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ID1110605300

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    Plenarprotokoll 11/106 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 106. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. November 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Czaja 7277 A Erweiterung der Tagesordnung 7277 B Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung: Ergebnisse der Reise des Bundeskanzlers und seiner Delegation in die UdSSR Dr. Kohl, Bundeskanzler 7278A Dr. Vogel SPD 7284 B Rühe CDU/CSU 7287 D Schily GRÜNE 7291 C Dr. Graf Lambsdorff FDP 7294 A Heimann SPD 7296 C Frau Geiger CDU/CSU 7299 C Frau Beer GRÜNE 7301 B Genscher, Bundesminister AA 7302 A Erler SPD 7305 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 7307 D Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes und des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland (Wohnungsbauänderungsgesetz 1988) (Drucksachen 11/3160, 11/3264) 7309C b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Aufhebung des Visumzwanges gegenüber Ungarn (Drucksache 11/2203) 7309 C Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Für eine Politik der offenen Grenzen — für ein Recht auf Zuflucht — Flüchtlings- und Asylkonzeption (Drucksache 11/3249) 7309D Tagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Weinwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 11/1823, 11/3131) 7310A Tagesordnungspunkt 5: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Sechzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste — Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 11/2726, 11/3123) 7310B Tagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 11/3245) 7310B II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. November 1988 Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 86 zu Petitionen (Drucksache 11/3289) 7310 C Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 87 zu Petitionen (Drucksache 11/3290) 7310 C Tagesordnungspunkt 7: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Umwandlung der deutschen Pfandbriefanstalt in eine Aktiengesellschaft (Drucksachen 11/2047, 11/2992) Uldall CDU/CSU 7310 C Dr. Wieczorek SPD 7311D Dr. Solms FDP 7313 C Hüser GRÜNE 7314 B Dr. Häfele, Parl. Staatssekretär BMF 7315 A Tagesordnungspunkt 13: a) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Unterstützung für die Bemühungen um Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen in Chile und um Gerechtigkeit für ihre Opfer (Drucksache 11/2985) b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Sofortige Aufnahme der in Chile mit der Todesstrafe bedrohten politischen Gefangenen (Drucksache 11/2986) c) Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Unterstützung der Oppositionspresse in Chile (Drucksache 11/2987) Volmer GRÜNE 7316B Schreiber CDU/CSU 7317 D Duve SPD 7319 C Irmer FDP 7321 A Schäfer, Staatsminister AA 7322 B Volmer GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 7323 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Beratung der Beschlußempfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Kelly und der Fraktion DIE GRÜNEN: Errichtung einer internationalen Begegnungsstätte für Frieden und Versöhnung in Guernica, Baskenland zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Geste des Friedens und der Freundschaft durch die Bundesrepublik Deutschland gegenüber der baskischen Stadt Guernica in Spanien (Drucksachen 11/362, 11/483, 11/3180) Frau Kelly GRÜNE 7324 A Dr. Pohlmeier CDU/CSU 7325 A Duve SPD 7325 C Irmer FDP 7326 B Zusatztagesordnungspunkt 4: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung asylverfahrensrechtlicher und ausländerrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 11/2302, 11/3189) Spranger, Parl. Staatssekretär BMI 7327 D Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 7328 D Dr. Hirsch FDP 7330 D Frau Olms GRÜNE 7332 A Dr. Olderog CDU/CSU 7332 D Tagesordnungspunkt 9: a) Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Konkursordnung (Drucksachen 11/2065, 11/3279) b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Wittmann, Marschewski, Dr. Hüsch, Eylmann, Dr. Langner, Seesing, Geis, Hörster und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Kleinert (Hannover), Funke, Irmer und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren (Drucksachen 11/2991, 11/3279) Dr. Pick SPD 7334 B Helmrich CDU/CSU 7334 D Hüser GRÜNE 7335 A Kleinert (Hannover) FDP 7335 C Engelhard, Bundesminister BMJ 7335 D Tagesordnungspunkt 10: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Duve, Dr. Apel, Dr. Penner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Erhaltung des halben Mehrwertsteuersatzes für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften (Drucksachen 11/920, 11/1978) Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. November 1988 III b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zu einer Mitteilung der Kommission an den Rat über Maßnahmen im Bereich des Buches (Drucksachen 11/706, 11/2505) Weisskirchen (Wiesloch) SPD 7337 A Frau Pack CDU/CSU 7338 A Hüser GRÜNE 7338 D Neuhausen FDP 7339 B Schulhoff CDU/CSU 7340 B Dr. Häfele, Parl. Staatssekretär BMF 7341A, 7341D Duve SPD 7341 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags des Abgeordneten Wüppesahl (fraktionslos): Sitzplatz des Abgeordneten Wüppesahl im Plenarsaal (Drucksache 11/3198) Bohl CDU/CSU (zur GO) 7342 B Wüppesahl fraktionslos 7342 B Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Humanitäres Kriegsvölkerrecht (Drucksache 11/2118) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Humanitäres Kriegsvölkerrecht (Drucksache 11/3295) Verheugen SPD 7344 A Graf Huyn CDU/CSU 7345 B Frau Schilling GRÜNE 7346 B Irmer FDP 7347 B Dr. Scheer SPD 7348 D Schäfer, Staatsminister AA 7349 D Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP: Humanitäre Hilfeleistungen der Bundesrepublik Deutschland an Afghanistan im Zusammenhang mit dem Abzug der sowjetischen Truppen (Drucksache 11/2437) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Das Genfer Abkommen zwischen Afghanistan und Pakistan vom 14. April 1988 und humanitäre Hilfeleistungen der Bundesrepublik Deutschland an Afghanistan (Drucksache 11/3272) Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 7351 C Dr. Holtz SPD 7352 A Frau Folz-Steinacker FDP 7353 B Frau Olms GRÜNE 7354 C Höffkes CDU/CSU 7355 B Schäfer, Staatsminister AA 7356 B Zusatztagesordnungspunkt 13: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1988 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1988) (Drucksachen 11/2742, 11/3293, 11/3297) Regenspurger CDU/CSU 7358 A Lutz SPD 7359 B Dr. Hirsch FDP 7360 B Nächste Sitzung 7361 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 7362* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 106. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. November 1988 7277 106. Sitzung Bonn, den 10. November 1988 Beginn: 15.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens** 11. 11. Amling 11. 11. Antretter 10. 11. Frau Beer 11. 11. Böhm (Melsungen)* 11. 11. Börnsen (Ritterbude) 11. 11. Dr. Bötsch 11. 11. Bühler (Bruchsal)* 10. 11. Dollinger 11. 11. Dr. Dregger 11. 11. Ebermann 11. 11. Frau Eid 11. 11. Dr. von Geldern 10. 11. Dr. Glotz 11. 11. Grüner 10. 11. Frau Dr. Hamm-Brücher 11. 11. Dr. Hauff 11. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Hensel 11. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 11. Irmer 10. 11. Dr. Klejdzinski* 10. 11. Dr. Knabe 10. 11. Kolb 10. 11. Leonhart 11. 11. Frau Luuk* 10. 11. Dr. Müller** 11. 11. Müller (Düsseldorf) 10. 11. Frau Nickels 11. 11. Niegel* 10. 11. Paintner 11. 11. Reddemann** 10. 11. Reuschenbach 11. 11. Frau Rock 11. 11. Frau Saibold 10. 11. Dr. Schäuble 10. 11. Scherrer 10. 11. Dr. Schmude 11. 11. Dr. Schneider (Nürnberg) 10. 11. Frau Trenz 11. 11. Voigt (Frankfurt) 11. 11. Frau Wieczorek-Zeul 11. 11.
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    Rede von Gunnar Uldall


