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    Plenarprotokoll 11/103 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 103. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Walther 7021 A Erweiterung der Tagesordnung . 7021A, 7081D Tagesordnungspunkt 3: Überweisung im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf sowie zur Änderung des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) (Drucksache 11/3076) b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der EG-Richtlinie zur Koordinierung des Rechts der Handelsvertreter (Drucksache 11/3077) c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. November 1987 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Venezuela zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Unternehmen der Luftfahrt und der Seeschiffahrt (Drucksache 11/3091) d) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Flüchtlings- und Asylkonzeption (Drucksache 11/3055) e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Oesterle-Schwerin, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung gemeinschaftlicher Wohnungsunternehmen (Drucksache 11/2199) 7021 D Tagesordnungspunkt 17: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (Drucksache 11/2218) 7022 B Zur Geschäftsordnung Wüppesahl fraktionslos 7022 C Tagesordnungspunkt 4: a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Berufsbildungsbericht 1988 (Drucksache 11/2032) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Odendahl, Dr. Penner, Dr. Böhme (Unna), Kastning, Kuhlwein, Dr. Niehuis, Rixe, Weisskirchen (Wiesloch), Andres, Bernrath, Gerster (Worms), Dr. Pick, Schanz, Seidenthal, Bulmahn, Ibrügger, Westphal, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD: Förderung überbetrieblicher Ausbildungsstätten (Drucksache 11/2728) c) Beratung der Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zur Chancengleichheit zwischen Jungen und Mädchen im Bereich der schulischen und beruflichen Bildung (Drucksache 11/2739) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 d) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Konzeption für die Förderung überbetrieblicher beruflicher Ausbildungsstätten (Drucksache 11/2824) e) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Hillerich, Wetzel und der Fraktion DIE GRÜNEN: Kooperation der Lernorte in der über- und außerbetrieblichen Berufsbildung beim Lernen mit neuen Technologien (Drucksache 11/3075) Möllemann, Bundesminister BMBW 7024D, 7045A Kastning SPD 7027 A Daweke CDU/CSU 7028 C Frau Hillerich GRÜNE 7031A, 7043 A Neuhausen FDP 7032 B Rixe SPD 7034 A Oswald CDU/CSU 7035 D Kuhlwein SPD 7038 B Schemken CDU/CSU 7040 B Frau Odertdahl SPD 7046 D Tagesordnungspunkt 5: Beratung des Zwischenberichts der Enquete-Kommission „Gefahren von AIDS und wirksame Wege zu ihrer Eindämmung" gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 8. Mai 1987 und vom 4. Februar 1988 (Drucksache 11/2495) Dr. Voigt (Northeim) CDU/CSU 7049 B Frau Conrad SPD 7051 C Eimer (Fürth) FDP 7054 C Frau Wilms-Kegel GRÜNE 7056 C Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFFG 7057D Großmann SPD 7059 A Dr. Blank CDU/CSU 7061 C Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 7064 A Tagesordnungspunkt 6: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Berufssport (Drucksache 11/2669) Büchner (Speyer) SPD 7064 D Baum FDP 7066 C Brauer GRÜNE 7067 B Clemens CDU/CSU 7068 B Dr. Häfele, Parl. Staatssekretär BMF . . 7069 C Zusatztagesordnungspunkt 2: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Gesundheitsreform (Drucksache 11/3138) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Enquete-Kommission „Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung" (Drucksache 11/3181) Dreßler SPD 7081 D Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 7083 C Frau Wilms-Kegel GRÜNE 7085 B Dr. Thomae FDP 7086A Wüppesahl fraktionslos 7087 B Dr. Blüm, Bundesminister BMA 7088 C Egert SPD 7091 D Dreßler (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7093 C Namentliche Abstimmung 7094 B Ergebnis 7108A Zusatztagesordnungspunkt 3: Aktuelle Stunde betr. Hochtemperaturreaktor-Geschäft mit der Sowjetunion Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . . . . 7094 C Lenzer CDU/CSU 7095C, 7107B Schäfer (Offenburg) SPD 7096 C Timm FDP 7097 C Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 7098B Jung (Düsseldorf) SPD 7099 D Gerstein CDU/CSU 7100D Stahl (Kempen) SPD 7101 C Jäger CDU/CSU 7102B Dr. Riedl, Parl. Staatssekretär BMWi . . 7103B Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 7104 C Kittelmann CDU/CSU 7105B Vosen SPD 7106B Tagesordnungspunkt 7: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen: Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in Bonn gem. § 64 Abs. 2 Satz 2 der Bundeshaushaltsordnung (Drucksachen 11/2820, 11/3050) . 7109D Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 85 zu Petitionen (Drucksache 11/3098) 7109 D Tagesordnungspunkt 9: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung: Antrag auf Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens (Drucksache 11/3111) . 7109D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 III Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Wollny und der Fraktion DIE GRÜNEN: Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor radioaktiven Strahlen (Drucksache 11/2837) Frau Wollny GRÜNE 7110 A Dr. Friedrich CDU/CSU 7111B Schütz SPD 7113 A Baum FDP 7115 A Wüppesahl fraktionslos 7116 B Gröbl, Parl. Staatssekretär BMU 7117 C Tagesordnungspunkt 11: Beratung des Antrags der Abgeordneten Bachmaier, Gautier, Kiehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Reform des Umwelthaftungsrechts (Drucksache 11/2035) Bachmaier SPD 7119B Dr. Laufs CDU/CSU 7121 B Dr. Knabe GRÜNE 7122B Kleinert (Hannover) FDP 7123 C Engelhard, Bundesminister BMJ 7124 D Schütz SPD 7125D Eylmann CDU/CSU 7128 A Dr. Hüsch CDU/CSU 7129 A Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Vierter Immissionsschutzbericht der Bundesregierung (Drucksache 11/2714) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 4: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Knabe, Brauer, Frau Teubner und der Fraktion DIE GRÜNEN: Maßnahmen gegen Luftverschmutzung und Gesundheitsgefährdung durch photochemischen Smog (Drucksache 11/2872) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hartenstein, Bachmaier, Blunck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Abgasentgiftung der Kraftfahrzeuge (Drucksache 11/2009) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Abgase von Kraftfahrzeugmotoren (Begrenzung der Partikelemissionen von Dieselmotoren) — KOM (86) 261 endg. — Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Emission gasförmiger Schadstoffe aus Dieselmotoren zum Antrieb von Fahrzeugen — KOM (86) 273 endg. —— Rats-Dok. Nr. 7969/86 — (Drucksachen 11/883 Nr. 135, 11/1103) Harries CDU/CSU 7130D Frau Dr. Hartenstein SPD 7132 B Baum FDP 7135 A Dr. Knabe GRÜNE 7136 D Gröbl, Parl. Staatssekretär BMU 7138 C Weiermann SPD 7140B Dr. Lippold (Offenbach) CDU/CSU . . . 7142 C Schmidbauer CDU/CSU 7144 B Tagesordnungspunkt 13: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Irakisch-iranischer Krieg zu dem Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN: Giftgaseinsätze der irakischen Regierung gegen die im Irak lebenden Kurden (Drucksachen 11/629, 11/2247, 11/2962) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Rust und der Fraktion DIE GRÜNEN: Stopp des Exports von Atomkraftwerksteilen in den Iran (Drucksachen 11/1171, 11/3002) Gansel SPD 7146B Lummer CDU/CSU 7148A Dr. Lippelt (Hannover) GRÜNE 7148D Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 7149D Schäfer, Staatsminister AA 7150D Dr. Riedl, Parl. Staatssekretär BMWi . . 