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    Plenarprotokoll 11/119 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 119. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1989 Inhalt: Rede der Präsidentin des Deutschen Bundestages, Frau Dr. Süssmuth, zu ihrem Amts antritt 8697 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Dr. Mitzscherling, Brandt und Irmer 8700 D, 8707D, 8762 B Verzicht des Abg. Dr. Bangemann auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . 8700D Eintritt der Abg. Frau Walz in den Deutschen Bundestag 8700 D Erweiterung der Tagesordnung 8700 D Absetzung der Nummern 12, 13 und 6 des Punktes IV von der Tagesordnung 8701A, 8766A Abwicklung der Tagesordnung 8701 A Tagesordnungspunkt III: Überweisung im vereinfachten Verfahren: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 18. Oktober 1969 zur Errichtung der Karibischen Entwicklungsbank (Drucksache 11/3140) 8701 A Tagesordnungspunkt IV: 1. Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Bohl, Dr. Miltner, Rühe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Hoppe, Beckmann, Dr. Feldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Vollendung des europäischen Binnenmarktes (Drucksachen 11/2257, 11/3139) 2. Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu einem Entwicklungsprogramm für die portugiesisch-spanischen Grenzgebiete (Drucksache 11/3088) 3. Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zum internationalen Dienstleistungsverkehr (Drucksache 11/3406) 4. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte (Drucksachen 11/779 Nr. 2.3, 11/2358) 5. Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Frau Beer und der Fraktion DIE GRÜNEN zu der Erklärung der Bundesregierung zu dem Gipfeltreffen in Washington und zum Europäischen Rat in Kopenhagen (Drucksachen 11/1499, 11/3014) 7. Beratung der ersten Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwen- II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1989 dung der Gemeinschaftsregeln im Rahmen der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lief er- und Bauaufträge (Drucksachen 11/779 Nr. 2.20, 11/818, 11/3721) 8. Beratung der ersten Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Pauschalreisen, darunter auch Pauschalurlaubsreisen und Pauschalrundreisen (Drucksachen 11/2198 Nr. 2.5, 11/2350, 11/3701) 9. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz (Drucksachen 11/2198 Nr. 2.9, 11/2889) 10. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene am Arbeitsplatz (sechste Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 8 der Richtlinie 80/1107/EWG) (Drucksachen 11/1785 Nr. 2.22, 11/2942) 11. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Art, den Umfang und den Erfolg der von ihr oder den Länderregierungen vorgenommenen Beanstandungen betreffend die Anwendung des Artikels 119 EWG-Vertrag über gleiches Entgelt für Männer und Frauen (Berichtszeitraum 1980 bis 1985) (Drucksachen 10/6501, 11/2176) 14. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Annahme der zweiten Phase des Programms zur Zusammenarbeit von Hochschulen und Wirtschaft hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Technologie (COMETT II) (Drucksachen 11/2956 Nr. 2.7, 11/3700) 15. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die gegenseitige Anerkennung einzelstaatlicher Schifferpatente für den Binnenschiffsgüterverkehr (Drucksachen 11/2465 Nr. 2.23, 11/3110) 16. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anlastung der Wegekosten an schwere Nutzfahrzeuge (Drucksachen 11/2089 Nr. 30, 11/3125) 17. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 85/3/EWG über die Gewichte, Abmessungen und bestimmte andere technische Merkmale bestimmter Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs (Drucksachen 11/2724 Nr. 26, 11/3126) 18. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 85/3/EWG über die Gewichte, Abmessungen und bestimmte andere technische Merkmale bestimmter Fahrzeuge des Güterkraftverkehrs (Drucksachen 11/2580 Nr. 43, 11/3165) 19. