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ID1109800400

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    Plenarprotokoll 11/98 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 98. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. September 1988 Inhalt: Tagesordnungspunkt 24: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 1988 (Nachtragshaushaltsgesetz 1988) (Drucksachen 11/2650, 11/2968, 11/3012) Dr. Neuling CDU/CSU 6705 B Esters SPD 6707 B Dr. Weng (Gerlingen) FDP 6710A Frau Vennegerts GRÜNE 6711 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 6712 D Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen (Verbrauchsteueränderungsgesetz 1988) (Drucksachen 11/2970, 11/3008) b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 (Drucksache 11/2864) c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hüser, Sellin und der Fraktion DIE GRÜNEN: Aufhebung der Mineralölsteuerbefreiung des Flugverkehrs (Drucksache 11/2126) d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte (Haushaltsbegleitgesetz 1989) (Drucksachen 11/2969, 11/3009) e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 24. Juni 1988 über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (Drucksache 11/2971) Schulhoff CDU/CSU 6715 D Dr. Wieczorek SPD 6720 A Rind FDP 6724 A Hüser GRÜNE 6727 C Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 6729 C Poß SPD 6733 A Dr. Vondran CDU/CSU 6735 C Sellin GRÜNE 6737 C Dr. Struck SPD 6738 C Sauter, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten 6740 A Tagesordnungspunkt 26: Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Konkursordnung (Drucksache 11/2065) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Wittmann, Marschewski, II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1988 Dr. Hüsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Kleinert (Hannover), Funke, Irmer und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren (Drucksache 11/2991) Dr. Pick SPD 6742 B Helmrich CDU/CSU 6743 C Dr. Briefs GRÜNE 6743 D Funke FDP 6745 B Engelhard, Bundesminister BMJ 6745 D Nächste Sitzung 6747 C Berichtigung 6747 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 6749* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 6749* D Anlage 3 Urlaubsregelung für Wehrpflichtige zur Wahrnehmung von Vorstellungsterminen für eine Berufstätigkeit nach dem Wehrdienst MdlAnfr 50 23.09.88 Drs 11/2960 Frau Ganseforth SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . . 6750* A Anlage 4 Identifizierung des bei Annweiler aufgefundenen Zusatztanks einer Militärmaschine; Ablassen von Flugbenzin bei militärischen Übungsflügen vor der Landung MdlAnfr 55, 56 23.09.88 Drs 11/2960 Müller (Pleisweiler) SPD SchrAntw PStSekr Würzbach BMVg . . . 6750* C Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1988 6705 98. Sitzung Bonn, den 30. September 1988 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 97. Sitzung, Seite 6580 D, zweite Zeile von unten: Statt „Libanese" ist „Liberianer" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter 30. 9. Bahr 30. 9. Dr. Bangemann 30. 9. Baum 30. 9. Frau Beck-Oberdorf 30. 9. Frau Beer 30. 9. Dr. Biedenkopf 30. 9. Biehle 30. 9. Borchert 30. 9. Brandt 30. 9. Carstensen (Nordstrand) 30. 9. Frau Conrad 30. 9. Frau Dr. Däubler-Gmelin 30. 9. Daubertshäuser 30. 9. Daweke 30. 9. Frau Dempwolf 30. 9. Ehrbar 30. 9. Dr. Ehrenberg 30. 9. Frau Eid 30. 9. Eigen 30. 9. Eylmann 30. 9. Francke (Hamburg) 30. 9. Frau Fuchs (Köln) 30. 9. Funk (Gutenzell) 30. 9. Gattermann 30. 9. Dr. Geißler 30. 9. Dr. von Geldern 30. 9. Genscher 30. 9. Glos 30. 9. Dr. Glotz 30. 9. Dr. Götz 30. 9. Dr. Haack 30. 9. Frau Hämmerle 30. 9. Dr. Hauff 30. 9. Hauser (Krefeld) 30. 9. Dr. Haussmann 30. 9. Hedrich 30. 9. Heimann 30. 9. Frau Dr. Hellwig 30. 9. Frau Hensel 30. 9. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 9. Hoss 30. 9. Dr. Hüsch 30. 9. Huonker 30. 9. Ibrügger 30. 9. Irmer 30. 9. Jung (Düsseldorf) 30. 9. Kastning 30. 9. Frau Kelly 30. 9. Kiechle 30. 9. Klein (München) 30. 9. Kleinert (Hannover) 30. 9. Klose 30. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 30. 9. Dr. Kohl 30. 9. Koltzsch 30. 9. Koschnick 30. 9. Kraus 30. 9. Dr. Kreile 30. 9. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Leidinger 30. 9. Frau Männle 30. 9. Dr. Mechtersheimer 30. 9. Menzel 30. 9. Meyer 30. 9. Mischnick 30. 9. Dr. Müller 30. 9. Müller (Düsseldorf) 30. 9. Müller (Wesseling) 30. 9. Niggemeier 30. 9. Frau Odendahl 30. 9. Oostergetelo 30. 9. Frau Pack 30. 9. Paterna 30. 9. Pesch 30. 9. Rappe (Hildesheim) 30. 9. Reuschenbach 30. 9. Ronneburger 30. 9. Rühe 30. 9. Schily 30. 9. Schmitz (Baesweiler) 30. 9. von Schmude 30. 9. Schröer (Mülheim) 30. 9. Schütz 30. 9. Seiters 30. 9. Dr. Solms 30. 9. Dr. Sperling 30. 9. Spranger 30. 9. Frau Steinhauer 30. 9. Stobbe 30. 9. Straßmeir 30. 9. Tietjen 30. 9. Dr. Vogel 30. 9. Dr. Waigel 30. 9. Dr. Warnke 30. 9. Weiss (München) 30. 9. Westphal 30. 9. Wetzel 30. 9. Frau Wieczorek-Zeul 30. 