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ID1110106500

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    Plenarprotokoll 11/101 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 101. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Oktober 1988 Inhalt: Zusatztagesordnungspunkt 5: Aktuelle Stunde betr. Besorgnisse im In- und Ausland über die Wahrung der Presse- und Demonstrationsfreiheit bei unter Mitwirkung der Bundesregierung durchgeführten Tagungen und Großveranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) Frau Olms GRÜNE 6929B, 6940 C Gerster (Mainz) CDU/CSU 6930B, 6941D Frau Dr. Sonntag-Wolgast SPD 6931 B Dr. Hirsch FDP 6932A, 6941 A Wüppesahl fraktionslos 6932 D Zeitlmann CDU/CSU 6934 A Wartenberg (Berlin) SPD 6934 D Klein, Bundesminister BMZ 6935 D Lutz SPD 6936 C Dr. Kewenig, Senator des Landes Berlin 6937 B Kalisch CDU/CSU 6938 D Bernrath SPD 6939 D Tagesordnungspunkt 20: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Beer, Dr. Lippelt (Hannover) und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einstellung der Tiefflüge der Bundesluftwaffe in Ntesinan (Labrador) (Drucksache 11/ 2354) b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Einstellung von Tiefflügen (Drucksache 11/2866) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Beer, Dr. Lippelt (Hannover), Dr. Mechtersheimer, Frau Schilling, Schily und der Fraktion DIE GRÜNEN: Einstellung von Flugveranstaltungen Abschaffung von Tiefflügen (Drucksache 11/2904) Kolbow SPD 6942 C Francke (Hamburg) CDU/CSU 6944 B Frau Schilling GRÜNE 6945 C Dr. Hoyer FDP 6946 D Dr. Scholz, Bundesminister BMVg 6948 C Gerster (Worms) SPD 6949 D Lowack CDU/CSU 6951 C Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Auslegung des Wartime-Host-Nation-Support-Abkommens (Drucksache 11/2550) Dr. Ehmke (Bonn) SPD 6954 C Francke (Hamburg) CDU/CSU 6956 A Frau Beer GRÜNE 6957 C Ronneburger FDP 6958 D Dr. Scholz, Bundesminister BMVg 6960 D Kolbow SPD 6961 D Graf Huyn CDU/CSU 6963 B Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Forderungen zur Situation der Polizeien in Bund und Ländern (Drucksache 11/2243) II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Oktober 1988 Graf SPD 6964 D Clemens CDU/CSU 6967 B Frau Dr. Vollmer GRÜNE 6968 D Dr. Hirsch FDP 6970 A Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6971 D Tagesordnungspunkt 23: Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehr gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dem von den Abgeordneten Frau Brahmst-Rock, Weiss (München) und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Abbau der Wettbewerbsverzerrungen und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bundesbahn (Bundesbahnsanierungsgesetz) (Drucksachen 11/1789, 11/3074) Weiss (München) GRÜNE 6973 C Dr. Jobst CDU/CSU 6975 A Daubertshäuser SPD 6976 B Kohn FDP 6977 D Nächste Sitzung 6979 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 6980* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6980* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Oktober 1988 6929 101. Sitzung Bonn, den 14. Oktober 1988 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 14. 10. Dr. Ahrens 14. 10. Dr. Bangemann 14. 10. Brandt 14. 10. Cronenberg (Arnsberg) 14. 10. Frau Dr. Däubler-Gmelin 14. 10. Daweke 14. 10. Frau Dempwolf 14. 10. Erler 14. 10. Feilcke 14. 10. Dr. Feldmann 14. 10. Funk (Gutenzell) 14. 10. Gattermann 14. 10. Frau Garbe 14. 10. Frau Geiger 14. 10. Glos 14. 10. Dr. Götz 14. 10. Haack (Extertal) 14. 10. Haar 14. 10. Dr. Hauff 14. 10. Hauser (Krefeld) 14. 10. Hedrich 14. 10. Hiller (Lübeck) 14. 10. Dr. Hüsch 14. 10. Ibrügger 14. 10. Dr. Jahn (Münster) 14. 10. Frau Kelly 14. 10. Kiechle 14. 10. Kißlinger 14. 10. Klose 14. 10. Dr. Kreile 14. 10. Kuhlwein 14. 10. Dr.-Ing. Laermann 14. 10. Leonhart 14. 10. Lüder 14. 10. Dr. Mechtersheimer 14. 10. Dr. Mertens (Bottrop) 14. 10. Nelle 14. 10. Dr. Osswald 14. 10. Paintner 14. 10. Pauli 14. 10. Poß 14. 10. Reuschenbach 14. 10. Frau Rönsch (Wiesbaden) 14. 10. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Scheu 14. 10. Schluckebier 14. 10. Frau Schmidt (Nürnberg) 14. 10. Dr. Schneider (Nürnberg) 14. 10. Schröer (Mülheim) 14. 10. Schulze (Berlin) 14. 10. Frau Dr. Segall 14. 10. Dr. Sperling 14. 10. Dr. Stoltenberg 14. 10. Stratmann 14. 10. Frau Teubner 14. 10. Tietjen 14. 10. Dr. Vondran 14. 10. Vosen 14. 10. Dr. Waigel 14. 10. Dr. Wieczorek 14. 10. Wissmann 14. 10. Dr. Zimmermann 14. 10. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Fraktion DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 26. September 1988 mitgeteilt, daß sie den Entschließungsantrag auf Drucksache 11/ 1268 zurückzieht. Die Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Drucksachen 11/1300, 11/2630 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Auswärtiger Ausschuß Drucksachen 11/2724 Nr. 6, 11/2899 (Berichtigung) Innenausschuß Drucksache 11/1107 Nr. 2.1 Haushaltsausschuß Drucksache 11/2580 Nr. 9 Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 11/2724 Nr. 2-5, 7, 9, 10 Drucksachen 11/2841 Nr. 1, 2 Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/2266 Nr. 2.21 Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Drucksache 11/2841 Nr. 14
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Annemarie Renger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Abgeordneter Bötsch, bitte.


