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ID1110710400

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    Plenarprotokoll 11/107 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 107. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. November 1988 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Erdbebens in der chinesischen Provinz Yunnan . . . 7363 A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde und den Richtlinien für Aktuelle Stunden in der Sitzungswoche ab 21. November 1988; keine Befragung der Bundesregierung in dieser Woche 7393 D Erweiterung der Tagesordnung 7380 A Ersetzung des Tagesordnungspunktes 16 a durch den Antrag auf Drucksache 11/3298 7394 A Jahn (Marburg) SPD 7363 B Rücktritt des Abg. Dr. Jenninger vom Amt des Präsidenten des Deutschen Bundestages 7398 C Vizepräsident Frau Renger 7398 C Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/2685) b) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Hüser und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/3116) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern (Drucksache 11/3263) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7364 A Dr. Struck SPD 7365 D Austermann CDU/CSU 7367 C Hüser GRÜNE 7370 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7372 B Dr. Voscherau, Präsident der Freien und Hansestadt Hamburg 7374 A Grobecker, Senator der Freien Hansestadt Bremen 7375 C Frau Tidick, Minister des Landes Schleswig- Holstein 7376 C Dr. Rose CDU/CSU 7377 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. jüngste Äußerungen von Politikern der CDU und SPD zur Wochenarbeitszeit Hoss GRÜNE 7380 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 7381 A Schreiner SPD 7381 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 7382 D Frau Steinhauer SPD 7384 D Dr. Lammert CDU/CSU 7385 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 7386 C Beckmann FDP 7387 A Andres SPD 7388 A Kolb CDU/CSU 7389 A Dreßler SPD 7389 D Feilcke CDU/CSU 7390 D Kraus CDU/CSU 7391 D Schemken CDU/CSU 7392 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1988 Tagesordnungspunkt 16 b: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Oktober 1987 bis 31. März 1988 (Drucksache 11/2201) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Erweiterung der Westeuropäischen Union (WEU) durch Spanien und Portugal (Drucksache 11/3298) Dr. Klejdzinski SPD 7394 A Reddemann CDU/CSU 7395 B Dr. Mechtersheimer GRÜNE 7396D Dr. Feldmann FDP 7398 D Genscher, Bundesminister AA 7399 C Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zu sammenarbeit (Drucksachen 11/3258, 11/3265) Genscher, Bundesminister AA . . 7401A, 7410 C Dr. Ehmke (Bonn) SPD 7402 D Lamers CDU/CSU 7405 C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 7407 C Dr. Feldmann FDP 7409B Zusatztagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP sowie der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (Drucksachen 11/2436, 11/3292) Becker (Nienberge) SPD 7411B Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen (Drucksachen 11/2675, 11/3288, 11/3294) . . 7411D Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1989 (ERPWirtschaftsplangesetz 1989) (Drucksache 11/2965) 7412 A Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Meldungen in der Mineralölwirtschaft (Mineralöldatengesetz) (Drucksache 11/2043) 7412 C Nächste Sitzung 7412D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7413* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7413* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1988 7363 107. Sitzung Bonn, den 11. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 11. 11. Amling 11. 11. Frau Beer 11. 11. Böhm (Melsungen)* 11. 11. Börnsen (Ritterhude) 11. 11. Dr. Bötsch 11. 11. Brandt 11. 11. Breuer 11. 11. Dr. Briefs 11. 11. Dollinger 11. 11. Dr. Dregger 11. 11. Ebermann 11. 11. Dr. Ehrenberg 11. 11. Frau Eid 11. 11. Dr. Faltlhauser 11. 11. Gansel 11. 11. Gerstein 11. 11. Dr. Glotz 11. 11. Dr. Götz 11. 11. Grünbeck 11. 11. Frau Dr. Hamm-Brücher 11. 11. Dr. Hauff 11. 11. Heimann 11. 11. Frau Hensel 11. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 11. Dr. Hüsch 11. 11. Jaunich 11. 11. Kiechle 11. 11. Koschnick 11. 11. Kretkowski 11. 11. Leonhart 11. 11. Link (Diepholz) 11. 11. Dr. Lippelt 11. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 11. Meyer 11. 11. Dr. Müller* * 11. 11. Frau Nickels 11. 11. Oostergetelo 11. 11. Paintner 11. 11. Pfeifer 11. 11. Dr. Pinger 11. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach 11. 11. Frau Rock 11. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 11. Schmitz (Baesweiler) 11. 11. Dr. Schmude 11. 11. Sellin 11. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 11. 11. Spilker 11. 11. Frau Trenz 11. 11. Voigt (Frankfurt) 11. 11. Frau Wieczorek-Zeul 11. 11. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 4. November 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 159 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. Juni 1983 über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung der Behinderten Gesetz zu dem Montrealer Protokoll vom 16. September 1987 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Finanzausschuß Drucksache 11/2899 Nr. 1.11, 1.12 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/6625 Drucksache 11/1536 Drucksache 11/1538 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/2580 Nr. 6 Drucksache 11/2899 Nr. 3.2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/973 Nr. 2.2, 2.6 Drucksache 11/2580 Nr, 10 Drucksache 11/2899 Nr. 3.3 -3.9 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2841 Nr. 10, 11 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2089
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Karl Lamers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Ehmke, es geht hier überhaupt nicht um Juristisches — um das klar zu sagen —, sondern darum, ob jener Satz, daß sich die Strategie der Abschreckung und Verteidigung auf eine geeignete Zusammensetzung nuklearer und konventioneller Streitkräfte stützen muß,