9. Wischnewski 30. 9. Frau Dr. Wisniewski 30. 9. Wissmann 30. 9. Wittich 30. 9. Zander 30. 9. Dr. Zimmermann 30. 9. Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 23. September 1988 beschlossen, zu dem Gesetz zu dem Übereinkommen vom 22. März 1985 zum Schutz der Ozonschicht einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen. Die Vorsitzende des Finanzausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu der nachstehenden Vorlage absieht: Drucksache 11/1656 Nr. 1.4 6750* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 98. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. September 1988 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 11/2465 Nr. 2.4-2.7, 2.9, 2.11, 2.12 Drucksache 11/2580 Nr. 12-16, 19-21, 23 —25 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/2580 Nr. 46 Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Frage der Abgeordneten Frau Ganseforth (SPD) (Drucksache 11/2960 Frage 50): Warum müssen Wehrpflichtige Urlaub nehmen, wenn sie dem Dienst fernbleiben müssen, um einen Vorstellungstermin für eine Berufstätigkeit nach dem Wehrdienst wahrzunehmen, und wie beurteilt die Bundesregierung diese Praxis angesichts des geringen Urlaubs der Wehrpflichtigen und der besonderen Förderung Wehrpflichtiger bei der beruflichen Wiedereingliederung nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz? Es trifft nicht zu, daß grundwehrdienstleistende Wehrpflichtige ihren Erholungsurlaub in Anspruch nehmen müssen, wenn sie einen Vorstellungstermin bei einem möglichen künftigen Arbeitgeber wahrnehmen wollen. Das gleiche gilt für die Wahrnehmung von Terminen beim Arbeitsamt und für die Teilnahme an Prüfungen oder anderen Ausleseverfahren, denen sich der Wehrpflichtige zur Aufnahme einer beruflichen Erwerbstätigkeit oder einer Berufsausbildung nach dem Wehrdienst unterziehen muß. Der zuständige Disziplinarvorgesetzte kann dem Soldaten für diese Zwecke nach pflichtgemäßem Ermessen Sonderurlaub aus persönlichen Gründen in dem erforderlichen Umfang und unter Belassung der Bezüge gewähren. Dies sieht die Soldatenurlaubsverordnung aufgrund der vom BMVg entsprechend seiner Fürsorgepflicht vorgenommenen Ergänzung ausdrücklich vor. Bereits Anfang 1985 haben die Führungsstäbe aller 3 Teilstreitkräfte die Disziplinarvorgesetzten ihrer Kommandobereiche angewiesen, Sonderurlaub für diese Zwecke nur dann zu versagen, wenn im Einzelfall zwingende dienstliche Erfordernisse entgegenstehen. Liegen derartige Hinderungsgründe vor, darf nach § 28 Abs. 2 des Soldatengesetzes auch kein Erholungsurlaub gewährt werden. Ergänzend hat der BMVg — um eine sachgerechte Handhabung dieser Sonderurlaubsbestimmungen durch die Disziplinarvorgesetzten sicherzustellen —1986 mit einem sog. G1-Hinweis darauf hingewiesen, daß ein solcher Sonderurlaub auch nicht auf 6 Werktage im Kalenderjahr beschränkt ist. Aufgrund dieser eindeutigen Regelung kann ich ausschließen, daß es die von Ihnen vermutete Praxis in der Truppe gibt. Sollte es im Einzelfall zu einer fehlerhaften Ermessensentscheidung des zuständigen Disziplinarvorgesetzten kommen, steht dem betroffenen Soldaten der Beschwerdeweg offen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Würzbach auf die Fragen des Abgeordneten Müller (Pleisweiler) (SPD) (Drucksache 11/2960 Fragen 55 und 56): Ist der Bundesregierung bekannt, von welcher Militärmaschine der Anfang August dieses Jahres im Wald bei Annweiler am Trifels aufgefundene Zusatztank stammt und wie es dazu kam, daß dieser noch mit Flugbenzin gefüllte Tank abgeworfen wurde? Besitzt die Bundesregierung Informationen darüber, daß Militärmaschinen auf Übungsflügen im Luftraum der Bundesrepublik Deutschland vor der Landung aus Sicherheitsgründen Flugbenzin aus der Maschine ablassen? Zu Frage 55: Der Bundesregierung ist bekannt, daß im August 1988 in der Nähe von Annweiler/Pfalz ein Zusatztank eines Kampfflugzeuges gefunden wurde, der in verschiedene Teile zerbrochen war. Die Teile befinden sich in Gewahrsam der Staatsanwaltschaft Landau, die einer Übergabe der Teile an die USAFE noch nicht zugestimmt hat. Eine Klärung der Zugehörigkeit der Tankteile kann aber erst nach Übergabe und Prüfung durch die USAFE erfolgen. Es ist nicht bekannt wie groß die Restkraftstoffmenge des Tanks beim Aufschlag war. Nach Bodenanalysen wurde ein Bodenaustausch auf einer Fläche von 5-10 m2 auf Veranlassung des Wasserwirtschaftsamtes Landau durchgeführt. Die Erstattung der Kosten wurde beim Amt für Verteidigungslasten beantragt. Zu Frage 56: Flugkraftstoff darf im Fluge nur in Notfällen abgelassen werden, wenn eine sofortige Landung zwingend erforderlich ist, um einen möglichen Absturz zu verhindern, gleichzeitig aber das Gesamtgewicht des Luftfahrzeuges noch zu hoch ist, um eine sichere Landung zuzulassen. Derartige, auf Notfälle beschränkte Ereignisse, sind sehr selten, das Verfahren ist international (auch in der Zivilluftfahrt) üblich.
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    Rede von Helmut Esters


