Rede:
ID1110701000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Hüser.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/107 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 107. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. November 1988 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Erdbebens in der chinesischen Provinz Yunnan . . . 7363 A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde und den Richtlinien für Aktuelle Stunden in der Sitzungswoche ab 21. November 1988; keine Befragung der Bundesregierung in dieser Woche 7393 D Erweiterung der Tagesordnung 7380 A Ersetzung des Tagesordnungspunktes 16 a durch den Antrag auf Drucksache 11/3298 7394 A Jahn (Marburg) SPD 7363 B Rücktritt des Abg. Dr. Jenninger vom Amt des Präsidenten des Deutschen Bundestages 7398 C Vizepräsident Frau Renger 7398 C Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/2685) b) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Hüser und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/3116) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern (Drucksache 11/3263) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7364 A Dr. Struck SPD 7365 D Austermann CDU/CSU 7367 C Hüser GRÜNE 7370 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7372 B Dr. Voscherau, Präsident der Freien und Hansestadt Hamburg 7374 A Grobecker, Senator der Freien Hansestadt Bremen 7375 C Frau Tidick, Minister des Landes Schleswig- Holstein 7376 C Dr. Rose CDU/CSU 7377 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. jüngste Äußerungen von Politikern der CDU und SPD zur Wochenarbeitszeit Hoss GRÜNE 7380 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 7381 A Schreiner SPD 7381 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 7382 D Frau Steinhauer SPD 7384 D Dr. Lammert CDU/CSU 7385 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 7386 C Beckmann FDP 7387 A Andres SPD 7388 A Kolb CDU/CSU 7389 A Dreßler SPD 7389 D Feilcke CDU/CSU 7390 D Kraus CDU/CSU 7391 D Schemken CDU/CSU 7392 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1988 Tagesordnungspunkt 16 b: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Oktober 1987 bis 31. März 1988 (Drucksache 11/2201) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Erweiterung der Westeuropäischen Union (WEU) durch Spanien und Portugal (Drucksache 11/3298) Dr. Klejdzinski SPD 7394 A Reddemann CDU/CSU 7395 B Dr. Mechtersheimer GRÜNE 7396D Dr. Feldmann FDP 7398 D Genscher, Bundesminister AA 7399 C Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zu sammenarbeit (Drucksachen 11/3258, 11/3265) Genscher, Bundesminister AA . . 7401A, 7410 C Dr. Ehmke (Bonn) SPD 7402 D Lamers CDU/CSU 7405 C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 7407 C Dr. Feldmann FDP 7409B Zusatztagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP sowie der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (Drucksachen 11/2436, 11/3292) Becker (Nienberge) SPD 7411B Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen (Drucksachen 11/2675, 11/3288, 11/3294) . . 7411D Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1989 (ERPWirtschaftsplangesetz 1989) (Drucksache 11/2965) 7412 A Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Meldungen in der Mineralölwirtschaft (Mineralöldatengesetz) (Drucksache 11/2043) 7412 C Nächste Sitzung 7412D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7413* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7413* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1988 7363 107. Sitzung Bonn, den 11. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 11. 11. Amling 11. 11. Frau Beer 11. 11. Böhm (Melsungen)* 11. 11. Börnsen (Ritterhude) 11. 11. Dr. Bötsch 11. 11. Brandt 11. 11. Breuer 11. 11. Dr. Briefs 11. 11. Dollinger 11. 11. Dr. Dregger 11. 11. Ebermann 11. 11. Dr. Ehrenberg 11. 11. Frau Eid 11. 11. Dr. Faltlhauser 11. 11. Gansel 11. 11. Gerstein 11. 11. Dr. Glotz 11. 11. Dr. Götz 11. 11. Grünbeck 11. 11. Frau Dr. Hamm-Brücher 11. 11. Dr. Hauff 11. 11. Heimann 11. 11. Frau Hensel 11. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 11. Dr. Hüsch 11. 11. Jaunich 11. 11. Kiechle 11. 11. Koschnick 11. 11. Kretkowski 11. 11. Leonhart 11. 11. Link (Diepholz) 11. 11. Dr. Lippelt 11. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 11. Meyer 11. 11. Dr. Müller* * 11. 11. Frau Nickels 11. 11. Oostergetelo 11. 11. Paintner 11. 11. Pfeifer 11. 11. Dr. Pinger 11. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach 11. 11. Frau Rock 11. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 11. Schmitz (Baesweiler) 11. 11. Dr. Schmude 11. 11. Sellin 11. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 11. 11. Spilker 11. 11. Frau Trenz 11. 11. Voigt (Frankfurt) 11. 11. Frau Wieczorek-Zeul 11. 11. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 4. November 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 159 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. Juni 1983 über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung der Behinderten Gesetz zu dem Montrealer Protokoll vom 16. September 1987 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Finanzausschuß Drucksache 11/2899 Nr. 1.11, 1.12 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/6625 Drucksache 11/1536 Drucksache 11/1538 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/2580 Nr. 6 Drucksache 11/2899 Nr. 3.2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/973 Nr. 2.2, 2.6 Drucksache 11/2580 Nr, 10 Drucksache 11/2899 Nr. 3.3 -3.9 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2841 Nr. 10, 11 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2089
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein. Der Kollege Struck hatte ausführlich Gelegenheit, sich hier darzustellen, leider hat er die Zeit nicht genutzt, dies mit vernünftigen Argumenten zu tun.
    Ich will Ihnen eines ganz klar sagen: In dem Entwurf für den Landeshaushalt 1989 der Landesregierung Schleswig-Holstein steht, daß ein Teilbetrag der 252 Millionen DM für ein Programm „Arbeit und Umwelt" ausgegeben werden soll. Sie können doch nicht so töricht sein, anzunehmen, daß wir mit Bundesgeld, mit schwarzen Spendierhosen, Ihre roten Spendierhosen finanzieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir werden darauf achten, daß entsprechende Sicherungen eingebracht werden, daß dem Bürger erkennbar ist, welches Geld woher kommt und welche Investition im Land von wem bezahlt wurde.