    (Frau Hillerich [GRÜNE]: Weiterhin!) die gemeinsame Überzeugung und die gemeinsame Politik Frankreichs und der Bundesrepublik weiter bestimmen soll, ja oder nein. Und jeder, der dem Protokoll zustimmt, stimmt dieser Aussage zu.


    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Deswegen bin ich sehr gespannt auf Ihr Abstimmungsverhalten in der zweiten Lesung. Es geht nicht um mehr, aber auch nicht um weniger. Der Tanz, den Sie da aufführen, läßt das, was ich behauptet habe und was auszuführen mir die Zeit leider nicht erlaubt, als nur allzu begründet erscheinen.
    Was soll das Ziel der Abstimmungen in den beiden Räten sein? Ich will zum Wirtschafts- und Sozialrat nicht viel sagen. Nur soviel: Gemeinsames Ziel Frankreichs und der Bundesrepublik muß sein, eine Währungsunion zu erreichen. Ich meine, daß die Voraussetzungen dafür besser geworden sind, weil alle europäischen Länder und gerade auch Frankreich sich bemühen, eine stabilitätsorientierte, antiinflationäre Politik zu betreiben.
    Meine Freunde, ich will auch soviel sagen: Wenn wir zu Recht davon überzeugt sind, daß alle europäischen Völker ihr Schicksal miteinander teilen müssen, um eine gemeinsame Zukunft zu haben, dann kann das nicht beim Geld halt machen. Ohne eine gemeinsame Sicherheitspolitik kann es kein politisch handlungsfähiges Europa geben. Ohne Frankreich und ohne deutsch-französische Initiative und deutschfranzösisches Beginnen kann es keine gemeinsame Sicherheitspolitik in Europa geben. Dieser Zusammenhang kennzeichnet wirklich die essentielle Schlüsselfunktion des deutsch-französischen sicherheitspolitischen Zusammengehens.
    Zu den tausend guten Gründen, die es schon immer für diese Politik gab, ist ein weiterer hinzugekommen. Die neue sowjetische Politik und der Abrüstungsprozeß verlangen dringend nach einer gemeinsamen sicherheitspolitischen Antwort nicht nur für das Heute, sondern auch nach einer Antwort, die für die Zukunft tragfähig ist. Auch sie muß auf einem deutsch-französischen Akkord beruhen. Die Entwicklung Westeuropas zu einem handlungsfähigen Akteur ist ein tragendes Element bei der Konstruktion einer neuen Friedensordnung auf unserem Kontinent.
    Die Entwicklung der Sowjetunion bietet Chancen für eine solche Friedensordnung, eine bessere. Aber — das ist vielleicht das, was uns unterscheidet, Herr Kollege Ehmke — nur ein starkes Europa der demokratischen Länder unseres Kontinents kann diesen Entwicklungsprozeß in der Sowjetunion beeinflussen, kann den Gefahren von Instabilitäten in der Sowjetunion und im Warschauer Pakt widerstehen, kann das Ergebnis erfolgreicher Reformen, nämlich eine noch mächtigere Sowjetunion, aushalten, ausbalancieren. Partner der Sowjetunion soll Westeuropa schon sein. Aber es muß auch Gegenpart sein können. Es geht nicht um eine europäische Supermacht, aber eine Macht muß Europa schon sein.
    Was die Abrüstung angeht, sollten wir uns daran erinnern, daß eine gemeinsame Abrüstungsstrategie eine gemeinsame Sicherheitspolitik voraussetzt. Wir sollten uns klarmachen, daß die Verwirklichung unserer abrüstungspolitischen Ziele strategische wie si-



