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ID1110705900

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    Plenarprotokoll 11/107 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 107. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. November 1988 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Erdbebens in der chinesischen Provinz Yunnan . . . 7363 A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde und den Richtlinien für Aktuelle Stunden in der Sitzungswoche ab 21. November 1988; keine Befragung der Bundesregierung in dieser Woche 7393 D Erweiterung der Tagesordnung 7380 A Ersetzung des Tagesordnungspunktes 16 a durch den Antrag auf Drucksache 11/3298 7394 A Jahn (Marburg) SPD 7363 B Rücktritt des Abg. Dr. Jenninger vom Amt des Präsidenten des Deutschen Bundestages 7398 C Vizepräsident Frau Renger 7398 C Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/2685) b) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Hüser und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/3116) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern (Drucksache 11/3263) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7364 A Dr. Struck SPD 7365 D Austermann CDU/CSU 7367 C Hüser GRÜNE 7370 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7372 B Dr. Voscherau, Präsident der Freien und Hansestadt Hamburg 7374 A Grobecker, Senator der Freien Hansestadt Bremen 7375 C Frau Tidick, Minister des Landes Schleswig- Holstein 7376 C Dr. Rose CDU/CSU 7377 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. jüngste Äußerungen von Politikern der CDU und SPD zur Wochenarbeitszeit Hoss GRÜNE 7380 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 7381 A Schreiner SPD 7381 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 7382 D Frau Steinhauer SPD 7384 D Dr. Lammert CDU/CSU 7385 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 7386 C Beckmann FDP 7387 A Andres SPD 7388 A Kolb CDU/CSU 7389 A Dreßler SPD 7389 D Feilcke CDU/CSU 7390 D Kraus CDU/CSU 7391 D Schemken CDU/CSU 7392 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1988 Tagesordnungspunkt 16 b: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Oktober 1987 bis 31. März 1988 (Drucksache 11/2201) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Erweiterung der Westeuropäischen Union (WEU) durch Spanien und Portugal (Drucksache 11/3298) Dr. Klejdzinski SPD 7394 A Reddemann CDU/CSU 7395 B Dr. Mechtersheimer GRÜNE 7396D Dr. Feldmann FDP 7398 D Genscher, Bundesminister AA 7399 C Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zu sammenarbeit (Drucksachen 11/3258, 11/3265) Genscher, Bundesminister AA . . 7401A, 7410 C Dr. Ehmke (Bonn) SPD 7402 D Lamers CDU/CSU 7405 C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 7407 C Dr. Feldmann FDP 7409B Zusatztagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP sowie der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (Drucksachen 11/2436, 11/3292) Becker (Nienberge) SPD 7411B Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen (Drucksachen 11/2675, 11/3288, 11/3294) . . 7411D Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1989 (ERPWirtschaftsplangesetz 1989) (Drucksache 11/2965) 7412 A Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Meldungen in der Mineralölwirtschaft (Mineralöldatengesetz) (Drucksache 11/2043) 7412 C Nächste Sitzung 7412D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7413* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7413* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1988 7363 107. Sitzung Bonn, den 11. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 11. 11. Amling 11. 11. Frau Beer 11. 11. Böhm (Melsungen)* 11. 11. Börnsen (Ritterhude) 11. 11. Dr. Bötsch 11. 11. Brandt 11. 11. Breuer 11. 11. Dr. Briefs 11. 11. Dollinger 11. 11. Dr. Dregger 11. 11. Ebermann 11. 11. Dr. Ehrenberg 11. 11. Frau Eid 11. 11. Dr. Faltlhauser 11. 11. Gansel 11. 11. Gerstein 11. 11. Dr. Glotz 11. 11. Dr. Götz 11. 11. Grünbeck 11. 11. Frau Dr. Hamm-Brücher 11. 11. Dr. Hauff 11. 11. Heimann 11. 11. Frau Hensel 11. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 11. Dr. Hüsch 11. 11. Jaunich 11. 11. Kiechle 11. 11. Koschnick 11. 11. Kretkowski 11. 11. Leonhart 11. 11. Link (Diepholz) 11. 11. Dr. Lippelt 11. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 11. Meyer 11. 11. Dr. Müller* * 11. 11. Frau Nickels 11. 11. Oostergetelo 11. 11. Paintner 11. 11. Pfeifer 11. 11. Dr. Pinger 11. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach 11. 11. Frau Rock 11. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 11. Schmitz (Baesweiler) 11. 11. Dr. Schmude 11. 11. Sellin 11. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 11. 11. Spilker 11. 11. Frau Trenz 11. 11. Voigt (Frankfurt) 11. 11. Frau Wieczorek-Zeul 11. 11. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 4. November 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 159 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. Juni 1983 über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung der Behinderten Gesetz zu dem Montrealer Protokoll vom 16. September 1987 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Finanzausschuß Drucksache 11/2899 Nr. 1.11, 1.12 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/6625 Drucksache 11/1536 Drucksache 11/1538 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/2580 Nr. 6 Drucksache 11/2899 Nr. 3.2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/973 Nr. 2.2, 2.6 Drucksache 11/2580 Nr, 10 Drucksache 11/2899 Nr. 3.3 -3.9 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2841 Nr. 10, 11 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2089
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl-Heinz Klejdzinski


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten begrüßen natürlich das Interesse von Spanien und Portugal an einem Beitritt zur Westeuropäischen Union, und ich begrüße ausdrücklich, daß wir nun einen interfraktionellen Antrag haben, nämlich von der CDU/CSU, der FDP und der SPD. Ich will das nicht kommentieren, sondern ich begrüße das. Ich kann um so leichter unsere Zustimmung vom Grundsatz her signalisieren, als sich wesentliche Elemente unseres Antrags vom 13. April 1988 im interfraktionellen Antrag wiederfinden.