7151 C IV Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 Tagesordnungspunkt 14: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Entwurf eines Beschlusses des Rates zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz Entwurf von Änderungen der Verfahrensordnung des Gerichtshofes im Hinblick auf die Errichtung eines Gerichts erster Instanz (Drucksachen 11/2090, 11/2479) 7152 B Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Oesterle-Schwerin und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Öffnung des sozialen Wohnungsbaus für unverheiratete Paare, homosexuelle Lebensgemeinschaften und Wohngemeinschaften (Drucksache 11/1955) Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE 7152 D Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . . 7153 C Müntefering SPD 7154 C Dr. Hitschler FDP 7155B Echternach, Parl. Staatssekretär BMBau 7156D Tagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Untersuchungshaft (Drucksache 11/2181) Bohl CDU/CSU (zur GO) 7157 C Tagesordnungspunkt 2 (Fortsetzung) : Fragestunde — Drucksache 11/3166 vom 21. Oktober 1988 — Benachteiligung weiblicher Bewerber bei der Vergabe von Studienplätzen nach Aufhebung des zentralen Zulassungsverfahrens an Hochschulen, z. B. in Baden-Württemberg und Hessen MdlAnfr 3, 4 21.10.88 Drs 11/3166 Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE Antw BMin Möllemann BMBW . 7070D, 7072 B ZusFr Frau Oesterle-Schwerin GRÜNE . . 7071 C, 7072 B ZusFr Frau Krieger GRÜNE 7072 A Zustimmung der Bundesregierung zur Vergabe des zweiten Weltbankkredits an Brasilien MdlAnfr 5 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. Lammert CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Köhler BMZ 7073 B ZusFr Dr. Lammert CDU/CSU 7073 C ZusFr Frau Olms GRÜNE 7074 B Verzögerte Bearbeitung von Anträgen auf Bewilligung von Zuschüssen aus Zonenrandmitteln durch die Bezirksregierung Braunschweig MdlAnfr 6, 7 21.10.88 Drs 11/3166 Seidenthal SPD Antw PStSekr Dr. Hennig BMB 7074 C, 7075 B ZusFr Seidenthal SPD 7074D, 7075 C Auswirkungen von hormonhaltigem Fleisch auf das Wachstum des kindlichen Körpers und Folgen des Kalbfleischgenusses bei Kindern im Schulalter MdlAnfr 9, 10 21.10.88 Drs 11/3166 Reimann SPD Antw StSekr Chory BMJFFG . 7076A, 7077 C ZusFr Reimann SPD 7076B, 7077 C ZusFr Dr. Klejdzinski SPD . . 7076C, 7077 D ZusFr Michels CDU/CSU 7076 D ZusFr Eigen CDU/CSU 7077 A ZusFr Dr. de With SPD 7077 B ZusFr Dr. Emmerlich SPD 7078 A ZusFr Schmidt (Salzgitter) SPD 7078 B Gründe für die Auflösung der Generalvertretungen Güterverkehr und Personenverkehr der Bundesbahn in Bamberg MdlAnfr 13, 14 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. de With SPD Antw PStSekr Dr. Schulte BMV . 7078C, 7079 A ZusFr Dr. de With SPD 7078D, 7079 A ZusFr Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE . 7079 B Entsorgung deutschen Atommülls in der Sowjetunion MdlAnfr 21 21.10.88 Drs 11/3166 Brauer GRÜNE Antw PStSekr Gröbl BMU 7079 D ZusFr Brauer GRÜNE 7079 D ZusFr Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 7079 D ZusFr Frau Wollny GRÜNE 7080 A Verbleib der aus bundesdeutschen Atomkraftwerken nach Schweden verbrachten abgebrannten MOX-Brennelemente zur Endlagerung; Widerspruch zum § 9a des Atomgesetzes; Nichteinhaltung der Informationspflicht gegenüber den Behörden MdlAnfr 22, 23 21.10.88 Drs 11/3166 Frau Wollny GRÜNE Antw PStSekr Gröbl BMU . . . 7080B, 7081A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 V ZusFr Frau Wollny GRÜNE . . . 7080B, 7081 A ZusFr Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 7080 C ZusFr Brauer GRÜNE 7080 D Nichterwähnung des Verzichts der Sowjetunion auf den Bau kommerzieller Wiederaufarbeitungsanlagen im Bericht über die Reise von Vertretern des Bundesministeriums für Forschung und Technologie in die UdSSR im Juni 1988; Entsorgungskonzept der UdSSR für Atommüll MdlAnfr 28 21.10.88 Drs 11/3166 Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE Antw PStSekr Dr. Probst BMFT 7081 B ZusFr Dr. Daniels (Regensburg) GRÜNE 7081 C Nächste Sitzung 7157 D Berichtigung 7157 Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 7159* A Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zum Punkt 16 der Tagesordnung (Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Untersuchungshaft) 7159* B Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 7021 103. Sitzung Bonn, den 27. Oktober 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 100. Sitzung, Seite 6883 C: Beim endgültigen Ergebnis ist unter „nein" statt „269" „271" und unter „ungültig" statt „3" „1" zu lesen. Auf Seite 6884 sind unter „Nein" bei der SPD die Namen „Pauli" und „Pfuhl" einzufügen. Die Berichtigung in der 102. Sitzung, Seite 7019, entfällt. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 28. 10. Dr. Ahrens ** 27. 10. Frau Beck-Oberdorf 28. 10. Dr. von Bülow 28. 10. Frau Dempwolf 28. 10. Dr. Dregger 27. 10. Frau Garbe 28. 10. Dr. Geißler 28. 10. Dr. Glotz 28. 10. Dr. Hauff 28. 10. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 28. 10. Dr. Kappes 28. 10. Frau Karwatzki 27. 10. Dr. Kohl 27. 10. Dr. Kreile 28. 10. Leonhart 28. 10. Frau Dr. Martiny-Glotz 28. 10. Meyer 27. 10. Dr. Mitzscherling 28. 10. Dr. Müller * 28. 10. Frau Pack * 28. 10. Paintner 28. 10. Peter (Kassel) 28. 10. Pfeifer 28. 10. Repnick 28. 10. Reuschenbach 28. 10. Frau Rock 28. 10. Rühe 27. 10. von Schmude 28. 10. Frau Schoppe 28. 10. Dr. Soell * 28. 10. Dr. Stavenhagen 28. 10. Frau Steinhauer 28. 10. Frau Dr. Timm 28. 10. Frau Trenz 28. 10. von der Wiesche 28. 10. Wissmann 28. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Zu Protokoll gegebene Reden zum Punkt 16 der Tagesordnung (Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reform der Untersuchungshaft)*) : Frau Nickels (GRÜNE): Ich will mich bei der Erläuterung unseres Entwurfs hier auf zwei wesentliche *) Rede des Abg. Marschewski wird im Stenographischen Bericht über die 104. Sitzung als Anlage abgedruckt. Anlagen zum Stenographischen Bericht Punkte beschränken und die Beratung der Einzelheiten den Ausschüssen überlassen: Erstens. Wissen Sie eigentlich, daß Jugendliche und Heranwachsende immer noch schneller und häufiger als Erwachsene in unsere Gefängnisse eingesperrt werden, weil sie einer Straftat verdächtig sind? Ist Ihnen bekannt, daß diese jungen Leute durchschnittlich immerhin fast drei Monate - und häufig ja zum ersten Mal in ihrem Leben - dort verbringen müssen, bevor es dann endlich zur Gerichtsverhandlung oder auch zur Entlassung kommt? Übrigens, liebe Kollegen und Kolleginnen von der SPD, in den von Ihren Parteifreunden regierten Bundesländern liegen diese Zahlen bedauerlicherweise zum Teil noch erheblich höher als in den anderen: in Nordrhein-Westfalen bei durchschnittlich 3,2 Monaten, und im Saarland gar bei über 5 Monaten! Um so bedauerlicher ist es für mich, daß Sie in Ihrem U-HaftEntwurf, den wir hier im März dieses Jahres debattiert haben, keinerlei Anstalten gemacht haben, diesen - auch und vor allem in Ihren Ländern zu beobachtenden - Mißstand zu mildern, sondern mit einem Satz vertrauensvoll auf entsprechende Entwürfe des Hauses Engelhard warten. Daß wir hierauf sehr lange werden warten müssen, zeigt z. B. der Umstand, daß dort bereits 1983 ein Referentenentwurf zum JGG gebastelt wurde, der anschließend von den Verbänden derart verrissen wurde, daß man vor einem Jahr dann eine runderneuerte Fassung vorlegte. Währenddessen „fahren" weiterhin etwa 5 000 Jugendliche und Heranwachsende pro Jahr „ein" (wie viele von ihnen es wohl im mittlerweile gewohnten Knastjargon ausdrücken) und warten auf ihren Prozeß. Dieser ergibt dann eine Jugendstrafe, aber in nur der Hälfte aller Fälle, die vollstreckt - und nicht zur Bewährung ausgesetzt - wird. Was heißt das für den Jugendlichen? Es bedeutet, daß er/sie (Mädchen sind selten) in vielen Fällen nur einmal, aber gründlich mit dem Gefängnis in all seiner Härte und mit all seinen subkulturellen Erscheinungen in Berührung kommt und das als Unschuldige/r. Denn als solcher hat er nach unserer Verfassung bis zur rechtskräftigen Verurteilung zu gelten, auch wenn viele Jugendrichter sich über diesen Grundsatz hinwegsetzen und sogenannte apokryphe Haftgründe konstruieren, weil sie meinen, die U-Haft sei als Erziehungsmaßnahme und „Schuß vor den Bug" auch ohne Haftgrund - also Flucht- oder Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr - gerechtfertigt. Im Gefängnis - und da sind sich alle Fachleute einig - lernt er dann die Verhaltensweisen, die im subkulturellen Milieu gefragt und ihm bisher noch nicht bekannt sind, ideale Voraussetzungen für den Beginn bzw. die Intensivierung einer kriminellen Karriere. So überrascht es auch nicht, daß die Rückfallrate bei Jugendlichen ca. 70 % beträgt. Weswegen sitzen diese immerhin verdächtigen, aber, wie gesagt, als unschuldig zu gelten habenden Jugendlichen und Heranwachsenden in U-Haft? Was sind es für „schwere Delikte", die dem Verfassungs- 7160* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 grundsatz Rechnung tragen, der besagt, daß besonders die U-Haft immer verhältnismäßig sein muß? Verdienstvollerweise haben wir ja das aktuelle Gutachten von Professor Pfeiffer zu dieser Frage vorliegen (im Auftrag von Frau Süssmuth erstellt), und da erfahren wir zu meinem Staunen, daß weit über die Hälfte aller Anlässe für Untersuchungshaft nicht etwa die schweren Gewalttaten oder Raub, sondern Diebstahlsdelikte sind! Wer sich all dies vor Augen führt und weiß, wie monoton und stur Untersuchungshaft auch gegenüber Jugendlichen vollzogen wird, darf sich nicht wundern, daß Selbstmorde von Jugendlichen in deren Verzweiflung über die plötzliche Haft immer wieder vorkommen. Wir meinen deshalb, daß auf Untersuchungshaft gegenüber Jugendlichen ganz verzichtet werden muß und notfalls andere Wege eingeschlagen werden sollten, um ihre Anwesenheit in der Hauptverhandlung — und nur darum geht es in erster Linie — sicherzustellen. Wir haben dazu einen dezidierten Vorschlag gemacht, der auf die in einzelnen Bundesländern schon jetzt geübte Praxis hinweist, Jugendliche nach §§ 71 und 72 JGG in Erziehungsheimen unterzubringen, wenn es gar nicht anders geht. Daß es anders geht, würde sich herausstellen, wenn unser Entwurf insgesamt — und der jugendpolitische Aspekt stellt ja nur einen, wenn auch wichtigen Teil unseres Gesamtkonzeptes zur Reform der Untersuchungshaft dar — hier eine Mehrheit finden würde. Und damit bin ich bei Punkt zwei meines Beitrags: In der Bundesrepublik ist die Chance für den Bürger/ die Bürgerin, schnell verhaftet und lange eingesperrt zu werden, immer noch sehr groß. Diese unter Fachleuten allgemein verbreitete Feststellung hat zahlreiche Ursachen, die wir mit unserem Entwurf angehen, z. B.: Die Voraussetzungen für die Annahme von Fluchtgefahr werden enger gefaßt. Untersuchungshaft darf nur noch ab einer Strafhöhe verhängt werden, die nicht mehr zur Bewährung aussetzbar wäre (also zur Zeit nach § 56 StGB zwei Jahre). Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr muß eingeschränkt und nicht wie auch die SPD es vorschlägt, ausgeweitet werden (§ 112a). Wichtig auch und durch empirische Untersuchungen als geeignete Maßnahme zur Einschränkung belegt: Die notwendige Verteidigung „von Anfang an", d. h. sobald Freiheitsentzug im Raum steht, sollte endlich eingeführt werden. Wirklich zurückdrängen läßt sich die Untersuchungshaft hierzulande aber nur, wenn sie unter dem Damoklesschwert der absoluten Höchstdauer steht. Nach Ablauf einer bestimmten Frist — wir haben in Anlehnung an die geltende Sechsmonatsfrist, nach der eine weitere Haft nur durch das OLG angeordnet werden kann, sechs Monate vorgeschlagen — muß der/die Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt werden, wenn die Hauptverhandlung bis dahin noch nicht begonnen hat. Der Deutsche Anwaltsverein fordert ebenso eine absolute Höchstdauer von sechs Monaten, allerdings nur bis zur Anklageerhebung. Hier werden die Beratungen sicher interessant werden. Funke (FDP): Nachdem wir bereits im Frühjahr über den Gesetzesvorschlag der Sozialdemokraten über die Änderung des Rechts der Untersuchungshaft gesprochen haben, liegt heute der Entwurf der GRÜNEN vor, und alsbald wird der Vorschlag der Bundesregierung vorliegen. Dabei haben es die Oppositionsparteien einfacher als die Bundesregierung, die notwendigerweise ihre Gesetzesvorschläge mit den Bundesländern abstimmen muß, weil diese auch die Durchführung aller Fragen, die mit der Untersuchungshaft zusammenhängen, wahrnehmen müssen. Auf diese Weise kann man sehr schön den Eindruck erwecken, man sei schneller als die Bundesregierung. Ob die Vorschläge jedoch durchdachter und im Ergebnis sinnvoller sind, wird sich bei den anschließenden Beratungen in den Ausschüssen noch herausstellen. Grundlage des Gesetzentwurfs der GRÜNEN ist die Auffassung, daß in der Bundesrepublik zu schnell, zu viel und zu lange verhaftet werde. Ziel ist demgemäß eine Reduzierung der Untersuchungshaft. Auch wir wollen eine Eindämmung vermeidbarer Untersuchungshaft erreichen, wobei die Betonung sehr wohl auf vermeidbar liegt. Während die GRÜNEN zu diesem Zwecke die Untersuchungshaft gegenüber Jugendlichen gänzlich abschaffen wollen, halten wir dies für unrealistisch — gerade in Hinblick auf jugendliche Gewaltkriminalität. In diesem Zusammenhang weise ich jedoch darauf hin, daß mehr denn je die Länder aufgefordert werden, geeignete Untersuchungshaftanstalten auch für Jugendliche zur Verfügung zu stellen, damit mögliche schädliche Auswirkungen für Jugendliche vermieden werden. Soweit die GRÜNEN vorschlagen, daß nur dann Untersuchungshaft angeordnet werden kann, wenn für die vollstreckbare Freiheitsstrafe mehr als zwei Jahre Freiheitsentzug zu erwarten sind, halte ich diese Vorstellung für ebenfalls unrealistisch, weil in einem frühen Ermittlungsstadium darüber spekuliert werden müßte, welche Strafe später in der Hauptverhandlung verhängt werden wird. Im Ermittlungsstadium ist dieses überhaupt nicht absehbar. Dasselbe gilt für den Tatbestand der Fluchtgefahr. Darauf abzustellen, daß konkrete Anstalten zur Flucht getroffen werden, ist — gerade im Bereich von Wirtschaftskriminellen, die ansonsten von den GRÜNEN, im übrigen zu Recht, gegeißelt werden — eine geradezu naive Vorstellung. Der Vorschlag selbständiger Ersatzmaßnahmen an Stelle eines Haftbefehls scheint mir in der Praxis zu zweifelhaften Ergebnissen zu führen. Die Gefahr, daß in Zukunft Ersatzmaßnahmen auch dann angeordnet werden, wenn nicht die Voraussetzungen eines Haftbefehls gegeben sind, sind nicht von der Hand zu weisen. Die obligatorische Haftprüfung bereits nach 14 Tagen führt zu einer erheblichen Belastung der Strafjustiz. Dabei haben die GRÜNEN offenbar übersehen, daß die Beschuldigten bereits heute Anspruch auf Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 7161* Haftprüfung auf Antrag haben. Dasselbe gilt für die Forderung der GRÜNEN, eine Haftprüfung durch das OLG bereits nach drei Monaten vorzuschreiben, d. h. in einem häufig relativ frühen Ermittlungsstadium. Die vorgesehene absolute Höchstfrist in der Untersuchungshaft wird von uns abgelehnt, denn die Dauer der Untersuchungshaft muß die Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigen. Dies gilt insbesondere in Fällen schwerster Kriminalität. Sowohl der Antrag der SPD vom Frühjahr dieses Jahres als auch der jetzt vorliegende Entwurf der GRÜNEN werden als gutes Material mit dafür dienen, wenn der Regierungsentwurf in den nächsten Monaten vorgelegt wird. Wir begrüßen das Ziel, die Fälle der Untersuchungshaft zu beschränken, müssen dieses Bedürfnis aber auch an dem Grundsatz eines geordneten Strafverfahrens und der Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege messen. Diesen Grundsätzen trägt der Entwurf der GRÜNEN nicht ausreichend Rechnung. Dr. de With (SPD) : Wird zuviel verhaftet, diskreditiert das nicht nur das Gewaltmonopol des Staates, führt es nicht nur mit Recht zum Verdruß am Staat. Es geschieht tiefgreifendes Unrecht gegenüber dem Bürger, der sich nur im nachhinein wehren kann und oft den zugefügten Makel kaum abzustreifen in der Lage ist. Wird zu wenig verhaftet, kann sich möglicherweise eine ganze Anzahl von Straftätern dem Strafverfahren entziehen. Auch dies schadet dem Staat, führt zum Verdruß, läßt an der Richtigkeit des Gewaltmonopols des Staates zweifeln und führt zu Ungerechtigkeiten: „Den hängt man, die läßt man laufen." Individuelles Unrecht