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung — der Richtlinie 74/561/EWG über den Zugang zum Beruf des Güterkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr — der Richtlinie 74/662/EWG über den Zugang zum Beruf des Personenkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr — der Richtlinie 77/796/EWG über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise für die Beförderung von Gütern und die Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1989 III Beförderung von Personen im Straßenverkehr und über Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit der betreffenden Verkehrsunternehmer (Drucksachen 11/2198 Nr. 2.10, 11/3195) 20. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt (Drucksachen 11/2580 Nr. 42, 11/3236) 21. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Durchführung eines Aktionsprogramms auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur im Hinblick auf die Vollendung des integrierten Verkehrsmarktes bis 1992 (Drucksachen 11/2724 Nr. 27, 11/3634) 22. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Schulung der Fahrer von Fahrzeugen zur Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (Drucksachen 11/2841 Nr. 13, 11/3635) 23. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 25. November 1986 über die Bereitstellung und den Betrieb von Flugsicherungseinrichtungen und -diensten durch EUROCONTROL in der Bezirks-kontrollzentrale Maastricht (Drucksache 11/3814) 24. Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Zukunft von Eurocontrol im Rahmen der Flugsicherung im westeuropäischen Luftraum (Drucksache 11/2731) 25. Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur potentiellen Kapazität der Flughäfen in der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf die Herausforderung von 1992, zur Überlastung der Flughäfen und zu den Problemen der Luftverkehrssicherheit (Drucksache 11/2732) 26. Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Liberalisierung des Luftverkehrs, zur Vollendung des Binnenmarktes und zu den Folgen für die Sicherheit im Flugverkehr (Drucksache 11/2733) 27. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission über eine neue Perspektive für Europa — Die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden Bericht der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament über die Finanzierung des Gemeinschaftshaushalts (Drucksachen 11/254, 11/1664) 28. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zum Entwurf eines Vertrags zur Gründung der Europäischen Union zu dem Elften Bericht und Empfehlung der Europa-Kommission zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entwurf eines Vertrags zur Gründung der Europäischen Union zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Strategie des Europäischen Parlaments im Hinblick auf die Gründung der Europäischen Union zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu den Verfahren für die Ratifizierung der Einheitlichen Europäischen Akte in den nationalen Parlamenten und zur Verwirklichung der Europäischen Union (Drucksachen 10/1423, 10/5271, 11/594, 10/6454, 11/2506) 29. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Rolle des Europäischen Parlaments bei der Aushandlung und der Ratifizierung von Beitrittsverträgen sowie sonstiger Verträge und Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Drittländern (Drucksachen 9/1417, 11/2508) 30. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschus- IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1989 ses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Rolle des Europäischen Parlaments in der Außenpolitik im Rahmen der Einheitlichen Europäischen Akte (Drucksachen 11/2633, 11/3396) 31. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu den Initiativen zur Stärkung der interinstitutionellen Zusammenarbeit sowie der Zusammenarbeit bei der Prüfung der Petitionen, die an das Europäische Parlament gerichtet werden (Drucksachen 10/6277, 11/3016) 32. Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zum Europa der Bürger (Drucksache 11/3087) 33. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Abschließender Bericht „Europa der Bürger" an den Europäischen Rat vom 28./29. Juni 1985 (Drucksachen 10/3982, 11/2507) 34. Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu Grenzkontrollen und Drogen (Drucksache 11/1675) 35. Beratung des Dreizehnten Berichts und der Empfehlung der Europa-Kommission zur Institutionalisierung einer Europa-Kommission des Deutschen Bundestages (Drucksache 10/6464) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Europapolitik (Drucksache 11/3851) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Europäischer Binnenmarkt und soziale Demokratie (Drucksache 11/3852) Dr. Bötsch CDU/CSU 8705 B Dr. Ehmke (Bonn) SPD 8708 A Dr. Haussmann, Bundesminister BMWi . 8713 A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 8716B Kittelmann CDU/CSU 8719B Dr. Gautier SPD 8721B Dr. Graf Lambsdorff FDP 8725 A Dr. von Waldenfels, Staatsminister des Freistaates Bayern 8728 B Peter (Kassel) SPD 8730 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 8733 A Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 8735 A Fuchtel CDU/CSU 8736 B Jung (Düsseldorf) SPD 8737 D Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 8739 C Dr. Mitzscherling SPD 8741 C Freiherr Heereman von Zuydtwyck CDU/ CSU 8743 C Dr. Schwörer CDU/CSU 8744 D Frau Rock GRÜNE 8746 A Gries FDP 8747 B Antretter SPD 8749 B Haungs CDU/CSU 8750 D Dr. Warnke, Bundesminister BMV . . . 8752D Brück SPD 8754 A Dr. Stercken CDU/CSU 8756 B Genscher, Bundesminister AA 8757 C Frau Garbe GRÜNE 8759 B Irmer FDP 8760 D Frau Wieczorek-Zeul SPD 8762 C Werner (Ulm) CDU/CSU 8764 B Dr. Todenhöfer CDU/CSU (schriftliche Erklärung nach § 31 GO) 8767 A Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Wiederaufnahme der Tiefflüge am 2. Januar 1989 Frau Schilling GRÜNE 8767 D Bohlsen CDU/CSU 8768 C Ewen SPD 8769 C Dr. Hoyer FDP 8770 B Heistermann SPD 8771 B Francke (Hamburg) CDU/CSU 8772 B Dr. Mechtersheimer GRÜNE 8773 B Nolting FDP 8774 A Dr. Scholz, Bundesminister BMVg . . . . 8774 D Opel SPD 8775 D Zierer CDU/CSU 8777 B Frau Dr. Götte SPD 8778 A Breuer CDU/CSU 8779 A Dr. Uelhoff CDU/CSU 8779 D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1989 V Tagesordnungspunkt V: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Agrarstatistiken (Agrarstatistikgesetz) (Drucksachen 11/2851, 11/3855, 11/3855) 8781 A Tagesordnungspunkt VI: 1. Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Einsetzung einer Wehrstrukturkommission (Drucksache 11/2865) 2. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Lippelt (Hannover), Dr. Mechtersheimer und der Fraktion DIE GRÜNEN: Verkürzung der Grundwehrdienstzeit auf 12 Monate (Drucksache 11/3593) 3. Beratung des Antrags der Abgeordneten Horn, Erler, Frau Fuchs (Verl), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Dauer des Grundwehrdienstes und des Zivildienstes (Drucksache 11/3695) Gerster (Worms) SPD 8781 C Lowack CDU/CSU 8782 D Dr. Mechtersheimer GRÜNE 8785 A Ronneburger FDP 8786 B Dr. Klejdzinski SPD 8787 D Dr. Scholz, Bundesminister BMVg . . . 8789D Tagesordnungspunkt VIII: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Frau Odendahl, Dr. Penner, Dr. Böhme (Unna), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Entwicklung der „Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung" (Drucksachen 11/2793, 11/3767) Kuhlwein SPD 8791 A Frau Dr. Wisniewski CDU/CSU 8792 C Wetzel GRÜNE 8794 A Richter FDP 8795 B Bernrath SPD 8796 B Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 8798B Tagesordnungspunkt IX: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gedenktage zum Ausbruch des Ersten und des Zweiten Weltkriegs (Drucksache 11/2715) Duve SPD 8800D Krey CDU/CSU 8802 B Frau Dr. Vollmer GRÜNE 8803 A Lüder FDP 8804 B Lutz SPD 8805 C Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 8806 C Nächste Sitzung 8808 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 8809 *A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1989 8697 119. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1989 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 20. 1. Frau Berger (Berlin) 20. 1. Conradi 20. 1. Eylmann 20. 1. Dr. Glotz 19. 1. Gröbl 20. 1. Grünbeck 20. 1. Dr. Hauchler 20. 1. Dr. Hauff 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Heimann 20. 1. Frau Hensel 20. 1. Frau Krieger 20. 1. Mischnick 20. 1. Dr. Müller 20. 1. Nagel 20. 1. Niegel' 20. 1. Oesinghaus 20. 1. Dr. Osswald 19. 1. Reddemann* 19. 1. von Schmude* 20. 1. Seiters 19. 1. Dr. Soell* 20. 1. Steiner 19. 1. Frau Wollny 20. 1. Dr. Zimmermann 20. 1.