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Die Privatisierung der Deutschen Pfandbriefanstalt ist im Gesamtzusammenhang unserer Privatisierungspolitik zu sehen. Nach der Privatisierung von Industrieunternehmen steht jetzt der Bankbereich im Blickpunkt. Zunächst wurde im März 1988 die Deutsche Verkehrs-Kredit-Bank für private Anleger geöffnet. Jetzt werden gesetzgeberische Maßnahmen für die Veräußerung der Beteiligung an der Deutschen Pfandbriefanstalt beraten.
    Es ist kein Grund zu erkennen, weswegen der Staat weiterhin Eigentümer der Depfa bleiben sollte. 1922 wurde das Institut mit der Aufgabe gegründet, den Kleinwohnungsbau zu fördern. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich diese Aufgabenstellung völlig gewandelt. Die Steuerfreiheit der Gesellschaft wurde deswegen folgerichtig auch bereits vor vielen Jahren abgeschafft.
    Langfristige Kredite für den Kleinwohnungsbau werden heute von einer Vielzahl von Kreditinstituten gewährt. Genauso ist im umgekehrten Falle die Depfa ihrerseits auf neuen Gebieten tätig, auf denen sie ihrerseits im Wettbewerb steht. Wenn eine Aufgabe ebensogut von einer privaten Institution wahrgenommen werden kann, dann sollte diese Aufgabe nach dem Verständnis der CDU/CSU-Fraktion nicht weiterhin vom Staat, sondern von einem privaten Unternehmen ausgeübt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Beschluß der Regierung, die Depfa zu privatisieren, ist deswegen konsequent und richtig.
    Die Pläne der Regierung, die von uns voll unterstützt werden, sehen wie folgt aus:



    Uldall
    Erstens. Die bisherige öffentliche Aufgabenstellung der Depfa wird aufgegeben, wobei das darauf basierende Altgeschäft entsprechend den vertraglich vereinbarten Laufzeiten auslaufen soll. Für das neue Geschäft soll das Hypothekenbankgesetz gelten.
    Zweitens. Die Depfa wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die bisherigen Gesellschafter, in erster Linie der Bund, die Deutsche Bundespost, die Deutsche Beamtenversicherung und viele weitere kleine Gesellschafter, übernehmen entsprechend ihren Anteilen die Aktien.
    Drittens. Die Bundesregierung veräußert je nach der Marktlage zu einem günstigen Zeitpunkt den Bundesanteil. Im Rahmen der Ausschußberatungen hat die Bundesregierung darüber hinaus mitgeteilt, daß die Sondervermögen und die übrigen Gesellschafter ebenfalls Veräußerungsabsichten bekundet hätten.
    Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich sagen, daß wir davon ausgehen, daß die Bundesregierung ihre Einflußmöglichkeiten auf die übrigen Gesellschafter nutzt, um zu erreichen, daß sich auch diese Gesellschafter von ihren Anteilen trennen. Gleichzeitig bittet unsere Fraktion die Regierung nachdrücklich, dafür zu sorgen, daß Belegschaftsaktien ausgegeben werden. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn es gelänge, gerade auf diesem Weg die Anteile der Depfa breit zu streuen.
    Meine Damen und Herren, die jetzt anstehende Umwandlung der Deutschen Pfandbriefanstalt möchte ich zum Anlaß nehmen, einige grundsätzliche Bemerkungen über unsere Privatisierungspolitik zu machen.

    (Dr. Wieczorek [SPD]: Verschleuderungspolitik meinen Sie!)