geschieht jedoch nicht, allerdings eine als allgemein empfundene Ungerechtigkeit. Deshalb steckt in dem Wort Wahrheit: „Lieber zehn schuldig laufen lassen, als einen unschuldig in Haft nehmen. " Deshalb bezeichnet der Bundesgerichtshof mit Recht die Untersuchungshaft als ein „Sonderopfer für die Allgemeinheit" . Wenn aus diesen Gründen von Zeit zu Zeit unsere Bestimmungen über die Untersuchungshaft überprüft werden, verbietet sich daran grundsätzliche Kritik, jedenfalls in einer Demokratie, die den Menschenrechten in besonderer Weise verpflichtet ist. Dies gilt erst recht, wenn auf Grund sorgfältiger Untersuchung deutlich Defizite des geltenden Rechts zutage getreten sind. Wenn die Hälfte derjenigen, die in Untersuchungshaft geraten sind, ihre Strafe zur Bewährung ausgesetzt erhalten, wenn noch immer bei Bagatellfällen formularhaft Untersuchungshaft verhängt wird und wenn die langjährige Untersuchungshaft nur sehr langsam zurückgedrängt werden kann, dann kann das Schlagwort, noch immer werde zu oft und zu viel verhaftet, nicht einfach weggewischt werden. Und wen rühren nicht die Selbstmorde Jugendlicher in Untersuchungshaft? Die SPD hat ihren Entwurf am 11. August 1987 vorgelegt. Die GRÜNEN sind am 21. April 1988 gefolgt. Diesen Entwurf beraten wir heute. Zu fragen ist: Wo bleibt der Entwurf der Bundesregierung? Am 11. März 1988 hat der Bundesminister der Justiz hier im Deutschen Bundestag aus Anlaß der ersten Lesung des SPD-Entwurfs noch verkündet: Ich sage nur: Es wird in aller Kürze seitens der Bundesregierung ein sehr fundierter und abgerundeter Entwurf vorgelegt werden, der dann alles, aber auch alles und insbesondere auch das, was wir in den Gesprächen mit den Ländern an zusätzlichem Wissen und an Kenntnissen erhalten haben, einbezieht. Herausgekommen war am 21. April 1988 nur ein „Diskussionsentwurf", der offenbar an besonders Auserwählte versandt wurde. Der Deutsche Anwaltsverein hat hierzu in seiner Stellungnahme kurz und bündig gesagt: „Der vorliegende Entwurf ist unbrauchbar". Denn im Grunde hatte der Bundesminister der Justiz nur die Rechtsprechung ins Gesetz geschrieben. Seitdem ist eine Menge Wasser den Rhein hinuntergeflossen, und es hat sich nichts getan. Der Minister hat angekündigt, wieder einmal. Wir warten auf das Wunder. Die GRÜNEN gehen mit ihrer Vorlage zum Teil den Weg der SPD. Auch sie wollen weiter eingrenzen und mehr präzisieren. Die GRÜNEN überziehen jedoch zum Teil. Die generelle Abschaffung der Untersuchungshaft für Jugendliche zugunsten eines Unterbringungsbefehls zum Zwecke der Unterbringung in einem Erziehungsheim ist keine Lösung: Wir fürchten, daß damit die alte Untersuchungshaft nur ein anderes Etikett erhält. Wir sollten den Mut haben, ernsthaft zu prüfen, ob bis zum Alter von 16 Jahren bzw. unterhalb der Ebene des Verbrechens überhaupt noch eine Festnahme in Betracht kommen darf und ob hier nicht im übrigen eine völlig neue Form der Sicherstellung des Täters bis zur Hauptverhandlung eingeführt werden sollte. Die GRÜNEN wollen ferner bei Mord, Totschlag, Völkermord und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion den bisherigen erleichterten Haftgrund ganz entfallen lassen. Wir meinen, es reicht eine Einschränkung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Beim Haftgrund der Wiederholungsgefahr lassen die GRÜNEN die Vermögensdelikte als Anknüpfungstatbestand entfallen. Sie sagen hierzu — man höre und staune — : „Setzt man dazu die Wandlungen in der öffentlichen Meinung wie auch im Verfassungsrecht in Beziehung, so nimmt sich der strafrechtliche Schutz von Eigentum und Vermögen wie ein Fossil aus. " Das können wir nicht nachvollziehen. Wohnungseinbrüche und Räubereien sind wahrhaftig kein Pappenstiel. Hier muß auch bei der Strafverfolgung mehr geschehen. Der Vorschlag schließlich, die grundsätzliche Beschränkung der Untersuchungshaft von sechs Monaten auf drei Monate zu kürzen, erscheint im Hinblick auf die steigende Zahl von Weiße-Kragen-Tätern nicht realistisch. Wir sind den Weg über eine weitere Einengung der Untersuchungshaft bis zu einem Jahr 7162* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 103. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Oktober 1988 gegangen. Gleichwohl räume ich ein, daß hier weitergedacht werden muß. Dem Bundesminister der Justiz wünsche ich mehr Biß, den GRÜNEN mehr Ausgewogenheit, uns allen bald Bestimmungen, die die Untersuchungshaft ohne Einschränkung der Strafverfolgung weiter vermindern und einschränken. Engelhard, Bundesminister der Justiz: Die Diskussion zur Reform der Untersuchungshaft ist mit dem vorliegenden Entwurf um weitere und, um es gleich zu sagen, äußerst problematische Vorschläge angereichert worden. Alle diese Vorschläge verfolgen das Ziel, die Untersuchungshaft auf das unerläßliche Maß zu beschränken, weil sie schwerste Eingriffe in die Freiheit der Betroffenen mit sich bringt. Sosehr ich diese Bemühungen begrüße, sie dürfen nicht dazu führen, die Untersuchungshaft um jeden Preis zu beschränken. Die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege muß auf jeden Fall erhalten bleiben. Den richtigen Weg kann hier nur eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen weisen. Und da habe ich, um es sehr freundlich zu sagen, große Zweifel, ob die Vorschläge der GRÜNEN zu einem ausgewogenen Ergebnis kommen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Untersuchungshaft gegen Erwachsene soll überhaupt nur zulässig sein, wenn eine so hohe Freiheitsstrafe zu erwarten ist, daß sie nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. In allen Fällen, in denen höchstens die in § 56 Abs. 2 StGB benannte zweijährige Freiheitsstrafe verhängt werden könnte, dürfte also keine Untersuchungshaft angeordnet werden. Das geht zu weit: Die Untersuchungshaft könnte damit auch dort ihre Bedeutung verlieren, wo sie für eine funktionierende Strafrechtspflege unabdingbar ist. Auch von zahlreichen anderen Vorschlägen des Entwurfs befürchte ich, daß sie einem geordneten Strafverfahren im Wege stehen könnten. In dem sensiblen Bereich der Untersuchungshaft dürfen nicht Glaube und Überzeugung, mögen sie auch von noch so guten Absichten getragen sein, eine sorgfältige Bewertung ersetzen. Ich habe deshalb durch die Universität Göttingen eine Untersuchung durchführen und auf dieser Grundlage durch mein Haus einen Gesetzesvorschlag erarbeiten lassen. Die Arbeiten, die auch die Stellungnahmen der Länder und der Fachverbände berücksichtigen, sind bereits weit fortgeschritten. Ich werde daher schon in nächster Zeit einen fundierten und abgerundeten Entwurf vorlegen können. Im Gegensatz zu anderen Vorschlägen wird er sich auf praxisbezogene, durchsetzbare Schwerpunkte konzentrieren, die die Untersuchungshaft so weit wie möglich eindämmen sollen. Ich kann hier nur wiederholen, worauf ich schon früher hingewiesen habe: Ein solches Vorgehen läßt sich nur mit Augenmaß und Sorgfalt bewältigen. Worauf es ankommt, ist eine solide Weiterarbeit an dem Reformvorhaben. Das sollten wir im Auge behalten und uns nicht in immer neue Einfälle versteigen, die unser gemeinsames Anliegen am Ende nicht voranbringen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Neuhausen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erster Satz: Lieber Ernst Kastning — du kommst gerade wieder herein — , gegen eine realistische Analyse der Zahlen ist nichts einzuwenden. Aber wenn man einfach darüber hinweggeht, daß in den Jahren 1976/77, als wir die Statistik begannen, noch nicht vermittelte Bewerber eine Zahl von rund 27 000 umfaßten, daß zum Höhepunkt der Entwicklung, nämlich 1984/85, 58 000 nicht vermittelte Bewerber zu unserem statistischen Stichtag zu vermerken waren und es sich jetzt um 24 900 handelt, dann ist der Hinweis von Klaus Daweke mehr als berechtigt, dies an den Anfang jeden Beitrages hier zu stellen, auch wenn uns, wie Sie zu Recht sagen, Frau Hillerich, der Himmel oder wer weiß, wer dabei mitgeholfen hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Kuhlwein [SPD]: Was würde Demokrit dazu sagen?)