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    Rede von Dr. Hans Stercken


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß es gerechtfertigt wäre, die Veränderungen im Verhältnis zwischen den Supermächten sowie allen anderen am Ost-West- und Nord-Süd-Verhältnis beteiligten Staaten allein auf den Wunsch nach Abrüstung zu reduzieren. Eine solche Betrachtungsweise würde der Rolle nicht gerecht, die die Europäische Gemeinschaft bei der Entwicklung des Verhältnisses beider Teile Europas zueinander gespielt hat.
    Auf diesem Kontinent wird der Unterschied zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Systeme in Ost und West besonders augenfällig. Der Dialog zwischen beiden Teilen Europas wird heute von der Frage bestimmt, in welchem Umfang die sozialistische Wirtschaft Elemente einer freiheitlichen und erfolgreichen Wirtschaftsordnung übernehmen kann, ohne, wie man dort heute noch sagt, auf die marxistisch-leninistische Theorie verzichten zu müssen. Ein Prozeß ist jedenfalls im Gang. Er sollte die Zuversicht der Staaten der Europäischen Gemeinschaft stärken, die bereits ein gemeinsames Haus mit großer Anziehungskraft gebaut haben: eine Friedensordnung, die diesen Namen verdient, weil Konflikte zwischen diesen zwölf Staaten nicht mehr denkbar sind. Europa sollte daher Selbstvertrauen, mehr Selbstvertrauen zeigen.
    Die Wandlungen, die wir begrüßen, sind Wirkungen einer, wie ich meine, revolutionären europäischen Politik. Wer das Wort „revolutionär" für unangemessen hält, dem ist die neue Qualität der Strukturen und damit auch der Politik insgesamt entgangen. Heute gewährleistet die Gemeinschaft oft nur Information und Koordination bei der Wahrung ihrer außenpolitischen Interessen. Politische Union setzt jedoch voraus, daß Sicherheit und Außenbeziehungen gemeinsam definiert und dann auch vertreten werden — welchen Sinn hätte sonst die Formel, das Europa mit einer Stimme sprechen sollte? Die Gemeinschaft wird die legitimen Interessen ihrer Mitgliedstaaten dann auch nach außen hin zu vertreten haben. Italie- ner, Spanier oder Dänen sind davon ebenso betroffen wie die Deutschen, die ihre Selbstbestimmung und ihre nationale Einheit im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses gewahrt wissen wollen. Die Ziele der Gemeinschaft stehen nicht im Gegensatz zu den Zielen unserer Verfassung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Freiheit und Einheit der Europäer, — dies ist gleichbedeutend mit Freiheit und Einheit aller Deutscher. Berlin ist Bestandteil der Europäischen Gemeinschaft. Durch den innerdeutschen Handel zieht auch die DDR beträchtlichen Nutzen aus der Europäischen Gemeinschaft. Verbindungen und Bindungen werden deutlich, die auch Ost und West in Europa einander näherbringen können.
    Eine Friedensunion muß sich als eine Gemeinschaft begreifen, die ihren Frieden allen vermittelt, Frieden auf der Grundlage von Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit. Dies ist die Hausordnung in der Europäischen Gemeinschaft. Die zwölf Parteien, die heute bereits dieses gemeinsame Haus bewohnen, werden sich nicht gegen neue Mieter streuben, aber sie werden dafür nicht ihre Hausordnung ändern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Gemeinschaft zwölf demokratischer europäischer Staaten ist die Ursache dafür, daß wir über Jahrzehnte hin den Frieden unter uns und mit anderen haben konnten. Viele haben das vergessen. Sie verstehen nicht mehr, welche Spannungen einmal abgebaut worden sind, ohne deren Beseitigung ein großer Teil der europäischen Energien weiterhin für Rivalitäten von gestern verschwendet worden wären. Kritiker, vor allem aus den sozialistischen Staaten, die seinerzeit die EG als Mittel des Imperialismus und des Kalten Krieges diffamiert hatten, erkannten unterdes, daß der Friede nur duch Zusammenarbeit mit dieser Gemeinschaft organisiert werden kann.
