Rede von
Dr.
Johannes
Gerster
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dem Kollegen Bohl außerordnetlich dankbar, daß er hier noch einmal unterstrichen hat, daß das der wichtigste Tagesordnungspunkt dieses Tages und wahrscheinlich auch dieser Woche ist. Dennoch möchte ich mich auf fünf Bemerkungen beschränken.
Erstens. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellt mit Zufriedenheit fest: Das gemeinsame Ziel der Bundesregierung und der überwältigenden Mehrheit in diesem Parlament, die Volkszählung 1987 zu einem Erfolg werden zu lassen, ist erreicht worden. Die Ergebnisse liegen pünktlich vor, 18 Monate nach dem Stichtag, wie beabsichtigt. Das entspricht exakt den Planungen und auch den damaligen Ankündigungen der Bundesregierung.
Zweitens. Die Ergebnisse der Volkszählung müssen jetzt genau analysiert und ausgewertet werden. Natürlich stellen die erhobenen Daten für Bund, Länder und Gemeinden unverzichtbare Grundlagen für in die Zukuunft weisende Planungsentscheidungen dar.
Daß dies so ist, haben die GRÜNEN allein durch konkludentes Verhalten im Innenausschuß bewiesen, als sie gerade mit Bezug auf die Volkszählung, Herr Minister, schon konkrete Fragen für Ihre Arbeit gestellt haben. Ich bin der festen Überzeugung, daß mit diesen neuen Daten unnötige Geldausgaben zu Lasten der Allgemeinheit vermieden werden können, wenn man nämlich die politischen Planungen von Bund, Ländern und Gemeinden auf neue Fakten einstellt, damit Fehlplanungen verhindert, Überkapazitäten
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8237
Gerster
abgebaut werden, die es mit Sicherheit in Zukunft geben wird. Letzten Endes können natürlich auch jedem einzelnen Bürger die auf Grund verläßlicher Planungsdaten verbesserten Entscheidungen nur zugute kommen. Das war also eine gute Sache.
Dritte Bemerkung. Es haben, wie ja bekannt ist, viele haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter diesen Erfolg mit ihrem Engagement ermöglicht. Ich meine, wir haben allen Grund, allen diesen Mitarbeitern bis hin in das Ministerium für ihre Leistungen herzlich Dank zu sagen.
Viertens. Auf verläßliche Rahmendaten kann auch in Zukunft nicht verzichtet werden. Ich glaube nicht, daß wir mit dem Mikrozensus auskommen. Herr Minister, ich würde Ihnen dringend empfehlen, daß die Regierung durch eine Kommission überprüfen läßt, was gegebenenfalls bei Volkszählungen zu verändern und zu verbessern ist, um auch in Zukunft entsprechende Erhebungen unter Beachtung des Persönlichkeitsrechtes der Bürger möglich zu machen. Ich glaube, wir brauchen auch in Zukunft diese Erhebungen, die auch keine neue Erfindung, keine Teufelei des 20. Jahrhunderts sind, sondern praktisch seit 2 000 Jahren dort, wo kultiviertes Leben stattfindet, durchgeführt werden und auch in fast allen Staaten der Welt als notwendig angesehen werden.
— Ich habe nicht behauptet, daß die Bundesrepublik Deutschland ein Staat der GRÜNEN ist. Sonst hätte ich ihn auch nicht „kultiviert" genannt, Frau Kollegin.
Fünfte Bemerkung. Die GRÜNEN — auch die GRÜNEN im Deutschen Bundestag — stehen einsam und verlassen im politischen Abseits. Ich frage mich immer wieder, ob ich mich über die Starrheit und Unbeweglichkeit wundern soll. Herr Kleinert, was sich hier bei dem Antrag wieder gezeigt hat, ist Uneinsichtigkeit oder nachpubertäres Verhalten.
Wie ein trotziges Kind donnern Sie hier auf und wollen nicht zugeben, daß Sie verloren, eine Niederlage erlitten haben.
Sie haben gewaltige Anstrengungen propagandistischer Art unternommen, um diese Volkszählung unmöglich zu machen. Sie haben Bürger in Angst und Schrecken gejagt. Sie wollten eine Art Plebiszit gegen den Staat veranstalten, und das ist schiefgegangen. Nicht einmal Ihre eigenen Wähler sind Ihnen gefolgt, und ich wünsche Ihnen bei allen nächsten Wahlen so viel Anklang, wie Sie in der Bevölkerung bei Ihrem Protest mit dieser Volkszählung hatten. Das wäre gut für das Land, für die Bundesrepublik Deutschland und alle Bürger.
Da mir das Ganze nicht so ernst ist, möchte ich meine Einlassung mit einem kleinen Spruch, frei nach Wilhelm Busch, beenden:
Sokrates, der alte Greis,
sagte oft in tiefen Sorgen:
Ach, wieviel ist doch verborgen,
was man immer noch nicht weiß.
Und so ist es. — Doch indessen
darf man eines nicht vergessen:
Eines weiß man von den GRÜNEN:
Sie sind immer unzufrieden!