    Wir sind ja nicht so eitel, das alles auf uns zu beziehen.
    Um so mehr, meine Damen und Herren, verwundert mich der Duktus und die einseitige Zahlenauswahl des Entschließungsantrags der SPD. Man hätte als unbefangener Leser den Eindruck, als sei eine Katastrophe soeben und gerade und plötzlich über uns hereingebrochen, wo doch genau das Gegenteil vor diesem Gesamthintergrund der Fall ist.

    (Frau Odendahl [SPD]: Das sagt ihr schon seit sechs Jahren! — Daweke [CDU/CSU]: Schwarzmaler! — Gegenruf der Abg. Frau Odendahl [SPD]: Auch das ist schon ein alter Zwischenruf!)

    Es hat nur in den Jahren 1979/80/81 und weder davor noch danach einen so hohen Überhang an unbesetzten Ausbildungsplätzen gegeben. Das müssen wir einfach vermerken.
    Daß es daneben — das ist der realistische Teil der Betrachtung, dem ja zuzustimmen ist; wir verschweigen das nicht — trotz ihrer deutlich abnehmenden Zahl immer noch eine zu hohe Zahl an Bewerbern gibt, deren Wünsche nicht befriedigt werden können, und daß das auf regionale und branchenspezifische Gründe zurückzuführen ist, ist selbstverständlich. Das ist auch das Motiv unseres Handelns und unseres weiteren Diskutierens.

