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    Plenarprotokoll 11/98 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 98. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. September 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 24: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988 (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/2650, 11/2968, 11/3012) Dr. Neuling CDU/CSU 6705 B Esters SPD 6707 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6710A Frau Vennegerts GRÜNE 6711 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 6712 D Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988) (Drucksachen 11/2970, 11/3008) b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 (Drucksache 11/2864) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hüser, Sellin und der Fraktion DIE GRÜNEN: Aufhebung der Mineralölsteuerbefreiung des Flugverkehrs (Drucksache 11/2126) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Haushaltsbegleitgesetz 1989) (Drucksachen 11/2969, 11/3009) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 24. Juni 1988 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (Drucksache 11/2971) Schulhoff CDU/CSU 6715 D Dr. Wieczorek SPD 6720 A Rind FDP 6724 A Hüser GRÜNE 6727 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 6729 C Poß SPD 6733 A Dr. Vondran CDU/CSU 6735 C Sellin GRÜNE 6737 C Dr. Struck SPD 6738 C Sauter, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten 6740 A Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Konkursordnung (Drucksache 11/2065) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Wittmann, Marschewski, II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1988 Dr. Hüsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Kleinert (Hannover), Funke, Irmer und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren (Drucksache 11/2991) Dr. Pick SPD 6742 B Helmrich CDU/CSU 6743 C Dr. Briefs GRÜNE 6743 D Funke FDP 6745 B Engelhard, Bundesminister BMJ 6745 D Nächste Sitzung 6747 C Berichtigung 6747 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 6749* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6749* D Anlage 3 Urlaubsregelung für Wehrpflichtige zur Wahrnehmung von Vorstellungsterminen für eine Berufstätigkeit nach dem Wehrdienst MdlAnfr 50 23.09.88 Drs 11/2960 Frau Ganseforth SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . . 6750* A Anlage 4 Identifizierung des bei Annweiler aufgefundenen Zusatztanks einer Militärmaschine; Ablassen von Flugbenzin bei militärischen Übungsflügen vor der Landung MdlAnfr 55, 56 23.09.88 Drs 11/2960 Müller (Pleisweiler) SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . . 6750* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1988 6705 98. Sitzung Bonn, den 30. September 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 97. Sitzung, Seite 6580 D, zweite Zeile von unten: Statt „Libanese" ist „Liberianer" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter 30. 9. Bahr 30. 9. Dr. Bangemann 30. 9. Baum 30. 9. Frau Beck-Oberdorf 30. 9. Frau Beer 30. 9. Dr. Biedenkopf 30. 9. Biehle 30. 9. Borchert 30. 9. Brandt 30. 9. Carstensen (Nordstrand) 30. 9. Frau Conrad 30. 9. Frau Dr. Däubler-Gmelin 30. 9. Daubertshäuser 30. 9. Daweke 30. 9. Frau Dempwolf 30. 9. Ehrbar 30. 9. Dr. Ehrenberg 30. 9. Frau Eid 30. 9. Eigen 30. 9. Eylmann 30. 9. Francke (Hamburg) 30. 9. Frau Fuchs (Köln) 30. 9. Funk (Gutenzell) 30. 9. Gattermann 30. 9. Dr. Geißler 30. 9. Dr. von Geldern 30. 9. Genscher 30. 9. Glos 30. 9. Dr. Glotz 30. 9. Dr. Götz 30. 9. Dr. Haack 30. 9. Frau Hämmerle 30. 9. Dr. Hauff 30. 9. Hauser (Krefeld) 30. 9. Dr. Haussmann 30. 9. Hedrich 30. 9. Heimann 30. 9. Frau Dr. Hellwig 30. 9. Frau Hensel 30. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 9. Hoss 30. 9. Dr. Hüsch 30. 9. Huonker 30. 9. Ibrügger 30. 9. Irmer 30. 9. Jung (Düsseldorf) 30. 9. Kastning 30. 9. Frau Kelly 30. 9. Kiechle 30. 9. Klein (München) 30. 9. Kleinert (Hannover) 30. 9. Klose 30. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 30. 9. Dr. Kohl 30. 9. Koltzsch 30. 9. Koschnick 30. 9. Kraus 30. 9. Dr. Kreile 30. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Leidinger 30. 9. Frau Männle 30. 9. Dr. Mechtersheimer 30. 9. Menzel 30. 9. Meyer 30. 9. Mischnick 30. 9. Dr. Müller 30. 9. Müller (Düsseldorf) 30. 9. Müller (Wesseling) 30. 9. Niggemeier 30. 9. Frau Odendahl 30. 9. Oostergetelo 30. 9. Frau Pack 30. 9. Paterna 30. 9. Pesch 30. 9. Rappe (Hildesheim) 30. 9. Reuschenbach 30. 9. Ronneburger 30. 9. Rühe 30. 9. Schily 30. 9. Schmitz (Baesweiler) 30. 9. von Schmude 30. 9. Schröer (Mülheim) 30. 9. Schütz 30. 9. Seiters 30. 9. Dr. Solms 30. 9. Dr. Sperling 30. 9. Spranger 30. 9. Frau Steinhauer 30. 9. Stobbe 30. 9. Straßmeir 30. 9. Tietjen 30. 9. Dr. Vogel 30. 9. Dr. Waigel 30. 9. Dr. Warnke 30. 9. Weiss (München) 30. 9. Westphal 30. 9. Wetzel 30. 9. Frau Wieczorek-Zeul 30. 9. Wischnewski 30. 9. Frau Dr. Wisniewski 30. 9. Wissmann 30. 9. Wittich 30. 9. Zander 30. 9. Dr. Zimmermann 30. 9. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 23. September 1988 beschlossen, zu dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 22. März 1985 zum Schutz der Ozonschicht einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Die Vorsitzende des Finanzausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/1656 Nr. 1.4 6750* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1988 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/2465 Nr. 2.4-2.7, 2.9, 2.11, 2.12 Drucksache 11/2580 Nr. 12-16, 19-21, 23 —25 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/2580 Nr. 46 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage der Abgeordneten Frau Ganseforth (SPD) (Drucksache 11/2960 Frage 50): Warum müssen Wehrpflichtige Urlaub nehmen, wenn sie dem Dienst fernbleiben müssen, um einen Vorstellungstermin für eine Berufstätigkeit nach dem Wehrdienst wahrzunehmen, und wie beurteilt die Bundesregierung diese Praxis angesichts des geringen Urlaubs der Wehrpflichtigen und der besonderen Förderung Wehrpflichtiger bei der beruflichen Wiedereingliederung nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz? Es trifft nicht zu, daß grundwehrdienstleistende Wehrpflichtige ihren Erholungsurlaub in Anspruch nehmen müssen, wenn sie einen Vorstellungstermin bei einem möglichen künftigen Arbeitgeber wahrnehmen wollen. Das gleiche gilt für die Wahrnehmung von Terminen beim Arbeitsamt und für die Teilnahme an Prüfungen oder anderen Ausleseverfahren, denen sich der Wehrpflichtige zur Aufnahme einer beruflichen Erwerbstätigkeit oder einer Berufsausbildung nach dem Wehrdienst unterziehen muß. Der zuständige Disziplinarvorgesetzte kann dem Soldaten für diese Zwecke nach pflichtgemäßem Ermessen Sonderurlaub aus persönlichen Gründen in dem erforderlichen Umfang und unter Belassung der Bezüge gewähren. Dies sieht die Soldatenurlaubsverordnung aufgrund der vom BMVg entsprechend seiner Fürsorgepflicht vorgenommenen Ergänzung ausdrücklich vor. Bereits Anfang 1985 haben die Führungsstäbe aller 3 Teilstreitkräfte die Disziplinarvorgesetzten ihrer Kommandobereiche angewiesen, Sonderurlaub für diese Zwecke nur dann zu versagen, wenn im Einzelfall zwingende dienstliche Erfordernisse entgegenstehen. Liegen derartige Hinderungsgründe vor, darf nach § 28 Abs. 2 des Soldatengesetzes auch kein Erholungsurlaub gewährt werden. Ergänzend hat der BMVg — um eine sachgerechte Handhabung dieser Sonderurlaubsbestimmungen durch die Disziplinarvorgesetzten sicherzustellen —1986 mit einem sog. G1-Hinweis darauf hingewiesen, daß ein solcher Sonderurlaub auch nicht auf 6 Werktage im Kalenderjahr beschränkt ist. Aufgrund dieser eindeutigen Regelung kann ich ausschließen, daß es die von Ihnen vermutete Praxis in der Truppe gibt. Sollte es im Einzelfall zu einer fehlerhaften Ermessensentscheidung des zuständigen Disziplinarvorgesetzten kommen, steht dem betroffenen Soldaten der Beschwerdeweg offen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Müller (Pleisweiler) (SPD) (Drucksache 11/2960 Fragen 55 und 56): Ist der Bundesregierung bekannt, von welcher Militärmaschine der Anfang August dieses Jahres im Wald bei Annweiler am Trifels aufgefundene Zusatztank stammt und wie es dazu kam, daß dieser noch mit Flugbenzin gefüllte Tank abgeworfen wurde? Besitzt die Bundesregierung Informationen darüber, daß Militärmaschinen auf Übungsflügen im Luftraum der Bundesrepublik Deutschland vor der Landung aus Sicherheitsgründen Flugbenzin aus der Maschine ablassen? Zu Frage 55: Der Bundesregierung ist bekannt, daß im August 1988 in der Nähe von Annweiler/Pfalz ein Zusatztank eines Kampfflugzeuges gefunden wurde, der in verschiedene Teile zerbrochen war. Die Teile befinden sich in Gewahrsam der Staatsanwaltschaft Landau, die einer Übergabe der Teile an die USAFE noch nicht zugestimmt hat. Eine Klärung der Zugehörigkeit der Tankteile kann aber erst nach Übergabe und Prüfung durch die USAFE erfolgen. Es ist nicht bekannt wie groß die Restkraftstoffmenge des Tanks beim Aufschlag war. Nach Bodenanalysen wurde ein Bodenaustausch auf einer Fläche von 5-10 m2 auf Veranlassung des Wasserwirtschaftsamtes Landau durchgeführt. Die Erstattung der Kosten wurde beim Amt für Verteidigungslasten beantragt. Zu Frage 56: Flugkraftstoff darf im Fluge nur in Notfällen abgelassen werden, wenn eine sofortige Landung zwingend erforderlich ist, um einen möglichen Absturz zu verhindern, gleichzeitig aber das Gesamtgewicht des Luftfahrzeuges noch zu hoch ist, um eine sichere Landung zuzulassen. Derartige, auf Notfälle beschränkte Ereignisse, sind sehr selten, das Verfahren ist international (auch in der Zivilluftfahrt) üblich.
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    Vielen Dank für das Kompliment, Herr Kollege! Ich sehe das anders.
    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte eigentlich gern wieder zum eigentlichen Thema kommen und nicht über den Steuertarif reden, sondern über die Verbrauchsteuererhöhungen, um die es heute geht.