    Bei der Übernahme der Regierung im Jahre 1982 haben wir ein Konglomerat zahlreicher Bundesbeteiligungen vorgefunden. Insgesamt handelte es sich um 808 Beteiligungen. Davon waren 759 mittelbare Beteiligungen. Der Bund betrieb z. B. Automobilbau und handelte mit Öl. Das sind alles nichttypische Staatsaufgaben.
    Nach unseren ordnungspolitischen Vorstellungen darf von der für unsere Wirtschaftsordnung wesentlichen Trennung zwischen privatem Wettbewerb und der Erfüllung staatlicher Funktionen nur in besonders begründeten Ausnahmen abgewichen werden. Staatlicher Unternehmensbesitz ist auf die Dauer nur dann gerechtfertigt, wenn er zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erforderlich ist.
    Die Bundesregierung hatte sich deswegen die Aufgaben gestellt, Verluste bei den Beteiligungen abzubauen, die mittelbaren Beteiligungen zu straffen und nicht mehr begründete Beteiligungen zu veräußern. Von den 808 Beteiligungen, von denen ich zu Anfang sprach, sind heute nur noch 309 Beteiligungen übriggeblieben. Das zeigt, wie erfolgreich und konsequent die Bundesregierung in der Privatisierungspolitik vorangegangen ist.
    Ich will nur die wichtigsten Punkte nennen. Die VEBA wurde vollständig privatisiert. 600 000 Aktionäre im In- und Ausland halten heute die Anteile.
    Der Bundesanteil an VW wurde veräußert. 150 000 Personen haben statt des Einzelaktionärs Bund diese Aktien übernommen.
    Die VIAG wurde privatisiert. 200 000 neue Anteilseigner haben die Anteile eines Einzelaktionärs übernommen.
    Das sind alles großartige Erfolge, meine Damen und Herren, auch unter dem Gesichtspunkt der Streuung des Vermögens in der Bevölkerung. Denn natürlich ist das Vermögen besser in der Hand der Bevölkerung als in der Hand des übermächtigen Staates.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Als Bilanz dieser Politik möchte ich vier Punkte festhalten.
    Erstens. Die notwendige und sinnvolle Trennung zwischen staatlicher Aufgabenerfüllung und privater Wettbewerbswirtschaft wurde vorangebracht.
    Zweitens. Es ist gelungen, die privatisierten Unternehmen mit ihren Anteilen breit zu streuen. Es ist vor allen Dingen als erfreulich hervorzuheben, daß 50 % der Mitarbeiter bei der VEBA oder bei der IVG an ihrem Unternehmen heute selber beteiligt sind.
    Drittens. Die Kurse der Aktien sämtlicher privatisierter Bundesunternehmen haben sich überaus positiv entwickelt. Bei keinem Unternehmen sind die Aktien trotz des Crashs heute schlechter notiert, als der Ausgabekurs gewesen ist.

    (Zuruf von der SPD: Weil Sie sie billig verkauft haben!)

    Viertens. Der Bundeshaushalt wurde durch die Privatisierungserlöse um 6,6 Milliarden DM entlastet. Dies bedeutet auch eine Entlastung bei der Neuverschuldung und spart uns dabei Zinsen. Das sei einmal all denen zu bedenken gegeben, die behaupten, auf lange Sicht führe die Privatisierung zu finanziellen Einbußen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend festhalten: Die Privatisierungspolitik muß weitergehen. Immer noch gehören dem Staat zahlreiche Unternehmen, die genausogut oder sogar noch besser von privater Hand geführt werden können. Aus diesem Grunde begrüße ich sehr, daß die Bundesregierung weitere Privatisierungsprojekte überprüfen läßt. Ich meine, wir brauchen nach der erfolgreichen ersten Phase nunmehr eine zweite Phase der Privatisierungspolitik. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird die Bundesregierung bei diesem Vorhaben weiter unterstützen und fordert die Bundesregierung auf, den erfolgreichen Weg der Privatisierungspolitik weiterhin konsequent zu beschreiten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wieczorek.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Uldall, es ist ja richtig: Sie haben sehr viel verkauft. Ich möchte aber, wenn Sie selber feststellen, daß die Kurse so sehr gestiegen sind, gleich festhalten, daß unser Vorwurf, daß Sie eine Verschleuderung von Bundesvermögen vorge-



    Dr. Wieczorek
    nommen haben, dann nicht ganz unzutreffend ist; sonst wäre das nicht zu erklären.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihre Logik!)

