Rede von
Hermann
Fellner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege Bernrath, Sie können jetzt Verrenkungen und Differenzierungen jeder Art hier versuchen. Tatsache ist, daß, letztendlich bestätigt durch die Gerichte bis zu den letzten Instanzen, leider nur weniger als 10 % der Antragsteller anerkannt werden und anerkannt werden können.
Das ist der einzige Sachverhalt, der Ärger bereitet; denn es muß der Eindruck entstehen: Hier beruft sich jemand auf ein Recht, das er in Wirklichkeit nicht hat.
Wir haben schon immer versucht, gemeinsam dagegen vorzugehen. Durch viele Gesetzesnovellierungen — Sie waren genauso dabei; seit ich im Bundestag bin, machen wir das — haben wir immer wieder versucht, hier klarzustellen, daß wir denen, die politisch verfolgt sind, dieses Recht geben wollen. Daran ist nie Zweifel aufgekommen. Aber wir müssen uns dagegen wehren, daß viele nur deshalb in die Bundesrepublik kommen, weil sie ein Verfahren in Anspruch nehmen können und während dessen Dauer das Recht haben, hier zu bleiben. Das ist für viele der Anreiz, in die Bundesrepublik Deutschland zu kommen.
Ich komme auf die Äußerungen des Herrn Bischofs Lehmann zurück, weil ich mich dadurch als Politiker mit meinen Problemen verstanden fühle. Weniger verstanden fühle ich mich durch Äußerungen, die auch aus kirchlichen Kreisen gefallen sind, wenn z. B. im Zusammenhang mit dem Arbeitsverbot von einer menschenzerstörenden Abschreckungspolitik gesprochen wird. Da finde ich weniger Verständnis für meine Sorgen. Gerade das Thema der Arbeitserlaubnis hat uns ja in den Diskussionen sehr intensiv beschäftigt. Die größte Zahl derer, die hierher kommen, werden dazu gerade durch die Hoffnung veranlaßt, hier arbeiten zu können — man tut den Asylbewerbern kein größeres Unrecht, als wenn man sagt, sie seien Faulpelze — , und die Tatsache, daß ihnen dies erzählt werden kann. Es ist natürlich ein Unterschied, ob jemand gegen Geld arbeiten kann oder im gemeinnützigen Bereich Leistungen ohne entsprechende Bezahlung erbringt.
Ich halte also gerade diese Entscheidung, so hart sie ist, für erforderlich, um einen Irrtum überhaupt nicht aufkommen zu lassen, nämlich die Hoffnung, daß man nach Deutschland reisen kann, um in Deutschland arbeiten zu können.
Herr Kollege Bernrath, Sie haben vorhin die EMNID-Umfrage erwähnt, die im „Spiegel" gedruckt ist. Es wäre doch geboten, uns darüber zu unterhalten, daß auch in Ihrer Partei nicht viel weniger der Befragten der Ansicht sind, daß es zu viele Ausländer in Deutschland gibt.
Ich meine, liebe Freunde, es wäre ein ganz übles Spiel — wer dabei mittut, wird seiner Verantwortung für den sozialen Frieden angesichts dieser Zahlen nicht gerecht — , wenn die einen so tun, als wären sie nur dafür zuständig, daß wir alle Ausländer glücklich machen, während die anderen der deutschen Bevölkerung erklären sollen, sie solle sich darüber freuen. Das wäre eine Aufgaben- und Zuständigkeitenverteilung, die es nicht geben darf, auch nicht zwischen den Kirchen und der Politik.
Wir sind alle miteinander für eine Ausländerpolitik verantwortlich, die die Ausländer, die hier sind, und die Deutschen in Deutschland in Frieden leben läßt. Wir können ein großes Feld der Zusammenarbeit mit der Kirche verstärkt pflegen. Ich möchte das zum Schluß ausdrücklich äußern. Der Gedanke der Regionalisierung der Flüchtlingspolitik gibt uns viele Felder der Zusammenarbeit.
Ich bin auch bereit, mich dafür starkzumachen — ich weiß, daß auch Kollegen der Union das tun —, daß wir mehr Mittel für humanitäre Hilfe und Aktionen bereitstellen, um Flüchtlinge in den Regionen zu lassen, in denen sie ihrem Kulturkreis näher sind. Ich glaube, der deutsche Bürger würde es verstehen, wenn wir dafür mehr Geld ausgäben, damit wir nicht hier im Lande für Dinge, die der deutsche Bürger nicht mehr versteht, soviel Geld ausgeben müssen.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.