    (Zurufe von der SPD: Sehr gut! — Ja!)

    Der Herr Kollege Schulhoff hat da ein bißchen abzulenken versucht. In der Situation, in der Sie sind, kann ich das ja verstehen, sogar sehr gut verstehen.
    Das fängt schon an, wenn man sich Ihre eigene Zielsetzung aus dem Entwurf, über den wir heute beraten, vor Augen führt. Da heißt es — ich zitiere — :
    Für die Übertragung von weiteren Finanzmitteln an die Europäischen Gemeinschaften, für Hilfen zur Förderung der Investitionsfähigkeit finanzschwacher Länder und für Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit benötigt der Bund einen finanziellen Ausgleich.
    Da muß man sich nun wirklich gleich zweimal wundern. Erstens ist doch zu fragen, seit wann Steuermittel bestimmten Ausgaben zugeordnet werden. Gilt denn für diese Bundesregierung das allgemeine Haushaltsdeckungsprinzip nicht mehr? Das ist doch etwas ganz Neues!
    Zweitens ist zu fragen, ob diese Ausgabenbelastungen plötzlich vom Himmel gefallen sind. — Doch wohl kaum. Daß die EG mehr Mittel benötigt, haben wir Ihnen schon ein paarmal hier an diesem Platz erzählt. Ich finde es einfach unzulässig und im übrigen der europäischen Idee überhaupt nicht dienend, sich hier hinzustellen und die EG für Steuererhöhungen verantwortlich zu machen, wenn der Grund für die Steuererhöhungen in Wirklichkeit in Ihrem Steuer- und Haushaltsgebaren liegt. Das dient der EG überhaupt nicht.
    Ebenso ist es eine Verschleierung, die Hilfen für finanzschwache Länder dafür verantwortlich zu machen,