    — Das ist nun einmal die Logik des Marktes, die Sie sonst immer so loben. Damit fallen Sie selber herein.
    Es ist ja auch richtig: Sie haben von 1982 bis jetzt von ursprünglich 808 Unternehmen 309 verkauft, ungefähr 6,6 Milliarden DM eingestrichen. Jetzt wollen Sie noch einmal ungefähr — das ist die Hausnummer — 500 Millionen DM aus dem Depfa-Verkauf bekommen, und die DSL-Bank soll ja auch noch folgen. Sie machen dabei Kasse, um nämlich hier Ihre Löcher zu stopfen.
    Sie haben einmal etwas anderes propagiert. Der Bundeskanzler höchst persönlich, Herr Kollege Meyer, hat, wenn ich mich richtig erinnere, einmal angekündigt, es sollte alles zur Förderung von Wissenschaft und Forschung ausgegeben werden. Ich wundere mich immer noch, warum das Geld nicht in einer Stiftung, sondern im Bundeshaushalt gelandet ist — wenn die Äußerung denn so gemeint war.

    (Dr. Grünewald [CDU/CSU]: Aber ordnungspolitisch ist es richtig!)

    — Zur ordnungspolitischen Begründung komme ich jetzt. — Sie begründen das, es sei in der sozialen Marktwirtschaft so, daß Privatinitiative und Privateigentum grundsätzlich Vorrang vor staatlicher Wirtschaftsaktivität haben sollten; das ist doch Ihre Ideologie.
    Ihre Begründung wird auch deutlich, wenn ich mir den offiziellen Text des Gesetzes ansehe, das wir hier heute beraten; denn da heißt es als „Zielsetzung" :
    Die im Jahr 1922 zur Förderung des Kleinwohnungsbaus gegründete Deutsche Pfandbriefanstalt (Depfa) hat im Hinblick auf die Entwicklung des Wohnungsmarktes ihren öffentlichen Auftrag erfüllt. Da ein zukünftiger, neuer öffentlicher Auftrag nicht zu erkennen ist, soll die Depfa aus der öffentlichen Rechtsform entlassen werden und ihre Geschäfte künftig als private Hypothekenbank in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft fortführen. Die Veräußerung der Bundesbeteiligung ist vorgesehen.
    Dann müssen wir uns noch einmal fragen: Heißt das denn, daß wir keinen Wohnungsbedarf mehr haben? Denn es ist die Aufgabe der Depfa, bei seiner Dekkung zu helfen.
    Da lohnt es sich vielleicht, einmal einen Blick in die Satzung der Depfa, wie sie heute noch lautet und die wohl nach der Privatisierung geändert wird, zu werfen. Danach hat die Depfa Kredite „zu günstigen Bedingungen" vorzugsweise für Wohnungen, die für die
    — das ist noch der alte Text — „breiten Schichten des Volkes" geeignet sind, zu geben, und weiterhin heißt es, die Erzielung von Gewinn sei nicht der Hauptgeschäftszweck. Wenn wir uns dem ersten Argument zuwenden, so können wir wohl feststellen, daß es noch heute einen — sogar wieder wachsenden — Wohnungsbedarf gibt. Es ist der Städtetag gewesen, der jetzt gerade auf diese Bedeutung hingewiesen hat. Nicht zuletzt haben wir sowohl Mangel bei der
    deutschen Bevölkerung, die hier ist, als auch bei der deutschen Bevölkerung, die jetzt zuwandert, die sogenannten Aussiedler.
    Die Ergebnisse der Volkszählung kenne ich zwar noch nicht im einzelnen, aber ich habe mir sagen lassen, daß der Fehlbedarf für mein Heimatland Hessen in der Größenordnung von 75 000 Wohnungen liegen soll. Verständlich ist das Ganze auch, wenn man sich ansieht, daß wir im Jahr im Schnitt 250 000 bis 280 000 neue Wohnungen bräuchten, in den letzten Jahren aber jährlich nur 200 000 gebaut worden sind. Die Folgen sind auch schon spürbar: Die Mieten steigen zum Teil rasant; für junge Familien ist es kaum noch erschwinglich, eine Wohnung anzumieten. Wir haben auch festgestellt, daß bisher als unvermietbar geltende Wohnungen auf einmal bis oben hin belegt sind. Dies alles sind doch Zeichen, daß wir am Wohnungsmarkt eine Anspannung haben. Das ist auch die Folge der Politik, wenn man sich aus der Wohnungspolitik zurückzieht, wie Ihre Regierung das ja gemacht hat.