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Ihnen, Herr Bundesfinanzminister, wenige Stunden nach Ihrem Geburtstag noch einmal recht herzlich gratulieren und Ihnen Glück und Gesundheit wünschen

    (Beifall)

    und hoffe — Sie werden meinen Ausführungen gleich entnehmen — , daß Sie in den nächsten Jahren dann eine etwas glücklichere Hand in der Finanzpolitik haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Mit der Vorlage des Nachtragshaushalts zum Bundeshaushalt 1988, den wir in zweiter und dritter Lesung heute verabschieden, wird die Neuverschuldung des Bundes auf rund 39 Milliarden DM angehoben. Dies wäre die höchste Neuverschuldung seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Diese schlimme Rekordziffer steht in einem krassen Gegensatz zu dem ständigen Eigenlob der Bundesregierung. Sie offenbart die ganze Malaise einer Finanzpolitik, die entgegen allen schönen Worten in Wahrheit ohne ein verläßliches Konzept dasteht. Trotz der günstigen weltwirtschaftlichen Bedingungen in den letzten Jahren, die zu einer stetigen konjunkturellen Entwicklung im Inland, zu niedrigen Zinsen und stabilen Preisen geführt haben, hat die Bundesregierung die selbstgesteckten Konsolidierungsziele nicht erreicht.

    (Zuruf von der SPD: Leider wahr!)

    Wenn Sie schon in einem Jahr, das wirtschaftlich entgegen den Annahmen vom Jahresanfang bisher durchaus erfreulich verläuft, einen Schuldenrekord fabrizieren: Was steht uns dann noch bevor, wenn die weltwirtschaftliche Entwicklung wieder einmal ins Stocken gerät? Spätestens dann kommt die Stunde der Wahrheit. Dann werden Sie zugeben müssen, daß entgegen Ihren Versprechungen die Schulden des Bundes nicht so begrenzt wurden, daß wieder ein dauerhafter finanzpolitischer Spielraum entsteht.
    Ich empfehle Ihnen daher einmal, einen Blick in den Finanzbericht und damit einen Blick über die Grenzen. Eine solche vergleichende Betrachtung ist dann überaus aufschlußreich. In Belgien wurde der Nettofinanzierungssaldo in Prozent der Ausgaben, also der Anteil der Ausgaben, der kreditfinanziert wird, seit 1985 stetig zurückgeführt von 30,4 auf 25,1 %, in Dänemark im gleichen Zeitraum von 10,8 auf 1 %, in Frankreich von 14,3 auf 9,6 % und in Großbritannien von 7,5 auf 0,8 %. Die Reihe läßt sich an Hand der Statistik des Finanzberichts über Italien, Irland, Portugal und Spanien fortsetzen, und auch außerhalb Europas findet sich das gleiche Bild: in Japan ein Rückgang des Finanzierungssaldos von 33,3 auf 15,6 %, in Kanada von 30,9 auf 21,9 % und in den USA von 22,3 auf 11,8 %. Die einzige große Ausnahme ist hier die Bundesrepublik Deutschland.