    (Frau Odendahl [SPD]: Sie handeln doch gar nicht! „Des Redens"!)

    Aber, meine Damen und Herren, grundsätzlich ist zu sagen — und heute ist der Zeitpunkt der Bilanzziehung — : In dem Ansteigen der Bewerberzahlen von 1976 bis zum Höhepunkt der Nachfrage 1984 und darüber hinaus lag eine ganz große Herausforderung an das duale System insgesamt. Diese Herausforderung ist nicht nur angenommen, sondern, wie ich meine, auch mit einigem Erfolg bestanden worden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das war, meine Damen und Herren — das zu sagen gebietet doch die Ehrlichkeit — , nicht selbstverständlich.

    (Frau Odendahl [SPD]: Dafür könnt ihr gar nichts!)

    Wenn ich jetzt die kleineren und mittleren Betriebe, insbesondere des Handwerks, hervorhebe, dann bedeutet das nicht, daß die anderen — Verwaltungen, Großbetriebe usw. — nicht beteiligt gewesen seien. Allen ist zu danken, und alle haben ihren Teil beigetragen. Es war das Ergebnis von Anstrengungen. Es fiel eben nicht vom Himmel und kam nicht aus der Luft.
    Meine Damen und Herren, ich muß die SPD loben, daß sie diese Entwicklung, was das duale System betrifft, in ihrem Antrag zu den überbetrieblichen Ausbildungsstätten im Grunde positiv unterstreicht, wenn auch die eine oder andere Passage in den Papieren und auch im Entschließungsantrag immer wieder zu Verunsicherungen führen kann. Ich lese etwa in einem Ankündigungspapier der niedersächsischen Jungsozialisten, Ernst Kastning, daß sie so ähnlich, wie Frau Hillerich das ausgeführt hat, als Ziel die Überwindung der Trennung von Hand- und Kopfar-



    Neuhausen
    beit in der privatwirtschaftlich organisierten Ausbildung proklamieren.

    (Frau Hillerich [GRÜNE]: Ich habe etwas anderes erzählt!)

    So etwas verunsichert einen immer wieder. Man weiß nicht genau, was mit Weiterbildung des dualen Systems hier gemeint ist.

    (Kuhlwein [SPD]: Wir alle müssen uns weiterbilden!)

    Aber insgesamt muß ich sagen: Sie unterscheiden sich doch sehr deutlich von dem — auch Sie, Herr Kuhlwein — , was Frau Hillerich hier vorträgt. Denn kürzlich entnahm ich einer Presseerklärung der GRÜNEN, daß es sich beim dualen System um eine glänzende Fata Morgana handelt und von der Dominanz unternehmerischer Verwertungsinteressen gesprochen wird. Auch in ihrem Antrag charakterisieren die GRÜNEN das duale System durch die eben zitierte angebliche organisatorische, zeitliche und personelle Zerrissenheit durch die unterschiedlichen Lernorte. Sie stellen es also grundsätzlich in Frage.

    (Frau Hillerich [GRÜNE]: In der Tat!)

    Auch daß Frau Hillerich jetzt den Begriff von den beiden Lernorten aufgreift, kann darüber nicht hinwegtäuschen. Das müssen wir hier einmal ganz deutlich sagen.
    Meine Damen und Herren, daß Sorgen leichter werden, wie ich zu Anfang sagte, bedeutet nicht, daß sie verschwunden sind. Natürlich bestehen noch immer Ungleichgewichte im Hinblick auf fehlende Ausbildungsplätze, zunehmend aber eben auch umgekehrt. Das Interessante und auch Schwierige ist, daß oft beide Defizite sozusagen parallel gehen, nämlich vor allen Dingen auch da, wo sich individuelle Wünsche und regionale oder auch berufsspezifische Möglichkeiten nicht ohne weiteres in Übereinstimmung bringen lassen. Wir müssen diese beiden Seiten in unserer künftigen Diskussion sehen.
    Betriebe haben eben zunehmend Schwierigkeiten, die zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze zu besetzen. Ein Blick in eine Auswahl von Regionalzeitungen zeigt das doch ganz deutlich. Auf der anderen Seite haben junge Mädchen und Frauen nach wie vor ihre besonderen Probleme, auch junge Ausländer und junge Menschen, denen persönliche Benachteiligungen den Einstieg ins Berufsleben schwermachen. Hier sind — darin sind wir uns alle einig — weitere Anstrengungen erforderlich.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang die ja auch vor allen Dingen im Antrag der GRÜNEN vorkommenden außerbetrieblichen Einrichtungen erwähnen. Sie haben sich wirklich gerade im Zusammenhang mit den zuletzt genannten Personengruppen in der Vergangenheit mit neuen und alternativen Ansätzen große Verdienste erworben.

    (Beifall der Abg. Frau Hillerich [GRÜNE])

    Aber ich bin doch der Meinung, Frau Hillerich, daß es eine Sache ist, dies anzuerkennen, und eine ganz andere, die dort gewonnenen Erfahrungen und Möglichkeiten so zu verallgemeinern, daß das als eine Art Gegenmodell zum dualen System erscheint.
    Man kann ja Wettbewerb und Markt ablehnen, man kann der ganzen Wirtschaftsordnung gegenüber kritisch eingestellt sein, aber ich finde, man handelt fahrlässig, wenn man nicht junge Menschen auf eine Berufs- und Arbeitswelt vorbereitet, in der sie leben werden, leben müssen, es sei denn, man wollte lauter kleine Trojanische Pferde instrumentell in das Wirtschaftssystem einsetzen.

    (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich finde, diese Einrichtungen haben einen wertvollen Beitrag geleistet.

    (Kuhlwein [SPD]: Ihr wart doch auch einmal für den Marsch durch die Institutionen!)