    Ein altes Sprichwort heißt: „Was lange währt, wird endlich gut." Der Beitritt von Spanien und Portugal ist von großer Bedeutung für die politische Entwicklung Europas. Der Beitritt dieser beiden Staaten ist ein wichtiger Schritt in die Richtung auf eine sicherheitspolitische Einigung Europas. Von der Erweiterung der WEU ist eine Signalwirkung auch auf andere Staaten Europas zu erwarten. Das Sicherheitsbündnis wird nach Westen hin als geographisch zusammenhängendes Gebiet massiv gestärkt.
    Die „Europäische Stimme" — und dies ist sehr wichtig — erhält mehr politische Relevanz nicht nur innerhalb der NATO, sondern vielmehr auch bei Verhandlungen mit dem Warschauer Pakt, denn je mehr Staaten dem Verteidigungsbündnis angehören, desto stärker ist das politische Gewicht im Ost-West-Dialog.
    Jede Stärkung der Westeuropäischen Union erweitert den Spielraum für weitere Abrüstungsverhandlungen zwischen Ost und West. Die Bedeutung der seit dem 1. Januar 1986 in Paris arbeitenden Agenturen, nämlich der Agentur I zur Untersuchung von Rüstungskontroll- und Abrüstungsfragen, der Agentur II zur Untersuchung von Sicherheits- und Verteidigungsfragen und Agentur III zur Zusammenarbeit im Rüstungsbereich, sind nach meiner Ansicht sehr wesentlich. Wir können dort sehr viel tun. Ich finde, wir können so einen wichtigen Beitrag zur Entspannung leisten, natürlich ohne dabei die NATO im Grundsatz in Frage zu stellen.
    Ich betone nochmals: Die Erweiterung der WEU um Spanien und Portugal ist ein wichtiger Schritt im Hinblick auf die Einigung Europas. Wie wichtig dieser Schritt ist, wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß der Zeitpunkt der Gründung der WEU nun schon mehr als 30 Jahre zurückliegt.
    Nicht zuletzt zeigen die im Jahre 1984 eingeleiteten Bestrebungen, die WEU zu reaktivieren, langsam einen Erfolg. Die seit 1984 auf Ministerebene, an der die Verteidigungsminister gemeinsam mit den Außenministern teilnehmen, begründete Ebene begünstigt natürlich den Prozeß der einheitlichen Abstimmung europäischer Sicherheitsinteressen. Wir Sozialdemokraten kritisieren allerdings in diesem Punkt, daß die WEU-Versammlung als parlamentarische Versammlung in die Meinungsbildung für die Haager Plattform nicht so einbezogen worden ist, wie es sicher erforderlich gewesen wäre. Sicherheitspolitik für Europa kann und sollte nicht allein der Ministerebene, dem Ministerkomitee, vorbehalten bleiben.
    Zu begrüßen ist natürlich in dem Zusammenhang, daß sich die Regierungen in der Haager Plattform verbindlich auf die Ziele und Vorgaben für eine europäische Sicherheitspolitik geeinigt haben; diese Einigung schließt auch Frankreich ein, was ich für sehr wichtig halte. Dieser sicherheitspolitische Konsens dokumentiert auch, daß sich das sicherheitspolitische Bedürfnis innerhalb Westeuropas nicht in nationalstaatlich unterschiedlich bewertete Konzeptionen aufsplittern läßt, sondern daß die europäische Sicherheit nur einheitlich und unteilbar ist und auch nicht anders behandelt werden kann.