    (Dr. Struck [SPD]: Hört! Hört!)

    Bei uns ist der Nettofinanzierungssaldo seit 1985 von 8,8 auf 14 % der Bundesausgaben gestiegen. Wir sind weit und breit das einzige Land unter den 17 Industrienationen, das in der neuesten Übersicht des Bundesfinanzministeriums eine derartige Negativbilanz aufweist. Das beweist, daß das hohe Rekorddefizit des Jahres 1988 nicht weltwirtschaftlich bedingt, sondern einzig und allein hausgemacht ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Es ist die zwangsläufige Folge einer Haushaltswirtschaft, die seit Jahren durch ein permanentes Ungleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben gekennzeichnet ist. Der Bundesfinanzminister hat dies eine Zeitlang verschleiern können, indem er klar absehbare Ausgaben hinausgezögert und die Einnahmenseite systematisch durch optimistische Wachstumsannahmen und hohe Bundesbankgewinne geschönt hat.
    Der Bundeshaushalt 1988 ist dafür das beste Beispiel. Bereits bei der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 1988 wußten alle, daß die EG-Eigenmittel



    Esters
    bei weitem nicht ausreichen würden, daß im Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit eine Milliardenlücke klafft und daß der Bundesbankgewinn viel zu hoch veranschlagt war. Dem neuen Finanzplan des Bundes entnehme ich, daß die Bundesregierung in den kommenden Jahren daran festhalten will, den Bundesbankgewinn zumindest in Höhe von rund 7 Milliarden DM jährlich als eine normale Einnahme zu behandeln.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Das ist aber nicht neu, Herr Kollege!)

    Dies ist leichtsinnig und auch falsch. Dies widerspricht auch allem, Herr Kollege Weng, was die Finanzpolitiker der Union zu Oppositionszeiten zu diesem Thema erklärt haben.

    (Dr. Struck [SPD]: Sehr wahr!)

    Ich hatte von Ihnen eigentlich erwartet — nach dem, was Sie uns in den 70er und 80er Jahren vom Pult des Deutschen Bundestages aus empfohlen haben — , daß Sie den Bundesbankgewinn als außerordentliche Einnahme betrachten würden und ihn gezielt dafür einsetzen wollten, notwendige Investitionen im Bereich des Umweltschutzes und Initiativen zur Überwindung der Massenarbeitslosigkeit zu finanzieren.
    Entgegen Ihren Erklärungen haben Sie die hohen Bundesbankgewinne der letzten Jahre dazu benutzt, sich zusätzliche Finanzierungsspielräume zu verschaffen. Sie haben die Nettokreditaufnahme lediglich vorübergehend auf dem Papier niedriger ausgewiesen. Aber in der Substanz haben Sie nichts bewegt.

    (Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Die Steuersenkungen vergessen Sie, Herr Kollege?)

    In welchem argumentativen Notstand sich die Regierung befindet, haben wir soeben von dem Kollegen Dr. Neuling wieder gehört, der wiederholte, was Manfred Carstens hier im Bundestag auch behauptet hat, nämlich daß die heutige Neuverschuldung allein notwendig wäre, um die Zinsen für die Schulden zu zahlen, die von der SPD/FDP-Koalition übernommen worden sind.

    (Dr. Struck [SPD]: Die FDP war immer mit dabei!)

    Diese Behauptung hat der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Herr Dr. Voss, auch schon einmal verbreitet, nämlich am 22. Juni. Trotz verschiedentlicher Nachfragen — auch in der Fragestunde — ist es uns bisher nicht gelungen, von Herrn Dr. Voss Auskunft über seine Berechnungsmethoden zu bekommen.

    (Dr. Struck [SPD]: Weil es nicht stimmt, Herr Kollege! — Dr. Grünewald [CDU/CSU]: Da braucht man keine Methode, da muß man sich einmal die Zahlen ansehen!)

    In Wahrheit geht es doch um den Versuch, Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen, mit denen Sie und die Bundesregierung davon ablenken wollen, wie tief Sie finanzpolitisch in die Bredouille gekommen sind.

    (Zurufe von der CDU/CSU: O nein! — Das hat er gar nicht nötig!)

    Die Rekordverschuldung in der Nachtragsvorlage 1988 von rund 39 Milliarden DM ist nämlich verfassungswidrig.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Richtig! — Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Damit verstößt die Bundesregierung gegen Art. 115 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes.
    Mit dem Nachtrag 1988 überschreitet die Nettokreditaufnahme die Investitionsausgaben um rund 5 Milliarden DM. Ich vermisse bis heute eine klare Aussage des Bundesfinanzministers, ob er sich auf die Ausnahmeregelung des zweiten Halbsatzes beruft — was er müßte — und mit welcher Begründung er die Kreditobergrenze überschreitet. Das ist weder im Zusammenhang mit dem Kabinettsbeschluß geschehen noch bei der Einbringung der ersten Lesung am 6. September durch den Bundesfinanzminister.