    Doch Zusammenarbeit ist etwas sehr Konkretes. Die Gemeinschaft orientiert sich nicht an Ideologien. Ihre Stärke ist die Verbindung von Marktmechanismen mit einem Höchstmaß an sozialer Gerechtigkeit. Wo ein Markt mit dem System nicht in Einklang steht, ist er auch durch verbale Kraftakte nicht zu schaffen. Ich sage das nicht hämisch. Nicht durch Ausklammern der Probleme sichern wir eine positive Entwicklung, sondern durch ein offenes Wort über die erforderlichen Prozesse, die bei weiterem Festhalten an erfolglosen Ideologien nicht stattfinden werden.



    Dr. Stercken
    Zu unserem Verständnis von Freiheit und Freizügigkeit gehört auch die Qualität, die wir unseren nationalen Grenzen geben. Was wir heute schon erreicht haben und morgen an völliger Freizügigkeit schaffen werden, ist für unsere Gesprächspartner in den sozialistischen Staaten teilweise unvorstellbar. Wir sollten das unseren Besuchern zeigen. Die Grenzen zwischen den sozialistischen Staaten unterscheiden sich ja kaum von denen zwischen Ost und West: Wachtürme, Stacheldraht, sogar Schießbefehl, eine andere Form von Todesstrafe.
    Das alles ist von einem gemeinsamen Haus leider noch sehr weit entfernt. Dies ist kein Plädoyer gegen die europäische Gemeinsamkeit, die alle Menschen dieses Kontinents schon durch die Inanspruchnahme der gemeinsamen Kultur aller dieser Länder erspüren und die sie leben wollen. Natürlich wissen wir, was die russische, polnische, tschechoslowakische, ungarische Literatur, Musik, Kunst für uns alle bedeutet, und wir erkennen hier keine geistigen Linien der Trennung. Gemeinsamkeit ist nicht nur ein emotionaler Begriff, sondern bedeutet Gemeinsamkeit in der Anerkennung und Anwendung von gemeinsamen Wertvorstellungen und Werthaltungen.
    Die europäische Elle, meine Damen und Herren, mit der wir alles messen werden, was sich zwischen dem Atlantik und dem Ural entwickeln wird, ist nicht ein Maß für weniger Freiheit oder Freizügigkeit, für bedenkliche Kompromisse oder erfolglose nationalistische Rezepte des 19. Jahrhunderts, nein, die Schaffung der europäischen Union war und ist wahrscheinlich die größte Revolution unseres Jahrhunderts, eine Revolution, die zum Erfolg geführt hat und nicht zur Restauration, eine Revolution der Freien, die Trennendes überwinden, die Rivalisierendes versöhnen, die Frieden durch Zusammenarbeit sichern wollen. Wie schön wäre es, wenn auch andere diese Lektion einer leidvollen Geschichte begreifen würden! Dazu haben Kollegen schon Stellung genommen.
    Am Vorabend der dritten direkten Wahlen für ein Europäisches Parlament muß es gelingen, unseren Bürgern deutlich zu machen, daß ihr Leben in Freiheit und Frieden eine Folge dieser zukunftsorientierten Politik ist, damit sie ihren persönlichen Bezug zu diesem parlamentarischen und politischen Geschehen begreifen.