    Das Bewußtsein und die Einsicht in diesen Kernbestand europäischer Sicherheitspolitik nimmt auch in anderen Staaten ständig zu. Das Interesse von Spanien und Portugal am Beitritt zur WEU bringt zum Ausdruck, wie sehr sich die Überzeugung von einer starken, einheitlichen europäischen Sicherheitspolitik auch in anderen europäischen Staaten durchsetzt.
    Beachtenswert in dem Zusammenhang ist, daß, geographisch gesehen, das gesamte europäische Territorium westlich der Bundesrepublik mit den Benelux-Staaten, Frankreich und jetzt auch Portugal und Spanien als zusammenhängendes Gebiet der WEU angehört. Die WEU wird damit in ihrer Westachse entscheidend gestärkt. Ich finde, je mehr Staaten sich in einem Bündnis für europäische Sicherheit engagieren, desto größer werden natürlich auch die Attraktivität und die politische Relevanz der Westeuropäischen Union.
    Diese zunehmende politische Relevanz leistet einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung von Freiheit und Frieden in Europa. Sie hilft damit der Westeuropäischen Union bei der Erfüllung ihrer vorrangigsten Aufgabe, nämlich den Frieden und die Sicherheit zu festigen und die Einheit Europas zu fördern.
    Das heißt nicht, daß sich die WEU innerhalb der Allianz als NATO-Ersatz versteht. Ihrem Selbstverständnis liegt vielmehr die Auffassung zugrunde, der europäische Pfeiler der NATO zu sein. In diesem europäischen Pfeiler müssen wir uns auch mit unseren eigenen Sicherheitsinteressen wiederfinden. Ich betone ganz bewußt „mit unseren eigenen Sicherheits-



    Dr. Klejdzinski
    interessen" , weil die WEU eben für uns das Diskussionszentrum ist, um unsere Sicherheitsinteressen einzubringen und auch zu formulieren.
    Richtig ist: Die Erweiterung der WEU um Spanien stärkt natürlich auch die Allianz unmittelbar. Das Gewicht der von Europa selbst zu formulierenden, einzubringenden und politisch durchzusetzenden Sicherheitsinteressen innerhalb der Allianz wird durch den Beitrag weiterer europäischer Staaten gestärkt. Ich kann mir durchaus vorstellen, daß es einen Dialog zwischen Westeuropäischer Union auf der einen Seite und der NATO auf der anderen Seite darüber geben muß, inwieweit eben der europäische Pfeiler in dieser Allianz ausgebaut wird.
    Sehr treffend hat der spanische Verteidigungsminister Narcis Serra davon gesprochen, daß die WEU das europäische Forum für Verteidigungsfragen sein solle. Das ist auch insoweit interessant, als Spanien, anders als Portugal, selbst nicht in die militärische Struktur der NATO integriert ist. Dieser Gesichtspunkt verleiht dem spanischen Interesse — sieht man einmal von den sonstigen Hintergründen ab — am Beitritt zur WEU eine besondere, nach meiner Einschätzung europäisch orientierte Komponente.
    Ich habe schon mehrfach an dieser Stelle betont, daß wir keine Angst vor weitgehender Abrüstung haben dürfen. In einer Rede vor der WEU-Versammlung am 17. Dezember 1987 habe ich die WEU-Versammlung aufgefordert, daß wir für den Westen eine Friedens- und sicherheitspolitische Gesamtkonzeption entwickeln müssen, und zwar eine Konzeption, die dem Vorbild des INF-Abkommens entspricht, d. h. einen disproportionalen Abbau bis auf null oder bis auf eine gemeinsam zu findende Maximalgröße.
    So sind nach meiner Einschätzung nach wie vor die Konzepte für Abrüstung im konventionellen Bereich, im Bereich der chemischen Waffen und auf dem Gebiet der Nuklearwaffen jetzt notwendiger und dringlicher denn je. Dem habe ich heute insofern nicht viel hinzuzufügen.