    — Ich spreche ja dafür.
    Es ist aber keine gute Fürsprache, sie zu einem Gegenmodell aufzubauen.
    Meine Damen und Herren, es ist mir überhaupt unklar, was die in den Anträgen der GRÜNEN — ich beschäftige mich damit — zitierten unkritischen betriebsfunktionalen Anwendungsfertigkeiten als Ziele berufsbildungspolitischer und berufspädagogischer Konzepte sagen wollen, wenn sich doch, wie alle unsere Gespräche zeigen, alle in der beruflichen Bildung Verantwortlichen — auf allen Bänken — darin einig sind, daß es in der beruflichen Bildung vermehrt auf die sogenannten Schlüsselqualifikationen ankommt, auf die Fähigkeiten, selbständig zu planen und verantwortlich zu handeln, Kreativität zu entwickeln, sich kooperativ zu verhalten und wenn, wiederum übereinstimmend und ausdrücklich, die Abkehr vom Taylorismus, von der Beschränkung auf einzelne eingeengte Arbeitsschritte unterstrichen wird. Gerade eine solche neue berufliche Bildung, ein solcher neuer Ansatz öffnet den jungen Menschen Optionen, Optionen auch individueller, freier Weiterentwicklung und Bildung jenseits von Verwertung, aber eben auch jenseits von Verplanung, wie basisdemokratisch sie sich, wie in Ihrem Antrag, auch geben mag, als Mittelverteilungs- oder vielleicht sogar Vormundschaftsgremien, wogegen ich schon aus Prinzip etwas habe.
    Natürlich bedarf es der Kooperation der Lernorte und nicht nur dieser. Natürlich ist im dualen System nicht immer und alles heile Welt. Das ist doch ganz selbstverständlich. Wenn — Klaus Daweke hat es gesagt — in diesem Zusammenhang mit Recht oft die qualitative Seite der beruflichen Erstausbildung etwas problematisiert wird, so weiß doch jeder, daß sich aus der demographischen Entwicklung ein Spannungsverhältnis zwischen der von allen Seiten erhobenen Forderung nach so viel Ausbildungsplätzen wie irgend möglich und andererseits den Veränderungen in der Berufs- und Arbeitswelt ergeben mußte, ohne daß man, wenn man in die Landschaft schaut, so pauschal von einer Vernachlässigung des qualitativen Aspektes sprechen könnte. Herr Daweke hat darauf aufmerksam gemacht.
    In diesem Zusammenhang begrüßen wir ganz ausdrücklich das Konzept der Bundesregierung für die Förderung überbetrieblicher Ausbildungsstätten, das eben die Gewährleistung ihrer Modernisierung zum Ziel hat, damit gerade für Auszubildende in kleineren und mittleren Betrieben einerseits die Breite der Grundausbildung, die ja viel mit den genannten



    Neuhausen
    Schlüsselqualifikationen zu tun haben kann, und andererseits eine Vorbereitung auf den Umgang mit modernen Arbeitsmitteln und -techniken erfolgen kann, was eben die kleinen und mittleren Betriebe so oft nicht leisten können.
    Meine Damen und Herren, ich kann jetzt leider meine Ausführungen über ein weiter bestehendes Defizit der jungen Frauen und Mädchen, das auch in dem europäischen Papier angesprochen ist, hier nicht weiter vertiefen. Wir haben keinen Entschließungsantrag eingebracht. Ich meine aber: Wenn es einer Entschließung bedarf, dann der, alle für die berufliche Bildung Verantwortlichen und die Bundesregierung aufzufordern, ihre Anstrengungen und Initiativen ebenso intensiv und offen für neue Aufgaben und Entwicklungen fortzusetzen, wie sie das bisher mit einigem Erfolg, mit gutem Erfolg getan haben.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rixe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Günter Rixe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Berufsbildungsbericht 1988 beginnt mit der Feststellung: „Die Ausbildung im dualen System ist der berufliche Bildungsweg für die große Mehrheit der Jugendlichen." Gesellschafts-
    und bildungspolitisch ist unsere Diskussion und sind die Konsequenzen, die die Politik für die berufliche Bildung vorgeben muß, aber gerade für die Jugendlichen wichtig, die eben nicht zu dieser Mehrheit gehören. Ich verweise nur auf die großen Zahlen in dem Minderheitenvotum des Berufsbildungsberichts auf den letzten Seiten, wo ganz andere Zahlen als auf den ersten Seiten genannt werden.
    Bis zum Jahre 2000 werden über eine Million Jugendliche als Ungelernte ins Erwerbsleben treten. Die Chancen dieser Jugendlichen auf eine dauerhafte Beschäftigung sind außerordentlich schlecht. Das Überschreiten der zweiten Schwelle, die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach der Ausbildung, ist zunehmend schwieriger geworden. Aber die geplanten Leistungskürzungen beim Arbeitsförderungsgesetz zeigen, daß die Bundesregierung diese Problemlage nicht wirklich abschaffen will. Jugendliche unter 25 Jahren werden weiter an den Rand gedrängt, wenn sie arbeitslos sind. Beim Berufseinstieg werden sie doppelt bestraft, weil auch die Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld drastisch gekürzt wird. Jeder siebte Jugendliche ist nämlich nach erfolgreicher Ausbildung erst einmal für einige Zeit arbeitslos.

    (Daweke [CDU/CSU]: Sie müssen auch dazusagen, wie lange!)

    Ich habe gesagt: „einige Zeit", zwei Monate, ein Monat, das ist je nach Ländern, je nach Regionen in diesem Land unterschiedlich.

    (Kuhlwein [SPD]: Aber länger als früher! — Magin [CDU/CSU]: Eben nicht!)

    Soweit die Zahlen.
    Ich teile die Einschätzung des Berufsbildungsberichts, berufliche Bildung sei eine Zukunftsinvestition. Nur fordern die von mir genannten Zahlen von Wirtschaft und Politik, daß tatsächlich in diese Zukunft investiert wird. Die von der Bundesregierung und dem Bundesbildungsminister aufgezeigten Maßnahmen hierfür lassen allerdings keine besonderen Anstrengungen erkennen. Derzeit ist die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt trotz großer Anstrengungen der Ausbildungsbetriebe nach wie vor unbefriedigend, wenn sich auch die Lage gegenüber den Vorjahren in regional sehr unterschiedlichem Ausmaß zahlenmäßig etwas entspannt hat. Hier liegt die Aufgabe der überbetrieblichen Berufsbildungsstätten im dualen System der Berufsausbildung.
    Nach der letzten Erhebung von Ende 1984 gab es 599 überbetriebliche Aus- und Weiterbildungsstätten. Schaut man sich die Verteilung an, so sieht man, daß das Handwerk fast 50 000 und die Industrie nur 10 000 Plätze stellt. In manchen Landesteilen, wie Baden-Württemberg, hat die Industrie die Notwendigkeit dieser Bildungsstätten erkannt. Mehr als die Hälfte des Antragsvolumens für das laufende Jahr kamen aus diesem Lande. Der „Arbeitskreis Berufsbildung " der IG Metall in meiner Heimatstadt kritisierte noch vor einer Woche in einem Gespräch, daß dort die Industrie die Chancen und die Notwendigkeiten überbetrieblicher Ausbildungsstätten für eine breite, qualifizierte Ausbildung offensichtlich nicht erkenne. Im Interesse der Jugendlichen und der Abstimmung zwischen Ausbildung und Beschäftigung heißt es deshalb im SPD-Antrag auch: „In überbetrieblichen Berufsbildungsstätten werden vorrangig Angebote zukunftsorientierter Berufsbildung gefördert, um die Arbeitsmarktchancen junger Menschen zu verbessern. "
    Meine Damen und Herren, an die Stelle der rein quantitativen Problematik des Ausbildungssektors tritt die Frage nach der Qualität der Ausbildung und der Gewährleistung des Übergangs in das Beschäftigungssystem. Oberstes Ziel muß es bleiben, daß alle Jugendlichen eine Beschäftigung im erlernten Beruf nach der Ausbildung erhalten.