    (Zurufe von der SPD)

    Wenn Sie dann sehen, wie es mit der Zukunftssicherung aussieht, dann stelle ich fest, daß Sie in Ihrem Haushalt für das kommende Jahr, Frau Tidick, die Mittel für Forschung kürzen wollen, daß Sie Geld für überflüssige Gerichtszweige ausgeben, um willkürliche Richter zu haben, daß Sie Tempolimit auf den Autobahnen einführen und daß die Landesregierung bisher nicht glaubhaft gemacht hat, daß sie das Geld dort hingibt, wo es tatsächlich gebraucht wird, nämlich an die strukturschwache Westküste. Unser



    Austermann
    Wunsch muß doch der sein, daß das Geld nicht nach Düsseldorf, nach München, nach Hannover fließt, sondern die Regionen der jeweiligen Länder die Hilfe erhalten, wo die Hilfe gebraucht wird. Das ist z. B. in Schleswig-Holstein — das müßten Sie wissen — besonders die strukturschwache Westküste.

    (Hüser [GRÜNE]: Darüber steht doch kein Wort im Gesetzentwurf, was Sie da gesagt haben!)

    Ähnlich wie in Schleswig-Holstein verhält es sich in Nordrhein-Westfalen. Wir haben gestern im Haushaltsausschuß über die Energiepolitik diskutiert. Das Ansehen des Standorts Bundesrepublik hängt auch von der Berechenbarkeit in der Frage der Energiepolitik ab. Es ist doch nicht einzusehen, daß wir der Kohle, also vor allem Nordrhein-Westfalen und dem Saarland helfen, und dann von dort Knüppel in das Genehmigungsverfahren beim Schnellen Brüter geworfen werden, was die Bundespolitik und das, was Bundes- und länderweit seit Jahrzehnten gilt, konterkariert. Dies werden wir nicht tun. Ich bin der Meinung, ein bundesfeindliches Verhalten, das Bundeshilfe in Frage stellt, muß auch entsprechende Konsequenzen haben.

    (Oh-Rufe von der SPD)

