Rede von
Helmut
Wieczorek
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich stimme ausdrücklich dem Grafen Lambsdorff zu, der im „Handelsblatt" orakelt hat:
Wenn wir überhaupt noch ein Stückchen Renommee beim Bürger bewahren wollen, dann muß ein Zeichen dafür gesetzt werden, daß wir endlich bereit sind, auch die Finanzleistungen zu kürzen.
Herr Weng, Ihr Renommee ist mit dem Haushalt 1989 endgültig dahin.
Sie haben einen Subventionsrekord von 33 Milliarden DM aufgestellt, und mit der im Vorgriff auf die Prüfung durch das Bundeskartellamt angekündigten Ministererlaubnis für die Großfusion Daimler-Benz/MBB haben Sie auch ordnungspolitischen Flurschaden angerichtet, der kaum mehr gutzumachen ist.
Versäumnisse gibt es auch in der Verkehrspolitik. Ihr halbherziges Konzept zur Sanierung der Bahn ist gescheitert. Die Zustände auf unseren Straßen und in der Luft machen deutlich, daß es so nicht weitergehen kann. Aus den schlimmen Erfahrungen der Katastrophe in Herborn, die die Menschen im Schlaf überraschte, haben Sie nichts gelernt. Der Schwerverkehr, vor allem die Gefahrenguttransporte, gehören auf die Bahn, damit die Straßen entlastet werden und Herborn sich nicht wiederholen kann.
Nur durch ein zukunftsweisendes integratives Verkehrskonzept
von Straßen-, Schienen-, Wasser- und Luftverkehr
kann sichergestellt werden, daß uns nach der Liberalisierung des Verkehrs in Europa nicht der Verkehrs-
infarkt auf der Straße und der Zusammenbruch der Bahn drohen.
Versäumnisse gibt es auch in der Energiepolitik. Die muß ich Ihnen einfach noch einmal vorhalten. Es geht nicht an, daß die Energiepolitik zunehmend von demokratisch nicht legitimierten Monopolisten gemacht wird. Die Bundesregierung ist erpreßbar geworden.
Wodurch sonst ist das Pokerspiel der Energieversorgungsunternehmen in Sachen Kohlepfennig oder bei der Finanzierung des Schnellen Brüters zu erklären? Es ist sicher nicht schwer, den Bürgern unseres Landes die Angemessenheit der zusätzlichen Belastung aus dem Kohlepfennig, der ja pro Haushalt und Monat ungefähr 10 DM beträgt, zu vermitteln. Im Verhältnis zu den von Ihnen für die Finanzierung unsinniger Steuergeschenke angehobenen Verbrauchsteuern ist das vertretbar.
Die Bundesregierung hat sich zu viele Versäumnisse geleistet. Die politischen Defizite haben ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr hingenommen werden kann. Wir brauchen eine Politik, die sich an klaren Prioritäten orientiert und die Herausforderungen der Zukunft konstruktiv und offensiv annimmt.
Ich habe Ihnen über die richtungsweisenden Beschlüsse meiner Partei in Münster
schon einiges gesagt.
Zum Abschluß möchte ich Ihnen gern ein paar Sätze darüber sagen, was wir in der Steuerpolitik machen und erreichen wollen. „Durch Umweltsteuern steuern" ist der Slogan, den wir über die ganze Aktion setzen. Das heißt, daß wir einen spürbaren Teil der Steuerlast von Lohn und Einkommen auf den Energieverbrauch und umweltschädigende Produktionen umschichten. Wer die Umwelt schützt, wird sofort entlastet; wer die Umwelt schädigt, muß sofort höhere Steuern zahlen.
Das soll für Bürger wie für Unternehmen gleichermaßen gelten. Ein System von Umweltsteuern ist ein überzeugender marktwirtschaftlicher Weg, um von einer defensiven Umweltpolitik wegzukommen, die eingetretene Schäden lediglich nachträglich repariert.