    (Dr. Grünewald [CDU/CSU]: Ist aber in der Fragestunde ausführlich beantwortet worden!)

    In den Kommentaren zu Art. 115 wird klar festgestellt, wann eine Überschreitung der Kreditobergrenze zulässig ist. Gedacht ist an den Fall, daß die zur Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage notwendig zu erhöhenden Ausgaben nur durch entsprechend erhöhte Einnahmen aus Krediten ausgeglichen werden können. Dies ist der klassische Fall eines kreditfinanzierten Ausgabeprogramms.
    Es wird in den Kommentaren weiter festgestellt, daß eine bloße Abschwächung des Wirtschaftswachstums nicht als Begründung ausreicht. Auch das Bundesverfassungsgericht selbst erkennt nur bestimmte konjunkturpolitische Krisensituationen als Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts im Sinne des Art. 115 an.
    Gemessen an den Erklärungen, die die Bundesregierung in jüngster Zeit abgegeben hat, liegt die Voraussetzung einer Störung eines gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts keineswegs vor. Im Gegenteil: Gleich zu Beginn seiner Einbringungsrede hat Herr Dr. Stoltenberg uns mitgeteilt, daß die Wirtschaft über Erwarten gut laufe, und dies ist richtig.

    (Bundesminister Dr. Stoltenberg: Genau: über Erwarten!)

    Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium hat dies noch am 22. September in gleicher Richtung klar dargelegt.
    Wenn dem so ist, dann sind die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Kreditobergrenze nicht erfüllt. Dann ist insbesondere überhaupt nicht zu verstehen, warum die Bundesregierung gerade jetzt die Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen will. Wenn die Koalitionsparteien mit ihrer Mehrheit diesen Nachtrag trotzdem beschließen, dann begeben sie sich auf gefährliches politisches und verfassungsrechtliches Glatteis.
    Es ist schon eine besondere Ironie des Schicksals, daß die CDU/CSU-Fraktion gerade in dem Moment, wo sie sich anschickt, einen verfassungswidrigen Haushalt zu beschließen, von einer Verfassungsklage eingeholt wird, die die CDU/CSU-Fraktion als Oppo-



    Esters
    sition vor sechs Jahren in Karlsruhe angestrengt hat.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Weng [Gerlingen] [FDP]: Warten wir erstmal das Ergebnis ab!)

    Unter dem Datum des 6. September 1982 haben eine Reihe von Bundestagsabgeordneten der CDU/ CSU-Fraktion ein Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beantragt und darum gebeten, den Bundeshaushalt 1981 wegen Überschreitung der Kreditobergrenze für nichtig zu erklären. Grundlage dieses spektakulären Schrittes waren zwei Rechtsgutachten der Professoren Dr. Friauf und Dr. Kirchhof.
    Während die Klage damals mit großem propagandistischem Getöse der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, baten die Antragsteller das Bundesverfassungsgericht, den Antrag noch nicht zu behandeln,

    (Struck [SPD]: Sehr peinlich!)

    weil das angeblich schon längst vorhandene maßgebliche wissenschaftliche Rechtsgutachten von Professor Dr. Friauf noch nicht vorgelegt werden könne. In Wahrheit ist es nie erstellt worden. Das mußte Professor Dr. Kirchhof im November 1983 gegenüber dem Verfassungsgericht ausdrücklich einräumen.

    (Zuruf von der SPD: Peinlich!)

    Damit war klar: Sie hatten das Verfassungsgericht und die Öffentlichkeit in wirklich unverantwortlicher Weise über ein Jahr lang und über die Bundestagswahl 1983 hinweg getäuscht. Sie haben das Verfahren in Karlsruhe systematisch verzögert und leichtfertig das Institut der Verfassungsklage diskreditiert. Es war allein parteitaktisch motiviert.

    (Dr. Grünewald [CDU/CSU]: Mit der Anhängigkeit waren wir doch gar nicht mehr Herr des Verfahrens!)

    — Ich habe wiederholt bei Haushaltsdebatten hier, Herr Kollege, dies kritisiert und Sie aufgefordert — insofern waren Sie Herr des Verfahrens — , Ihren Antrag zurückzuziehen. Dazu waren Sie als Antragsteller nie bereit. Es ist falsch und eine Dreistigkeit sondergleichen, wenn heute Ihr Fraktionskollege Langner behauptet, Sie seien nicht Herr des Verfahrens gewesen, und die Verzögerung sei vom Bundesverfassungsgericht zu vertreten,

    (Dr. Struck [SPD]: Beleidigung des Bundesverfassungsgerichts!)