    Investitionshilfe für Investitionsbremser macht wenig Sinn.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir wollen dem Norden und den strukturschwachen Ländern helfen. Wir haben dies in dieser Woche bei den erfolgreichen Beratungen für den Haushalt 1989 mehrfach gezeigt. Wir haben die Straßenbaumittel verstärkt — gegen den Willen der SPD im Haushaltsausschuß — , wir haben die Hilfen für den Flugzeugbau verstärkt. Auch dies hilft dem Norden, hilft den strukturschwachen Ländern. Und wir stellen jetzt über diese Strukturhilfe Geld für wirtschaftliche Infrastruktur bereit, für Verkehrswege, Versorgung mit Energie und Wasser, Erschließung von Gewerbegebieten, Fremdenverkehr, Maßnahmen der beruflichen Bildung, Forschungsprojekte, Stadt- und Dorferneuerung und, was mir besonders am Herzen liegt, für Umweltschutzinvestitionen.
    Im Umweltausschuß wurde das Programm des Umweltministers erörtert und ein Maßnahmenkatalog für den Gewässerschutz von Nord- und Ostsee erarbeitet. Ich halte es für besonders wichtig, und halte Lösungsansätze auf Grund dieses Gesetzes für möglich. Die Zukunftshilfe aus Bonn begründet neue Hoffnung für den Norden, für die Küste und für die sie umgebenden Gewässer. Die Beratungen in den Ausschüssen werden den Erwartungen der Bürger an diese Hilfe aus Bonn Rechnung tragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Hüser.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Uwe Hüser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die gerade gehörte Rede wird das Bundesverfassungsgericht sehr interessieren. Sie haben ziemlich deutlich gemacht, daß es Ihnen nicht
    nach objektiven Kriterien ging, sondern allein parteitaktisches Kalkül der Maßstab war, Gelder zu verteilen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Die Bundesregierung legt hier ein Strukturhilfegesetz vor, das sie in der Öffentlichkeit als gleichwertige oder sogar als bessere Alternative zu der Bundesratsinitiative und zu unserem Gesetzentwurf verkauft, den wir übernommen haben, da der Bundesrat von dieser Initiative zur Übernahme der Sozialhilfekosten offensichtlich Abstand genommen hat. Dies ist aber offenbar nicht der Fall, wenn wir uns die Diskussion und die Argumente noch einmal genau angucken, die ja nichts an Gültigkeit verloren haben, wie Sie vor der Sommerpause und gerade auch in Ihrer Fraktion, meine Damen und Herren von der Regierung, für ziemliche Aufregung gesorgt haben.
    Gerade im Licht der Diskussion um die Steuerreform und um die zu erwartenden Mindereinnahmen, besonders bei den Kommunen, stellte Ministerpräsident Albrecht u. a. fest, daß sich seine Gemeinden in keiner beneidenswerten Finanzsituation befinden. Daß dies nicht nur in Niedersachsen so ist, sondern grundsätzlich viele Gemeinden betrifft, im besonderen Fall die Gemeinden in den wirtschaftlichen und strukturellen Problemregionen — hier hauptsächlich im Norden und im Westen dieser Republik — war offensichtlich. Um dies festzustellen, genügt ein einfacher Blick in die offiziellen Statistiken.
    Einer der Hauptgründe für die finanzielle Erdrosselung der Länder und Gemeinden sind die stetig steigenden Sozialhilfeausgaben. Dies ist eindeutig belegt in dem Gemeindefinanzbericht, in den Veröffentlichungen der verschiedensten Wirtschaftsinstitute und auch im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank.
    So reichten 1970 noch 3,2 % des Steueraufkommens aus, um die Sozialhilfe bezahlen zu können. 1985 benötigten die Länder und Gemeinden allerdings schon 7,2 % ihres Steueraufkommens bei weiter steigender Tendenz, um die Anprüche aus den Sozialhilfeforderungen zu befriedigen.
    Gerade an den Brennpunkten der Arbeitslosigkeit haben sich die Aufwendungen für diese Gruppe seit 1981 verzehnfacht. In dem Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Sozialhilfelasten macht sich ein deutlicher Strukturunterschied in der Bundesrepublik bemerkbar.
    Dies ist unseres Erachtens in keiner Weise verwunderlich; denn in ihrer ursprünglichen Funktion war die Sozialhilfe vorgesehen, um in individuellen Notlagen zu helfen. Heute ist es so, daß die Sozialhilfe als kollektive Unterhaltssicherung für durch Arbeitslosigkeit in Not geratene Bürger einspringen muß. Mittlerweile nennen schon über ein Drittel der Sozialhilfeempfänger, die einen Antrag auf Hilfe in besonderer Lebenslage stellen, als Grund hierfür Arbeitslosigkeit. Dies sollte uns zu denken geben.
    Von dieser heute grundsätzlich anderen Intention und der erheblich größeren Aufgabenbewältigung des Bundessozialhilfegesetzes leitet sich der berechtigte Anspruch ab, daß ebenfalls der Bund zur Bewäl-