    Nur eine Fortsetzung des Einigungsprozesses, wie wir ihn mit unseren Vorlagen anstreben, wird Europa das Gewicht geben, das seinen Beitrag zur Gestaltung des Friedens verstärkt. Diese ungebrochene geistige und wirtschaftliche Kraft Europas muß in verstärktem Umfang dem Ost-West- und dem Nord-Süd-Dialog zugewandt werden.
    Größere Gemeinsamkeit bedeutet auch konstruktiven Einsatz für europäische Sicherheit und Abrüstung, um den Grad der Sicherheit zu erhöhen. Mehr Zusammenarbeit erleichtert das Gespräch mit allen anderen Partnern in der Welt, mit denen wir mehr Austausch wollen, nicht mehr Protektionismus. Mehr Gemeinsamkeit erfordert auch Stärkung der parlamentarischen Zusammenarbeit und damit des Europäischen Parlaments.
    Diese Debatte muß unsere Bereitschaft dazu stärken. Wie sollten sonst unsere Bürger erkennen, daß sie am 18. Juni 1989 nicht nur Parteien wählen, sondern auch für Europa stimmen?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher.

(Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Welcome home!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe davon gehört, Herr Kollege Ehmke, daß Sie heute morgen meine Abwesenheit bemerkt haben. Ich habe die Gelegenheit noch wahrgenommen, mit dem sowjetischen Außenminister zu sprechen. Aber es hat gutgetan, zu wissen, daß Sie mich vermißt haben.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Es ist vielleicht ein Zufall, aber es ist doch symbolisch, daß wir im Deutschen Bundestag über die Fortschritte im Prozeß der europäischen Einigung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sprechen und daß zur gleichen Zeit in Wien die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit stattfindet. Man kann beides nicht voneinander trennen.
    Man kann mit guten Gründen sagen, Europa ist in Bewegung geraten, unsere Europäische Gemeinschaft. Europa ist in Bewegung geraten durch die Reformentwicklung in der Sowjetunion und in anderen sozialistischen Staaten. Europa ist in Bewegung geraten durch eine neue Dynamik in den West-Ost-Beziehungen.
    Unsere Europäische Gemeinschaft hat sich als ein attraktives Modell erwiesen. Sie ist die höchste Form der Zusammenarbeit souveräner Staaten. Aber zu dieser höchsten Form gehört auch, daß eine Gemeinschaft demokratisch verfaßter Staaten ein mit allen Rechten ausgestattetes Europäisches Parlament hat. Darüber kann kein Zweifel bestehen.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Ich denke, manche Zurückhaltung, Kompetenzen nach Europa zu übertragen, beruht darauf, daß die Sorge besteht, daß parlamentarische Kontroll- und Entscheidungskompetenzen auf nicht parlamentarische Organe übertragen werden können. Das kann nicht unser Ziel sein. Unser Ziel muß vielmehr sein, von Parlament zu Parlament zu übertragen. Die Bundesregierung wird dem nicht nur nicht im Wege stehen, sondern sich darum bemühen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn wir von der Attraktivität unserer Europäischen Gemeinschaft sprechen, so möchte ich diese Attraktivität nicht beschränkt sehen auf die größere ökonomische Leistungsfähigkeit, sondern ich möchte sie in der Gesamtheit dessen sehen, was die Gemeinschaft unserer Demokratien ausmacht.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Es ist auch die Attraktivität unseres demokratischen
    Modells, die Attraktivität der Menschenrechte, die



    Bundesminister Genscher