Rede von Dr. Wolfgang Bötsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion in den Vorgesprächen über die Gestaltung der Tagesordnung in richtiger Weise Wert darauf gelegt hat, daß die Ereignisse von Ramstein und Nörvenich nicht mit der allgemeinen Frage des Tiefflugs verbunden, sondern getrennt behandelt werden, während Sie jetzt diese Vermischung wieder vornehmen?

(Widerspruch bei der SPD)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Florian Gerster


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Bötsch, ich habe ausdrücklich gesagt: Es besteht kein direkter Zusammenhang. Es besteht aber natürlich, was Verteidigungslasten, vor allen Dingen die aus Luft, angeht, ein gefühlsmäßiger Zusammenhang bei der Beurteilung des Themas und dessen, was die Bevölkerung als Forderungen an uns heranträgt. Da können wir hier nicht eine abstrakte Thementrennung vornehmen, wenn die Bürger im Lande das anders sehen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Uelhoff [CDU/ CSU]: Das ist doch mit Zustimmung Ihrer Fraktion erfolgt, aber Sie halten sich nicht daran!)

    Meine Damen und Herren, wir begrüßen in der bunten Koalition der Tieffluggegner seit gestern mit besonderer Freude auch die „revolutionären" Kollegen des Haushaltsausschusses.

    (Beifall der Abg. Frau Dr. Hartenstein [SPD])

    Ich weiß nicht, Herr Minister Scholz, bei wem Sie sich bedankt haben, als Sie für die ausdrückliche Unterstützung der Koalition gedankt haben. Das war ja bisher wohl das wirksamste Druckmittel, einfach den Sprit zu sperren, bis die Hardthöhe ein neues Konzept für Tiefflug vorlegt. Auf die Idee, so muß ich zu unserer Schande gestehen, sind wir noch gar nicht gekommen. Jedenfalls danken wir der Union, daß sie den Vorschlag gemacht hat.

    (Dr. Hoyer [FDP]: Ist Ihnen bewußt, daß im Januar entsperrt werden soll?)

    Er geht zwar nicht weit genug, aber er ist ein Schritt in die richtige Richtung.
    Meine Damen und Herren, der Minister hat dies dann in der Öffentlichkeit als Signal für einen tragfähigen Kompromiß gewertet. Das ist seine Wertung. Er hat darüber hinaus in der Punktation — Sie haben den Bonner Sprachgebrauch hier erheblich bereichert —zum Tiefflug sehr apodiktisch, wie das in früheren Zeiten von absolutistischen Herrschern zu vernehmen war, geäußert: Ich — das Wort „ich" kommt in allen Überschriften dieser Punktation vor — , Bundesminister Rupert Scholz, bin überzeugt davon, daß — und jetzt kommt es — „ein Verzicht auf Tiefflugübungen nicht in Frage kommen kann. " So einfach ist das.
    Jetzt frage ich Sie: Was gibt ein neues Konzept, das ja offenbar auch Sie entwickeln wollen, her, wenn hier bestimmte Grundannahmen als Konstante gesetzt werden und die Folgerungen die Variablen sind? Wir sagen andersherum: Die Konstante, die Voraussetzung für die Lösung des Problemes ist, daß die Belästigung und die Sicherheitsgefährdung der Bevölkerung reduziert werden, wir sagen sogar: nach Möglichkeit auf null gebracht werden. Nun muß daraus ein Auftrag abgeleitet werden, dies umzusetzen und eine Problemlösung zu finden, die diesem Anspruch gerecht wird.