    (Daweke [CDU/CSU]: Nein!)

    Die laufende Neuordnung der Berufe erfordert mehr überbetriebliche Ausbildung. Werkzeugmacher, Mechaniker und Dreher brauchen die CNCTechnik, die heute kaum ein kleiner Betrieb vermitteln kann. Hier hat die Ausbildungsberatung der Kammern die wichtige Aufgabe, mit der Qualität ihrer Beratung und durch das Mittel der überbetrieblichen Ausbildungsstätten die Qualität der beruflichen Ausbildung abzusichern.
    Die SPD-Fraktion hat in ihrem Antrag vom 2. August 1988 zur Förderung überbetrieblicher Ausbildungsstätten diese Aufgabe aufgegriffen. Meine Fraktion fordert den Ausbau und die langfristige Sicherung der überbetrieblichen Berufsbildungsstätten. Unser Antrag beinhaltet auch die Aufforderung an die Bundesregierung, unverzüglich ein Konzept vorzulegen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Herr Minister Möllemann, Ende August haben Sie dann endlich, mi t etwas Verspätung, Ihre Konzeption vorgelegt. Darin bestätigen Sie das Ausbauziel von



    Rixe
    77 100 Ausbildungsplätzen. Sie erkennen auch die Investitionen für eine ständige Modernisierung und die Kosten der Ausstattung mit neuen Technologien an. Aber dann verfahren Sie wie bei der Steuerreform: Sie verteilen die Wohltaten, andere sollen zahlen. Bei Ihnen heißt das dann: Hierfür wird eine angemessene Beteiligung der Länder angestrebt. Der Förderungsanteil des Bundes kann dann bis zu 50 % betragen.
    Schließlich berufen Sie sich bei Ihrer Beschränkung auf die Zahl von 77 100 Ausbildungsplätzen auf einen Beschluß vom 17. Februar 1978. Eigentlich müßten wir überprüfen, ob der noch stimmt.
    Über Ihre Statistiken zur aktuellen Nutzung hinaus sagt Ihre angebliche Konzeption nichts darüber, welche Anforderungen sich hier aus der demographischen und technologischen Entwicklung ergeben. Werden 2 000 Plätze in den nächsten Jahren reichen?
    Unbeantwortet bleibt dann noch neben der Frage nach der notwendigen Zahl von Plätzen in überbetrieblichen Ausbildungsstätten die Frage der Folgekostenförderung. Die Kosten für den Betrieb überbetrieblicher Berufsbildungsstätten erreichen nach Modellrechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung allein bei den Aufwendungen für die Durchführung des Lehrbetriebes im Bereich der beruflichen Erstausbildung ein jährliches Gesamtvolumen von 500 Millionen DM. Hinzu kommen die Abschreibungen für die Gebäude und Maschinen in Höhe von rund 250 Millionen DM jährlich. Diese hohen Kosten sind von den ausbildenden Klein- und Mittelbetrieben nicht aufzubringen.
    Der weiterhin bestehende Bedarf der Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten zeigt sich im Antragsvolumen für 1988 von rund 270 Millionen DM. Herr Möllemann, wir erkennen ja an, daß Sie sich nach Jahren des Kürzens bei diesem Haushaltstitel jetzt bei Bundesfinanzminister Stoltenberg durchgesetzt haben und für die nächsten drei Jahre 300 Millionen DM bereitstellen. Das wollen wir gerne anerkennen. Aber es reicht nicht aus, wenn man schon für ein Jahr, nämlich für das Jahr 1988, 270 Millionen DM benötigt.
    Die Mitverantwortung des Bundes für die Sicherstellung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden betrieblichen Ausbildungsplatzangebotes schließt den Erhalt überbetrieblicher Ausbildungsstätten und damit die Förderung auf Dauer ein. Die Einstellung der Förderung überbetrieblicher Ausbildungsstätten hätte eine fast vollständige Verlagerung der beruflichen Erstausbildung in Großbetrieben zur Folge.
    Dementgegen ist der Bundesrat dem einstimmigen Votum des BIBB-Hauptausschusses gefolgt und wünscht keine Fristsetzung auf das Jahr 1992. In unserem Antrag heißt es:
    Die Bundesregierung sichert mit der Finanzierung auf Dauer auch den Bundesanteil für die Förderung überbetrieblicher Beruf sbildungsstätten in bisheriger prozentualer Höhe (65 %); . . .
    Wir wollen keine erneute Abwälzung von Lasten auf die Länder.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich wende mich entschieden gegen Ihre Absicht, Herr Minister Möllemann, die Bezuschussung der Kosten für die laufende Unterhaltung von überbetrieblichen Ausbildungsstätten bis 1992 auf ganze 2 Millionen DM zurückzufahren. Und ab 1993 wollen Sie hierfür wohl überhaupt keine Fördermittel mehr bereitstellen?
    Die Konzeption sollte auch die multifunktionale Nutzung der überbetrieblichen Ausbildungsstätten sichern. Neben der überbetrieblichen Ausbildung sollen sie künftig auch für die Weiterbildung, die Umschulung, die Ausbildung von Ausbildern und sonstige Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang sind dann weiterhin die wichtigsten Strukturdaten dieser Bildungsstätten zu erheben und zu veröffentlichen.
    Der Bundesbildungsminister benennt als Schwerpunkte der überbetrieblichen beruflichen Bildungsmaßnahmen zwar die überbetriebliche Ausbildung mit gut zwei Dritteln Anteil und die berufliche Weiterbildung mit einem Anteil von nur 17 %. Er spricht auch vom Funktionswandel und begründet den Bedarf. Aber zum Antrag der SPD — „Die Bundesregierung sichert die multifunktionale Nutzung ..." — gibt es keine Vorschläge in Ihrem Konzept.
    Meine Damen und Herren, es geht um die zukünftige Qualität der beruflichen Bildung, um das Humankapital des Jahres 2000, das den Wirtschaftsstandort Bundesrepublik Deutschland in Zukunft noch stärker bestimmen wird. So folge ich dem Zentralverband des Deutschen Handwerks in der Auffassung, daß die berufliche Weiterbildung eine neue Dimension und eine andere Qualität gewinnt. Dabei müssen überbetriebliche Ausbildungsstätten folgenden Beitrag leisten: Sicherung eines gut ausgebildeten Nachwuchses von Fachkräften; Vermittlung von Zusatzqualifikationen beim Übergang von Ausbildung in das Beschäftigungssystem; Wiedereingliederung von Frauen; Neuorientierung von Fachkräften in zukunftsträchtigen Bereichen; Umschulung und Anpassungsfortbildung; Schulung von Fachkräften im Bereich neuer Technologien; Fort- und Weiterbildungslehrgänge für Ausbilder; Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung.
    Die weitere Entwicklung dieses Leistungsangebots wollen wir weiterhin qualitativ, inhaltlich, fachlich und mit einer gesicherten Förderung aus Bundesmitteln, Herr Minister, begleiten.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD)