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ID1110700600

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    6. Austermann.: 1
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    Plenarprotokoll 11/107 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 107. Sitzung Bonn, Freitag, den 11. November 1988 Inhalt: Gedenkworte für die Opfer des Erdbebens in der chinesischen Provinz Yunnan . . . 7363 A Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde und den Richtlinien für Aktuelle Stunden in der Sitzungswoche ab 21. November 1988; keine Befragung der Bundesregierung in dieser Woche 7393 D Erweiterung der Tagesordnung 7380 A Ersetzung des Tagesordnungspunktes 16 a durch den Antrag auf Drucksache 11/3298 7394 A Jahn (Marburg) SPD 7363 B Rücktritt des Abg. Dr. Jenninger vom Amt des Präsidenten des Deutschen Bundestages 7398 C Vizepräsident Frau Renger 7398 C Tagesordnungspunkt 14: a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/2685) b) Erste Beratung des von dem Abgeordneten Hüser und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Drucksache 11/3116) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern (Drucksache 11/3263) Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 7364 A Dr. Struck SPD 7365 D Austermann CDU/CSU 7367 C Hüser GRÜNE 7370 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 7372 B Dr. Voscherau, Präsident der Freien und Hansestadt Hamburg 7374 A Grobecker, Senator der Freien Hansestadt Bremen 7375 C Frau Tidick, Minister des Landes Schleswig- Holstein 7376 C Dr. Rose CDU/CSU 7377 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Aktuelle Stunde betr. jüngste Äußerungen von Politikern der CDU und SPD zur Wochenarbeitszeit Hoss GRÜNE 7380 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 7381 A Schreiner SPD 7381 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 7382 D Frau Steinhauer SPD 7384 D Dr. Lammert CDU/CSU 7385 C Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 7386 C Beckmann FDP 7387 A Andres SPD 7388 A Kolb CDU/CSU 7389 A Dreßler SPD 7389 D Feilcke CDU/CSU 7390 D Kraus CDU/CSU 7391 D Schemken CDU/CSU 7392 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1988 Tagesordnungspunkt 16 b: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Oktober 1987 bis 31. März 1988 (Drucksache 11/2201) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Erweiterung der Westeuropäischen Union (WEU) durch Spanien und Portugal (Drucksache 11/3298) Dr. Klejdzinski SPD 7394 A Reddemann CDU/CSU 7395 B Dr. Mechtersheimer GRÜNE 7396D Dr. Feldmann FDP 7398 D Genscher, Bundesminister AA 7399 C Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Protokollen vom 22. Januar 1988 zum Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zu sammenarbeit (Drucksachen 11/3258, 11/3265) Genscher, Bundesminister AA . . 7401A, 7410 C Dr. Ehmke (Bonn) SPD 7402 D Lamers CDU/CSU 7405 C Dr. Mechtersheimer GRÜNE 7407 C Dr. Feldmann FDP 7409B Zusatztagesordnungspunkt 8: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP sowie der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes (Drucksachen 11/2436, 11/3292) Becker (Nienberge) SPD 7411B Zusatztagesordnungspunkt 11: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen (Drucksachen 11/2675, 11/3288, 11/3294) . . 7411D Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1989 (ERPWirtschaftsplangesetz 1989) (Drucksache 11/2965) 7412 A Zusatztagesordnungspunkt: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhebung von Meldungen in der Mineralölwirtschaft (Mineralöldatengesetz) (Drucksache 11/2043) 7412 C Nächste Sitzung 7412D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7413* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 7413* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 107. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. November 1988 7363 107. Sitzung Bonn, den 11. November 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 11. 11. Amling 11. 11. Frau Beer 11. 11. Böhm (Melsungen)* 11. 11. Börnsen (Ritterhude) 11. 11. Dr. Bötsch 11. 11. Brandt 11. 11. Breuer 11. 11. Dr. Briefs 11. 11. Dollinger 11. 11. Dr. Dregger 11. 11. Ebermann 11. 11. Dr. Ehrenberg 11. 11. Frau Eid 11. 11. Dr. Faltlhauser 11. 11. Gansel 11. 11. Gerstein 11. 11. Dr. Glotz 11. 11. Dr. Götz 11. 11. Grünbeck 11. 11. Frau Dr. Hamm-Brücher 11. 11. Dr. Hauff 11. 11. Heimann 11. 11. Frau Hensel 11. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 11. Dr. Hüsch 11. 11. Jaunich 11. 11. Kiechle 11. 11. Koschnick 11. 11. Kretkowski 11. 11. Leonhart 11. 11. Link (Diepholz) 11. 11. Dr. Lippelt 11. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 11. Meyer 11. 11. Dr. Müller* * 11. 11. Frau Nickels 11. 11. Oostergetelo 11. 11. Paintner 11. 11. Pfeifer 11. 11. Dr. Pinger 11. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Reuschenbach 11. 11. Frau Rock 11. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 11. 11. Schmitz (Baesweiler) 11. 11. Dr. Schmude 11. 11. Sellin 11. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 11. 11. Spilker 11. 11. Frau Trenz 11. 11. Voigt (Frankfurt) 11. 11. Frau Wieczorek-Zeul 11. 11. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 4. November 1988 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 159 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 20. Juni 1983 über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung der Behinderten Gesetz zu dem Montrealer Protokoll vom 16. September 1987 über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Finanzausschuß Drucksache 11/2899 Nr. 1.11, 1.12 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 10/6625 Drucksache 11/1536 Drucksache 11/1538 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Finanzausschuß Drucksache 11/2580 Nr. 6 Drucksache 11/2899 Nr. 3.2 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/973 Nr. 2.2, 2.6 Drucksache 11/2580 Nr, 10 Drucksache 11/2899 Nr. 3.3 -3.9 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2841 Nr. 10, 11 Ausschuß für Verkehr Drucksache 11/2089
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Struck


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes, das der Bundesfinanzminister eben noch einmal begründet hat, ist ein wahres Trauerspiel.

    (Kastning [SPD]: Das kann man wohl sagen!)

    Da ist der niedersächsische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vorsitzende Ernst Albrecht ausgezogen, um seine Parteifreunde hier in Bonn das Fürchten zu lehren.

    (Rixe [SPD]: Das hat nicht funktioniert!)




    Dr. Struck
    Die wichtigste Initiative seiner Amtszeit sollte das sein, nämlich die Umverteilung der Sozialhilfelasten von den Ländern und Gemeinden auf den Bund, damit endlich das Süd-Nord-Gefälle bekämpft wird. Im Bundesrat hat er am 29. April dieses Jahres dazu gesagt:
    Wir wollen keine Almosen; wir wollen Gerechtigkeit,
    und er war um das Verfassungsgebot der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse bemüht.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Große Worte!)

    Und was ist nun dabei herausgekommen? Wenig, sehr wenig, zwar mehr als Null, aber das Ziel ist deutlich verfehlt worden.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Albrecht ist Schritt für Schritt demontiert worden, immer kleiner gemacht, nachdem er sein Faustpfand, die Ablehnung der sogenannten Steuerreform im Bundesrat, leichtfertig aus der Hand gegeben hat. Von dem großen Wind, den er machte, ist nur noch ein laues Lüftchen geblieben.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wenn es nur um die Demontage von Herrn Albrecht ginge, wäre das alles nicht so schlimm. Aber es geht um viel mehr. Die Länder Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und das Saarland sind schmählich im Stich gelassen worden, als es um die Verwirklichung der Entlastung von Sozialhilfekosten ging. Es ist bechämend, meine Damen und Herren, wenn Ministerpräsidenten oder Finanzminister dieser Länder aus der Zeitung entnehmen mußten, wie hinter verschlossenen Türen von CDU-Klüngelkreisen ihre berechtigte Forderung nach Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse Schritt für Schritt verstümmelt worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Die SPD-regierten Länder erhielten von Besprechung zu Besprechung weniger Mittel, während die CDU-regierten Länder einen immer größeren Anteil vom Geldsegen erwarten konnten. So verliert Bremen fast 100 Millionen DM gegenüber dem ursprünglichen Konzept, Hamburg 248 Millionen, Nordrhein-Westfalen mehr als 1 Milliarde DM, das Saarland 18 Millionen DM und Schleswig-Holstein 7 Millionen DM. Rheinland-Pfalz erhält statt dessen wesentlich mehr, und auch das Land Bayern kann mit den jetzt angebotenen 158 Millionen DM mehr als zufrieden sein.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Da kann man fast danke sagen!)