    Abschließend möchte ich nur noch folgendes bemerken. Wir alle wissen: Keine europäische Nation kann mehr allein die Herausforderungen unserer Zeit beantworten. Nur in europäischer Zusammenarbeit können wir den Frieden sichern. Nur gemeinsam werden wir Europäer die Zukunft Europas selbst bestimmen können. Ein wichtiger Pfeiler dazu ist die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik. Ich halte die WEU dazu für ein sehr geeignetes Forum.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Reddemann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Reddemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der Ministerrat und der Präsidialausschuß der Versammlung der Westeuropäischen Union haben vorletzte Woche in London vereinbart, die gemeinsame Sitzung beider Gremien in der kommenden Woche in London zu nutzen, um die Republik Portugal und das Königreich Spanien einzuladen, die Mitgliedschaft in der Westeuropäischen Union zu erwerben. Dem Haus liegt ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen von SPD, FDP und CDU/CSU vor, diese Entscheidung zu begrüßen. Er ersetzt den am 13. April von der Fraktion der SPD eingebrachten Antrag, der durch die Entwicklung inzwischen überholt wurde.
    Wir haben als Deutscher Bundestag durch die Anträge die Möglichkeit bekommen, noch vor dem Beitritt der beiden Staaten der Iberischen Halbinsel den Willen des deutschen Parlaments zum WEU-Beitritt zu dokumentieren. Ich bedanke mich ausdrücklich für die Initiative unserer sozialdemokratischen Kollegen, die mit ihrem Antrag auf Drucksache 11/2107 schon frühzeitig versuchen wollten, die deutsche Haltung zum Beitritt der beiden Staaten parlamentarisch zu verdeutlichen. Mein Dank gilt aber ebenso der Bundesregierung, die von Anfang an den Beschluß der Parlamentarischen Versammlung der Westeuropäischen Union unterstützt hat, Portugal und Spanien diese weitere Chance der europäischen Zusammenarbeit einzuräumen.
    Ohne Zweifel, meine Damen, meine Herren — ich glaube, darüber muß wirklich nicht gestritten werden —, steht die WEU durch die Erweiterung um zwei Staaten an einem Wendepunkt. Die so oft totgesagte Organisation, die manche über lange Jahre lediglich als westliche Kontrollinstanz gegenüber der Bundesrepublik Deutschland ansahen, kann wieder neues Profil gewinnen, und zwar sowohl als Verteidigungspakt wie als Abrüstungsinstrument der kerneuropäischen Staaten.

    (Lachen des Abg. Dr. Mechtersheimer [GRÜNE])

    Als der Brüsseler Pakt, auf dem die Union bisher aufgebaut ist, 1948 unterzeichnet wurde, war er theoretisch noch gegen Deutschland gerichtet. Im Hintergrund stand indessen die Sorge von Belgiern, Luxemburgern und Franzosen, die beim kommunistischen Putsch in der Tschechoslowakei wieder deutlich gewordene sowjetische Aggressionspolitik könnte über die in Jalta geschaffenen Grenzen schwappen und zum zweitenmal binnen zehn Jahren eine Invasion in den drei Staaten auslösen.
    Als sechs Jahre später das Projekt einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft am Veto der französischen Nationalversammlung scheiterte und die Bundesrepublik als souveräner Staat in die Nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft einzog, war die Westeuropäische Union als revidierter Pakt von 1948 in der Tat eine Institution, die dazu beitrug — weil sich die Bundesrepublik freiwillig Kontrollen unterwarf —, Vertrauen in der westeuropäischen Welt zu schaffen. Die Westeuropäische Union war seit dieser Zeit in der Tat ein Instrument der Vertrauensbildung.
    Dreißig Jahre später haben wir dann in Vorbereitung der Sondersitzung von Rom die Kontrollen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland abgeschafft. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß es die deutsche Delegation in der Versammlung der Westeuropäischen Union damals lieber gesehen hätte, wenn die für die Bundesrepublik geltenden Kontrollen auf die anderen Staaten ausgedehnt wor-



    Reddemann
    den wären. Aber die Regierungen und die parlamentarischen Delegationen unserer sechs Partner drehten damals Lenins vielzitiertes Wort um. Für sie war unter den demokratischen Staaten Westeuropas Kontrolle zwar vielleicht in früheren Jahren gut, inzwischen Vertrauen aber besser geworden.
    Nach den Beschlüssen von Rom — hier möchte ich auch einen Dank an die Bundesregierung einfügen — war es möglich, durch die sogenannte Plattform von Den Haag, die am 27. Oktober 1987 unterzeichnet wurde, der gesamten Westeuropäischen Union eine neue Richtung zu geben, eine Richtung, aus der deutlich hervorging, daß die jetzigen Sicherheitsbemühungen eben nicht mehr Bemühungen waren, die aus der Angst vor einer Aggression entstanden waren, sondern daß es sich um Sicherheitsbemühungen handelte, bei denen man mit Rüstungskontrolle und Abrüstung dafür sorgen wollte, ein stabiles Kräftegleichgewicht auf dem niedrigsten mit unserer Sicherheit zu vereinbarendem Niveau zu erreichen. Rüstungskontrolle und Abrüstung, so heißt es in der Plattform, sind integrale Bestandteile der westlichen Sicherheitspolitik, nicht eine Alternative zu ihr.