    Lamers
    cherheitspolitische Grundpositionen sowohl Frankreichs wie der Bundesrepublik Deutschland berührt. Vor allem aber sollten wir uns eines klarmachen. Unser Ziel bei den Wiener Verhandlungen, konventionelles Gleichgewicht in Europa, d. h. Abbau der sowjetischen Überlegenheit, ist gleichbedeutend mit der Aufforderung an die Sowjetunion, diese regionale Überlegenheit nicht länger als Ausgleich ihrer globalen Unterlegenheit gegen die Vereinigten Staaten zu verstehen.
    Dieses Ziel mit seinen außerordentlich weitreichenden Implikationen für die sowjetische Weltmachtrolle werden wir nur erreichen, wenn Europa nicht länger zuläßt, daß seine Sicherheit von der Sowjetunion als eine Funktion ihres Verhältnisses zu den USA betrachtet wird. Frankreich und die Bundesrepublik sind sich heute völlig darüber einig — anders, als das in den 60er Jahren der Fall zu sein schien —, daß die deutsch-französische Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik das Bündnis zwischen den USA und Europa nicht ersetzen, sondern es im Gegenteil dauerhaft auf eine gesündere, von mehr Gleichgewicht bestimmte Grundlage stellen soll, daß es eben um die Errichtung des europäischen Pfeilers geht. Frankreich und die Bundesrepublik sind sich auch einig, daß unsere Partner in Europa nicht ausgeschlossen werden sollen und die entstehenden deutsch-französischen Sicherheitsstrukturen für eine europäische Sicherheitsunion offenbleiben müssen.
    Wenn man im übrigen das Bild des europäischen Pfeilers zu Ende denkt, vermag es den Widerspruch zwischen NATO-Integration und europäischer Verteidigungsidentität aufzulösen. Der Pfeiler bedeutete eben eine grundlegende Veränderung der politischen und militärischen Strukturen des Bündnisses. Statt eines Bündnisses zwischen den USA und 14 europäischen Nationen gäbe es eine Allianz zwischen Europa und den USA.
    Auf dem Weg dorthin sind natürlich viele konkrete, handfeste Schwierigkeiten, ja, auch Interessenunterschiede und viele psychologische Widerstände zu überwinden, übrigens nicht nur in Frankreich, sondern auch in der Bundesrepublik und anderswo. Ob es uns gelingt, sie zu überwinden, wird entscheidend davon abhängen, ob wir die Einsicht beherzigen — und in der Lage sind, entschlossen Konsequenzen aus ihr zu ziehen —, daß Unabhängigkeit, genauer gesagt: ein größtmögliches Maß an Unabhängigkeit in der Sicherheitspolitik wie in allen anderen Politikbereichen alle europäischen Länder, auch Frankreich und die Bundesrepublik, nur noch gemeinsam erhalten können, wenn wir aus der tatsächlich bestehenden Schicksalsgemeinschaft eine Handlungsgemeinschaft gestalten.
    Auf dem Weg zu diesem Ziel müssen wir pragmatisch, klug und besonnen vorgehen. Aber pragmatische Schritte — die einem immer in der Antwort genannt werden, wenn man nach dem weiteren Vorgehen fragt — müssen in die richtige Richtung erfolgen, und deswegen, Herr Bundesaußenminister, ist nunmehr die Zeit für eine grundsätzliche Zielbestimmung und Weichenstellung gekommen. Dazu fordern wir die Bundesregierung und die französische Regierung
    auf. Wir, die Union, werden sie dabei begleiten, fördernd und fordernd, ermahnend und ermunternd.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mechtersheimer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Mechtersheimer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß diese Debatte bei Ihnen, Herr Ehmke, jetzt schon einige Nachdenklichkeit auslöst. Sie versuchen hier, etwas miteinander zu verbinden, nämlich Ihre sonstige Position in der Nuklearfrage und diese Protokolle. Das kann ja unter Umständen in der Regierungsverantwortung einmal ein Zwang sein, dem man sich beugen muß, aber für eine Oppositionspartei ist das nicht zwingend, insbesondere dann nicht, wenn diese Oppositionspartei ihre Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen will.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wer heute dem deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat zustimmt, muß, glaube ich, schon ganz grundsätzlich die Frage beantworten, ob er wirklich glaubt, daß er den Millionen Franzosen und Deutschen, die in zwei Weltkriegen verblutet sind, dadurch gerecht werden kann, daß Deutsche und Franzosen nunmehr gemeinsam auf andere Europäer schießen sollen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP — Würzbach [CDU/CSU]: Verhindern, daß geschossen wird!)