    Attraktivität der Werte, die Attraktivität einer pluralistischen Gesellschaft.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Die Reformentwicklung in den sozialistischen Staaten sollten wir auch nicht auf den Versuch reduzieren, diese Gesellschaften wirtschaftlich effektiver zu machen. Hinter dieser Entwicklung steht mehr. Wir als Angehörige freier Gesellschaften sollten doch wissen, daß es gar nicht möglich ist, eine Gesellschaft wirtschaftlich effektiver zu machen, wenn nicht auch die Menschenwürde, die Menschenrechte, die Selbstbestimmung des einzelnen einen größeren Freiraum und größere Anerkennung bekommen. Beides gehört doch zusammen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich denke, daß wir in unserem Urteil auch zu kurz greifen, wenn wir sagen, alles, was dort geschehe, geschehe unter dem Zwang der ökonomischen Notwendigkeiten, sozusagen aus Verzweiflung, weil es keinen anderen Weg mehr gebe. Meine Damen und Herren, auch das sind die Formen der Feindbilder, die wir langsam ablegen sollten. Nicht nur bei uns bestimmen Wertvorstellungen politisches Handeln. Trauen wir doch bitte auch Verantwortlichen in anderen Staaten mit anderen Systemen zu, daß sie erkennen, daß die Besinnung auf die Werte Europas, daß europäische Selbstfindung ihnen selbst guttut, daß sie also nicht nur mehr wirtschaftliche Effektivität wollen, sondern daß sie tatsächlich auch mehr Freiheit und mehr Bewegungsmöglichkeit für ihre eigenen Bürger wollen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich denke, nur dann werden wir die Reformentwicklung in der Sowjetunion in ihrer ganzen Tragweite richtig einschätzen können. Anders wäre es nicht denkbar, daß wir im menschenrechtlichen Bereich bei dieser Konferenz so bedeutende Fortschritte haben erzielen können. Lassen Sie uns die drei Menschenrechtskonferenzen in Paris, in Kopenhagen und in Moskau nutzen, um auf diesem Wege weiterzugehen.
    Wenn der sowjetische Außenminister heute eine wirklich bedeutende Rede über seine Vision zu Europa gehalten hat, wenn er dort vom Eisernen Vorhang spricht und sagt, dieser Eiserne Vorhang bekomme jetzt nicht nur immer mehr Löcher, nein, er zerfalle, meine Damen und Herren, was bedeutet das denn?

    (Sehr gut! bei der FDP)

    Das bedeutet Öffnung in Europa. Deshalb muß auch Öffnung bei uns nicht nur als ein ökonomischer Vorgang betrachtet werden.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Dieser gemeinsame Binnenmarkt muß natürlich ein nach außen offener Markt werden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Aber, meine Damen und Herren, das ist nicht nur eine
    ökonomische Notwendigkeit, das ist nicht nur ein
    GATT-Problem. Diese Offenheit unseres Binnenmarktes ist eine große politische Handlung, damit unser Europa wieder zusammengeführt werden kann.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Diese politische Dimension müssen wir erkennen, damit wir die drei großen dynamischen Entwicklungen in Europa in ihrer Substanz nutzen können: die Dynamik in der Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft, die Dynamik in der Reformentwicklung in der Sowjetunion und — jetzt sage ich das, ohne einen Artikel einzufügen — in anderen sozialistischen Ländern.
    Ich bin ganz zuversichtlich, daß ist ein unumkehrbarer Prozeß. Die, die heute noch zögern, werden auf diesem Wege folgen müssen. Dieser Prozeß geht weiter, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Der Prozeß, der auf der Grundlage der Schlußakte von Helsinki eingeleitet worden ist, dieser Prozeß ist unaufhaltsam. Er ist die Kursbestimmung zu einer europäischen Friedensordnung und ich scheue mich auch gar nicht, das zu sagen — das meint ja im Grunde dasselbe — : zu einem gemeinsamen europäischen Haus. In diesem europäischen Haus muß es Pluralität in jeder einzelnen Wohnung geben, aber natürlich auch zwischen den Wohnungen. Lassen Sie uns doch den Wettbewerb unterschiedlicher politischer, wirtschaftlicher Ordnungen aufnehmen! Sie alle müssen in diesem Haus Platz haben. Jeder mag dann über die bessere Einrichtung seiner Wohnung entscheiden. Aber er kann es nur, wenn es ein Haus der offenen Türen, ein Haus der offenen Fenster ist, vor allen Dingen aber ein Haus, wo niemand Angst haben muß.