    Pressedienst der CDU vom 16. September 1988. Das Gegenteil ist wahr: Sie haben den Fortgang des Prozesses verschleppt; nur Sie allein hatten es in der Hand, diese unmögliche Situation wieder in Ordnung zu bringen.
    In der Begründung des Antrags haben Sie behauptet, der seinerzeit und auch heute noch verwendete Investitionsbegriff sei nicht verfassungsgemäß, bei einer nach Ihrer Meinung verfassungskonformen Definition der Investitionsausgaben seien alle Haushalte von 1970 bis 1982 mit einer Ausnahme verfassungswidrig gewesen. Gerade hieran wird jetzt klar ersichtlich, daß Ihr Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht ausschließlich partei- und wahltaktisch kalkuliert war.

    (Beifall bei der SPD)

    Denn würde der von Ihnen damals vorgeschlagene Investitionsbegriff vom Verfassungsgericht jetzt bestätigt werden, so wären auch Ihre Haushalte 1983, 1984, 1987, 1988 sowie der Haushaltsentwurf 1989 verfassungswidrig.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich erkläre für die Sozialdemokraten hier, daß wir es aus diesem Grund für sinnvoll und notwendig halten, daß das Bundesverfassungsgericht einige Feststellungen und Auslegungen zum Inhalt des Art. 115 des Grundgesetzes trifft, um hier wieder Rechtssicherheit herzustellen. Wir sind der Ansicht gewesen, daß die Kreditermächtigung im Haushaltsgesetz 1981 sehr wohl die im Haushalt veranschlagten Ausgaben für Investitionen überschreiten durfte, weil vor allem wegen der hohen Arbeitslosigkeit das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht erheblich gestört war.
    Ich darf nur noch einmal, weil es schon etliche Jahre zurückliegt, an die damalige weltwirtschaftliche Lage erinnern, die sich von der heutigen ganz wesentlich unterscheidet. Damals mußten wir die schwerwiegenden Auswirkungen der zweiten massiven Verteuerung der Erdölpreise bekämpfen, die weltweit eine rezessive Entwicklung ausgelöst hatten. Damals war ein aktives finanzpolitisches Gegensteuern dringend angezeigt, und ein Unterlassen hätte die Folgen der Weltwirtschaftskrise für Wirtschaft und Arbeitnehmer noch weit verschlimmert.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie stehen dagegen heute vor Ihren hausgemachten Schuldenproblemen, während die Länder um uns herum, wie ich gezeigt habe, die Verschuldungsquote zurückführten.

    (Dr. Faltlhauser [CDU/CSU]: Sie haben dem Neuling nicht zugehört, sonst würden Sie gar nicht wagen, das zu sagen!)

    Es gibt noch einen weiteren wichtigen Unterschied zwischen damals und heute: In den Haushalten seit 1983 wurden Jahr für Jahr mit Hilfe von hohen Gewinnen der Deutschen Bundesbank die Kreditermächtigungen formal um insgesamt 55 Milliarden DM zu niedrig ausgewiesen. Ohne diese hohen Ablieferungen hätte der Schuldenzuwachs des Bundes um den gleichen Betrag höher gelegen, durchschnittlich um 10 Milliarden DM im Jahr, d. h. jährlich um rund ein Drittel. Wenn der Bundesfinanzminister dies heute in Abrede stellt, dann möchte ich ihn an ein Zitat aus dem „Rheinischen Merkur" vom 31. Oktober 1981 erinnern, wo Herr Dr. Stoltenberg damals sagte: „Wenn jetzt 10 Milliarden DM Bundesbankgewinne zur Finanzierung des Bonner Haushalts 1982 herangezogen werden sollen, so ist das eine nicht vertretbare Geldschöpfung mit inflationsfördernder Wirkung."

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Der damalige finanzpolitische Sprecher, Herr Dr. Häfele, erklärte: Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise — und die muß man hier ja wohl anstellen — ist jede Abführung von Bundesbankgewinnen



    Esters
    das gleiche wie eine zusätzliche Verschuldung des Staates.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Ja, sogar schlimmer, hat er gesagt!)

    Diese Abführung von Bundesbankgewinnen muß also der Neuverschuldung noch hinzuaddiert werden. Dies aber zeigt deutlich, daß Ihre Argumentation in der Haushalts- und Finanzpolitik lediglich aus tagespolitischen Parteiopportunitäten und Wahlkampfüberlegungen heraus formuliert wurde, wobei Sie sich nicht scheuen, selbst das Bundesverfassungsgericht zu mißbrauchen, wie die Geschichte Ihrer Klage zeigt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Mißbrauchen?) Herzlichen Dank.