    (Dr. Meyer zu Bentrup [CDU/CSU]: Eine Frage der Wirtschaftlichkeit, Herr Kollege!)

    Aber es zeugt auch von wenig Problembewußtsein, wenn Sie jetzt sagen: Wir wollen 750 Millionen DM ausgeben und damit 30 000 Wohnungen bauen. — Wie Sie das machen wollen, ist mir unklar. Sie brauchen für eine Wohnung mindestens 100 000 DM, nicht 25 000 DM. Dann kommen Sie gerade auf 7 500 Wohnungen.
    Wenn ich mir angucke, daß Sie genau in dieser Situation die Depfa, die in einer ähnlichen Situation 1922 gegründet wurde, jetzt aufgeben und als Instrument aus der Hand geben wollen, dann muß ich Ihnen sagen, daß Ihre Gesetzesbegründung nicht stimmt und daß das auch nicht mit dem Auftrag über einstimmt, den die Pfandbriefanstalt bisher hatte und der hier und heute dringend weiter erfüllt werden müßte.
    Es kann übrigens auch nicht argumentiert werden, die Depfa werde ihren Aufgaben nicht gerecht. Tatsächlich ist die Depfa nämlich eine Institution, die sich deutlich von anderen Hypothekenbanken bei der Gewährung insbesondere kleinerer und deshalb weniger ertragbringender Hypotheken abhebt. Die machen die gleiche Arbeit, aber bringen weniger.
    Sie müssen sich doch die Zahlen angucken. Das hätten Sie genauso gut wie ich machen können. Nach dem Geschäftsbericht für 1986 heißt es, daß die Depfa ca. 112 000 Hypotheken mit einer durchschnittlichen Hypothekenhöhe von 88 900 DM vergeben hat. Wenn Sie dies mit den 16 größten Hypothekenbanken der Republik insgesamt vergleichen, werden Sie feststellen, daß bei den Banken dieser 16er Gruppe der höchste Wert sogar bei 250 000 DM liegt und der niedrigste Wert — außer dem der Depfa — bei 124 000 DM.
    Sie sehen: eine Riesenspanne von rund 35 000 DM zwischen dem Durchschnittswert der Depfa und dem nächsten Institut, das kleine Hypotheken vergibt. Dies zeigt ganz deutlich, daß es eine andere Geschäftsstruktur und offensichtlich eine andere Geschäftspolitik gibt.