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: So war es doch auch!)

    ganz abgesehen davon, daß Ihre Landesfürsten und Ihre Regierung sich noch nicht einmal einig werden. Ich finde es spannend, daß das Land Bayern, wenn es um's Geld geht, plötzlich entdeckt, daß es doch ein strukturschwaches Land ist. Es ist ja ganz lustig zuzugucken.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Sie haben doch keine Ahnung! Sie reden doch Unsinn!)

    — So ist es doch. Warum wollen Sie denn davon etwas abhaben? Getroffene Hunde bellen offensichtlich!

    (Beifall bei der SPD)

    Entscheidend ist etwas anderes, nämlich daß Sie Ihren mißglückten Länderfinanzausgleich, den wir erst vor einigen Monaten hier debattiert haben, geschönt haben wollen. Dem eigentlichen Grundgesetzauftrag, für gleiche Entwicklungschancen aller Bundesländer zu sorgen, werden Sie nicht gerecht.
    In Wirklichkeit wollen Sie damit die Albrecht-Initiative beiseite räumen. Diese aber fußt auf der richtigen Erkenntnis, daß die Sozialhilfelasten auf Grund der bekannten und von Ihnen nicht ernsthaft bekämpften Dauerarbeitslosigkeit vom Bund zu verantworten sind und nicht von Gemeinden und von Ländern.

    (Beifall bei der SPD)

    Damit ist der dritte Punkt Ihrer Begründung angesprochen: die Löcher bei der Bundesanstalt für Arbeit. Wem wollen Sie eigentlich erzählen, daß das unvorhersehbar gewesen ist? Das können Sie doch niemandem mehr weismachen.
    Der Grund für die Steuererhöhungen liegt nämlich nicht in diesen Einzelbereichen. Er liegt in Ihrer insgesamt mißglückten Steuerpolitik und in Ihrer wirtschaftspolitischen Unfähigkeit, die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen.

    (Beifall bei der SPD)

    Tatsächlich wollen Sie durch die jetzt hier zu debattierenden Verbrauchsteuererhöhungen für Benzin, Gas, 01, Tabak, Versicherungen, Kfz einschließlich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer die Steuerzahler um mehr als 8 Milliarden DM schröpfen, weil Ihre vor der Sommerpause beschlossene Einkommensteuersenkung — da liegt die Verbindung, Herr Kollege Schulhoff — ab 1990 für die Spitzenverdiener finanziert werden muß.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das wissen Sie doch besser!)

