Rede von
Uwe
Ronneburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte über die Regierungserklärung begann hoffnungsvoll. Die Regierungserklärung selbst war in der Lage, positive Entwicklungen darzustellen. Ich brauche die Einzelheiten nicht zu wiederholen, aber erinnere noch einmal zumindest an den einen und schwerwiegendsten Punkt, an die Zunahme der Zahl der Besuchsreisen aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland.
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion sah sich in der Lage, diese positiven Entwicklungen zu bestätigen, und er verband diese Aussage mit dem Angebot einer Gemeinsamheit in der Deutschlandpolitik. Ich hätte dem Kollegen Dr. Vogel gewünscht, daß dieses sein Angebot nicht durch Redner seiner eigenen Fraktion relativiert und zum Teil wieder zurückgenommen worden wäre. Das, was der Kollege Büchler hier an zusätzlichen Bedingungen genannt hat, nimmt zurück, was der Kollege Vogel an Angeboten gemacht hat.
Aber, Herr Kollege Heimann, es wird ja im Grunde genommen noch viel schlimmer. Ich habe heute aus Ihrem Mund ein Wort gehört, das nun wirklich die Gemeinsamkeit der Deutschlandpolitik ausschließt. Sie haben davon gesprochen, es gelte, die Chance der Zweistaatlichkeit zu nutzen.
Herr Kollege Heimann, ich sage Ihnen hier mit aller Deutlichkeit: Ich verwahre mich dagegen, daß ein solches Wort irgend etwas mit dem zu tun hat, was Ihre Fraktion und meine Fraktion in den 70er Jahren an Deutschlandpolitik betrieben haben.
Dies war nicht das, Herr Kollege Heimann, was uns zusammengeführt hat.
Vielleicht sollte man auch noch einmal darüber nachdenken, auf welchen Punkt denn eigentlich diese Deutschlandpolitik, auf deren Erfolge wir bei allen kritischen Bemerkungen gegenüber bestimmten Entwicklungen in der DDR in der allerjüngsten Vergangenheit blicken, zurückgeht. Ich tue das als Vertreter meiner Fraktion sehr gerne. Denn ich verweise Sie alle in Ihrer Erinnerung auf das Datum des 24. Januar 1969. Damals, zu Zeiten der Großen Koalition, hat die FDP-Fraktion einen Entwurf für einen Generalvertrag mit der DDR eingebracht. Er ist im Mai desselben Jahres diskutiert worden.
Heute kann ich meine Kollegen von der SPD-Fraktion nur auffordern, einmal den Grundlagenvertrag in seiner endgültigen Formulierung und diesen Entwurf
Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 1. Dezember 1988 8127
Ronneburger
eines Generalvertrages nebeneinander zu legen und dann das Urteil darüber zu fällen, von wo aus eigentlich die Initiative ausgegangen ist, um eine Deutschlandpolitik zu betreiben, die die Menschen im geteilten Land näher zueinander führt und die auch dazu beiträgt, daß wir mit unseren Leistungen einen positiven Einfluß auf die tägliche Lebenssituation der Menschen in der DDR nehmen. Der einzige Weg, den wir dazu haben — das war und ist unsere Auffassung — geht über den Staat DDR und über die Zusammenarbeit mit ihm.
Aber wenn ich aus Ihrem Munde höre, daß die Zusammenarbeit, auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit, mit der DDR letzten Endes ein Regime stütze, dessen Politik wir nicht für gut halten — das gilt auch für seine Politik gegenüber den eigenen Bürgern im Lande —, dann muß ich Ihnen sagen: Ich bin bereit
— und meine Kollegen in meiner Fraktion sind bereit — , diese Politik weiterzuführen, solange wir auch nur einen Ansatzpunkt dafür haben, daß diese Politik den Menschen im geteilten Lande zum Nutzen sein wird. Wir werden von dieser Politik nicht ablassen.
— Ja, ehe ich zu einem anderen Thema komme, Frau Präsidentin, lasse ich diese Zwischenfrage zu.