    Hüser
    tigung dieser Aufgaben beitragen muß. Es steht nirgendwo auf alle Zeiten festgeschrieben, daß dies nur in den Händen der Gemeinden zu bleiben hat.
    Es liegt unseres Erachtens ebenfalls auf der Hand, daß die nord- und westdeutschen Länder durch die erhebliche finanzielle Belastung keine Mittel mehr zur Verfügung haben, um die Ursachen der steigenden Zahl der Sozialhilfeempfänger, nämlich gerade Massen- und Langzeiterwerbslosigkeit, durch Investitionen zur Strukturverbesserung und zur Schaffung von neuen Erwerbsarbeitsplätzen zur Verfügung haben.
    Die betroffenen Kommunen und Länder bewegen sich in einer Art Teufelskreis, weil mit jeder Reduzierung der kommunalen Investitionen zur Finanzierung der Sozialhilfekosten die Arbeitslosigkeit steigt und infolgedessen noch mehr Sozialhilfe aufgebracht werden muß. Es gilt, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.
    Ebenso wissen wir aus Erfahrung, daß in den Gemeinden, wo die notwendigerweise unabweislichen Ausgaben steigen, in der Regel gerade bei den freiwilligen Aufgaben gekürzt wird. Dies hat ursächlich zur Folge, daß die kommunale Selbstverwaltung zur Unkenntlichkeit verkümmert. Um dies zu verhindern — was den GRÜNEN ein Anliegen ist — , um mehr politischen Handlungs- und Gestaltungsspielraum auf die Ebene zu bringen, die von den Betroffenen noch direkt kontrolliert und beobachtet werden kann, ist es notwendig, daß die Ausgabenseite der Kommunen entlastet wird.
    Ich will hier noch einmal grundsätzlich auf einen Punkt eingehen: Die GRÜNEN halten eine grundsätzliche Neuorientierung gerade der Sozialsicherungssysterne für notwendig. Ich nenne hier nur das Stichwort „Grundrente", die voll vom Bund finanziert werden müßte. Aber die GRÜNEN halten auch deswegen diese Bundesratsinitiative zur Übernahme von 50 der Sozialhilfekosten für wichtig, weil sie ein erster Schritt in die richtige Richtung war. Wir haben diesen Antrag hier noch einmal eingebracht, damit das nicht in Vergessenheit gerät.
    Auch ist es, glaube ich, ein sehr wünschenswerter Nebeneffekt, wenn der Bund am eigenen Leibe und in der eigenen Kasse die gesamte Dynamik der Sozialhilfekosten spüren würde, um dann eventuell geeignete politische Schritte zu unternehmen. Jedoch ist hier eher zu befürchten, daß diese Bundesregierung dies nur als Anlaß nehmen würde, weitere Leistungskürzungen zu vollziehen, um die Kassen zu sanieren.
    Ein Punkt ist in der ganzen Diskussion auch immer vergessen worden, und zwar die Situation der Sozialhilfeempfänger und Sozialhilfeempfängerinnen. Hier wird durch unsere Initiative die Situation der Gemeinden grundsätzlich verbessert, daß sie auch im Bereich der freiwilligen Aufgaben Zusätzliches leisten können. Aber ich glaube, hier darf nicht außer acht gelassen werden, daß der Bedarf der Sozialhilfeempfänger insgesamt drastisch nach oben gesetzt werden muß, damit sie überhaupt zu einem menschenwürdigen Leben in der Lage sind.
    Es ist offensichtlich und auch für jeden nachvollziehbar, daß die von mir gerade angesprochenen Probleme mit dem Strukturhilfegesetz in keiner Weise zu lösen sind. Von daher ist es schon ein bißchen verwunderlich, wie sich die Länder — dies gilt meines Erachtens auch für einige SPD-Länder — diesen Tausch haben aufringen lassen.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Wir haben noch nicht die Mehrheit, Herr Hüser!)