    Dieser Vergleich zeigt, daß der Gesetzentwurf über die Strukturhilfe nicht — hier widerspreche ich Ihnen ausdrücklich, Herr Stoltenberg — nach nachvollziehbaren Kriterien erarbeitet wurde, sondern die CDURegierungen sich mit tätiger Mithilfe des Bundesfinanzministers auf Kosten der SPD-Länder bedient haben.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Unglaublich! — Zuruf von der CDU/CSU: Unwahr!)

    Es ist nicht sachgerecht geprüft worden, sondern es ist (I politisch berechnet worden.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Eingekauft!)

    In diesem unwürdigen Schauspiel hat der Bundesfinanzminister eine tragende Rolle.

    (Kastning [FDP]: Eine tragische!)

    Sie haben, Herr Minister Stoltenberg, den Auftrag des Grundgesetzes mißachtet und nur parteipolitisch gedacht.

    (Beifall des Abg. Scherrer [SPD])

    Böse Zungen hier in Bonn behaupten sogar, das Gesetz sei von Ihnen deshalb so unzulänglich erarbeitet und vorbereitet worden, weil Sie es im Grunde gar nicht wollen und es wie die Zwangsanleihe von 1983 vom Bundesverfassungsgericht wieder kassiert sehen möchten. Wir Sozialdemokraten werden das verhindern. In den Beratungen werden wir für Verfassungsmäßigkeit sorgen. Wir wollen, obwohl dieses Gesetz nur die drittbeste Lösung ist, daß wenigstens dieser Anfang gemacht wird. Aber für uns bleibt die Umverteilung der Sozialhilfelasten weiter auf der Tagesordnung.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Sozialhilfekosten entwickeln sich mehr und mehr zum Sprengsatz der kommunalen Haushalte. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger stieg im Jahre 1986 auf über drei Millionen Einwohner. Die Gesamtaufwendungen für Sozialhilfe verschlingen inzwischen mehr als 25 Milliarden DM, wovon die Gemeinden netto mehr als 17 Milliarden DM zu tragen haben.
    Die Gesetzesinitiative der nord- und westdeutschen Länder im Bundesrat war daher nur logisch und konsequent, wenngleich wir Sozialdemokraten eine Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes für noch besser gehalten hätten,

    (Zurufe von der SPD: Richtig! — Sehr wahr!)

    um den Kommunen die Sozialhilfe für Langzeitarbeitslose abzunehmen.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Hauptursachen der Kostenexplosion bei der Sozialhilfe liegen beim Bund, nicht bei den Kommunen, und deshalb, Herr Minister Stoltenberg, hat der Bund auch die Verantwortung für die Entlastung der Länder und Gemeinden. Auf diese Weise hätten dann auch die strukturschwachen Regionen mehr Mittel zur Verstärkung ihrer Investitionen, um wirklich das SüdNord-Gefälle langsam abbauen zu können. Das Strukturhilfegesetz ist kein Ersatz für die Sozialhilfeentlastung der Gemeinden.
    Die Äußerungen des hessischen Ministerpräsidenten Wallmann zu diesem Gesetzentwurf lassen Böses vermuten. Nach einem Bericht der „Hannoverschen Neuen Presse" vom 5. November hat weder Bundeskanzler Dr. Kohl noch Finanzminister Dr. Stoltenberg versucht, Herrn Wallmann von seiner angekündigten Klage in Karlsruhe abzuhalten; Ich frage: Wird hier mit gezinkten Karten gespielt?
    Jetzt ist der Deutsche Bundestag gefordert. Dem Gesetzeswortlaut ist vieles nicht zu entnehmen. Die



    Dr. Struck
    Erläuterungen in den Begründungen geben auch keinerlei Hinweis auf die Sachgerechtigkeit des Verteilungsschlüssels. Die Bundesregierung hat von ihrer Verfassungskompetenz nach Art. 104a Abs. 4 Gebrauch gemacht. Nach dieser Vorschrift haben Sie die Kompetenz, Ländern und Gemeinden bei ihren Investitionsbemühungen zu helfen, um das bestehende wirtschaftliche Gefälle zu verringern.
    Meine Damen und Herren, von dieser Ermächtigung ist schon einmal Gebrauch gemacht worden, und zwar von einer sozialliberalen Bundesregierung: durch das sogenannte Zukunftsinvestitionsgesetz, abgekürzt ZIP. Dieses sogenannte ZIP 1