    Dieser Betrag der Steuererhöhung, Herr Kansy, ist doch praktisch deckungsgleich mit dem, was Sie an Steuersenkung den Beziehern von Einkommen von mehr als 100 000 DM im Jahr gewähren. Das ist fast identisch.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie gehen nach Ihrem alten Motto vor: Versprich Steuersenkungen, sorge für die Finanzierung später, und achte darauf, daß die Entlastung bei denen erfolgt, die schon genug haben, aber die Belastung bei denen, die nicht zu den Wohlhabenden zählen.
    Gucken wir uns doch einmal an, was Sie den Bundesbürgern zumuten: Mineralölsteuer auf Benzin: 3,4 Milliarden DM mehr; Mineralölsteuer auf Heizöl: 1,6 Milliarden DM mehr; Steuer auf Gas: 1,6 Milliarden DM mehr; Tabaksteuer: 350 Millionen DM mehr; Versicherungssteuer: 1 Milliarde DM mehr; Kraftfahrzeugsteuer für Diesel: 720 Millionen DM mehr. Das alleine sind schon 8,8 Milliarden DM, ohne die Mehrwertsteuer.
    Herr Schulhoff, ich möchte Sie noch an etwas erinnern: Sie haben eben behauptet, 80 % der Bürger seien in der Progressionszone gewesen. Die neuesten Zahlen, die vorliegen, sind von 1983. Danach waren 49 % der Steuerpflichtigen in der Progressionszone



    Dr. Wieczorek
    und 58 % der Steuerzahler insgesamt — keine 80 %! Also, einmal langsam; wenn Sie zitieren, müssen Sie davon ausgehen, daß das korrigiert wird, Herr Kollege.

    (Schulhoff [CDU/CSU]: Das ist ja Ihr Pech, daß Sie immer nachhinken, daß Sie immer von gestern sind!)

    — Da sind doch die Zahlen, die Sie selber bzw. Ihre Regierung uns geben. Dann müssen Sie Herrn Stoltenberg vorwerfen, daß seine Zahlen nicht mehr stimmen, Herr Kollege; so einfach ist das. Oder gibt Ihnen die Regierung andere Zahlen als uns? — Das wäre natürlich ein spannendes Verfahren, wie man mit dem Parlament umgehen kann. Das können wir ja gerne einmal feststellen, Herr Schulhoff; das kann ja lustig werden. Das können wir gern einmal diskutieren. Vielleicht genauso, wie Sie jetzt Steueränderungen über den Bundesrat einbringen lassen; was Sie nämlich beim Steuergesetz im Sommer versaubeutelt haben — , korrigieren Sie jetzt über den Bundesrat. Das ist ja ein tolles Parlamentsverständnis. Da wäre ich mit Ihren Zwischenrufen einmal ganz vorsichtig.
    Nun zu dem drastischen Steuererhöhungsprogramm, Herr Schulhoff: Noch nie waren für die Arbeitnehmer die Belastungen durch Steuern und Sozialabgaben so hoch wie jetzt,

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Leider!)

    rund 42 Pfennig pro Mark. Das wird auch nach 1990 nicht gemildert. Ich empfehle Ihnen die Lektüre einer Untersuchung, die der Bund der Steuerzahler angestellt hat. In seiner Veröffentlichung „Verbrauchsteuererhöhung schädlich und vermeidbar" kommt der Bund der Steuerzahler zu dem Ergebnis, daß sich die Durchschnittsbelastung der Arbeitnehmer mit Lohn- und Einkommensteuer, Sozialversicherungsbeiträgen, Mehrwertsteuer und den speziellen Verbrauchsteuern in den letzten Jahren ständig erhöht hat. Betrug dieser Anteil im Jahre 1982 noch 39,8 %, so ist er im Jahre 1988 auf 42,2 % gestiegen, 1989 wird er 43,1 % betragen, 1990 — nach dieser famosen Steuersenkung — wird er kurz auf 42,2 % zurückgehen, aber immerhin noch wesentlich über dem Wert von 1982 liegen, und anschließend geht es dann sowieso wieder hoch, auch dank des Tarifs, den der Herr Kollege Schulhoff immer angeführt hat.
    Wenn wir uns angucken, was dabei für den einzelnen Bürger herauskommt, was Sie ihm heute zumuten, dann sind das durchschnittlich 500 DM für jeden Bürger mehr im Jahr, bei Benzin sind es 242 DM, beim Heizöl 182 DM. Beim Heizgas ist es noch lustiger; da weiß man nicht einmal, wieviel es ist. Sie muten dem Bürger eine Steuererhöhung zu, bei der Sie überhaupt nicht wissen, was sie ausmacht. Da sagt das Wirtschaftsministerium — daß Herr Bangemann nicht mehr da ist, ist nicht so tragisch, denn das Ministerium ist ja besser als sein Minister — : Das wirkt sich doppelt aus.