    — Da Sie ja nicht die Mehrheit haben, war es überhaupt nicht notwendig, daß Sie diesen Gesetzen zustimmen; Sie hätten ja mit politischem Druck auf der alten Initiative weiter bestehen können.
    Die Schlußfolgerung liegt nahe. Hauptsächlich liegt es, glaube ich, im Interesse von Herrn Albrecht, wenn man seine Argumentation verfolgt, daß es ihm in Wahrheit überhaupt nicht darum ging, die Situation der Kommunen aufzubessern, sondern für ihn einzig und maßgeblich eben eine Konsolidierung seiner eigenen Landeskasse Vorrang hatte.
    Dies leitet zu einigen Kritikpunkten über, die wir an dem Strukturhilfegesetz haben. Es ist unseres Erachtens in keiner Weise gewährleistet, daß hierdurch wirklich neue Investitionen getätigt werden. Unseres Erachtens ist es eher wahrscheinlich, daß schon geplante und begonnene Investitionen jetzt eben nur mit Bundesmitteln finanziert werden und somit nur eine Entlastung der Länderhaushalte stattfindet.
    Lassen Sie mich drei Kriterien nennen, durch die sich das Strukturhilfegesetz unseres Erachtens selbst disqualifiziert. Dies betrifft zum einen den gesamten Bereich der Verteilungskriterien. Es ist doch offensichtlich und ist schon mehrfach betont worden, daß der Sockelbetrag ursächlich eigentlich in den Länderfinanzausgleich gehört. Aber ich glaube, er ist hier geschaffen worden — um ein Beispiel zu nennen —, um das Saarland einzukaufen, damit es hier zustimmt, weil bei dieser Alternative das Saarland mehr als bei der Bundesratsinitiative bekommt.
    Dasselbe gilt unseres Erachtens auch für die Sonderlasten Rheinland-Pfalz, das 40 Millionen DM für die angebliche Mehrbelastung durch die Stationierung ausländischer Streitkräfte erhält. Wieso sind Sie nicht auf die Idee gekommen, auch einmal über Sonderlasten Kohle, Stahl, Schiffsbau nachzudenken?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Haben wir doch!)

    Damals bei der Diskussion um den Länderfinanzausgleich sind diese Punkte wohlweislich außen vor gelassen worden,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es wurde ausführlich darüber verhandelt!)

    weil hier eine Einigung nicht ersichtlich war; da war es weise, daß alle diese Punkte herausgenommen worden sind. Aber diese Maßnahme war nötig, damit Rheinland-Pfalz diesem Gesetzentwurf überhaupt zustimmt.
    Der dritte Punkt. Das Kriterium Arbeitslosigkeit wurde eben nicht nach Länderdurchschnitten berechnet, sondern nach Bezirken. Das hatte auch zur Folge, daß Bayern eingekauft worden ist.



    Hüser
    Auch daß das Kriterium der Beschäftigungsentwicklung widersinnig ist, läßt sich eindeutig dadurch belegen, daß es logisch ist, daß dort, wo ein hoher Beschäftigungsstand ist, die Zuwachsraten natürlich niedriger sind als in einem Gebiet, das sowieso schon auf niedrigstem Level ist, und wenn da einige Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen werden, hat das statistisch natürlich zur Folge, daß hier hohe Zuwachsraten sind. Dies konterkariert das Kriterium der Arbeitslosigkeit zur Unsinnigkeit und zeigt eindeutig, daß es hier nicht darum geht, objektive Kriterien zu wählen, sondern daß hier eben auch eigentlich schon gut dastehende Gemeinden im Süden und hauptsächlich in Bayern bevorzugt werden sollten.
    Diese Kriterien zeigen unseres Erachtens, daß hier nur nach dem Ergebnis gerechnet worden ist. Wir sind sicher, daß das Bundesverfassungsgericht Ihnen dies ins Stammbuch schreiben wird.
    Ich möchte noch auf den Investitionskatalog eingehen. Die Intention am Anfang war, daß die schlechte Situation der Gemeinden eigentlich verbessert werden sollte. Aber es reicht nicht aus, Herr Stoltenberg, daß Sie nur die Hoffnung ausdrücken, daß das Geld an die Gemeinden geht. Das Mindeste, das hier notwendig wäre, wäre eine pauschale Weiterleitung an die Gemeinden, damit die hier wirklich investieren können. Auch dies würde nicht ausreichen, weil viele Gemeinden, bei denen der Verwaltungshaushalt schon defizitär ist, gar nicht in der Lage sind, zusätzlich zu investieren und die Folgekosten aufzubringen.
    Der letzte Punkt: Sie hätten unsere Zustimmung zu dem Strukturhilfegesetz gehabt, wenn Sie den Mut oder den Willen aufgebracht hätten, hier wirklich notwendige Investitionen zu fördern. Es gibt genug. Ich nenne hier nur den Bau von Kläranlagen zum Schutz der Nord- und Ostsee. Hier hätten uns 2,45 Milliarden DM jährlich weitergebracht. Ebenso wären Investitionen z. B. im öffentlichen Nahverkehr oder zur Einsparung von Energie sinnvoll gewesen. Das gilt jedoch nicht für diese pauschale Weiterleitung von Geldern nach dem Gießkannenprinzip.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)