    (V o r sitz : Vizepräsident Westphal)

    Es gibt darüber hinaus auch nahezu abenteuerliche Vorschläge. Der Kollege Wimmer, der sich gerade mit dem Verteidigungsausschußvorsitzenden angeregt unterhalten hat, hat z. B. vorgeschlagen, daß da hat



    Gerster (Worms)

    mir fast der Atem gestockt, lieber Kollege Wimmer — Tiefflüge künftig nur noch an der deutsch-deutschen Grenze stattfinden sollen.

    (Wimmer [Neuss] [CDU/CSU]: Das ist nie gesagt worden!)

    — Sie sind so im „Spiegel" zitiert worden. Ich habe kein Dementi gelesen. — Das wäre zumindest die Aufhebung einer Praxis, die bisher völlig sakrosankt war, daß ausgerechnet dort Tiefflug nicht stattfindet.
    Auch andere, Heiner Geißler z. B., die sensibel genug sind, um das Thema in seiner ganzen Dimension zu erfassen, auch in seiner Bedeutung für die Mehrheitsfähigkeit der Koalitionsparteien, haben Vorschläge gemacht, die wiederum Reaktionen ausgelöst haben, z. B. bei Generalleutnant Noack — das war allerdings vor dem Flugtag —, der als stellvertretender Befehlshaber in Ramstein pikanterweise dem Generalsekretär der Regierungspartei CDU — man muß sich das auf der Zunge zergehen lassen — vorgeworfen hat, das, was er zum Tiefflug gesagt habe, hätte man früher „Zersetzung" genannt.

    (Zuruf von der SPD: Das war bestellt!)

    Das hieß früher sogar — wenn ich mich recht erinnere und wenn ich es richtig nachgelesen habe — „Wehrkraftzersetzung". Dies sagt ein General der Bundeswehr zum Generalsekretär der Union, der Mitglied dieses Hauses ist.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Das ist die Sprache, die sie verstehen! — Dr. Hoyer [FDP]: Sie sind der erste, der Geißler vorwirft, sensibel zu sein!)

    Meine Damen und Herren, hier sind die Sitten verdorben. Ich weiß nicht, ob wir uns darüber freuen sollen, daß derselbe General Noack zu den frühpensionierten Generalen gehört.
    Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sagen: Tiefflug über der Bundesrepublik — wohlgemerkt mit dieser näheren Bestimmung — ist nicht mehr zumutbar, Luftkampfübungen darüber hinaus auch nicht. Wir als Parlament wollen das Bundesministerium der Verteidigung, die Bundesregierung beauftragen, einen Lösungsvorschlag aus deren Sicht vorzulegen, wie dieser Wille des Parlamentes umgesetzt werden kann.
    Es ist zu befürchten, daß wir hier keine Einmütigkeit finden und daß wir im Unterschied zum Bundesrat nicht weiterkommen werden, der sich über Parteigrenzen hinweg auf Antrag aus Rheinland-Pfalz jetzt in den entscheidenden Ausschüssen schon auf 300 m Mindesthöhe, auf ein Verbot von Luftkampfübungen und auf die Entwicklung eines Verteidigungskonzeptes verständigt hat, das ohne Tiefflug auskommt. Aber ich sage Ihnen: Dies wird vorübergehend sein; denn das, was der Bundesrat vorgelegt hat und womit wir uns dann wohl formell befassen müssen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Diese 300-Meter-Lösung ist ein Schritt, der z. B. die automatische Auflösung der 75-Meter-Tieffluggebiete zur Folge hätte, und ist ein Schritt in die Richtung zur Abschaffung des Tieffluges. Es ist schade, daß die Ländervertretungen, die offenbar näher am Problem sind und nicht so stark in parteipolitische Zwänge eingebunden sind, hier wesentlich weiter sind als das Bundesparlament.
    Meine Damen und Herren, ich will zum Schluß die Frage nach den Alliierten, die immer wieder aufgeworfen wird, hier ansprechen. Was werden die Alliierten tun, wenn sich das Bundesparlament so entscheiden könnte, wie wir es beantragen? Ich sage Ihnen: Souveränität ist ein politisches Konzept. Die Alliierten werden den Willen des Gesetzgebers respektieren, im übrigen auch deswegen, weil zumindest in den allgemeinen Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts und des Zusatzabkommens festgehalten wird — natürlich mit möglichen Interpretationsspielräumen —, daß grundsätzlich das Recht des Aufnahmestaates zu achten ist und daß z. B. für den Luftraum die deutschen Gesetze gelten. Kein Amerikaner, meine Damen und Herren, kein Brite, kein Franzose würde auf Dauer das Maß an Verteidigungslasten hinnehmen, das die bundesdeutsche Bevölkerung bisher getragen hat.
    Wir sagen deshalb: ein neues Konzept entwickeln, keinen Tiefflug mehr, Verteidigung ja, Bündnis ja, aber bitte zu zeitgemäßen und zu zumutbaren Bedingungen.

    (Beifall bei der SPD)