    (Uldall [CDU/CSU]: War völlig wirkungslos!)

    hat Investitionen der Länder und Gemeinden gefördert, von denen viele heute noch profitieren. Ihr Zwischenruf, Herr Uldall, zeigt mir, daß sie nun wirklich keine Ahnung davon haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Das Zukunftsinvestitionsprogramm ist eines der wesentlichen Konjunkturprogramme der sozialliberalen Bundesregierung gewesen, das nach wie vor, noch heute, wirkt.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Der größte Flop war das! — Uldall [CDU/CSU]: Ich habe miterlebt, wie das in Hamburg völlig verpufft ist!)

    — Nun reden Sie mal nicht dazwischen! Stellen Sie eine Zwischenfrage; die beantworte ich dann gerne.
    Die pauschale Verteufelung der sozialliberalen Investitionsprogramme durch die damalige Opposition und die heutige Regierung ist durch das, was jetzt in diesem sogenannten Strukturhilfegesetz, das nichts anderes als ein ZIP 2, ein zweites Zukunftsinvesitionsprogramm, ist, vorgelegt ist, als falsch und unseriös entlarvt worden.

    (Beifall bei der SPD)

    Ebenso falsch, meine Damen und Herren, war die pauschale Ablehnung unseres Programms Arbeit und Umwelt, denn alle seine wesentlichen Bestandteile und Merkmale sind jetzt in diesen Förderungskatalog der Bundesregierung aufgenommen worden. Wir bedanken uns ausdrücklich dafür.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie wollen also heute etwas fördern, was auch wir für wichtig und richtig halten. Deshalb, Herr Bundesfinanzminister, kritisieren wir Sie nur sehr milde.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Aber das, was Sie und wir wollen, haben Sie äußerst schlampig vorbereitet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber ein Riesen-Eiertanz!)

    Wir werden die Kritik und die Anregungen, die der Bundesrat vorgebracht hat, so weit wie möglich aufnehmen und für ein fehlerfreies und gerechtes Gesetz sorgen.
    Die Haltung der SPD-Bundestagsfraktion zu diesem Gesetz in einem Satz zusammengefaßt: Dieses Gesetz
    ist die drittbeste denkbare Lösung; aber weil wir uns darüber im klaren sind, daß angesichts der politischen Verhältnisse in diesem Hause zur Zeit offenbar nur diese Lösung mit diesem Finanzvolumen durchsetzbar ist, werden wir im Interesse der strukturschwachen Länder diese Lösung mittragen, nachdem wir das Gesetz verfassungsdicht gemacht haben.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Austermann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, daß wir ein Gesetz heute in erster Lesung beraten, das vor allen Dingen den strukturschwachen Ländern insbesondere im Norden der Bundesrepublik helfen soll, und dann von allen Seiten, insbesondere von den Bundesländern, nur Kritik festzustellen ist. Allerdings hat der Kollege Struck zum Schluß dann wieder die Kurve gekriegt und dieses Gesetz immerhin als eine „drittbeste Lösung" bezeichnet.

    (Dr. Struck [SPD]: Es ist auch nicht die beste!)

    Meine Damen und Herren, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ist gut. Die Wirtschaft der Bundesrepublik wächst. Die Zahl der Beschäftigten steigt; das gilt auch im Norden. Die Zahl der offenen Stellen ist die höchste seit 1981; in diesem Jahr wird es 150 000 Beschäftigte zusätzlich geben.

    (Zuruf von der SPD: Was ist mit den Arbeitslosen?)

    — Die Zahl der Arbeitslosen ist noch immer zu hoch; aber sie liegt inzwischen niedriger als im Schnitt des Jahres 1982.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Diese Entwicklung gilt generell im Bund, aber sie gilt nicht generell in allen Bundesländern. Wir bezeichnen diese Entwicklung in den letzten Jahren, seit Ende der 70er Jahre, als das Süd-Nord-Gefälle, das von verschiedener Seite aus angegangen wurde, aber ohne daß bisher konkrete Lösungsergebnisse herbeigeführt worden sind.
    Ich möchte etwas zu dem ZIP sagen — Herr Kollege Struck, Sie haben es als beispielhaft bezeichnet — : Machen Sie doch bitte eine Berechnung auf: die Entwicklung dieses ZIP, die Laufzeit, die Entwicklung der Arbeitslosenzahl parallel und die Entwicklung der Verschuldung parallel. Dann werden Sie feststellen, daß dieses Programm eine einzige Pleite gewesen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Struck [SPD]: Das ist doch Quatsch!)

    Wir haben statt dessen mehrfach versucht, die Entwicklung durch Sonderprogramme für Norddeutschland, durch Sonderprogramme für Werftersatzarbeitsplätze, durch Sonderprogramme auch für Bremen zu beeinflussen. — Ich hoffe, daß der Kollege Grobecker dankend auch zu dem etwas sagt, was in der Vergangenheit passiert ist. — Wir haben die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gezielt, gerade auch für die von der



    Austermann
    Arbeitslosigkeit besonders betroffenen Regionen aufgestockt.
    So ist festzustellen — ich sage das einmal bezogen auf meinen Wahlkreis; denn es ist am besten, man wird konkret, wenn man solche Dinge nennt — : In meinem Wahlkreis, in der Region, im Bereich des Arbeitsamtes Elmshorn, sind seit dem Regierungswechsel 6 600 neue, zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Dies ist konkret zurückzuführen auf die Hilfe aus dem Bund. Es ist besonders interessant, und das nehmen die meisten nicht zur Kenntnis: Von diesen 6 600 zusätzlichen Arbeitsplätzen sind drei Viertel den Frauen zugute gekommen. Also, auch im Norden kommt die Hilfe an; aber wir müssen Weiteres dafür tun.
    Nun hat der niedersächsische Ministerpräsident — ich finde, dafür muß man ihm danken — praktisch als erster hier einen Stein ins Wasser geworfen, nach unserer Meinung allerdings mit einem falschen Ansatz, nämlich mit dem Ansatz der Sozialausgaben.

    (Zurufe von der SPD: Mit dem richtigen Ansatz! — Ihr habt den nur gefälscht!)

    Ich sage: Die zusätzliche Hilfe, gemessen an den Sozialausgaben, ändert nur etwas an den Symptomen. Sie bedeutet keine Beseitigung der Ursachen. Sie ist in die Vergangenheit gerichtet und nicht in die Zukunft.
    Die Bundesregierung und auch der baden-württembergische Ministerpräsident schlagen deshalb einen anderen Weg vor, nämlich die Unterstützung nach Art. 104 a Abs. 4 für „besonders bedeutsame Investitionen" . Das Geld soll nicht in die Haushalte hineinfließen, sondern für die Zukunftsentwicklung ausgegeben werden. Wir wollen die Länder voranbringen. Sie sollen die technologische Explosion im Süden aufnehmen, Umweltqualität sichern und verbessern, Wirtschaftsstrukturen entkalken und aus den brachliegenden Beschäftigungsreserven, die wir haben, Qualifizierungsreserven machen.
    Nach dem Beschluß des Bundeskabinetts vom Juli ist auch klar, daß dies mit Hilfen gerade auch für Forschung und Entwicklung im Land einhergehen soll. Forschung von heute sind Arbeitsplätze von morgen.
    Ich habe gesagt, daß wir den Ansatz der Sozialhilfe für falsch halten, u. a. auch deshalb, weil man nicht einfach eine Gleichung aufmachen kann: Die Sozialhilfeausgabenentwicklung ist identisch mit der Arbeitslosenentwicklung. Es gibt viele andere Dinge, die bei der Entwicklung der Hilfe für sozial Schwache eine Rolle spielen. Dazu gehören auch gescheiterte Ehen, dazu gehört auch die Anhebung der Sozialhilfesätze, und die liegt in der Verantwortung der Länder. Dazu gehört auch der Anstieg der Pflegefälle. Niemand kann heute fordern, daß der Bund die zusätzlichen Kosten für die angestiegene Zahl der Pflegefälle bezahlen soll.
    Wir wollen mit den Finanzhilfen in Höhe von fast 2,5 Milliarden DM jährlich über zehn Jahre — ich sage es noch einmal ausdrücklich: der Bund leistet hier 25 Milliarden DM Hilfe für strukturschwache Länder — die Investitionskraft gerade auch der Kommunen stärken. Es liegt bei den Ländern, dafür zu
    sorgen, daß dies bei den Kommunen dann auch ankommt.
    Ich habe das Land Schleswig-Holstein als Beispiel vor Augen. Frau Minister Tidick kann dazu etwas sagen. Das Land hat vorgesehen, von den 252 Millionen DM einen Anteil von 50 Millionen DM an die Kommunen weiterzugeben.

    (Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Viel zu wenig!)

    Dies halte ich für kläglich, wenn man die Situation auch der großen Städte im Lande sieht. Die Länder sind dafür verantwortlich, daß die Mittel entsprechend ankommen.
    Nun lassen Sie mich eine Rechnung aufmachen, wohin das Geld tatsächlich geht. Knapp 2 von den 2,5 Milliarden DM gehen in den Norden, einschließlich Nordrhein-Westfalen. Da kann doch niemand sagen, daß wir uns parteipolitisch ausgerichtet hätten, Herr Kollege Struck.

    (Dr. Struck [SPD]: Natürlich!)

    Das Geld geht dorthin, wo die Hilfe gebraucht wird, aber wenn Sie mal vergleichen, welche Regierungen jeweils dran sind, dann können Sie allerdings gewisse Rückschlüsse auf Fehlverhalten, insbesondere bei sozialdemokratischen Regierungschefs, ziehen.

    (Dr. Struck [SPD]: Das ist ja unerhört! Das ist der letzte Quatsch! Typisch Austermann!)

    Das sind also knapp 2 Milliarden DM, und für die eigentlich klassischen vier norddeutschen Länder sind dies 1,2 Milliarden DM. Wenn ich die drei Damen und Herren dort sehe, dann kann ich sagen: Für Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein ist das eine halbe Milliarde DM pro Jahr. Ich hoffe, dafür kommt hier heute auch ein klares Dankeschön.
    Wenn man die Diskussionslage im Bundesrat verfolgt, muß man sich allerdings wundern; denn der Bundesrat ist nicht einmal in der Lage, einer Beschlußempfehlung des Finanzausschusses des Bunderates zu folgen, der gesagt hat, man begrüße diese Hilfe des Bundes. Das heißt, die Bundesländer begrüßen noch nicht einmal in ihrer Mehrheit die Hilfe. Dann könnte man eigentlich sagen: Nach dem bürgerlichen Recht ist das grober Undank. Weshalb sollten wir diese Hilfe dann eigentlich gewähren?

    (Dr. Struck [SPD]: Wieder typisch Austermann!)

    Ich erwarte also, daß eine klare Aussage hinsichtlich dieser zusätzlichen Hilfeleistung erfolgt.
    Das Land Hessen, Herr Kollege Struck, sieht hier eine Nachbesserung des Finanzausgleichs. Dem kann man meines Erachtens begegnen, wenn man die Hilfe auch konkret auf Investitionsentscheidungen abstellt. Ich könnte mir denken, daß wir eine Formulierung in das Gesetz einbringen — ich bitte, hier genau zuzuhören — : ,Durch die Finanzhilfen werden Investitionen gefördert, die im Volumen um 90 — das ist der Anteil des Bundes — ihres Gesamtbetrages über der durchschnittlichen Investitionssumme des jeweiligen Bundeslandes im Schnitt der letzten drei Jahre liegen.' Dann hätten wir sichergestellt, daß es sich um zusätzliche Investitionen handelt, daß nicht



    Austermann
    wie in Schleswig-Holstein auf der einen Seite Straßenbaumittel gekürzt und über diesen zusätzlichen Topf zusätzliche Mittel für Straßenbau ausgegeben werden.
    Stellte man bei dieser Hilfestellung auf die Arbeitslosenzahlen ab, gäbe es eine klare Trennung zwischen dem Süden und dem Norden. Stellte man auf die Finanzkraft ab, müßte in jedem Fall Hamburg herausfallen. Beide Länder, Bremen und Hamburg, sind im Finanzausgleich Nettozahler.
    Meine Damen und Herren, das Unbehagen, das an diesem Gesetzentwurf teilweise besteht, ist im Grunde genommen nur eine Beschreibung der Situation der Finanzverhältnisse zwischen Bund und Ländern insgesamt. Es ist gar nicht zu bezweifeln, daß es hier knirscht und daß wir auch in der laufenden Beratung dieses Gesetzes und auch in der zukünftigen Diskussion darauf achten müssen, wie sich die weitere Gestaltung der Verhältnisse von Bund und Ländern künftig entwickelt.
    Wir sind der Überzeugung, daß die Strukturhilfe — ich nenne sie lieber eine Zukunftshilfe, denn es ist eine Hilfe für zukünftige Entwicklung der Länder — nicht dadurch wirkungslos werden darf, daß einzelne Länder eine geradezu wachstums- und wirtschaftsfeindliche Politik betreiben,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau MatthäusMaier [SPD]: Welche denn?)

    die darüber hinaus gegen die gesamtstaatlichen Interessen gerichtet ist. Ich will das mal am Beispiel des Landes Schleswig-Holstein deutlich machen.

    (Dr. Struck [SPD]: Hör doch auf mit dem Quatsch! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Jeder fragt sich, wie das dort mit der politischen Entwicklung nach der Wahl aussieht und wie die Kurskorrektur ausfällt. Da kann ich nur feststellen, daß diese Kurskorrektur schärfer ausgefallen ist, als sich ein großer Teil der Wähler dies sicher gewünscht hat. Ich will das mal sagen: Wir stellen hier in dem Land Schleswig-Holstein jedes Jahr 252 Millionen DM zur Verfügung. Und was tut das Land Schleswig-Holstein?

    (Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Nichts!)

    Es beschließt den Ausstieg aus dem gemeinsamen Energiekonzept. Das hat dazu geführt, daß ein großes deutsches Papierunternehmen gesagt hat: Wir stellen unsere Investitionsentscheidungen von 500 Millionen DM zurück. Das sind zwei Jahresraten der Strukturhilfe, die dort auf Eis liegen.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Kritisieren Sie doch lieber das Unternehmen!)

    — Ich kann das keinem Unternehmer übelnehmen, wenn er sagt: Das ist mir zu unzuverlässig, was der Herr Engholm da macht; in diesem Land investiere ich nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Struck [SPD]: Quatsch!)

    Die Straßenbaumittel des Landes werden gekürzt, die
    weitere Elbquerung wird abgelehnt, und jetzt kommt
    das Interessanteste: Auf der einen Seite fordert man
    mit Hamburg die vierte Elbtunnelröhre, und dann stimmt Frau Simonis im Finanzausschuß des Bundestages dagegen. Hier werden Investitionsentscheidungen blockiert.
    Ein anderes Beispiel: In meinem Wahlkreis liegt die Errichtung einer Sonderabfallverbrennungsanlage auf Eis, weil das Land meint, man müßte dort unbedingt staatliches Geld hineinstecken, auch wenn der private Investor alleine investieren will. Auch dies ist eine Antwort auf die Frage: Was tun Unternehmer, und was tut die Politik?
    Wir haben uns in diesem Jahr dazu entschlossen, die Werfthilfe für 1989 weiter aufzustocken, auch die Schiffbauhilfe. Ich halte das für vernünftig. Wir können inzwischen feststellen, daß eine gewisse Stabilität bei den Werften, bei den Werftarbeitsplätzen eingetreten ist. Was tut das Land Schleswig-Holstein? Es kürzt die Hilfe für die Werften. Wenn dann der Wirtschaftsminister sagt, er wisse sich in weiten Bereichen einig mit dem DGB, dann frage ich mich allerdings, ob dies der richtige Kurs ist. Wenn Sie sich weltweit umsehen, stellen Sie fest, ob in Nordafrika, in der Tschechoslowakei, in Ungarn, in Birma, in Osteuropa, in der Sowjetunion, überall ist der Sozialismus wirtschaftlich gescheitert, aber in Schleswig-Holstein soll er eingeführt werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

    Dies bezahlen wir nicht über ein Programm „Arbeit und Umwelt" durch Steuergelder.