Ahnung von Gemeindepolitik vor Ort hat, und widersetzen sich den Empfehlungen des Deutschen Städtetages, das Baugesetzbuch, insbesondere den § 9 des Baugesetzbuches, zu ändern — nach unserer Auffassung sollte auch der § 34 geändert werden —, um in den unbeplanten Innenbereichen rechtswirksam und auch mit Rechtssicherheit die Grundlage für Änderungen in der Baunutzungsverordnung zu geben.
Zweitens. Sie gehen an das ganz, ganz dicke und große Problem nicht heran, nämlich an die Spielverordnung, wo die tatsächliche Zunahme der Anzahl der Geldspielgeräte und die tatsächliche Zunahme der Anzahl der Spielhallen zu suchen ist. Die Spielhallenindustrie hat sich unmittelbar nach Erlaß der Spielverordnung von 1985 daran gesetzt, anstatt auf 4,5 qm drei Geräte oder auf 60 qm 30 Geräte in Zukunft auf 150 qm zehn Geräte anzubieten.
Es gibt zwei markante Punkte, auf die Sie hier keine Antwort geben. Erstens: Am 31. Dezember 1991 müssen Tausende von Spielhallen alten Typs schließen. Ich frage: Wo ist Ihre Antwort? Daß die Spielhallenindustrie die Geräte dann woanders hinhängen will, ist doch wohl jedem klar. Wir müssen insofern Vorsorge betreiben, als wir den Anstieg der Zahl der Spielhallen im Zeitraum zwischen 1985 und 1991 durch Ausdünnung der Zahl der Spielhallen alten Typs bremsen.
Zur Zeit werden Spielhallen neuen Typs mit einer Fläche von 150 qm und mehr gebaut, auch im Hinblick auf die Auslauffrist 1995.
Insofern sagen wir ganz deutlich: Machen Sie endgültig Schluß mit diesen unangemessenen Übergangsfristen — ich habe es eben schon gesagt — , die noch nicht einmal die Kraftwerksindustrie im Zusammenhang mit der Entschwefelung zugestanden bekam. Über 10 Jahre Übergangsfrist bei einer neuen Verordnung — das ist in vielen Bereichen doch wohl mehr als unanständig. Bei allem Vertrauensschutz, den der Gesetzgeber leisten muß, sagen wir auch — wir würden sie am liebsten schon morgen kappen, um Ruhe an der Front zu haben — : 1991/92 lassen wir sie auslaufen. Aber dann muß Schluß mit dem Theater der Neugründungen von Spielhallen sein.
Ein zweiter Punkt betrifft die pflaumenweiche Formulierung im Bereich des Schwarzgeldinkassos. Ich zitiere wieder den Antrag der CDU/CSU; „Schwarzgeldinkasso" ist nicht mein Wort. Ich will niemandem etwas Falsches unterstellen. Deswegen spreche ich von einer Wettbewerbsverzerrung. Warum Sie, obwohl der Bundesgerichtshof, eine staatliche Prüfungsstelle, festgestellt hat, daß nur die Hälfte des Umsatzes steuerlich erfaßt wird, nach Ihrem Antrag Übergangsfristen gewähren wollen, leuchtet keinem vor Ort mehr ein. Das ist ein weiterer großer Fehler, den Sie machen.
Es gibt keine politische Alternative, als erstens den Anstieg der Zahl der Spielhallen zu stoppen und zweitens die Verslumung, die mittlerweile in vielen Straßenzügen und in vielen Stadtteilen festzustellen ist, abzubauen. Wir müssen nicht nur den Boom bei der Errichtung neuer Spielhallen stoppen, sondern wir müssen auch den Gemeinden die Instrumente an die
10122 Deutscher Bundestag — l 1. Wahlperiode — 137. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. April 1989
Reschke
Hand geben, gegebenenfalls einige Spielhallen zu schließen, weil unerwünschte städtebauliche Entwicklungen große Schäden vor Ort verursachen, bis hin zu Sanierungsinvestitionen.
Alle diese Probleme lösen die Vorschläge der Koalitionsfraktionen nicht. Insofern bitte ich recht herzlich, den Empfehlungen des Bundesrats und unseren Empfehlungen, die noch maßvoll sind, in Ergänzung zu dem zuzustimmen, was wir schon in den Fachausschüssen vorgeschlagen haben.
Schönen Dank.