Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema dieser Aktuellen Stunde heißt: Besorgnisse im In- und Ausland über die Wahrung der Presse- und Demonstrationsfreiheit aus Anlaß der IWF-Konferenz.
Was hat stattgefunden? Wir hatten vor diesem Kongreß ein Attentat auf einen Staatssekretär. Wir hatten zahlreiche Aufrufe in der Öffentlichkeit, in Presseorganen, zur Gewalt. Ich glaube, jeder in diesem Land hat die prickelnde Situation, die Bedrohungssituation vor dieser Tagung in Berlin gespürt.
Was war konkret in Berlin? Wir hatten 8 800 Polizeibeamte, wird uns gesagt. Wir hatten 12 000 Gäste in Berlin. Es gab 1 600 akkreditierte Presseleute.
Wenn hier davon die Rede ist, daß es eine grenzenlose Pressefreiheit gäbe — diesen Eindruck möchte man manchmal haben — , so ist das objektiv falsch. Jeder Grundgesetzkommentar weist Ihnen zum Thema Pressefreiheit aus, daß es eine Schranke gibt. Selbst im Presseausweis oder auch in der Vereinbarung zwischen dem Presserat und der Innenministerkonferenz ist ganz deutlich gesagt, daß es Aufgabe der Journalisten ist, einen Polizeieinsatz nicht zu behindern.
Nun hört man, daß es gegen eine Kollegin oder gegen Vorstandsmitglieder der GRÜNEN sogar zwei Strafanzeigen aus Anlaß der Demonstrationen in Berlin gibt,
weil sie vehement beleidigt hätte — es ist Ihre Kollegin Frau Ditfurth —, Polizeibeamte „alte Schlampe", „hysterische Ziege", „kaputte Frau" genannt haben soll. Im übrigen soll sie einen Presseausweis haben. Ich frage mich: Woher kommen diese Presseausweise?
Wo sind diese Herrschaften alle beschäftigt? Die „taz" schreibt in einem Artikel am 8. Oktober 1988 unter der Überschrift „Moderne Zeiten" und dem Untertitel „Schiedsrichter an die Wand" u. a.:
Schon gibt es nur noch ganz wenige Linke in der Stadt, die keinen Journalistenausweis haben.
— Satire hin, Satire her: Solange die Pressefreiheit bei uns von Ihnen offensichtlich mißbraucht wird, brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn in Einzelfällen auch mal von seiten der Polizei versucht wird, diese
Presseleute zurückzudrängen, die Schranke, der auch die Pressefreiheit unterliegt, zu beachten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine ganz objektiv, wer die Geschehnisse in Berlin heute Revue passieren läßt, der muß feststellen, daß es weder eine Bedrohung der Pressefreiheit noch eine Einschränkung irgendwelcher Freiheitsrechte gegeben hat.
Es ist problematisch, 12 000 Gäste sicher zu bewahren. Ich stehe völlig zu dem, was der Kollege Hirsch sagt: daß man hinterher immer schlauer ist. Einzelvorfälle, die bei Hunderttausenden von Einsatzstunden vorkommen, überzubetonen, das kann nicht unsere Aufgabe sein. Ich sehe überhaupt keine Berechtigung, über eine Gefährdung von Freiheitsrechten in Deutschland besorgt zu sein.
Ich sehe allerdings die Gefahr, daß Sie sich weiterhin nicht von der Gewalt distanzieren. Das, was der Kollege Gerster gegen Sie, Frau Olms, hier vorbringen konnte, ist unglaublich:
daß Leute, die in politischer Verantwortung hier im Plenum sitzen, die Gewalt forcieren.
Ein letztes an die Adresse der SPD. Ich finde Ihren Artikel in „PPP" vom 4. Oktober, wo dem Herrn Innensenator Kewenig SA-Manier vorgeworfen wird, genauso unhaltbar. Sie sollten die Gelegenheit nehmen, diese Dinge hier klarzustellen.
Herzlichen Dank.