    Dr. Wieczorek
    Damit ist die Depfa ihrem Satzungsauftrag nachgekommen.
    Wenn Sie berücksichtigen, daß dieses Unternehmen trotzdem Ertrag bringt und mit sehr hoher Produktivität arbeitet — zum Teil höher als private Hypothekenbanken, bezogen auf Volumen und Angestellte —, dann ist dies schon — so meine ich — ein sehr bemerkenswerter Faktor. So etwas geben Sie aus der Hand.
    Dann kommt ein Weiteres. Die Depfa hat es auch geschafft, die mißliche Lage bei Zwangsmaßnahmen besser in den Griff zu bekommen als andere. Sie hat dafür extra Gruppen zur Beratung gebildet. Es ist ein Erfolg, daß bei der Depfa auf 100 Deckungsposten, sprich: Hypotheken, nur 0,89 Zwangsmaßnahmen kommen. Der negative Spitzenwert in der von mir erwähnten 16er Gruppe liegt bei immerhin 3,52. Also auch hier hat die Depfa Mustergültiges geleistet.
    Das heißt für mich: Ein gut funktionierendes Instrument der Wohnungswirtschaft und Wohnungspolitik wird ohne Not aufgegeben.
    Aber es ist ja nicht nur ein wohnungspolitischer Aspekt, es gibt auch noch den Aspekt der Konzentration.

    (Roth [SPD]: Der Wettbewerbspolitik!)

    — Darauf will ich jetzt eingehen; vielen Dank, Kollege Roth.
    Jedem Marktkenner ist nämlich folgendes klar, Herr Uldall: Es wird hier vielleicht einige kleine Aktionäre geben, die da ein paar Aktien haben. Aber die Depfa alleine — das wird Ihnen jeder Kollege aus dem Bankgewerbe sagen — hat keine Überlebenschance, wenn sie nicht den besonderen Hintergrund des Bundes hat. Der Wettbewerb, der hier und heute schon da ist und der sich durch den europäischen Binnenmarkt ja noch wesentlich verstärken wird, wird die Depfa zwingen, ihre Zukunft in einem der großen Finanzverbünde zu suchen.

    (Roth [SPD]: So ist es!)

    Ob sich eine Bank oder eine Versicherung die Depfa einverleiben wird, weiß ich nicht. Interessenten gibt es schon. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen intern ein paar Namen nennen.

    (Roth [SPD]: Hier hinein in den Saal!)

    Nur, Fakt ist, daß die Depfa nicht als selbständiges Institut überleben wird.

    (Roth [SPD]: Richtig! Das sind die Wettbewerbschancen!)

    Das ist der eigentliche Punkt.
    Wir haben gestern in der Aktuellen Stunde einen anderen Superfall der Konzentration erlebt, den die Bundesregierung haben will und fördert. Bei der Depfa sind zwar die Zahlen etwas kleiner, aber das Strickmuster ist dasselbe.

    (Roth [SPD]: Exakt!)

    Privatisierung und Flucht des Staates aus der Verantwortung sind die Musterbeispiele dafür, wie der Staat im Interesse starker Kapitalgruppen handelt. Ich muß in aller Deutlichkeit folgendes sagen: Was Sie in diesen beiden Fällen machen, ist praktizierter Staatsmonopolkapitalismus und sonst gar nichts.
    Auf der Strecke bleiben dabei die existentiellen Bedürfnisse der Wohnungssuchenden und derjenigen, die ihre Wohnungen umgestalten wollen, aber auch Wettbewerbsinteressen.
    Wenn die Depfa im Wettbewerb die Sonderrolle, die ich Ihnen hier beschrieben habe und die Sie genauso zur Kenntnis hätten nehmen können, wie ich sie zur Kenntnis genommen habe, nicht mehr spielen kann, wenn Sie sie künftig daran hindern, diese Rolle zu spielen, werden sich die Chancen und Bedingungen gerade für die Nehmer kleinerer Hypotheken entscheidend verschlechtern. Die anderen Banken werden das mit Freude sehen; das kann ich Ihnen garantieren. Aber offensichtlich sind deren Interessen für diese Bundesregierung wichtiger als die der Bevölkerungsschichten, für die preisgünstige Normalwohnungen ein existentielles Muß sind und die darauf angewiesen sind, dafür kleinere Hypothekenbeträge aufnehmen zu können, die sie von den anderen Banken in dieser Qualität, mit dieser Ausstattung und mit dieser Betreuung so nicht angeboten bekommen.
    Danke.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)