    Meine Damen und Herren, deshalb ist es so wichtig, daß wir die Chance erkennen, die heute auch in der Abrüstungsentwicklung für die Gestaltung dieses europäischen Hauses liegt, daß wir zu einer Entideologisierung der zwischenstaatlichen Beziehungen kommen. Sie wird durch die größere Beachtung der Menschenrechte und der Menschenwürde möglich, durch die Fortschritte, die jetzt erreicht worden sind. Das wird zu einer Entideologisierung der Beziehungen führen. Es muß zu einer Entmilitarisierung der Beziehungen führen, wenn wir auf der Grundlage der stärkeren Achtung der Menschenrechte — dieses Konzept haben sich alle durch ihre Zustimmung zu eigen gemacht — auch dazu kommen, daß jener Antagonismus abgebaut wird, der zur Errichtung großer militärischer Potentiale geführt hat. Das bedeutet also: Abbau von Bedrohungspotentialen, von Mißtrauen und von Fehlleitungen von Ressourcen. Aber, meine Damen und Herren, das ist doch alles mehr als nur ein mechanischer Vorgang der Abrüstung. Hier muß sich etwas vollziehen, was im Grunde ein neues Europa schafft, in dem auch die Streitkräfte, diesmal sage ich: auf beiden Seiten, eine Funktion haben, wie die NATO-Außenminister das am 8. Dezember des letzten Jahres in Brüssel gesagt haben:
    Unsere Vision bleibt ein Kontinent, auf dem bewaffnete Streitkräfte nur der Kriegsverhinderung und der Selbstverteidigung dienen, nicht jedoch der Aggression oder der politischen oder militärischen Einschüchterung.



    Bundesminister Genscher
    Meine Damen und Herren, in einem solchen Verständnis der Sicherheitspolitik brauchen wir keine Feindbilder, keine Bedrohungsängste. Es müßte schlecht um unsere demokratischen Gesellschaften bestellt sein, wenn wir für unsere politische Stabilität und für unsere Übereinstimmung eines Feindbildes aus dem Osten bedürften; auch unsere Bundeswehr braucht keine Feindbilder. Sie leistet Friedens- und Freiheitsdienst. Das ist ihre Verantwortung, von Anfang an bis auf den heutigen Tag.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)

    Das ist das Selbstverständnis einer Wehrpflichtarmee. Kein Abrüstungsvorschlag aus dem Osten ist geeignet, in diesem Lande die Verteidigungsbereitschaft zu untergraben. Die Verteidigungsbereitschaft würde nur dann in Gefahr geraten, wenn der sicherheitspolitische Konsens unter den Bürgern dieses Landes verloren ginge. Der kann nicht durch einen Vorschlag von Herrn Gorbatschow gefährdet werden. Er würde nur dann gefährdet, wenn wir nicht in der Lage wären, die Chance der Abrüstung realistisch zu nutzen. Das ist die politische Verantwortung, und es ist eine Verantwortung, die wir zu allererst tragen, die wir wahrnehmen.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Reden Sie gegen Herrn Scholz?)

    Deshalb, meine Damen und Herren, lassen Sie uns auch die Chance erkennen, die für uns Deutsche in diesen drei dynamischen Entwicklungen liegt.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Herr Genscher, der Scholz kommt später!)

    Wir brauchen uns doch nicht in längst überholte, niemals richtige Diskussionen zu verlieren, ob die eine Einigung der anderen entgegensteht.

    (V o r s i t z : Vizepräsident Stücklen)

    Wenn es richtig ist, daß das, was Europa trennt, Deutsche trennt, dann führt auch das Deutsche zusammen, was Europa zu Europa führt. Nutzen wir diese historische Chance!
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)