    (Zuruf des Abg. Uldall [CDU/CSU])

    — Herr Uldall, da sind wir uns doch augenzwinkernd fast einig, was Herrn Bangemann und auch das Ministerium angeht.
    Da sagt das Bundeswirtschaftsministerium: Durch die Bindung der Heizgaspreise an die Heizölpreise ergibt sich eine Belastung, und durch die Heizgassteuer ergibt sich eine zweite. Das Bundesfinanzministerium sagt: Dies stimmt gar nicht. Nun möchte ich gern einmal wissen, was stimmt. Ich finde, es ist schon ein Musterbeispiel von Kabinettskunst des Kabinetts Kohl, so etwas der Öffentlichkeit zu präsentieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Es gibt bestehende Verträge, und man müßte sie nur einmal herausnehmen und abschätzen — das wäre eine Aufgabe der Regierung — , wie es aussieht. Es ist schon eine besondere Staatskunst, da Unsicherheit zu verbreiten.
    Wir werden versuchen, im Hearing Klärung zu bekommen. Vielleicht ist das Ganze auch nur ein Versuch, der Sowjetunion, Norwegen und den Niederlanden zu helfen, denn nach dem, was uns der Energieexperte Schmitt vorrechnet, wird aus dieser Erhöhung allein fast 1 Milliarde DM an diese Hauptgaslieferanten gehen. Das ist natürlich auch ganz lustig. Das ist praktische europäische Solidarität. Das betrifft nicht einmal nur die EG, sondern auch die Sowjetunion; das ist etwas Schönes.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Ost-West-Politik!)

    Doch zurück zur Belastung der Bürger: Die Erhöhung der Benzinkosten und der Kfz-Steuer führt zu neuen Belastungen bei den Fahrtkosten der Arbeitnehmer zum Arbeitsplatz. Da hatten Sie uns doch im Sommer erzählt, daß bei der Streichung des Weihnachtsfreibetrages und des Arbeitnehmerfreibetrages ein Teilausgleich dadurch erfolgt, daß das absetzbare Kilometergeld künftig wieder 50 Pfennig betragen soll. Wir haben Ihnen damals schon gesagt: Sie werden als erstes wieder die Verbrauchsteuern erhöhen, und Sie nehmen es dann nocheinmal weg. Jetzt geschieht das; Sie nehmen es zum zweitenmal weg. Sie kassieren also wieder doppelt. Aber es bleibt nicht bei den Fahrtkosten, es ist auch bei der Heizung so. Eigenheimbesitzer, so die Schätzungen, werden für Heizung etwa mit 200 DM mehr jährlich rechnen müssen, Mieter mit ungefähr 1 DM pro Quadratmeter. Wir werden noch feststellen, wieviel; es ist auf jeden Fall ein erklecklicher Betrag.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Herr Kollege, dafür sind andere Dinge aber auch im Preis gestiegen. Sie können doch jetzt nicht einfach sagen: Da nehme ich mal das oder das. — Faktisch erhöhen Sie die Kosten durch Ihre Steuererhöhung. Dazu kommen dann noch die Hausrat- und Feuerversicherung usw.


Rede von Dr. Annemarie Renger
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