    — Das sagt man immer dann, wenn man den Krieg vorbereitet.

    (Bohl [CDU/CSU]: Sie wissen es doch besser!)

    Man kämpft zusammen, man macht gemeinsam Manöver.

    (Bohl [CDU/CSU]: Sie erklären etwas wider besseres Wissen! — Weitere Zurufe)

    — Nein, das Verfahren, das Sie anbieten, kann scheitern, und dann wird gemeinsam gegen einen anderen Teil Europas Krieg geführt. Das wird geübt.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Das will niemand!)

    — Es mag ja sein, daß niemand das will,

    (Bundesminister Genscher: Herr Mechtersheimer, das ist so! Das kann nicht nur so sein, das ist so!)

    aber es kann jemand eine Politik betreiben, die zu diesem Ergebnis führt.

    (Lamers [CDU/CSU]: Das haben wir bisher verhindert!)

    Ein deutsch-französischer Verteidigungs- und Sicherheitsrat ist sicherheitspolitisch überflüssig

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    und abrüstungspolitisch schädlich. Die deutsch-französische Militärkooperation ist eine Barrikade auf dem Weg zum gemeinsamen Haus Europa.



    Dr. Mechtersheimer
    Das Protokoll beginnt wieder einmal mit einer Begriffslüge. Wieder einmal wird vom europäischen Einigungswerk gesprochen, obwohl es hier um einen Teil Westeuorpas geht. Ich hoffe, daß nach dem Moskau-Besuch des Bundeskanzlers die Sensibilitäten für den Unterschied zwischen westeuropäischer und gesamteuropäischer Politik auch im Regierungslager gewachsen sind.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Sehr wahr!)

    Das ist keine semantische Frage. Es ist der prinzipielle Unterschied zwischen Gegnerschaft und Verständigung, zwischen Wettrüsten und Abrüstungspolitik, zwischen Blockkonfrontation und europäischer Friedensordnung.
    Es ist folgerichtig, wenn derjenige, der eine westeuropäische Militärmacht schaffen will, eine Identität auf dem Gebiet der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik entwickeln möchte. So steht es im Protokoll.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Aber wir wollen keine Militärmacht! Das steht nicht drin! Das interpretieren Sie unzulässigerweise hinein!)

    — Es kann ja das Ergebnis sein, auch wenn Sie persönlich, Herr Feldmann, es nicht wollen.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Sie können doch deswegen nicht behaupten, es stehe drin!)

    Wer aber ein gemeinsames Haus Europa anstrebt, braucht diese militärische Identität,die hier beschrieben ist, überhaupt nicht.

    (Lamers [CDU/CSU]: Das ist eben der Grundfehler Ihres Denkens!)

    Sie ist vielmehr ein Hindernis bei einer wachsenden neuen kulturellen europäischen Identität, die ja wohl nicht die Addition aus zwei Militärbündnissen sein kann.
    Nun wird immer wieder erklärt — auch gestern wieder vom Außenminister — , westeuropäische Integration, auch die militärische und rüstungsindustrielle, sei kein Widerspruch zu dem Streben nach einer gesamteuropäischen Friedensordnung. Leider wird immer nur postuliert, daß das kein Widerspruch sei. Ich kenne von Ihnen kein Konzept, mit dem erklärt wird, wie diese aus meiner Sicht unvereinbaren Widersprüche miteinander in Einklang gebracht werden sollen.
    Wird denn eine deutsch-französische Militärachse geschaffen, wird die Westeuropäische Union ausgeweitet und reaktiviert, damit man sie möglichst schnell wieder abschaffen kann? Oder aber — das wäre eine logische Konsequenz — baut man hier etwas auf, was man Schritt für Schritt mit einer neuen Interpretation von Rollback auf ganz Europa ausweiten soll? Das wäre eine theoretische Möglichkeit,

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das ist doch Unsinn! Das ist unredlich, was Sie hier machen!)

    die ich Ihnen nicht unterstellen möchte. Aber denken Sie doch einfach einmal mit, wie die logische Konsequenz ist.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Natürlich, das ganze Leben kann schiefgehen!)

