Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern konnte man im Fernsehen einen Ausschnitt aus der unglaublich beeindruckenden Rede von Ernst Reuter sehen: „Völker der Welt, schaut auf diese Stadt! " Wir müssen dafür sorgen, daß Berlin ein Symbol der Freiheit, ein Anziehungspunkt für viele Menschen und eine weltoffene Stadt bleibt. Dazu brauchen wir nicht die Ermahnung des amerikanischen Präsidentschaftskandidaten Jackson; das machen wir und das Abgeordnetenhaus von Berlin selber.
Wenn man einmal selbst Verantwortung für große polizeiliche Einsätze getragen hat, dann verfolgt man mit großem Unbehagen die Diskussionen, die sich hinterher immer darstellen.
Hat man zuviel Polizei hingestellt, dann wird über „grüne Wochen" gehöhnt; hat man zuwenig Polizei hingestellt und es passiert etwas, dann sagen alle: Warum hat sich dieser Innenminister bzw. dieser Innensenator nicht darauf eingestellt? Unglaublich; der Mann ist unfähig und muß zurücktreten.
Nach polizeilichen Ereignissen findet man immer nur Leute, die es besser wissen bzw. besser gewußt haben. Das geht nicht! So kann man weder mit politisch Verantwortlichen noch mit der Polizei umgehen. Die Polizei ist weder verantwortlich für die Lösung politischer Probleme, noch ist sie eine Art Ausfallbürge für nicht geleistete politische Arbeit. Die Polizisten sind keine Übermenschen, sondern es sind Leute, die man provozieren kann, und sie sind auch keine Propheten, die wissen, ob etwas passiert oder nicht.
Die Polizei hat einen Anspruch darauf, daß sie politisch da geschützt und gestützt wird, wo sie nach pflichtgemäßem Ermessen handelt. Die Polizei muß wissen, daß die Bewertung ihrer Handlungen immer im Licht der gegebenen Einsatzsituation erfolgt, und nicht aus nachträglicher Besserwisserei und schon gar nicht von denen, die die Handlungen selber provoziert haben.
Die Polizei muß schließlich aber auch wissen, daß sie sich ohne zu zucken an die geltenden Gesetze zu halten hat und daß gerade diese Tatsache die eigentliche Überlegenheit und die Stärke des Rechtsstaates ausmacht.
In Berlin hat es wirklich beachtliche Provokationen gegeben. Die Berliner Polizei befand sich in einer schwierigen Situation. Viele tausend zu schützende Gäste und Personen waren in Berlin. An Herausforderungen hat es nicht gefehlt. Damit meine ich nicht den Gegenkongreß des IWF, ich meine nicht friedliche Demonstrationen, sondern ich meine massive Übergriffe und Gewaltausübungen und auch den Aufruf dazu. Ich habe hier ein ganzes Dutzend von Flugblättern mit empörenden Aufrufen. Es gab körperliche Angriffe, Belästigungen, Verletzungen von Gästen und Besuchern des Kongresses und maßlose Beschimpfungen der eingesetzten Polizeibeamten. Das ist die eine Seite.
Wir sagen auf der anderen Seite aber ebenso, daß wir die Äußerung des Innensenators, die Pressefreiheit müsse eben mal zurücktreten, nicht akzeptieren können. Wir sagen auch, daß wir schockiert sind von den Fernsehbildern, die zeigen, daß Polizeibeamte auf Berichterstatter zugehen und die Hand vor die Objektive halten, wie wir es bisher nur aus Ostblockstaaten gesehen haben. Es wird von etwa 50 Übergriffen rechtswidriger Art in Berlin gesprochen. Wir erwarten vom Senat, daß er ohne jede Vorbehalte das Abgeordnetenhaus dabei unterstützt, diese Vorgänge ebenso aufzuklären wie die Straftaten, die gegenüber der Polizei und gegenüber den Gästen des Währungsfonds begangen worden sind.
Lassen Sie uns gemeinsam dazu beitragen, daß ohne jede Rechthaberei und ohne Überheblichkeit im Urteil dafür gesorgt wird, den Ruf Berlins als eine freie und weltoffene Stadt zu erhalten.
Vielen Dank.