    Die neue Rolle der Westeuropäischen Union geht indessen — das sollten wir uns noch einmal vor Augen führen — weit über den bisherigen Sicherheitspakt hinaus. Alle Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, die WEU zu einem Instrument bei der Schaffung der in der Europäischen Akte geplanten Europäischen Union zu machen. Wir sind überzeugt — so darf ich die Plattform noch einmal zitieren — , daß das europäische Einigungswerk unvollständig wäre, solange die Integration nicht auch Sicherheit und Verteidigung umfaßt.
    Leider ist das — dies gehört zu einer Beschreibung der Situation — , was sich in der Realität der Westeuropäischen Union abzeichnet, längst nicht so gut, wie es in der Fassung der Plattform sichtbar ist. Vor allem zwischen der Französischen Republik und dem Vereinigten Königreich erleben wir heute noch einen — nicht einmal mehr nur unterirdisch schwelenden — Streit wegen des künftigen Sitzes der Westeuropäischen Union. Wir wissen noch nicht, wo wir die zentrale Agentur der Westeuropäischen Union unterbringen können. Wir haben immer noch die überholte Konstruktion, daß die Botschafter am Hof von St. James den Ständigen Rat der Westeuropäischen Union bilden. Hinzufügen muß ich: Es gibt gerade auf militärischem Gebiet noch so viele nationale Eifersüchteleien, daß man als militärischer Laie darüber manchmal nur staunen kann.
    Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die Bundesregierung ermuntern, in vier Punkten die Probleme einer Lösung zuzuführen und dies nicht zuletzt bei den deutsch-französischen Konsultationen zu tun:
    Erstens. Die Frage des Sitzes der WEU-Institutionen darf die Errichtung einer arbeitsfähigen Agentur nicht länger behindern. Solange eine mit qualifizierten Fachleuten zu besetzende Agentur nicht arbeitsfähig ist, kann die WEU ihren Auftrag — den Auftrag sowohl aus dem Vertrag als auch aus der Plattform — nicht erfüllen.
    Zweitens. Der Ständige Rat der WEU darf nicht länger das Arbeitsfeld der jeweils jüngsten Legationsräte in den Londoner Botschaften bleiben. Die Mitglieder des Ständigen Rates dürfen ihre Aufgaben nicht länger als Teilzeitarbeiter erledigen. Der Ständige Rat muß ein Gremium von Regierungsvertretern werden, deren Hauptaufgabe die Reform und die Ausgestaltung der WEU ist.
    Wenn es angesichts der französischen Vorbehalte nicht möglich ist, die NATO-Botschafter mit der Arbeit des Ständigen Rates zu betrauen, sollte man, Herr Außenminister, erwägen, ob nicht die ohnehin damit befaßten Referenten der Außenministerien in Zukunft den Ständigen Rat bilden. Angesichts der heutigen Verkehrsverhältnisse könnte ein solcher Ständiger Rat reaktionsschneller arbeiten als eine Botschafterkonferenz der bisherigen Art, die erst auf Anweisungen aus der Zentrale warten muß.
    Drittens. Alle sieben, in Zukunft neun Mitgliedstaaten haben sich auf die Plattform von Den Haag gestellt. Die Institutionen der WEU sollten möglichst schnell die Forderungen der Plattform in die Tat umsetzen. Auf die Bundesregierung und die französische Regierung kommen dabei — das muß hier besonders betont werden — Aufgaben größerer Art zu. Sie haben den übrigen Mitgliedstaaten durch Vorschläge und Praxis zu zeigen, daß die engere deutsch-französische Zusammenarbeit im militärischen Bereich nicht der Schaffung eines exklusiven Klubs dient, sondern ein Modell auch für die Zusammenarbeit aller neun Partner sein kann.
    Viertens und letztens. Die in der Erklärung vom 12. Juni 1987 festgehaltene Absicht, das Gesamtkonzept für Rüstungskontrolle und Abrüstung weiter auszugestalten, sollte in den Mittelpunkt der Arbeit gestellt werden. Herr Außenminister, die Versammlung der Westeuropäischen Union ist sicher bereit, hierzu Vorstellungen beizusteuern. Ich möchte an den Deutschen Bundestag appellieren, die Kollegen, die er in die Arbeit der Westeuropäischen Union geschickt hat, dabei zu unterstützen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)