    — So etwas können Sie sich doch zu dieser späten Stunde sparen.
    Wenn man aber diese Militärintegration Westeuropas tatsächlich als eine Vorstufe für eine europäische Friedensordnung, z. B. für ein kollektives gesamteuropäisches Sicherheitssystem, verstehen will, weshalb fragt man dann nicht nach einem spiegelbildlichen Prozeß auf der anderen Seite? Dort findet interessanterweise das Gegenteil dessen statt, was Sie für Westeuropa betreiben. Dort gibt es keine Intensivierung der Militärintegration;

    (Dr. Feldmann [FDP]: Das war auch höchste Zeit! Die hatten sich ganz schön vergaloppiert!)

    eher das Gegenteil: Dort gibt es eine ernstzunehmende Abrüstungsbereitschaft aus ökonomischen Interessen. Niemand denkt daran, zwischen Ost-Berlin und Prag oder zwischen Warschau und Budapest eine Militärachse zu installieren. Da merkt man doch, daß irgend etwas an der Spiegelbildlichkeit, an dem Kernansatz, daß man dort etwas zusammenwachsen lassen möchte, nicht stimmt.
    Wer sich mit Frankreich auf eine enge militärische Zusammenarbeit einläßt, gewinnt keinen Partner für die Abrüstung, sondern einen Verbündeten für die Aufrüstung und das Wettrüsten.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Das weisen wir zurück!)

    Frankreich ist zusammen mit den Vereinigten Staaten hauptverantwortlich für das Scheitern der Verhandlungen zu einem weltweiten C-Waffen-Verbot in Genf; da hatten wir alle gemeinsam Hoffnungen. Darüber kann auch die Konferenz im Januar, die eine Alibiveranstaltung ist, nicht hinwegtäuschen. Daß ausgerechnet diejenigen, die diese Genfer Konferenz mit in diese Schwierigkeiten getrieben haben, diejenigen sind, die jetzt sehr schnell eine Alternativkonferenz in Paris organisieren, sollte doch nachdenklich machen.
    Frankreich verweigert sich mit der bekannten Arroganz ohnegleichen, der nuklearen Abrüstung beizustehen, sie zu unterstützen, sie zu betreiben. Vielmehr modernisiert es sein gewaltiges see- und landgestütztes Nuklearpotential mit menschenverachtender Rücksichtslosigkeit. Frankreich wird trotz einiger Ablenkungsmanöver seine neue taktische Nuklearwaffe Hades so stationieren, daß sie damit — wie es heißt — sowjetische Angriffsspitzen auf dem Boden der Bundesrepublik nuklear zerstören kann.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    Mit einem Zynismus ohnegleichen erklärt der französische Präsident, es sei nur ein Einsatz — Herr Ehmke, vielleicht kennen Sie das noch nicht — gegen militärische Ziele geplant.
    Statt auf diese Ankündigung des Massenmordes in der Bundesrepbulik — das wäre es — zumindest mit einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu reagieren, will sich die Bundesrepublik an diesem Konzept auch noch selber beteiligen. Das muß sehr schlechte Gründe haben, und diese schlechten Gründe sind parallel zu dem, was heute schon im Zusammenhang mit der Reaktivierung der Westeuro-



    Dr. Mechtersheimer
    päischen Union gesagt geworden ist. Es besteht die Gefahr, daß sich die Bundesrepublik auf diese Art für eine deutsche Teilhabe an der französischen Nuklearrüstung vorbereitet.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Nein!)

    Denn in der Denkschrift wird davon gesprochen, daß neue, zusätzliche Verbände eingerichtet werden.
    Wenn Sie jetzt beides bedenken — die Grundorientierung, die nicht aus der Welt geschafft ist, die dankenswerterweise von Herrn Lamers bestätigt wurde, und die Bereitschaft, neue gemeinsame Verbände zu schaffen —, dann können Sie nicht ausschließen,

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Ausschließen kann man gar nichts!)

    daß eine gemeiname deutsch-französische Artilleriebrigade geschaffen wird, der Sie mit Ihrem Votum schon heute zugestimmt hätten.

    (Dr. Feldmann [FDP]: Konventionell!)

    Das wird heute hier vorbereitet. Eine nächste Brigade — das ist nicht durch diese Verträge ausgeschlossen — z. B. eines nuklearen Artilleriebataillons ist hier völlig abgedeckt,

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Wo kommen denn die Nuklearwaffen her?)

    und das ist die neue Qualität, die Sie hier vorbereiten. Die Militärachse Bonn—Paris ist eine Ausgeburt des alten Denkens, sie ist eine völlig falsche Antwort auf Gorbatschow.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei den GRÜNEN)