    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Weng.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Esters hat bei seinem Glückwunsch zum gestrigen Geburtstag des Herrn Bundesfinanzministers die Bemerkung gemacht, er wünsche dem Herrn Bundesfinanzminister in den nächsten Jahren eine glücklichere Hand. Ich glaube, diese Bemerkung ist unschwer in zwei Teile zu zerlegen. Der eine ist das mit der glücklicheren Hand. Wir wissen, daß sich die Erfolge des Finanzministers so sehen lassen können, daß dieser Wunschteil entfallen kann.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    Der zweite Teil, „in den nächsten Jahren" , hat natürlich einen ganz anderen Aspekt. Ich gehe davon aus, der Kollege Esters meint eine langjährige Fortsetzung der Koalition mit ihrer erfolgreichen Finanzpolitik mit dem Herrn Bundesfinanzminister an verantwortlicher Stelle. Das ist zu begrüßen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Osswald [SPD]: Herr Stoltenberg ist in der Opposition immer besser als in der Regierung!)

    Meine Damen und Herren, der Haushaltsausschuß hat in seiner Sitzung am Mittwoch mit der Mehrheit der Koalition der Vorlage der Bundesregierung zum Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan 1988 zugestimmt.

    (Dr. Struck [SPD]: Unverständlich!)

    — Die Zwischenrufe machen deutlich, daß es die Mehrheit der Koalition war; d. h. diejenigen, die hier Verantwortung tragen, haben dieser Verantwortung auch im Haushaltsausschuß wieder Rechnung getragen.

    (Frau Vennegerts [GRÜNE]: Wider besseres Wissen!)

    Die politische Entwicklung, die den Nachtrag, über den wir heute in abschließender Lesung beraten, notwendig machte, ist noch in guter Erinnerung. Sie ist auch bei den Vorrednern mit unterschiedlicher Gewichtung angeklungen. In einem Augenblick weltwirtschaftlicher Turbulenzen, eines rasanten Niedergangs des amerikanischen Dollars und eines enormen Einbruchs an den Börsen der Welt waren die politisch Verantwortlichen hier im Land gefordert, einer Sondersituation Rechnung zu tragen.

    (Dr. Wieczorek [SPD]: Getan haben Sie nichts! Nichts haben Sie getan!)

    Die Frage ist, Herr Kollege Esters, wie sich diese Situation im Blick auf die Verfassungsforderung definiert. Dazu werden wir, wenn das Urteil des Verfassungsgerichts mit seiner Begründung vorliegt, mehr sagen können als im Moment. Deswegen ist auch das, was Sie über Rechtsunsicherheit gesagt haben, ein bißchen mit Fragezeichen zu versehen. Rechtssicherheit besteht so lange, wie keiner nach dem Kadi ruft, von sich aus.

    (Esters [SPD]: Aber Sie haben doch gerufen!)

    In dem Moment, wo nach dem Kadi gerufen wird, besteht die Rechtssicherheit dann, wenn ein abschließendes Urteil da ist, das als Urteil und mit seiner Begründung deutlich macht, wie die Rechtsprechung die Rechtsformeln auslegt. Ich kann nicht sagen, daß ich mich im Moment in Rechtsunsicherheit befinde. Im Moment gilt das, was noch nicht Recht gesprochen ist, also das, was gemacht worden ist und was in Ordnung war. Wenn Sie gesagt haben, der Bundesfinanzminister habe in früheren Erwähnungen darauf hingewiesen, daß es möglicherweise inflationäre Entwicklungen nach sich ziehen würde, wenn der Bundesbankgewinn in den Bundeshaushalt eingestellt wird, dann muß ich entgegnen: Wir haben den Bundesbankgewinn immer eingestellt, und die inflationäre Entwicklung hat nicht stattgefunden.

    (Frau Matthäus-Maier [SPD]: Hat er dummes Zeug geredet? — Dr. Struck [SPD]: Hat er etwas Falsches gesagt?)

    Insofern hat sich damals Herr Stoltenberg auf jeden Fall geirrt.

    (Lachen und Zustimmung bei der SPD)

    — Ob dummes Zeug geredet: Er hat das offensichtlich falsch vorausgesehen.
    Meine Damen und Herren, der Sondersituation, die ich vorhin apostrophiert habe, haben wir von seiten der Koalition zu Beginn dieses Jahres nicht ganz ohne Geburtswehen — daran werden Sie sich erinnern — in mehrfacher Weise Rechnung getragen. Zwei dieser Aspekte haben Haushaltsauswirkungen. Deswegen diskutieren wir heute wieder zu diesem Punkt.
    Zum ersten haben wir mit Blick auf die höheren Abführungen an die Europäische Gemeinschaft längst beschlossene Steuererhöhungen. Das muß man in Erinnerung zurückrufen. Wir hatten in der Koalitionsvereinbarung festgelegt, daß wir wegen dieser Erhöhungen der Abführung an die EG hier Verbrauchsteuern erhöhen wollten. Wir haben beschlossen, diese Erhöhung zu verschieben. Das ist politisch in anderem Zusammenhang nicht so furchtbar glücklich, weil dadurch die jetzt beschlossenen Erhöhungen in ein anderes Diskussionsfeld kommen. Es war aber zu diesem Zeitpunkt trotzdem richtig, keine Steuererhöhungen in dieser weltwirtschaftlich sehr



    Dr. Weng (Gerlingen)

    angespannten Situation durchzuführen. Dieses bedeutet einen staatlichen Einnahmeverzicht von 4 bis
    5 Milliarden DM, ohne daß man es auf den Pfennig genau sagen könnte.
    Der zweite Aspekt: Der Bundesbankgewinn blieb gegenüber den Erwartungen, die im Haushaltsgesetz ihren Niederschlag gefunden hatten, um nahezu
    6 Milliarden DM zurück, insbesondere nicht deshalb, weil die Bundesbank weniger Gewinne aus Zinsen erwirtschaftet hätte, sondern weil sie auf Grund des Dollarkurses am Stichtag zu einer erheblichen Wertberichtigung aufgefordert war.
    Durch diese beiden genannten Aspekte klaffte also plötzlich gegenüber der Beschlußfassung des Deutschen Bundestags vom November 1987 eine Haushaltslücke von rund 10 Milliarden DM, die wir ja politisch vertreten. Wie diese fehlenden Einnahmen bei sowieso sparsamer Haushaltsführung noch hätten erwirtschaftet werden sollen, ist wirklich nicht zu sehen. Wer hier zusätzliche rigorose Einsparungen vorgeschlagen hätte, hätte zumindest die Gefahr erheblicher psychologischer Wirkungen, psychologischen Abschwungs in Kauf genommen. Dafür, daß sich die Unsicherheit in der Wirtschaft dann möglicherweise zu einer krisenhaften Entwicklung hochgeschaukelt hätte, gibt es in der Geschichte Beispiele. Insofern war es sicherlich richtig, das zu vermeiden.
    Wir haben es vermieden, wohlwissend, daß die Opposition hier eine offene Flanke zum politischen Angriff nutzen würde. Die Verschuldung des laufenden Haushaltsjahres erreicht auf Grund dieser Entscheidung trotz eines — ich weise wieder darauf hin — äußerst sparsamen Anstiegs der Bundesausgaben eine unerwünschte Höhe, auch wenn man heute noch, Herr Kollege Struck, hoffen kann, daß die Haushaltsrechnung besser aussehen wird. Wir gehen davon aus, daß der abgewickelte Haushalt besser sein wird, als es im Moment zu sehen ist und als wir es heute beschließen. Das weiß man ja erst, wenn die Haushaltsrechnung vorliegt.
    Meine Damen und Herren, wer die augenblicklichen Wirtschaftszahlen, wer die Prognosen, wer die Hoffnungen für die nächsten Jahre sieht, sollte seine Kritik an dieser einmaligen hohen Verschuldung des laufenden Jahres zumindest mäßigen. Der Erfolg gibt in jedem Fall denen recht, die zu Jahresbeginn dafür gesorgt haben, daß nicht noch mehr ins Trudeln kam. Die Bundesregierung und die Koalition haben hier eine Bewährungsprobe klar bestanden, und die haushaltspolitische Aufgabe einer konsequenten Konsolidierung bei Rückführung der Steuerlast wird von uns fortgeführt.
    Ich will auch dazu eine Bemerkung machen, daß sich die Steuerverteilung erheblich verschoben hat. Das Gesamtsteueraufkommen ist prozentual in den vergangenen Jahren in wesentlich größerem Umfang den Gebietskörperschaften Ländern und Gemeinden zugeflossen als dem Bund. Der Bund hatte noch vor wenigen Jahren rund 50 % Anteil. Dieser ist jetzt auf etwa 45 % abgesunken. Auch diese Finanzverteilung, Herr Finanzminister, kann kein Dauerzustand bleiben. Zumindest die Richtung kann nicht so beibehalten werden.
    Ich sage das noch einmal mit Blick auf die auch in anderen Reden erwähnte Initiative, strukturschwachen Ländern Zahlungen zu geben. Die Länder müssen — hier gilt das Zitat von Lothar Späth — im Bund mit ihrer Finanzausstattung ihre Aufgaben erfüllen können; sonst ist irgendwo etwas nicht in Ordnung, aber nicht auf der Seite des Bundes.
    Meine Damen und Herren, mit den hier gemachten Darlegungen ist klar, daß meine Fraktion dem Nachtragshaushalt zustimmen wird.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)